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Diener des Meeres
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eBook254 Seiten3 Stunden

Diener des Meeres

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Über dieses E-Book

Ein dummer Zufall drängt den jungen Meermann Emanis in den Dienst des gehassten Königs Abartas. Zeit seines Lebens hat er ihm und seiner viel jüngeren Königin zu dienen.
Schon bald aber verliebt er sich unsterblich in die unglückliche Ubine.
In dem Wissen er würde alles für sie tun, überredet sie ihn, sie zu ihrem Vater zu begleiten mit der Absicht nie wieder zurückzukehren.
Emanis fügt sich ihrem Entschluss, nicht aber der König. Mit allen Mitteln möchte er seine Frau zu sich zurückholen bis schon bald ein erbitterter Kampf entfacht.
So erbittert, dass Emanis keine andere Wahl bleibt: er muss fliehen - an Land.
Dort aber, scheint das Leben nicht viel leichter zu werden. Nun muss er sich mit den seltsamen Menschen herumschlagen und hofft zudem eines Tages wieder zurückkehren zu können ...
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum15. Nov. 2017
ISBN9783742767578
Diener des Meeres

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    Buchvorschau

    Diener des Meeres - Simone Lilly

    ~2~

    Die großen Schwingen zu beiden Seiten des Brunnes wedelten gleichmäßig um die eigene Achse. Malerisch peitschten sie durch das Wasser und liesen es in herrlichen Formen vor Emanis‘ Augen auf und abtanzen. Genüsslich lehnte er sich zurück. Der Schlossgarten, sein Lieblingsort, ruhig und von allen abgeschottet, von allen Lügen und Intrigen.

    „Natürlich kannst du als Vertrauter nicht in Armutl eben.", hatte Abartas ihm noch als Emanis die Hand des Mädchens – so wie es sich als Vertrauter geziemte – ergriffen hatte, gesagt. „Du wirst hier bei uns leben ... müssen."

    Es kümmerte ihn nicht. Immerhin besaß er zu dem Zeitpunkt nichts anderes, da kam ihm der prunkvolle Palast gerade recht. Nur die Meermenschen, die darin lebten, sie sollten verschwinden, dann wäre alles perfekt. Wie sehr sie doch das arme Mädchen quälten. Ubine, welch schöner Name. Lächelnd schloss er die Augen. Sieben Jahre lang verstand es Abartas das Kind zu quälen. Doch warum? Sie war die Tochter Krenons, eben diesen Mannes, welcher die Schlacht verlor, sich mit seinem Gefolge in dem dunklen Abgründen des Ozeans zurückziehen musste und seitdem nicht mehr gesehen wurde. Liebe war bei beiden nicht im Spiel. Ubine war damals noch zu jung und unerfahren gewesen, um einen so alten Mann heiraten zu können und Abartas brauchte das junge Geschöpf nur, um sich den Frieden zu sichern. Mit großem Erfolg, denn er hielt schon seit sieben Jahren.

    Emanis schnaufte, schwang sich nach oben und hielt einen Finger gegen den schwingenden Stein. Er war kühl und einschneidend. Sein Hass half ihm nicht, ebenso wenig die vielen Stunden, in denen er hier unten saß und Ubine anschmachtete, ihr helfen wollte, indem er über Abartas schimpfte, sich über ihn beklagte. Aber was sollte es bringen, so konnte er ihr natürlich nicht aus ihrem Elend helfen. Sein Blick wurde finster, mahnend zog er die Hand wieder an sich und rieb sie andächtig warm. Ja, elend war ihr zumute. Schon seit Jahren lebte sie in einem Teil des Schlosses, gut vom Hauptteil abgegrentzt lies der König sie dort verkümmern, heranwachsen und verzweifeln. Eigentlich so gut wie nie besuchte er seine Frau, wusste womöglich nicht einmal wie sie inzwischen aussah. Er vertrieb sich die Zeit anderweitig. Mit anderen Meerjungfrauen, so wie früher.

    „Kommst du?"

    Ohne seinen Blick von den gleichmäßig aus dem Brunnen strömenden Wellen zu wenden, nickte er. „Ja, gleich."

    Ein Zischen, dann war er wieder allein. Der Bote war verschwunden.

