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Lethal Vacation: Der letzte Spielzug
Lethal Vacation: Der letzte Spielzug
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eBook253 Seiten3 Stunden

Lethal Vacation: Der letzte Spielzug

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Über dieses E-Book

In Illmers findet Ivy nach langer Suche greifbare Hinweise auf ihre Familie. Doch um diese endlich in die Arme schließen zu können, muss sie mit Klaas, Mac und Elmar einen ausgeklügelten Plan in die Tat umsetzen. Unerkannt erschleichen sie sich das Vertrauen des Vizeadmirals Heinzmann, der einen Vergeltungsanschlag auf alle Kolonien plant. Doch das Vorhaben fliegt auf und die Schlinge zieht sich bedrohlich zu. Wird es einen letzten Spielzug geben, der Ivy und den anderen das Leben rettet?
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum12. Dez. 2020
ISBN9783753132990
Lethal Vacation: Der letzte Spielzug

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    Buchvorschau

    Lethal Vacation - Josephine Lessmann

    Lethal Vacation

    Der letzte Spielzug

    Lethal Vacation

    Der letzte Spielzug

    von

    Josephine Lessmann

    Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnd.d-nb.de abrufbar

    1.Auflage

    Covergestaltung:

    © 2020 Susann Smith

    Coverfoto:

    © 2020 Christin Necke

    Impressum

    c/o AutorenServices.de

    Birkenallee 24

    36037 Fulda

    Copyright: © 2020 Josephine Lessmann

    Druck & Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

    ISBN siehe letzte Seite des Buchblocks

    Kapitel 1

    Illmers

    Konferenzraum

    11.März 2015, 18:30 Uhr

    Angespannt saßen die Hoods und Ivys Gruppe an der großen Tafel. Die Anführer der Kolonie thronten ebenfalls am Tisch und sahen sich bedenklich an. Sie warteten.

    Als die Tür auf ging, trat Linus mit Nell im Schlepptau, dicht gefolgt von Ellen, in den Raum. Elmars Sohn brachte die Gefangene in den Zeugenstand und hielt neben ihr Wache.

    Immer wieder sah Linus ungläubig zu seinem Vater und Klaas. Er konnte sein Glück nicht fassen, dass er einen Teil seiner Familie wieder bei sich hatte.

    Ellen setzte sich neben Mac. Sie kam sich vor wie seine Anwältin.

    Gunnar sah die Gefangene hasserfüllt an. Nervös rieb er seine Hände ineinander. In diesem Moment würde er alles tun, um ihr Schaden zuzufügen. Es grenzte an reiner Selbstbeherrschung, nicht auf sie loszugehen.

    Cornelia lehnte an Falk, der sich eine Zigarette angezündet hatte. Beide waren geschafft von der Tortur. Ihre alten Knochen schmerzten und ein ermüdender Schleier lag über ihnen.

    Ivy saß zwischen Mikey und Elmar. Sie war ebenso geschwächt, sah müde und blass aus. Ich würde jetzt lieber im Bett liegen, als hier zu sitzen. Aber ich muss für Mac da sein, dachte sie, während sie sich in der Runde umsah.

    »Mit großem Bedauern haben wir vor ein paar Tagen die Meldung bekommen, dass Stocksen angegriffen und abgebrannt ist. Tut uns leid, Ellen«, eröffnete ein kahlköpfiger Mann mit Narben im Gesicht die Runde. »Wir sollten uns allen im Klaren sein, dass dies die Anzeichen einer neuen Welle sein könnten.« Mit kritischem Blick musterte er jedem im Raum. Letztendlich sah er zu Nell.

    »Der Ernst der Lage sollte jedem noch mehr bewusst werden, nachdem die Hoods selbst Ziel eines Anschlags wurden. Sie verloren ein wertvolles Mitglied, was wir ebenfalls sehr bedauern«, fügte eine ältere, stämmige Dame hinzu, die eine Dauerwelle trug. »Wir haben Ellen gebeten, mit der Gefangenen zu reden, um mehr Informationen zu bekommen.« Die Frau nickte der Jägerin aus Stocksen zu.

