Kennen Sie Raketenbert?: Schweine im Weltall
Von Ulrich Preiß
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Buchvorschau
Kennen Sie Raketenbert? - Ulrich Preiß
Es geht los
Der beste Treffpunkt unserer Freunde, aber auch anderer Leute, selbst für Leute, die den Treffpunkt noch gar nicht kennen, war und ist der Garten der guten Mutter.
Besonders gerne, und völlig zufällig, trifft man sich, wenn die gute Mutter Nudelsuppe kocht.
Und da kommt auch schon Lilly-Katze, ein wenig rundlich, um die Hausecke in den Garten. Ihr grau-oranges Fell sieht ein wenig wie getigert aus. Das kann aber auch Schmutz sein. Sie wohnt bei der guten Mutter, also, eigentlich. Jedenfalls meistens. Aber eigentlich auch nicht. Jedenfalls ist sie meistens hier. Vor allem wenn es Nudelsuppe gibt. Heute gibt es Nudelsuppe. Also ist Lilly hier.
Ich sitze schon eine geraume Weile auf einem der hölzernen Gartenstühle an dem hölzernen Gartentisch unter dem großen Sonnenschirm. Man braucht ihn um diese Tageszeit eigentlich nicht mehr. Die Sonne wird bald untergehen, doch er gibt ein gewisses Gefühl der Geborgenheit.
„Hallo Lilly, alte Flohbürste", sage ich.
Lilly bleibt kurz stehen, sieht mich völlig desinteressiert an und geht dann weiter, um nachzuschauen, ob bereits Nudelsuppe in ihrer Schüssel ist. Es ist. Na bitte.
Dass Katzen dermaßen laut Suppe schlabbern können! Und so schnell!
Nach kurzer Zeit kommen der Mann und Bert um die Ecke in den Garten. Sie unterhalten sich angeregt über eine Sache, die wohl mit Plunder-Gebäck zu tun hat. Ich werde es nie erfahren. Dann bemerken sie uns.
„Hallo, Milton."
„Hi, Lilly."
„Tach, ihr beiden."
„Hallo, Mann."
„Hallo, Bert."
„Miau!"
Sie setzen sich und füllen ihre Schüsseln, wir haben Schüsseln mit unseren Namen darauf, mit dampfender Nudelsuppe, die auf einer Warmhalteplatte steht. Warum Lillys Schüssel größer ist, als die der anderen, kann man nur erahnen.
„Diese Suppe ist doch immer gleich gut", sagt Bert und löffelt sich ein paar Löffel in den Mund.
„Nein, das finde ich nicht", sagt der Mann.
„Wieso nicht?"
„Na, sie ist natürlich immer ausgezeichnet gleich gut."
„Ja, da hast du Recht."
„Das muss ich auch sagen."
„Wie konnte ich nur so unaufmerksam sein."
„Miau!"
Wir reden noch sehr differenziert über die letzte Fahrpreiserhöhung des hiesigen Nahverkehrs, sodass wir gar nicht bemerken, dass es schon dunkel geworden ist. In der Nachbarschaft ist es bereits vollkommen still. Aus einiger Entfernung hören wir leise Geräusche und eine laute Stimme.
-DUCK-
„Aua!"
-DUCK-
„Aua!"
„Achtung", sagt Bert und legt die Hand an sein Ohr.
-DUCK DUCK-
„Doppel-Aua!!"
„Na bitte", sagt Bert triumphierend.
„Der kleine, dicke Mann mit dem langen, weißen Bart ist auch wieder unterwegs, ergänzt der Mann. „Ob er noch vorbei kommt?
„Glaube ich nicht", erwidert Bert und schaut dabei, leicht zurück gelehnt, sehnsüchtig in die Sterne.
Die umgebende Ruhe legt sich wie eine wärmende Decke über uns. Der sternenklare Himmel funkelt uns mit seinen von hier aus sichtbaren, tausenden Augen an. Höre ich von da oben kommende unhörbare Töne und Rufe? Ich bin mir nicht sicher.
Völlig entspannt und fasziniert blicken wir nach oben in die Nacht.
Der Mann dreht sich zu Bert; „Na, geht’s bald wieder los?"
Nach einer kurzen Pause antwortet Bert: „Ja, ich denke, ich werde mal einen kleinen Ausritt machen."
Plötzlich wird er ganz lebhaft, schaut uns an. „Wer hat Lust, mitzukommen?"
„BJÖÖÖÖRK!" Lilly kotzt mindestens die Hälfte ihres Essens auf die Steinplatte, genau vor die Terassentür.
Dicke Männer im EKZ
Im nahe gelegenen Einkaufszentrum, im Weiteren EKZ genannt, ist an diesem Wochenende der Teufel los. Ganz hinten im Erdgeschoss, gleich neben dem 1-Euro-Shop, eröffnet heute der 50-Cent-Shop. Zur Feier dieses Ereignisses mit tollen Sonderangeboten und Spar-Preis-Senkungen. Die Menschenmassen drängeln sich blaue Flecke. Angeblich soll der Betreiber des 1Euro-Shops dem Betreiber des 50Cent-Shops auch ein paar Sonderangebote gemacht haben.