    Ein Jammer war es, wie Ubine behandelt wurde. Seine Gedanken stoppten, als hätte er Furcht davor, auch nur einen Moment weiterzudenken. Und doch tat er es, die Vorstellung war schön, die Illusion, welche er sich aufrechterhielt. Niemals würde Abartas wissen, wie schön Ubine doch geworden war, wie klug wenn sie mit ihm sprach, wie gewählt sie sich ausdrückte, wie gütig sie ihn anblickte, mit ihrem weichen Blick, wie verständnisvoll sie doch war. Einsam und verlassen. Eine  verlorene Seele, genau wie Emanis selbst.

    „Emanis, was bedeutet der Name?", hatte sie ihn einmal vor vielen Jahren gefragt. Gemeinsam waren sie in Ubines Badezimmer gewesen, nicht, da sie sich näher gekommen waren – leider, nein, ein dünner Vorhang trennte die Königin von demjenigen, mit dem sie sprechen wollte.

    Uwnissend hatte er nur verneinen können. „Ich weiß es nicht, Eure Majestät. Nur, dass mein Vater Manisor und der Vater meiner Mutter, Emulion, hieß."

    Wohlwollend hatte sie genickt, bestimmt auch gelächelt und ihren Kopf in seine Richtung geneigt, dessen war er sich bis heute sicher. „Ich wollte dich mit der Frage nicht in Verlegenheit bringen, danke, du kannst gehen wenn du möchtest."

    Wären nur er und Ubine im Raum gewesen, er hätte seinen ganzen Mut zusammengenommen und wäre geblieben, und wenn Ubine nach dem Grund gefragt hätte, hätte er lauthals: „Ihr seid es", gerufen. Doch sie waren nicht allein gewesen. So gut wie nie waren sie es. Wütend warf er einen kleinen Stein gegen eine der Schwingen, stand auf und schwamm durch einen offenen Tunnel in die Nordseite des Palastes.

    Genau konnte er nicht sagen, was Abartas noch alles mit Ubine vorhatte, ob er sie nur als ein Werkzeug zum Frieden hielt, oder gar für mehr, wusste er nicht. Aber ihm schauderte vor der Wahrheit. Abartas war auch nur ein Mann, und Ubine eine junge Frau. Jeder Knochen, jeder Muskel, jede Faser seines Körpers verriet es ihm: Abartas würde nicht lange von ihr lassen.

    Unwillkürlich machte er einen großen Schlenkerer, die Wucht seiner Gedanken schien ihn aus der Bahn zu werfen. Er musste sich ablenken. Auch noch, als er an zwei strammstehenden Wachen durch ein kleines Loch in einer Grotte hindurchtauchte. Ehrfürchtig hielten sie ihre Speere dicht an ihren Körper. „Sie erwartet dich", sagten beide wie aus einem Munde, jedoch ohne ihn anzusehen.

    „Danke", antwortete Emanis rasch. Wie immer musste er durch einen langen Gang hindurchschwimmen. Er war eng und nur die Dünnsten von ihnen konnten ihn bezwingen. Er war so einer. Immer weiter geriet er in die Grotte hinein, bis sich plötzlich ein großer runder Raum vor seinem Auge erstreckte. Vorhänge hingen an den Wänden und fast mitten im Zimmer. Vom ständigen unruhigen Wellengang wehten sie hin und her.

    Insinktiv positionierte er sich am Eingang, verneigte sich kurz und blickte zum Bett. Eigentlich lag Ubine immer auf ihm, las etwas, redete mit ihren Gefährtinnen oder lies sich etwas zu Essen reichen. Nicht aber heute.

    „Emanis., freudig schwamm sie auf ihn zu, aus dem hintersten Winkel der Grotte, streckte ihm die Hand entgegen und wartete, bis er sie sachte küsste. Ein wohltuendes Gefühl, wann immer seine Lippen ihre zarte Haut berührten, wollte er sie am liebsten niewieder von ihr lösen. „Schön, dass du so schnell kommen konntest.

    „Ist etwas passiert?"

    Charmant lächelnd winkte sie ab. „Nein, nein. Nur ich brauche deinen Rat."

    Verdutzt suchte er nach einer Erklärung, doch keine der Frauen um ihn herum konnte ihm helfen. Ubine stieß sich von ihm ab, ihre schwarzen langen Haare wirbelten durch das Meer, ehe sie es sich enger um den Körper strich. Ihre Haut wirkte unter ihnen blas und glänzend, ihre Lippen rot und ihre Augen herrlich blau und strahlend. „... für das Festmahl heute., sie schnunzelte. „... ich brauche den Rat eines Meermannes.

    Ihre Worte machten ihn neugierig, was wollte sie von ihm? Fragend sah er sich wieder um. Die Blicke blieben eisern. „Was denn, Ubine?"