    Ellen schaute auf ihr Buch, klappte es auf und hielt inne. Seufzend schlug sie es wieder zu, erhob sich vom Stuhl und schritt zum Zeugenstand. »Ich werde dir jetzt die gleichen Fragen stellen, wie bei unserer Unterhaltung. Es wird nichts neues sein. Ist das okay für dich?« Die Angeklagte nickte. Ellen nahm ihr Notizbuch und reichte es dem Rat. Sie zeigte darauf und lief zurück zur Beschuldigten. »In diesem Buch stehen alle Antworten drin. Das Protokoll einer anstrengenden Nacht, wohlgemerkt.«

    Die Jägerin holte sich und der Gefangenen ein Glas Wasser und stellte diese auf das Pult.

    »Okay. Wie bist du zu den Hoods gekommen?«

    »Wir versteckten uns in einem Möbelhaus. Mein Partner und ich wurden von den Toten überrascht und er half mir in die Deckenverkleidung zu steigen, bevor sie ihn erwischten. Wir wussten, dass die Hoods dort Halt machen würden.«

    »Woher wusstet ihr das?«

    Beklemmt sah Nell zu der Gruppe. »Weil wir sie seit ihrer Weiterfahrt beschattet hatten. Wir wussten, wann sie nach Stocksen fahren würden.«

    »Wer erteilte euch den Auftrag?«

    »Sie nennen sie nur die Kommandeure. Sie geben den Befehl, die Anschläge auszuführen.«

    »Was passiert, wenn ihr sie nicht ausführt?«

    Nell sah nachdenklich auf ihre zitternden Hände. »Dann werden unsere Familien getötet. Sie werden in Ghettos gefangen gehalten, als Druckmittel.«

    »Hat deine Gruppe Stocksen angegriffen?«

    Nell schüttelte den Kopf. »Es war noch eine andere Gruppe dabei. Gemeinsam nutzten wir die Gunst der Stunde aus. Jeder weiß, wie sehr sich die Leute über die Ankunft der Hoods freuen. Wir wollten zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Also lockten wir die Meute nach Stocksen, nachdem die anderen uns von den Toten erzählten. Eine Hand wäscht die andere.«

    Die Hoods senkten erschüttert ihre Köpfe. Vor ihren Augen sahen sie die Menschen, die jedes Mal freudestrahlend auf den Konvoi zu rannten und sie herzlich begrüßten.

    Ellen verstummte einen Moment. Sie hörte die Flammen in ihrem Kopf brennen und roch den Rauch. »Hast du Menschen aus Stocksen getötet?«

    »Nein. Ich stellte die Sirenen auf. Ich habe nie jemanden umgebracht.«

    »Was passierte nach Stocksen?«

    »Mein Partner und ich verloren all unserer Leute im Kampf. Wir unterschätzten die Größe der Meute. Es gab dann nur noch uns zwei. Wir beschatteten die Hoods weiter und kamen ihnen voraus. Wir warteten, bis sie bei Ikea ankamen.«

    »In der kurzen Zeit bis zu deinem Anschlag warst du mit Mac zusammen. Es entstand eine innige Beziehung zu ihm. Wie oft hast du Menschen auf diese Art manipuliert?«

    Nell schloss beschämt ihre Augen. »Nicht nur einmal … Ich hatte keine Wahl … Man zwang Frauen dazu, so etwas zu tun, um ans Ziel zu kommen. Von Oben kam immer der Druck, dass unseren Familien etwas passieren könnte, wenn wir es nicht täten.«

    Geschockt sahen sich die Zuhörer an.

    Ivy ergriff Macs Hand, der ihr gegenüber saß. Sein Atem raste. Sie sah Tränen in seinen Augen, während er zur Gefangenen sah. Seine Pranke zitterte und er umfasste Ivys Hand so fest, dass es sie schmerzte.

    »Wie war es bei Mac? War es das Gleiche?«

    Sehnsuchtsvoll blickte sie zu dem Amerikaner, der ergriffen zu ihr schaute. »Ich sollte willkürlich jemanden auswählen, der mich in die Gruppe einschleusen kann. So, wie ich es vorher schon gemacht habe. Aber Mac war anders. Die Männer vorher waren widerliche Schweine, die mich wie Dreck behandelten. Mac tat das nicht. Er kümmerte sich um mich. Die Gruppe kümmerte sich um mich. Ich habe selten jemanden getroffen, der so eine starke Ausstrahlung hat und so zerbrechlich zu gleich ist.«

    »Und dennoch hast du die Trucks in die Luft gejagt. Wie bekamst du den Befehl?«, hakte Ellen nach und nahm einen Schluck Wasser.

