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Und sie träumte vom Osterhasen
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eBook228 Seiten3 Stunden

Und sie träumte vom Osterhasen

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Über dieses E-Book

Melanie glaubt nach einem Schicksalsschlag nicht mehr an sich selbst; und schon gar nicht an die Liebe. Aber ihre Freundinnen werfen sie ins kalte Dating-Wasser und sie merkt, dass das Leben eigentlich ganz schön sein kann. Aber welcher Mann ist der Richtige? Ist es vielleicht ihr alter Schulfreund, den sie zufällig trifft? Oder verändert ein feuriger One-Night-Stand Melis Leben? Auch der schöne Trauzeuge auf einer Hochzeit wäre eine Sünde wert ...
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum1. Apr. 2018
ISBN9783742746351
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    Buchvorschau

    Und sie träumte vom Osterhasen - Monica Dunand

    Widmung

    Für mein Nani

    Als Dank für die unvergesslichen Ostertage meiner Kindheit!

    Hört nie auf, an Eure Träume zu glauben! Weil jeder ab und zu vom Osterhasen träumen sollte! Oder vom Weihnachtsmann … ihr wisst schon!

    Eure Monica Dunand

    «Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen.»

    (Marcus Tullius Cicero)

    KAPITEL 1

    «Erinnerung ist eine Form der Begegnung, Vergesslichkeit eine Form der Freiheit.»

    (Khalil Gibran)

    2. April 2011:

    Es war mal wieder einer dieser Tage: Melanie sass seit geraumer Zeit am Küchentisch und starrte aus dem Fenster. Sie hatte ihre Füsse auf die Stuhlplatte gestellt, die Fersen ganz nah an ihren Po, die Arme um die Knie geschlungen. Meli nahm nichts um sich herum wahr. Sie hätte auch nicht sagen können, wie lange sie bereits regungslos auf dem weissen Holzstuhl kauerte oder weshalb sie die Erinnerungen genau heute eingeholt hatten. Dicke Tränen rollten ihr über die Wangen, als die Bilder in ihrem Kopf immer deutlicher Gestalt annahmen. Drei Jahre waren vergangen, seit Silvan von der Arbeit nicht mehr zurückgekommen war. Drei Jahre seit die Polizei vor der Türe der gemeinsamen Wohnung aufgetaucht war und Melanie die schlimme Nachricht überbracht hatte. Drei Jahre seit Meli und Silvan gestritten hatten – und er danach ohne einen Abschiedsgruss ins Büro aufgebrochen war.

    Melanie erinnerte sich bis ins letzte Detail an den verhängnisvollen Tag. Es war ein schöner Frühlingstag Ende April. Der Himmel war wolkenfrei und Kindergeschrei drang vom Spielplatz in die Wohnung. Meli hatte frei und konnte mit Silvan, der Nachmittagsschicht hatte, gemütlich frühstücken. Es gab frisches Rührei, selbstgemachte Bagels und mit Käse überbackene Gemüsemuffins. Der Duft des Kaffees stieg Meli heute noch in die Nase, wenn sie an diesen Tag dachte. Melanie und der Mann, den sie im Herbst heiraten wollte, lachten, scherzten und schmiedeten Pläne. Alles schien perfekt! Sie waren glücklich wie nie zuvor!

    Als die beiden über ihre geplante Hochzeit sprachen, kippte die Stimmung plötzlich. Wegen einer Lappalie, einem Missverständnis, einem falschinterpretierten Wort. Es ging um die Menüwahl. Weshalb sie damals so vehement gegen das Rindsfilet gewesen war, wusste Meli nicht mehr. Aber an die Folgen dieses Streits würde sie sich wohl für den Rest ihres Lebens erinnern. Melanie und Silvan, die zwei, die im gesamten Freundeskreis als das Traumpaar schlechthin galten, machten sich auf einmal Vorwürfe und stellten ihre Beziehung in Frage. Silvan verletzte Meli mit Wörtern wie egoistisch, starrköpfig und kompliziert, sodass sie sich weinend im Schlafzimmer eingeschlossen hatte, als ihr Verlobter zur Arbeit musste. Auf seine Entschuldigungs-SMS hatte sie nicht reagiert, weil sie nicht so leicht klein beigeben wollte. Sie war viel zu gekränkt.