    Als Vertrauter der beiden, war es ihm als einzigstes erlaubt, sie bei ihrem Vornamen zu nennen, ihm, dem einfachen Emanis aus dem Vorland.

    Bedeutend kam sie wieder an ihn heran, legte ihre leichten Hände auf seine Schultern und drückte ihr Kinn dicht an sein Ohr. Emanis schauderte, was würde Abartas wohl tun, wenn er von ihrer Geste wusste.

    „Ich langweile mich immer zu Tode., sie lachte, ihr Atem war warm als er zwischen ihren Lippen hervorströmte, er kitzelte ihm am Ohr. „... das sind diese Feierlichkeiten immer., sie seufzte. „... alles was ich möchte ist nur, dass du mich zu gegebener Zeit zur Bucht begleitest., unmerklich zuckte er zusammen. „Verstehst du?

    Er nickte. Er verstand.

    „Bestens, sagte sie nun wieder gut hörbar, sodass alle ihre umherschwimmenden Meerfrauen es hören konnten. „So sei es.

    Ja so war es. Tief verneigte er sich wieder, als Frage, ob er denn gehen könne. Sie nickte. „Warte draußen auf mich, ich ziehe mich noch um, dann komm ich."

    Wieder nickte er, räusperte sich und machte kehrt. Die Bucht. Wie oft hatte er in den vergangenen Wochen davon gehört. Ubine liebte diesen Platz mitten im Meer umgeben von starken Felsen, auf denen man sich sonnen konnte. Sie waren zufällig auf sie gestoßen, auf einem Ausflug Abartas zu Ubines Vater. Das Mädchen hatte sich nicht wohlgefühlt und wie immer Emanis gefragt, ob er sie begleiten wolle. Worauf dieser sehr stolz war. Zusammen hatten sie diesen Ort entdeckt und zusammen besuchten sie ihn immer wieder. Ohne Geleitschutz traute die Königin sich nicht vor die Mauern des Palastes, doch musste es jemand sein, dem sie vertraute, den sie mochte. Jemand, wie Emanis. Insgeheim hielt er sich ein Stückchen Hoffnung zurück. Immerhin waren sie fast gleichalt. Es konnte doch gut sein, dass Ubine ihn auch mochte, das musste doch so sein. Auch sah er im Gegensatz zu Abartas nicht übel aus. Schwarzes wildes Haar, kräftige dunkle Augen und ein starkes Gesicht. Es gab schlimmere Meermänner als ihn.

    Brav hatte er vor dem Eingang der Grotte gewartet, neben den zu Stein erstarrten Wachmännern. Drinnen bewegte sich etwas, Wasser geriet in Fahrt und schon bald, waren die ersten Frauen zu sehen, gackernd schwammen sie vorneweg, nickten ihm kurz zu und bildeten eine lange Escorte zum Schloss hinauf. Hilfsbereit bot Emanis Ubine seine Hand.

    „Wie sehe ich aus?", lächelnd drehte sie sich einmal um ihre eigene Achse, blieb stehen und legte ihre Hand in seine.

    Er hasste diese Frage, was sollte er auf sie schon anderes sagen, außer: wundervoll, bezaubernd, wunderschön.

    „Wie eine Königin", antwortete er schnell und ungeschickt, beeilte sich gleichzeitig um mit den anderen Schrittzuhalten.

    Ubine lächelte, das konnte er sehen, ihre blutroten Mundwinkel schossen nach oben, sie amüsierte es, dass er immer verlegener wurde. Sie spielte ein Spiel mit ihm, das war ihm schon längst aufgefallen, in jeder Geste, in jedem Wort, welches sie zu ihm sprach, konnte er ihren Hohn heraushören. War es Hohn? Ja er war sich sicher, etwas anderes konnte es nicht sein. Liebe? Nein die schon gar nicht. Sicher, die letzten Jahre hatten sie zusammen verbracht, er unfreiwillig die Rolle als ihr Beschützer, so wie es sich für einen Vertrauten gehörte, dennoch, war er fest davon überzeugt der Einzige zu sein, der liebte – unglücklich.