    »Über Funk. Ich musste jeden Abend Report machen. Als sie erfuhren, dass es weiter geht, gaben sie den Befehl, die Bomben zu platzieren.«

    »Aber du hast sie nicht so platziert, wie der Befehl war, oder?«

    Nell schüttelte den Kopf. »Die Bomben sollten direkt unter den Fahrerkabinen platziert werden. Aber das wollte ich nicht. Ich wollte niemanden töten. Ich nahm weniger Sprengstoff, als angegeben und befestigte sie stattdessen an der Hinterachse. Als das Zeichen kam, musste ich sie dennoch zünden.« Sie hielt einen Moment inne. »Ich wollte nicht, das Nina stirbt. In den Tagen, als ich bei den Hoods war, sah ich, dass es auch anders laufen kann. Ohne Drohungen, Hunger und Angst. Diese Gruppe ist mehr. Das … ist Familie.«

    Zu Tränen gerührt schniefte Cornelia und Falk nahm sie in den Arm.

    »Wann hattest du das letzte Mal zu ihnen Kontakt?«

    »Am Tag, als wir losfuhren. Seitdem nicht mehr.«

    »Also gehen sie davon aus, dass du tot bist?«

    Nell schüttelte den Kopf. »Wenn die Mission erfüllt ist und man noch lebt, ist man verpflichtet, in die Geisterstadt zu gehen. So nennt ihr doch diesen Ort, stimmts?«

    »Stimmt. Wir nennen sie Geister. Wir suchen schon eine Weile nach dieser Stadt, nachdem wir einen von euch gefangen nehmen konnten und die Informationen bekamen. Wie viele Schläfer gibt es in den anderen Kolonien?«

    Nell zuckte ahnungslos mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, wer zu den Schläfern gehört. Aber die Obrigkeiten in der Geisterstadt wissen alles über euch. Jedes kleinste Detail. Und sie wissen, dass ich den Anschlag überlebt habe, denn ich bin eure Gefangene. Die ganzen Kolonien wissen es. Also sie auch. Es wird nicht mehr lange dauern und sie wecken die Schläfer.«

    Beunruhigte Blicke gingen durch die Zuschauer.

    Ellen nickte und sah die Ratsmitglieder an. »Das sind die Fragen, die für euch relevant sind.« Laut vor sich hin prustend setzte sie sich wieder auf ihren Stuhl und sah erwartungsvoll in die Runde.

    Die Ratsmitglieder blätterten in den Aufzeichnungen umher und sahen stumm einander an. Schwere Seufzer waren zu hören. Die stämmige Frau rieb sich betroffen die Stirn entlang. Die Männer hielten inne, einer von ihnen kraulte nachdenklich seinen Bart.

    »Das sind beklemmende Details … Wir … ähm«, stammelte der Glatzkopf. »Wir beraten uns kurz.«

    Der Rat, bestehend aus fünf Mitgliedern, erhob sich von den Stühlen und verließ die Räumlichkeit.

    Die Hoods und Ivys Gruppe schwiegen sich an.

    Ellen zündete sich eine Zigarette an und pustete den Rauch in die Luft. Grüblerisch strich sie über ihre Stirn.

    Falk steckte sich ebenfalls einen Glimmstängel an und griff liebevoll die Hand seiner Freundin.

    Die Zeit, bis der Rat, wiederkam, war erdrückend.

    Mac beobachtete Nell, die bekümmert auf dem Podest saß. Sein Atem war schwer. Am liebsten wäre er zu ihr gegangen, aber etwas hinderte ihn daran. Er war sich nicht sicher, ob es Enttäuschung oder Traurigkeit war, die ihn zurückhielt. Er zog aus seiner Jackentasche den Brief, den sie ihm geschrieben hatte.

