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Lethal Vacation: Glaube - Liebe - Hoffnung
Lethal Vacation: Glaube - Liebe - Hoffnung
Lethal Vacation: Glaube - Liebe - Hoffnung
eBook377 Seiten4 Stunden

Lethal Vacation: Glaube - Liebe - Hoffnung

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Über dieses E-Book

Gefangen in der Bruderschaft wird die Reisegruppe fälschlicherweise der Mittäterschaft in Richards perfiden Spiel bezichtigt. Trotz ihrer Unschuld werden sie ins Arbeitslager gebracht. Doch Ivy drängt darauf, zu fliehen und greift zu drastischen Maßnahmen. Nach der dramatischen Flucht, trifft sie auf General Handerson. Um ein Teil seiner Schuld zu begleichen, will er der Gruppe helfen. Ein geheimes Fort der U.S. Air Force weckt in ihr den langersehnten und fast aufgegebenen Traum in ihre Heimat zurückzukommen. Doch aus heiterem Himmel kommt es zum Eklat zwischen Ivy und den anderen.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum20. Mai 2020
ISBN9783752953923
Lethal Vacation: Glaube - Liebe - Hoffnung

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    Buchvorschau

    Lethal Vacation - Josephine Lessmann

    Lethal Vacation

    Glaube - Liebe - Hoffnung

    Lethal Vacation

    Glaube - Liebe - Hoffnung

    von

    Josephine Lessmann

    Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnd.d-nb.de abrufbar

    1.Auflage

    Covergestaltung:

    © 2020 Susann Smith

    Coverfoto:

    Pexels.com

    Impressum

    Copyright: © 2020 Josephine Lessmann

    c/o AutorenServices.de

    Birkenallee 24

    36037 Fulda

    Druck: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

    ISBN siehe letzte Seite des Buchblocks

    Kapitel 1

    Newport, Rhode Island, Hotel

    8. Oktober, 2014, 12:00 Uhr

    Während die anderen in heller Aufruhr waren und vergeblich nach Christoph suchten, erwachte Ivy aus dem Schlaf.

    Sie rieb sich ihre brennenden Augen und setzte sich auf die Bettkante. Nachdenklich blickte sie auf die raue See hinaus. Laut seufzend ging sie ins Bad, wusch sich mit kaltem Wasser das Gesicht und betrachtete sich für einen Moment im Spiegel. Alles war eine Lüge. Nichts von all dem hatte Hand und Fuß. Was soll ich nur tun? Was sollen die anderen von mir denken? All ihre Hoffnungen sind zerstört, genau wie meine. Sie hatten mir vertraut, haben ihre Zelte freiwillig abgebrochen, um mir zu folgen. Und nun?

    Sie spürte Tränen in ihre Augen aufsteigen. Erneut wusch sie sich ihr Gesicht, atmete tief ein und aus und fühlte sich wie gerädert. Nicht, dass sie zu wenig geschlafen hätte. Sie war entkräftet vom Reisen. Kraftlos vom Kämpfen. Erschöpft vom Hoffen. Müde vom Stark sein.

    Mit schlürfenden Schritten tappte sie zum Bett zurück und setzte sich erneut auf die Bettkante. Ihr Blick fiel auf den Nachtschrank, auf dem der Zettel und die Pistole lag.

    Hey Ivy.

    Christoph ist verschwunden. Wir sind auf der Suche nach ihm. Sei vorsichtig, denn Railey ist der Annahme, dass Richard etwas damit zu tun hat. Ich liebe dich.

    Innehaltend ließ sie die Nachricht auf sich wirken. Sie lauschte und vernahm das Krächzen der Seemöwen, die ihre Kreise vor der Küste flogen.

    Vor sich her grübelnd zog sie sich an. Sie steckte die Pistole in den Hosenbund, stülpte den schwarzen Pullover über, den Sebastian am Tag zuvor trug. Richard hatte blutige Hände, als er am Morgen zu uns kam. Hat es was mit den ganzen Toten in den restlichen Zimmern zu tun?, schoss es ihr durch den Kopf.

    Entschlossen schritt sie die Treppe hinunter und betrat leise den Salon. Die Tafel, an der sie gefrühstückt hatten, war nicht abgeräumt. Ivy horchte aufmerksam auf. Es herrschte eine erdrückende Stille.

    Sie hastete zu dem abgetrennten Abteil, in dem die Kommandozentrale aufgebaut war, trat hindurch und verriegelte die Tür von innen. Sie stellte die Frequenz von Poughkeepsie ein.