    Nachdem Melanie sich beruhigt hatte, war sie einkaufen gegangen. Sie wollte sich bei Silvan mit einem Überraschungsmitternachtsdinner entschuldigen. Essen war eine ihrer gemeinsamen Leidenschaften und deshalb sicher passend für ein klärendes Gespräch. Die Antipasti-Platte, für die sie extra im Delikatessenladen vorbeigeschaut hatte, stand bereits auf dem feierlich gedeckten Tisch und die Kerzenflamme hüllte die kleine, aber funktionelle Küche in ein warmes Licht, als es an der Haustüre klingelte. Melanie hatte gleich ein komisches Gefühl. Es kam nicht oft vor, dass jemand spätabends unangemeldet vorbeikam. Auch samstags nicht. Deshalb klopfte ihr Herz bis zum Hals, als sie mit zitternder Hand auf den Knopf der Gegensprechanlage drückte.

    Die Polizisten berichteten Meli detailliert, wie Silvan ums Leben gekommen war. Er war viel zu schnell mit dem Auto unterwegs gewesen. Weshalb ihr Liebster nicht mehr rechtzeitig ausweichen konnte, wussten die Beamten nicht mit Sicherheit. Die Bremsspuren liessen darauf schliessen, dass er kurz vor dem Zusammenprall mit dem Hirsch noch versucht hatte, das Steuer herumzureissen. Dennoch streifte er das Tier und prallte frontal gegen einen grossen Baum. Das Auto, das Silvan nur einen Monat vor dem Unfall gekauft hatte, war kaum wiederzuerkennen.

    Für Melanie war sofort klar gewesen, weshalb ihr Verlobter zu schnell und unkonzentriert unterwegs gewesen war. Sie war schuld, sie alleine! Hätten sie sich nicht gestritten, wäre Silvan nicht durch den Wind gewesen. Er war doch immer so ein vorsichtiger Fahrer gewesen. Sie hatte ihn auf dem Gewissen; ihn, die Liebe ihres Lebens!

    Die Wochen nach dem Unfall versteckte sich Melanie in der Wohnung. Sie wollte nur schlafen, hatte keinen Hunger und weinte fast ohne Unterbruch. Sie suchte sich eine neue Wohnung, brach den Kontakt zu ihren Freunden ab und bestrafte sich so für das Geschehene.

    Seit jenem schicksalhaften Tag hatte sie keinen Mann mehr an sich herangelassen. Das war sie Silvan schuldig. Hätte sie einem Anderen ihr Herz geschenkt, hätte sie ihren Verlobten betrogen – jedenfalls fühlte es sich für sie so an! Zu Beginn hatten Freunde und Familie ihr viel Verständnis entgegengebracht, weil sie dachten, Meli trauere um ihren Verlobten; so wie es jeder andere auch getan hätte. Von ihren Schuldgefühlen hatte sie niemandem erzählt. Bis heute nicht!

    Irgendwann hatte Meli gelernt, die Selbstvorwürfe zu überspielen und zu verdrängen. Sie galt bei den wenigen Leuten, mit denen sie regelmässigen Kontakt pflegte, als lustig, lebensfroh und selbstbewusst. Und das war sie auch, irgendwie, ungefähr 360 Tage im Jahr. Und dann gab es solche Tage wie heute, an denen die Erinnerungen mit voller Wucht zurückkamen und sich nicht mehr kontrollieren liessen.

    Melanie wäre wohl noch lange grübelnd auf dem Küchenstuhl gesessen, hätte Milo sie nicht miauend zurück in die Wirklichkeit geholt. Sie hob ihre weisse Maine Coon behutsam hoch und drückte ihr einen Kuss auf den Kopf. Milo begann unverzüglich zu schnurren und brachte Meli endgültig wieder ins Hier und Jetzt. Melanie liebte ihre Katze abgöttisch. Es war damals zwischen Milo und ihr Liebe auf den ersten Blick gewesen, als sie sich vor zwei Jahren im Tierheim zum ersten Mal gesehen hatten. Kaum war Melanie damals im Katzenzimmer auf die Knie gegangen, um die Samtpfoten genauer unter die Lupe zu nehmen, sprang Milo herbei und schmiegte sich schnurrend an die 28-Jährige. Wollte sich eine andere Katze Meli nähern, verteidigte die Maine Coon ihren Platz mit Fauchen und Pfötchen-Schlag. Meli hatten das rosa Näschen und die schwarze Schwanzspitze gleich gefallen. Noch am selben Nachmittag hatte Melanie den Vertrag unterschrieben, einen Kratzbaum, ein Katzenklo sowie jede Menge Spielzeug gekauft. Einen Tag später war Milo bei ihr eingezogen.