    Mac

    Ich weiß, dass dieser Brief keine Entschuldigung für das ist, was ich getan habe. Aber ich wollte dir erklären, warum ich es tun musste. Ich gehöre einer Gruppe an, die für zahlreiche Anschläge und Morde verantwortlich ist. Wir machen es nicht aus Hass. Wir machen es aus Angst um unsere Familien. Sie leben in Gefangenschaft. Wenn wir die Aufgaben nicht erfüllen, töten sie unsere Angehörigen. Niemand kann das zulassen. Du würdest es nicht tun. Aber die Zeit bei euch hat mir gezeigt, dass es anders geht. Du hast mir vor Augen geführt, dass ich ein Mensch bin. Du hast mich wieder erkennen lassen, was Liebe ist. Ich bekam den Befehl, die Trucks zu sprengen. Ich wollte nie, dass jemand zu Schaden kommt. Ich wollte nie, dass jemand stirbt. Ich hoffe nur, dass du mir irgendwann verzeihen kannst. Ich würde es dir nicht übelnehmen, wenn du mich abweist. Aber du sollst wissen, dass ich Gefühle für dich habe und du mir etwas bedeutest. Auch wenn es nur eine kurze Zeit mit uns war. Du hast mir mit deiner liebevollen und respektvollen Art mehr gegeben, als irgendjemand zu vor. Ich werde dir das nie vergessen. Nell.

    Merklich gerührt faltete er den Brief zusammen und sah zu der Gefangenen, die ihn die ganze Zeit beobachtet hatte. Sie hatte, ebenso wie er, Tränen in den Augen.

    *

    Die Tür des Beratungsraumes ging nach über einer Stunde auf und der Rat trat geschlossen in den Konferenzraum ein. Sie nahmen Platz und schwiegen sich einen Moment an.

    Die ältere Dame erhob sich von ihrem Stuhl und hielt einen Notizzettel vor ihrer voluminösen Oberweite. »Der Rat hat sich besprochen. Wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass dies eine Aneinanderreihung von mehreren Tragödien ist. Wir haben schon zu lange zugesehen und nichts getan. Der Angeklagten wird Mord, fahrlässige Tötung und die Mittäterschaft eines Terroranschlags vorgeworfen. Dennoch haben wir uns gegen die Todesstrafe entschieden.«

    »Wie bitte?!«, echauffierte sich Gunnar fassungslos und sprang von seinem Stuhl auf. „Sabine, wollt ihr uns verarschen!? Sie ist eine Mörderin!"

    Sabine seufzte kopfschüttelnd. »In der Zusammenarbeit mit Ellen finden wir, dass Nell kooperativ ist. Vorausgesetzt sie gibt uns die Auskünfte, die wir brauchen, um die Geister ein für alle Mal zu erledigen.«

    Argwöhnisch schaute Nell den Rat an. »Wie meinen Sie das genau?«

    Der kahlköpfige Mann erhob sich von seinem Stuhl. »Wir wollen alle Informationen bezüglich des Standortes, der Verteidigung und des Aufbaus. Wir werden die anderen Kolonien in Kenntnis setzen, dass wir endlich den langersehnten Gegenschlag ausführen können. Wir werden unsere Armee dort hinschicken, um es für immer zu beenden.«

    Aufgebracht und verängstigt zugleich schaute Nell die Ratsmitglieder an. »Aber das könnt ihr nicht tun! Dort leben die Gefangenen in Ghettos. Sie werden sterben, wenn ihr angreift!« Verzweifelt musterte sie jeden einzelnen von den Verantwortlichen. »Bitte, mein Bruder und meine Eltern sind dort. Es leben in diesen Baracken viele Kranke und schwache Leute, die sich nicht wehren können.«

    Angespannt sahen die Hoods und Ivys Gruppe zu den Anführern. Sie spürten, dass die Lage prekär für sie war.

    Grübelnd tippelte Ellen mit den Fingern auf der Tischplatte herum, erhob sich und schritt zu den Ratsmitgliedern vor. »Ich hätte eine andere Idee, wie wir es ohne großes Blutvergießen beenden könnten.«

    »Ach ja? Dann lass mal hören«, forderte der kahlköpfige Mann mit den Narben im Gesicht und setzte sich wieder hin.