    »Rupert, bist du da?«, fragte sie, während ihre Augen ruhelos auf dem Schreibtisch umherblickten. Abrupt blieb ihr Blick an einem kleinen Notizbuch kleben.

    »Ivy?«, rauschte es aus dem Lautsprecher.

    Doch sie hielt einen Moment inne. Die Nachricht von Christophs Verschwinden beschäftigte sie sehr. Wie soll ich das Rupert nur schonend beibringen?

    »Hey …« Ihre Stimme begann zu zittern. »Es … war alles eine Lüge«, sagte sie leise und spürte den Kloß in ihrem Hals. »Es gab nie ein Schiff für uns … « Sie schniefte und rieb sich zweifelnd die Stirn. »Was sollen wir denn jetzt nur tun?«

    »Ivy, beruhige dich erstmal. Ihr findet eine Lösung für das Problem und -«

    »Christoph ist verschwunden und … ich weiß nicht, was ich tun soll«, unterbrach sie ihn.

    »Verschwunden?«, stutzte Rupert. »Wo sind die anderen?«

    »Sie suchen ihn.«

    »Wann hast du ihn das letzte Mal gesprochen?«

    Ivy schaute auf die Uhr. Es zeigte bereits 12:30 Uhr. »Heute Morgen, bevor wir zum Pier gegangen sind. Er hatte gestern zu viel getrunken und war in das falsche Zimmer eingedrungen. Rupert, Richard hat in den anderen Zimmern Infizierte, die … das waren Leute, die er kannte … seine Familie und Freunde«, stotterte Ivy aufgeregt und lauschte gespannt dem Rauschen.

    »Oh nein! Vielleicht hat Richard ihn gesehen? Oder die anderen?«

    »Rupert, ich weiß ja noch nicht einmal, wo die anderen sind!«, fuhr sie ihn aufgebracht an. »Basti hat mir eine Pistole dagelassen.«

    »Ich möchte, dass du jetzt tief durchatmest und dich beruhigst«, bat Rupert. Geistesabwesend blätterte Ivy in dem Notizbuch herum.

    Rupert lachte aufgesetzt ins Mikrophon. »Vielleicht schläft er auch nur irgendwo seinen Rausch aus und platzt wie gewohnt mit der Tür ins Haus. Du kennst ihn.«

    Ivy vernahm seine Worte, doch die Notizen des Buches ließen sie stutzig werden. Sie las nicht nur die Namen ihrer Gruppe, sondern ebenso die Daten anderer Leute. Zusätzlich wurde deren geschätztes Körpergewicht vermerkt. »Rupert, ich muss Schluss machen!«, erwiderte sie benebelt und riss die Seite heraus.

    »Was? Was ist denn los?«, hakte der Doktor aufgebracht nach.

    »Ich glaube, Railey hatte recht«, stammelte sie. »Ich muss die anderen suchen und es ihnen erzählen! Hier geht was richtig Krankes ab!«

    Sie legte das Mikrofon zur Seite, faltete den Zettel zusammen und steckte ihn in die Hosentasche.

    *

    Als sie sich zur Tür umdrehte, sah sie in die wirren Augen von Richard, der sein Gesicht gegen die Scheibe presste. Es lief ihr eiskalt den Rücken herunter. Sie bekam Angst.

    Sein Blick hatte sich verändert. Er war durchtrieben und entschlossener. Seine Haare und sein Bart waren zerwühlt. Als hätte ihn der Wahnsinn gepackt. »Was tust du da drin?«, fragte er mit einem verwirrten Unterton in der Stimme.

    »Ich habe mit meinen Leuten aus Poughkeepsie gesprochen. Sie sollten wissen, dass es nie ein Schiff gegeben hat«, antwortete sie selbstbewusst und unterdrückte ihre Furcht.

    Richards Hand wanderte zur Schiebetür. Er versuchte, diese zu öffnen, doch sie war verschlossen. Ein höhnisches Lächeln huschte über seine hässliche Fratze. Langsam presste er sein schrumpeliges Antlitz erneut gegen die Scheibe. »Mach doch bitte die Tür auf«, forderte er mit einer aufgesetzten Freundlichkeit, die ihr unheimlich vorkam.

    »Wo ist Christoph?«, entgegnete sie ihm forsch.

    »Christoph? Meinst du den, der mir ständig auf meinen Penis guckt?«

    »Wo ist er?!« Ivys Ton wurde harscher.