    Es wurde dunkel, als sie unter dem hohen Gewölbe des Eingangs hindurchtauchten, von ihr aus strömte laute Musik zu ihnen, die Musikanten hatten schon begonnen zu spielen. Eine Schlange bildete sich, sie wurden langsamer, als sie auf viele Meermenschen stießen. Ubines Hand lockerte sich von seiner und schnellte Abartas entgegen. Der rundliche Mann hatte ordnugnsgemäß am Eingang auf seine Frau gewartet, ergriff ihre Hand und küsste sie kurz. „Da bist du ja", raunte er hinter seinem zotteligen roten Bart hervor. Er strich sich mit einem kleinen Finger kurz über die nackte Brust, auf die eine goldene Kette von seinem Hals hinunterhing. Dann zog er Ubine innig neben sich. (Für Emanis fast zu innig) nahm Haltung an und winkte dem Komponisten, der ihn von seinem Podest aus gut sehen konnte. Sofort wurde es still, ein Marsch ertörnte und die Garde setzte sich in Bewwegung. Emanis am Ende.

    Mithilfe eines langen Ganges legten sie den relativ kurzen Weg bis zur reichlich gedeckten Festtafel zurück. Fromm trottete Emanis dem Königspaar und deren obersten Dienstboten hinterher, so lange, bis diese endlich feierlich stehenblieben, sich hinter ihre Stühle stellten, winkten und mit einem kräftigen Trommelwirbel platz nahmen. Sofort schwamm er hinter Ubines Platz, hielt inne und positioniete sich neben Onala, einem jungen Wächter, welchen er gut kannte. Eigentlich würde er sogar behaupten mit ihm befreundet zu sein. Seitdem er ihm eines Abends, als er gerade mal vierzehn gewesen war, aus der Patsche geholfen hatte, denn Emanis hatte damals ungeschickt wie er war eine kostbare Statue von Abartas Vater umgestoßen, woraufhin der sauber gemeiselte Dreizack vom Stiel gebrochen war. Das Geschrei war groß, das Klagen auch, Onala jedoch hatte an diesem Tag Wache gestanden und mehrmals bezeugt, keinen Meermenschen, der die Statue hatte umstoßen können, gesehen zu haben. Wofür Emanis ihm noch heute über alle Maßen dankbar war. Wer wusste schon, was der König mit ihm gemacht hatte. Seine Ahnengalerie war ihm heilig. Aprubt schüttelte er sich und lauschte dem gleichmäßigen Gemurmnel. Unsinn, nichts hätte er mit ihm gemacht, das wusste ein jeder, so tief konnte Emanis gar nicht in seiner Gnade sinken, durfte es auch nicht, denn er war Vertrauter. Derjenige, der bei der Vermählung dabeisein musste, neben dem Bräutigam stand, die Verbindung begleitete, in dem er unenwegt die Hand der zukünftigen Frau hielt und sie dann – eben voller Vertrauen - dem Mann überreichte. Mit dem einen Unterschied, dass Emanis gar nicht die Wahl gehabt hatte, Abartas nicht zu vertrauen. Er musste es einfach, war nur zur Zierde dort gestanden, weil es ihr oberstes Gesetz verlangte. Es verlangte auch, dass eben er das Kind, welches Ubine und Abartas jemals bekommen würden, als Erstes hielt, er sollte das erste fleischliche Wesen sein, welches das Neugeborene berührte. Es überhaupt richtig ansah und mit ihm sprach. Davor graute es ihm schon heute. Er wollte es nicht halten, denn es bedeutete nur, dass Ubine schwanger war, dass Abartas mit ihr geschlafen hatte. Ihm wurde schlecht. Dieser alte unnahbare Meermann mit seinen scheußlichen Haaren sollte seine wunderschöne unschuldige Ubine berühren? Ihm wurde kalt und heiß zugleich. Niemals.

    Aus den Augenwinkeln sah er, wie Onala sich umsah, einem anderen Wachmann zunickte und zu ihm kam. „Himmelst du sie immernoch an?"

    „Bst!, es redeten viele Leute, doch das Risiko gehört zu werden, machte ihn nervös. „Sei gefälligst leise!

    „Wieso?, Onala lachte und legte seinen Speer, welchen er immer tragen musste, keck in die andere Hand. „... du traust dich ja nie, es auszusprechen, auch nicht ihr gegenüber, was noch viel schlimmer ist.

    Grinsen, er konnte einfach nur verhalten grinsen. Bei dem Gedanken, einfach zu Ubine zu schwimmen, des Abends, wenn sie allein in ihrer Grotte lag, sich zu ihr setzen, ihr seine Liebe zu gestehen, ihr zu sagen, was genau er für sie empfand und sie dann womöglich zu küssen, stellten sich alle Nackenhaare bei ihm auf.