    Ab und zu wurde Melanie von ihren Kollegen und Freunden wegen ihrer Katzenliebe belächelt. Sie sprach von ihrem Kleinen, wenn sie von Milo erzählte und hatte ihre Wohnung mit verschiedenen Katzenaccessoires und -bilder dekoriert. Sie konnte sich gut vorstellen, als alte Katzen-Jungfer zu sterben – so ein bisschen wie die Verrückte bei den Simpsons. Diese Vorstellung machte Melanie keine Angst. Den Männern hatte sie schliesslich abgeschworen. Ihr Herz gehörte für immer Silvan – und natürlich Milo.

    Seufzend erhob sie sich, wischte sich die letzten Tränenspuren aus dem Gesicht und fuhr sich mit den Fingern durch die schwarze Lockenpracht. Da sie in einer Stunde mit ihren Freundinnen Chantal und Isabelle verabredet war, musste Meli sich sputen. Seit Chantal, die von allen nur Tally genannt wurde, vor knapp einem Jahr im gleichen Verlag wie Melanie angeheuert hatte, verbrachten die zwei regelmässig auch privat Zeit zusammen. Irgendwann war auch Isa, Tallys Nachbarin, in den Frauenkreis aufgenommen worden. Sie waren alle etwa gleich alt, mochten gemütliche Stunden bei Wellness, Essen und Musik und konnten ohne Punkt und Komma quatschen. In letzter Zeit wurden die Treffen aber immer rarer, weil Chantal vor ein paar Monaten in Algin ihren Traummann gefunden hatte. Meli lächelte, als sie an Tallys Suche nach Mister Right dachte.

    Melanies Arbeitskollegin war zwei Jahre unfreiwillig Single gewesen, bevor sie im Tante-Emma-Laden um die Ecke zufällig Algin in die Arme gelaufen war. Obwohl der Funke sofort über gesprungen war, hatten sich die beiden gleich wieder aus den Augen verloren. Erst ein legendärer Mädelsabend mit Meli und Isa hatte im letzten Oktober Tally das Glück gebracht. Leicht angetrunken hatten die drei Freundinnen Algin, mehr oder weniger zufällig, beim Nackt-Spazieren in seiner Wohnung beobachtet. Mit Plakaten in den Fenstern hatten die heutigen Turteltauben schliesslich zusammengefunden. Meli freute sich von ganzem Herzen für ihre Freundin. Eine Prise Neid schwang aber mit, wenn sie sich an die Begebenheiten erinnerte. Zum einen hätte sie sich dieses Glück auch für Silvan und sich gewünscht, zum anderen fehlte ihr Tally. Die täglichen Plaudereien im Büro ersetzten die früheren ausgiebigen Abende nicht. Deshalb war die Vorfreude auf das Ausgehen mit den Mädels umso grösser.

    Nur ein paar Minuten nach der vereinbarten Zeit traf Melanie am Treffpunkt ein. Ihre beiden Freundinnen warteten schon und sahen blendend aus: Isabelle hatte sich in Jeans und einen Figur betonenden Pulli geschmissen, war leicht geschminkt und hatte ihre roten Locken hochgesteckt. Wie so oft hatten sich die ersten Strähnen bereits wieder aus der Spange befreit. Meli konnte sich nicht erinnern, Isas Haarpracht einmal gebändigt gesehen zu haben. Chantal hingegen hatte einen knielangen schwarzen Rock und eine Jeansjacke an, die sie mit hochhackigen Stiefeln kombiniert hatte. Sie trug ihre schulterlangen Haare offen und hatte, abgesehen von ein bisschen Mascara und Kajal, auf Schminke verzichtet. Die beiden Freundinnen strahlten eine Natürlichkeit und eine Entspanntheit aus, die Meli auch gerne gehabt hätte. Natürlich wusste sie, dass ihre langen schwarzen Locken, ihre grossen dunklen Augen und ihre gertenschlanke Linie dem gängigen Schönheitsideal entsprachen. Chantal hatte ihr einmal offenbart, dass ihrer Meinung nach Meli mit ihrer makellosen Haut, den langen Wimpern und den perfekt geschwungenen Lippen auch ohne Make-up so schön war, wie kaum eine andere Frau; weder in ihrem Bekanntenkreis noch bei der berühmten Fernsehsendung mit Heidi. Meli bekam rosa Wangen, wenn sie an dieses Gespräch zurückdachte. Sie selbst glaubte an die innere Schönheit; und sie fühlte sich im Innern nicht schön. Wie auch, hatte sie doch ein Menschenleben auf dem Gewissen.