    »Mach doch bitte die Tür auf … Lass uns reden.«

    Ängstlich schüttelte sie den Kopf. »Du weißt genau, wo er ist, stimmt’s?«

    Wütend schlug er gegen die Scheibe und schrie schrill auf, worauf Ivy zusammenschreckte. Instinktiv zog sie die Pistole und richtete sie auf ihn.

    Erstaunt riss er die Augen auf. »Drohst du mir?«

    »Finger weg von der Tür oder ich knallʼ dich ab!«, schrie sie ihn verzweifelt an.

    Belustigt warf er den Kopf in den Nacken und lachte lauthals in den Salon hinein. Mit einem Mal schlug er mit dem Ellenbogen die dünne Scheibe ein und griff zum Schloss hindurch.

    Im Affekt schoss Ivy auf ein anderes Fenster des Raucherabteils.

    Erschrocken duckte sich der Einsiedler, worauf der sich an einem herausstehenden Splitter den rechten Unterarm aufschlitzte. Er brüllte auf und zog den verletzten Arm aus dem herausragenden Glassplitter. Schmerzerfüllt drückte er gegen die Wunde.

    Ivy schnappte sich in Panik einen Stuhl und kletterte über diesen aus der zerschossenen Scheibe.

    Wutentbrannt verfolgte Richard sie, während er die Wunde abdrückte. Immer wieder schrie er nach ihr, während sie in Panik Stühle hinter sich umwarf. Sie wollte ihm den Weg versperren. Sie stürzte auf den Vorhof, rutschte im Kiesbett aus und sah sich hilfesuchend um.

    »Bleib stehen!«, schrie Richard, der taumelnd auf der obersten Stufe stand. Japsend lehnte er an der Eingangstür. Ächzend stützte er seinen verletzten Arm.

    Ivy bemerkte das Blut, das zwischen seinen Fingern auf die Steinstufen tropfte.

    Die blutigen Hände!, fuhr ihr erneut durch den Kopf.

    »Du hast Christoph umgebracht!«, warf sie ihm vor.

    Lachend polterte er die Treppe hinunter, stürzte ins Kiesbett und blieb laut keuchend einen Moment liegen. Zitternd erhob er sich und kicherte vor sich her. Langsam stapfte er auf sie zu.

    Entschlossen richtete Ivy die Waffe auf ihn.

    »Er war eine willkommene Abwechslung«, schnaufte er. »Selten hatte ich Leute, die so viel Bauchfett ihr Eigen nennen konnten.«

    Ivy starrte ihn schockiert an.

    Elmar, Melanie und Klaas stürmten auf die Treppe des Eingangsbereichs. Melanie fiel die triefende Wunde an Richards Unterarm auf.

    Doch Richard kümmerte sich nicht um die anderen. Er fixierte Ivy mit psychotischem Augenaufschlag.

    »Richard, ich kann dir helfen, die Wunde zu versorgen«, bot Melanie an, während sie sich ihm vorsichtig näherte.

    »Nein, Melanie!«, fuhr Ivy sie forsch an. »Er hat Christoph umgebracht. Er ist für sein Verschwinden verantwortlich!«

    Geschockt starrten die drei ihn an.

    Aus dem Inneren des Foyers hörten sie Schritte. Railey, Sebastian und Jerome traten aus der Tür heraus. Verwirrt blickten sie zu dem Einsiedler.

    Richards Blick war wirr, verschwommen, sein Gesicht blass und erschöpft, aber er torkelte weiterhin auf Ivy zu.

    »Wir müssen ihm helfen, sonst stirbt er an dem hohen Blutverlust!«, rief Melanie.

    Ivy zog hingegen die Liste aus ihrer Hosentasche und richtete mit der linken Hand die Waffe auf ihn. »Auf diesem Zettel stehen Namen, Richard. Auch unsere. Was hattest du mit uns vor?«

    Richard stolperte und fiel vor Ivy auf die Knie. Ächzend schaute er zu ihr auf. »Wenn sie nicht fressen, werden sie schwächer …«, japste er schwächlich.

    »Meint er die Infizierten?«, stutzte Klaas.

    Melanie schritt langsam auf Richard zu. »Hast du all die Menschen auf der Liste getötet? Wolltest du uns auch ermorden?«

    Zitternd drehte er sich zu der Rothaarigen um. »Wenn sie … nicht fressen … werden sie schwächer … Ich musste …«

    Fassungslos schaute sich die Gruppe gegenseitig an.