    „Ich könnte die Wachmänner davor einfach abtreten lassen", hatte Onala großkotzig verkündet, als er und Emanis eines Nachts lange zusammengesessen waren, sie hatten getrunken, nicht weit vom Schloss entfernt hatten sie es sich auf einem Felsen gemütlich gemacht, betrachteten den Sternenhimmel und den Schein des Mondes, welche durch die Wasseroberfläche fielen. „Dann hättest du freie Bahn."

    Von beiden war es als ein Scherz gemeint, niemand meinte es ernst. Seine Schultern straften sich. Doch manchmal, bevor er schlief, dachte er daran, spielte mit seinen Gedanken, seiner Fantasie, malte sich aus, er würde eines Tages doch den Mut aufbringen können, ebendies zu tun. Stellte sich vor, wie sie reagieren würde, dass sie ihm um den Hals fallen würde, ihn stürmisch küssen würde, und ihm natürlich antworten würde, auch sie hätte nur auf diesen Moment gewartet. Aber diese Überlegungen waren Gift für ihn, für seine Seele, für seinen Körper und für sein Leben, das wusste er.

    In seiner Trance knuffte er ihn: „Dafür sprichst du viel zu viel."

    Onala lachte auf, sollte aber einfach nur still sein, sollte von keinem gehört werden, zu nah, zu gefährlich nah standen sie dem Königspaar.

    „Keine Angst., Onala schlug ihm ermutigend auf die Schulter. „... ich hab‘ dir schonmal den Arsch gerettet, ich werd‘ ihn jetzt nicht in Gefahr bringen., sie lachten verhalten, damit keiner der obrigen Gesellschaft es mitbekam. „... dann wäre doch alles umsonst gewesen."

    Sein Freund entfernte sich wieder von ihm.

    Emanis nahm wieder Haltung an. Kühl überblickte er den gesamten Raum. Die Leute waren lustig, lachten und sangen, wieder andere wirbelten im Kreis herum, ihre Flossen lösten einen Strudel nach dem Nächsten aus. Ihnen war es egal. Der König hatte Gefallen an dem allgemeinen Treiben gefunden, hob ab und an seinen Kelch, trank und lies ihn von Neuem füllen. Ubine, die verängstigt neben ihm auf ihrem Stuhl kauerte, beachtete er kaum noch. Emanis jedoch um so mehr. Unauffällig wollte er sich von hinten an sie annähern, gerade da die Musik ihren Höhepunkt erreichte. Die Musikkanten gaben alles was sie konnten.

    Er hob seine Hand, streichte fast ihre Schulter, als sie sich urplötzlich umdrehte. Sofort wich er von ihr und senkte – wie es sich gehörte – seinen Blick.

    Stumm schob sie den Stuhl zurück und kam auf ihre Flosse. Ein Zwinkern jagte ihm erneute Schauer über den Rücken. „Es ist soweit, flüsterte sie, räusperte sich und bückte sich fast plump zu Abartas hinunter. „... ich fühle mich nicht wohl. Ich werde schlafen gehen.

    Er nickte, hob den Arm und gestattete ihr zu gehen. Warum auch nicht? Ihren Pflichtteil hatte sie erfüllt, um sich anderen zu präsentieren, war sie mitgekommen. Um sich zu amüsieren brauchte er sie nicht mehr, das konnte er auch von sich allein.

    Ubine zog sich zurück, sofort schwamm Emanis an ihre Seite, nicht umhin, einen verschwörerischen Blick vom an der Wand lehnenden Onala aufzufangen. „Wir müssen und beeilen.", sagte Ubine kurz, wandte sich noch einmal zu ihrem Mann um und verließ dann mit ihm zusammen den Palast. Draußen zu sein war immer ein seltsames Gefühl. Das Wasser hier war viel kälter und schien unreiner zu sein. Sofort schüttelte Emanis unwillkürlich den Kopf. So ein Unsinn, schließlich hatte auch er jahrelang in diesem Wasser gelebt und es war ihm immer gut genug gewesen.

    „Woran denkst du?"

    Sie hatten an Höhe gewonnen. Fernab der Mauern aus Festlichkeiten und all den verlogenen Meermenschen schwangen sie sich gen Wasseroberfläche. Dort oben, direkt zum Greifen nah, befanden sich Ubines geliebte Klippen.

    „Ich sehne mich nicht danach, ein Mensch zu sein, Emanis", hatte sie einmal zu ihm gesagt, sich zurückgelehnt, auf dem glitschigen Felsen abgestützt und in die Sonne geblinzelt. „Ich beneide sie nicht einmal. Ich finde ihre Welt einfach schön."

    Stumm hatte er genickt und sich selbst in das wärmende Licht

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