    Meli versuchte die wiederaufkeimenden Erinnerungen zu unterdrücken, setze ihr strahlendstes Lächeln auf und begrüsste ihre Freundinnen herzlich. Es tat ihr gut, Zeit mit den beiden zu verbringen, auch wenn sie immer darauf achten musste, ihre Maske nicht zu verlieren. Sie konnte sich nicht vorstellen, Isa und Tally von ihrem Geheimnis zu erzählen, obwohl sie den beiden zu hundert Prozent vertraute. Melanie hatte viel zu grosse Angst vor deren Reaktion. Ausserdem wollte sie den beiden die Last nicht auferlegen, eine solche Geschichte mit sich herumtragen zu müssen.

    «Ladies, guten Abend! Bereit, auf den Putz zu hauen», fragte Meli und umarmte ihre Freundinnen.

    «Mehr als bereit!», lachte Tally.

    «Und ich erst! Ich suche heute Abend einen Mann, meine Damen. Es ist bei mir schon viel zu lange her; ich habe schon Entzugserscheinungen. Echt! Und ich hab da eine Idee, wohin wir drei Schönen gehen könnten. Leckeres, ungesundes Essen und viel Musik … wer ist dabei?», antwortete Isa.

    Die Hände von Chantal und Melanie schnellten in die Höhe! Meli fühlte sich auf Anhieb wieder besser. In einer solch guten Gesellschaft konnte sie schlicht nicht Trübsal blasen. Sie würde Silvan nicht vergessen – aber im Moment hatte er Sendepause.

    Auf dem Weg ins Lokal schwelgten die drei Freundinnen in Erinnerungen. Isabelle war erst vor ein paar Monaten in die Stadt gezogen und hatte ein komplett neues Leben begonnen.

    «Weisst du noch, wie wir uns das erste Mal gesehen haben, Tally?», fragte Isa. «Ich habe frühmorgens bei dir an der Türe geklingelt, weil ich meinen Föhn in den Umzugskarton nicht finden konnte und mich für mein Vorstellungsgespräch bereit machen musste.»

    «Oh ja, ich erinnere mich genau. Du hast mir einen riesen Schrecken eingejagt. Mittlerweile weisst du ja, welch Angsthase ich bin! Ich habe schon gedacht, Räuber, Mörder oder Entführer vor der Türe anzutreffen», gestand Chantal lachend.

    «Ja, Schiss hast du häufig. Auch bei einem unserer ersten Treffen im Büro. Ich kann mich noch genau an deinen Blick erinnern, als unser Chef dich nach ein paar Tagen zu unserer Sitzung eingeladen hat», ergänzte Meli.

    Die drei Freundinnen waren so in ihr Gespräch über die guten alten Zeiten vertieft, dass sie den Weg in die Innenstadt im Eiltempo zurücklegten. Als sie in das alte Gebäude mit der schweren roten Türe eintreten wollten, entwich Tally ein leiser Schrei.

    «Ich kann da nicht rein. Bitte entschuldigt. Ganz schlechte Erinnerungen!»

    Isa und Meli akzeptierten Tally Entscheid ohne nachzufragen. Erst als die drei eine neue Bar gefunden hatten, kam die Rothaarige auf die Sache zurück.

    «Lange Geschichte», seufzte Tally und nahm einen grossen Schluck aus ihrem Bierglas. «Bevor Algin und ich uns gefunden haben, war ich ziemlich lange auf der Suche nach meinem Traummann. Dank meiner Grossmutter bin ich irgendwann auf einer Online-Partnerbörse gelandet, wo ich einen netten Typen kennengelernt habe. Leider haben sich bei mir die Schmetterlinge nicht eingestellt, obwohl ich das gerne wollte. In jener Bar ist die Situation eskaliert und ich bin weinend nach Hause gelaufen. Den Typen habe ich danach nie wieder gesehen.»