    Ivy schritt auf ihn zu, drückte ihm den Lauf der Waffe auf die Stirn und sah ihn wütend an. »Sagʼ was du mit ihm gemacht hast oder ich werde dir den Schädel weg pusten!«, drohte sie ihm. Unüberhörbar entsicherte sie die Waffe.

    Richard schmunzelte auf. »Er ist … überall.«

    »Was hast du getan!?«, brüllte sie wütend und verzweifelt zugleich.

    Eingeschüchtert beobachtete die Gruppe das Schauspiel.

    Richard musste sich einen Moment sammeln, bevor er antworten konnte. Er begann zu taumeln und wankte. Wieder lachte er. »Habʼ ihn zerstückelt … und verfüttert … Sonst werden sie schwach …«

    Ivys Lippe zitterte. »Dafür wirst du bezahlen.« Entschlossen presste sie den Lauf fest auf seine Stirn.

    Seine wirren Augen musterten sie. Er lachte leise vor sich her. Sein Gesicht war kreidebleich.

    Ivy drückte ab.

    Der Schall des Schusses breitete sich auf dem weiten Gelände aus.

    Der leblose, drahtige Körper sackte in sich zusammen.

    »NEIN!«, schrie Sebastian im selben Augenblick und stürmte auf seine Frau zu. Er schlug ihr die Waffe aus der Hand und umarmte sie fest, während ihre Augen den toten Körper fixierten. Kleine Steinchen bohrten sich in ihre Beine und in die Pobacken, aber Sebastian und Ivy standen unter Schock. Sie spürten keinen Schmerz.

    Langsam schritten die anderen die dreistufige Treppe hinunter. Das Kiesbett knirschte unter ihren Schuhen, als sie näherkamen.

    Railey hob den Zettel auf und las ihn sich durch. Fassungslos schüttelte er mit dem Kopf. »Der wollte uns alle an seine tote Familie verfüttern.«

    Melanie trat auf Ivy zu, die apathisch den leblosen Körper anstarrte. Sie bemerkte Blut an ihrer Hand. Behutsam begutachtete sie die kleinen Schnitte. »Du bist verletzt. Lass uns rein gehen, ich werde dich verarzten.«

    Im Salon angekommen sahen sie die umgestoßenen Stühle und Tische. Blutstropfen auf dem Teppich, Tafeln und Sitzgelegenheiten dokumentierten den Weg von Richard. Elmar, Klaas und Jerome machten sich daran, diese wieder aufzustellen. Sie bemerkten auch die zerschossene und zerschlagene Scheibe, das Blut, das an dem Rahmen klebte.

    Sebastian setzte seine Frau auf den Stuhl, ließ sie keinen Moment aus den Augen und wartete auf Melanie, die die Medipacks aus dem Zimmer holte. Es waren nur kleine Schnitte und Ivy war in einer Art Trance gefangen. Kein einziges Mal zuckte sie in sich zusammen, als Melanie die Wunden reinigte und versorgte. Ihr extrem hoher Adrenalinspiegel vermochte ihr keinen Schmerz zu verspüren.

    Du hast wieder einen Menschen getötet. Eiskalt erschossen. Vor den Augen der anderen. Hast du Richards Blick gesehen? Wie er gelacht hat?, fragte eine innere Stimme.

    Kopfschüttelnd senkte sie laut seufzend ihren Blick auf den Boden.

    *

    Mit gezogenen Waffen durchsuchten Railey und Elmar die untere Etage. Ein Schild zeigte mit der Aufschrift Küche auf eine doppelseitige Schwingtür. Argwöhnisch betrachteten beide den Eingang und zögerten.

    »Riechst du das auch?«, fragte Elmar und Railey nickte. »Sollen wir rein gehen?«

    »Vielleicht lebt Christoph ja doch noch«, hoffte er. Langsam stieß er einen Flügel auf.

    Der Gestank war unerträglich. An eisernen Fleischhaken hingen ausgenommene Fische. Auf dem Boden war eine riesige Blutlache. Äxte und Messer waren blutverschmiert. Angewidert von der beißenden Luft, hielten sie sich die Arme vor ihre Nasen. Sie fanden den ehemaligen Kühlraum.

    Fragend sah Elmar Railey an, der ihm zunickte.