Das alles kommt den vier dicken Männern sehr gelegen. Wegen ihrer imposanten Größe und Körperfülle mögen sie keine Menschenmengen und so können sie sich hier, im entgegen gesetzten Gebäudekomplex des EKZ, in Ruhe beim ansässigen Konditor mit den Köstlichkeiten seines Angebotes eindecken. Und sie benötigen einen Haufen Zeug, denn, neben dem ständigen Hunger, wollen sie, auf der Suche nach Spaß, einen kleinen Ausflug machen.
In dem guten Glauben, genug süßen Kuchen gekauft zu haben, wanken oder taumeln sie, man weiß gar nicht, wie man es nennen soll, mit ihren sehr kurzen Beinen, für diese aber mit extrem langen Füßen, es sieht schon sehr merkwürdig aus, den Fahrstühlen entgegen. Aus Platzgründen belegen sie einzeln alle vier Fahrstühle. Auf P3, das ist das oberst gelegene Parkdeck des EKZ, angekommen, ploppen die vier regelrecht aus den Fahrstuhltüren.
„Oho!"
„Hoho!"
„Haha!"
„Was für ein Spaß!"
P3 hat den Vorteil, jedenfalls für das Vorhaben der vier, dass es, weil es ganz oben auf dem EKZ ist, kein Dach hat. Man hat sozusagen freie Bahn nach oben. Und oben heißt in diesem Fall für die vier Dicken: das Weltall. Hier auf der Erde haben sie schon unzählige Sachen unternommen, um ihren Spaß zu haben. Einige mit großer Genugtuung, andere mit weniger Erfolg. Nicht ganz so toll war zum Beispiel Verstecken spielen oder Skateboard fahren oder Trampolin springen. Und genau das wollen sie unbedingt noch einmal probieren. Aber nicht hier, sondern woanders. Man hat ihnen erzählt, dass es dafür einen ganz speziellen Ort im All geben soll. Da geht’s hin.
Schnell noch ein Stück Kuchen. Die vier vergewissern sich, dass auch niemand anderes in der Nähe ist. Es ist niemand in der Nähe. Nur von unten, aus dem EG vom EKZ, von ganz hinten im Gebäude, hört man aufgebrachten Lärm. Es hört sich ein bisschen an wie eine Massenschlägerei. Egal, keiner da!
Behänder als man es den Männern zutrauen könnte haben die vier ihren portablen Universal-Galaktischen-Weltraum-Fahrstuhl zusammen gebaut. Sie haben ihn beim „Billigen-Jakop" gekauft. Ohne Garantie. Super billig. Also, wie gesagt, ohne Garantie.
Da steht das Ding nun. Ohne lange zu überlegen treten die vier ein, schließen vehement und voller Vorfreude die gläserne Tür und geben auf der Eingabearmatur den erwählten Zielort ein.
„Uijuijuijuijuijui!"
„Hohoho!"
„Mannomann!"
Und der letzte drückt auf den großen, grünen Knopf.
„Go!"
SSSSSZIP…..KNIÄRCKS…..PO…PO...PO…..PLOPPP….. ist das Ding verschwunden.
Berts Wohnung
Ich soll Bert in seiner Wohnung abholen, da er seine Rakete gleich um die Ecke geparkt hätte. Mitbringen bräuchte ich nichts. Bert wollte nur einen kurzen Trip machen, mal hierhin, mal dahin, vielleicht mal ganz kurz aus unserem Sonnensystem hinaus und gleich wieder zurück.
Er ist schon ein bemerkenswerter Typ. Vom optischen her eher unscheinbar. Ich glaube, er ist so mittleren Alters, was immer das heißen mag, von schmächtiger Figur mit fast gelblicher Haut. Durch seine recht große Nase näselt er etwas beim Sprechen. Nicht zu übersehen: seine dichten, tief-schwarzen Augenbrauen. Ich kenne niemanden, der dermaßen ruhig und besonnen ist wie er. Zudem klug und situationsbejahend. Bei Sachen, die ihn interessieren, kann er sich leicht in Details verlieren.
Er wohnt ein bisschen außerhalb der Stadt, was ihm zwar nicht sooo gefällt, doch hier erregen seine Raketenstarts nicht sooo viel Ärgernis, wie zum Beispiel damals, als er am Hafen startete und die berühmte Schauspielerin Lollo Zickenbein sich dabei dermaßen erschreckte, dass sie, statt das neue Schiff zu taufen, die Flasche Schampus in einem Zug austrank; sagte sie jedenfalls.
Ich stehe vor Berts Eingangstür und will gerade nach dem offensichtlich neuem, schweren Messingtürklopfer greifen, als diese wie von Zauberhand aufspringt. Verduzt stehe ich auf der Fußmatte.
„Bewegungsmelder, höre ich Berts Stimme von drinnen, „komm rein. Und mach die Tür wieder zu.
Ich komme herein und mache die Tür wieder zu.
„Guten Morgen, Bert, hast du gut geschlafen?"
„Nein, überhaupt nicht. Also, nicht überhaupt nicht gut, sondern überhaupt nicht geschlafen. Weißt du, vor einem Start gibt es viele Dinge zu tun und zu beachten. Das zieht sich. Aber ich bin jedes Mal dermaßen freudig erregt, dass die Zeit wie im Fluge, ha ha, wie im Fluge, ich bin aber auch