    Ihre Worte im Kopf sammelnd, lief Ellen im Raum auf und ab. Ihr Blick schweifte zu den Hoods und Ivys Gruppe. Für einen Moment kniff sie die Augen zusammen und drehte sich den Anführern zu. »Es werden zu viele Unschuldige sterben, wenn wir die Armee schicken. Das würde für die Schläfer ein weiterer Grund werden, anzugreifen.«

    Der Kahlkopf rieb sich zweifelnd die Stirn. »Mit Verlusten ist zu rechnen. Es sind zu viele Menschen bei diesen Anschlägen ums Leben gekommen. Wenn wir jetzt zögern, verlieren wir die-«

    »Wir tun es ihnen gleich«, unterbrach die Jägerin patzig seine Ansprache. »Nell sagte uns, dass die Kommandeure alles über uns wissen: welche Hobbys wir haben … wie wir aussehen, was unsere Jobs sind ... Die Einzigen, die sie nicht kennen, sind diese vier.« Sie zeigte auf Ivy und ihre Männer.

    Verblüfft schauten sie sich an.

    »Wir?«, stutzte Klaas. »Was haben wir damit zu tun?«

    Lächelnd schritt Ellen auf die kleine Gruppe zu. »Ihr seid die Einzigen, von denen sie keine Informationen haben. Für die seid ihr nicht existent. Die Zeit war zu kurz, um Berichte über euch zu sammeln, auch wenn ihr in Stocksen, Pearl und Gonna wart. Ihr schleust euch ein und erledigt die Kommandeure und ihre Handlanger von innen heraus. So, wie die Schläfer es machen. Wie ein Virus.«

    Verwundert schauten sie sich an.

    »Und wie stellst du dir das vor?«, hakte Mac verwirrt nach.

    Die Jägerin stolzierte vor der langen Tafel umher, als würde sie vor einem Publikum stehen. Elegant wehte ihr Gehrock bei jeder Bewegung mit, als würde sie einen Tanz vorführen. »Als Überlebende habt ihr einen langen Weg über Osteuropa zurückgelegt, um nach Hause zu kommen. Das ist im Grunde genommen noch nicht mal gelogen. Auf eurem Weg habt ihr den Amerikaner getroffen und mitgenommen. Nun steht ihr vor den Toren und sucht Schutz«, erzählte Ellen überzeugend und brachte den Rat zum Nachdenken. »Ihr erschleicht euch das Vertrauen der Kommandeure und schlagt dann zu. Ihr werdet sie vergiften.«

    »Wie bitte? Wir vergiften sie?«, staunte Elmar.

    Ellen nickte. »Mit Zyankali. Es tötet schnell und ist leicht in Wasser löslich.«

    »Aber dann würden wir die Leute aus dem Ghetto auch vergiften«, widersprach Ivy und verschränkte die Arme vor der Brust.

    Elmar und Klaas nickten ihr zustimmend zu.

    »Die Gefangenen bekommen nicht das gleiche Essen wie die Kommandeure«, rief Nell dazwischen und zog die Aufmerksamkeit auf sich. »Das Essen für sie wird rationiert. Sie müssen selbst für sich sorgen. Vergammeltes, schlechtes Essen ist das einzige, was ihnen zur Verfügung gestellt wird. Viele sind deshalb unterernährt und dadurch krank.«

    Nachdenklich sahen die Teilnehmer auf die Gefangene, die aufgeregt auf dem Stuhl hin und her rutschte.

    Erbost sprang Ivy vom Stuhl hoch, lief zu der Jägerin und drehte sie sich um. »Wir werden nicht eure Marionetten sein. Das ist nicht fair!«

    Verwundert runzelte Ellen die Stirn. »Nicht fair?« Mit verdattertem Blick musterte sie die Überlebende und führte Ivy ein paar Schritte zurück zur Tafel. »Findest du es etwa fair, was in Stocksen passiert ist? Findest du es fair, das tausende Leute umgebracht, gehängt oder bei lebendigem Leib verbrannt wurden? Als hätten sie es verdient?«

    Ivy schüttelte selbstbewusst den Kopf. »Niemand hat verdient, was ihnen zu gestoßen ist. Aber die einzigen, die bezahlen müssten, sind Leute wie sie und keine Unschuldigen.« Ivy zeigte mit dem Finger auf die Ratsmitglieder. »Die Anführer waren es, die die Leute aussortiert und in den Tod geschickt haben. Nicht wir!«

    Ein empörtes Raunen war im Zimmer

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