    «Wer braucht schon Männer?», murmelte Meli und verdrehte die Augen.

    «Wir alle, meine Liebe; wenn auch nur ab und zu für eine Nacht», antwortete Isa und legte ihr einen Arm um die Schultern. «Auch du solltest dir mal überlegen, ob du für immer alleine sein möchtest. Ich kann mich nicht erinnern, dich mal mit einem Mann gesehen zu haben. Oder eine Männer-Geschichte von dir gehört zu haben. Du solltest mal ein bisschen Dampf ablassen. Das hab ich heute auch vor. Keine Gefühle, nur ein bisschen Spass!».

    «Ich bin nicht alleine, Isa. Ich habe Milo. Den besten Mann der Welt. Der Klo-Deckel ist nie hochgeklappt, er schnarcht nicht und hält mir keine unnötigen Vorträge. Und Dampf ablassen kann ich auch selbst. Dafür brauche ich doch keinen Mann!»

    «Du bist zwar etwas schrullig, Meli, aber ich hab dich trotzdem doll lieb!», flüsterte Tally ihr ins Ohr und umarmte sie fest.

    Erst gegen zwei Uhr morgens legte sich Melanie ins Bett. Der Abend hatte ihr gut getan. Nachdem das heikle Thema Männer abgeschlossen gewesen war, hatten sich die drei auf den neusten Stand gebracht. Auch wenn sie sich noch nicht allzu lang kannten, hatten sie viele Running Gags, die sie lauthals vorbringen konnten. Meli staunte immer wieder, wie sich drei so unterschiedliche Frauen so gut verstehen konnten. Sie selbst war diejenige, die Sprüche riss und die anderen zum Lachen brachte, am meisten Ideen für Ausflüge und Ferien hatte und die jeweils am meisten Aufmerksamkeit von Fremden auf sich zog. Isa war die Draufgängerin. Sie genoss das Leben in vollen Zügen, nahm regelmässig unbekannte Männer mit nach Hause und war immer mit Vollgas unterwegs. Tally hingegen war die Besonnene, Bodenständige des Trios, die am besten ihre Gefühle benennen und zeigen konnte. Ausserdem war sie zurzeit die Einzige, die einen Mann an ihrer Seite hatte. Bei ihnen schien das Sprichwort, dass sich Gegensätze anziehen, zu stimmen. Die Drei ergänzten sich perfekt und die Abende waren jedes Mal unvergesslich. Meli hatte auch heute mehrfach Tränen in den Augen gehabt – vor Lachen, versteht sich. Die dunkle Zeit war vorbei, jedenfalls für ein paar Wochen. Und dafür war sie dankbar.

    Sobald es sich Milo im Bett an Melis Seite bequem gemacht hatte, schlief sie ein. Sie träumte von einem dunklen, verlassenen Wald. Der Ort jagte ihr einen Schauer über den Rücken und machte ihr Angst. Plötzlich erblickte sie auf einem dicken Ast vor ihr ihren Stubentiger, der zur Begrüssung laut schnurrte. Je näher sie Milo kam, desto heller wurde das Licht im Wald. Bald waren die Tannen so von Sonnenstrahlen beleuchtet, dass sie zwischen den dichten Zweigen eine kleine Holzhütte entdeckte, die sie ans Märchen von Hänsel und Gretel erinnerte. Aus dem Knusperhäuschenfenster schauten aber nicht die beiden Grimm-Figuren, sondern Isabelle und Chantal, die ihr freudig zuwinkten.

    KAPITEL 2

    «Es ist das Osterfest alljährlich

    für den Hasen recht beschwerlich.»

    (Wilhelm Busch)

    24. April 2011:

    Melanie war zum Osterfest bei ihrer Schwester eingeladen. Sie hatte zu ihrer Familie einen engen, aber unregelmässigen Kontakt, was aber nicht auf Streitereien zurückzuführen war. Die Lehmanns hatten schlicht nicht das Bedürfnis, sich so häufig zu sehen oder zu hören wie andere Familien. Dennoch freute sie sich auf den heutigen Brunch bei Anna; vor allem auf ihre kleine Nichte Lea. Die Vierjährige war ein echter Sonnenschein, wenn auch ziemlich vorlaut und stur. Meli war nach einem Tag mit der Kleinen meist müder als nach einer ganzen Woche

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