    Elmar schob den Riegel zur Seite und zog die schwere Tür auf. Sie hörten ein Fauchen und Raunen. An einem Fleischerhaken hing ein Torso, dessen Blut in einen Spießkübel tropfte. Vorsichtig lugte Railey in einen Rollcontainer, in dem die Köpfe aller Opfer gelagert waren. Fauchend und nagend öffneten sie ihre Münder. Christophs Haupt lag oben auf und starrte beide mit wirren, bleichen Augen an.

    »Lass uns verschwinden«, raunte Railey bleich und stolperte vom Brechreiz getrieben mit Elmar aus der Küche.

    *

    Mitgenommen traten sie zur Gruppe zurück, die sie erwartungsvoll ansah.

    »Was gefunden?«, fragte Jerome ihnen entgegenkommend.

    Laut seufzend ließen sich beide auf den Stühlen nieder. Raileys Gesicht hatte eine blasse Farbe angenommen.

    »Ja, seine Schlachtbank«, seufzte Elmar die Stirn reibend. »Er hat die Köpfe aufgehoben. Es stinkt bestialisch in dem Kühlraum.«

    »Wie der von Christoph«, fügte Railey traurig hinzu.

    Kummervoll begann Melanie zu weinen. Mitleidend wandte sich Railey zu ihr und nahm sie schützend in seine Arme.

    Jerome las sich die Liste durch, drehte sich nachdenklich seinen Leuten zu und schüttelte den Kopf. »Wir haben einen Serienmörder zur Strecke gebracht. Dreißig Menschen stehen hier drauf – ohne uns. Der muss sie mit genau der gleichen Masche hierher gelockt haben wie uns.«

    »Er hat ja betont, dass die Apokalypse auch gute Seiten hat … Was machen wir jetzt?«, fragte Klaas in den Raum und sah in ratlose Gesichter.

    »Wir beerdigen sie im Garten«, raunte Ivy monoton.

    »Wen? Die Infizierten in den Zimmern?«, hakte Klaas argwöhnisch nach.

    »Nein, ich glaube, dass Ivy die Überreste der Menschen meint, die im Kühlraum sind«, antwortete Elmar seinem Mann und nickte der Anführerin zu. »Sie hat recht. Sie sind hergekommen, um Hilfe zu bekommen … und fanden den Tod.«

    Klaas hielt einen Moment inne. »Dennoch frage ich mich, was WIR jetzt machen? Sollen wir zurück nach Poughkeepsie?«

    »Die Fahrzeuge in der Scheune sind wahrscheinlich leer. Richard wird sie sicher leer gepumpt haben, um die Generatoren betreiben zu können«, mutmaßte Railey.

    Flehend blickte Melanie ihn an. »Ich will nicht hierbleiben! Nicht, wenn Christoph und all die anderen hier gestorben sind.«

    »Und wenn wir die Küste weiter hochfahren?«, schlug Jerome vor. »Wir könnten die Tanks doch leer pumpen.«

    »Dann sind wir bald in Kanada«, erwiderte Railey mit einem leichten Lächeln. Skeptisch sahen ihn die anderen an. »Wir sollten mehrere Optionen in Betracht ziehen. Dann stimmen wir ab.«

    »Und die wären?«, hakte Sebastian nach.

    Seufzend ließ Railey von Melanie ab und lief sinnierend im Salon auf und ab. Sein Blick fiel auf einen Kartenständer mit Ausflugszielen.

    »Option eins wäre zurück nach Poughkeepsie zu kehren … Das Benzin würde aber bis dahin nicht reichen. Die Strecke hat viele Hindernisse. Wir würden das Benzin nur vergeuden.« Zustimmend nickten die anderen ihm zu. »Option zwei wäre hierzubleiben, aber ich denke, dass wir uns da einig sind.« Erneut stimmten sie ihm zu. »Option drei wäre Boston.« Railey schmiss einige Prospekte der Stadt auf den Tisch.

    Argwöhnisch nahmen Sebastian und Elmar die Flyer in die Hände und falteten sie auseinander. Sie lasen von den Sehenswürdigkeiten, Pensionen und Besonderheiten der Stadt.

    »Und was gibt es in Boston?«, wollte Jerome wissen.

    »Es ist die nächst größerer Stadt. Damals gab es kein Evakuierungszentrum dort. Die wurden außerhalb eingerichtet. Wenn wir Glück haben, finden wir dort ein Schiff.«

    Nachdenklich blickten sich die Gruppenmitglieder an. Sebastian reichte den Flyer an Melanie weiter.

    »Ich glaube, dass wir uns einig sind, nach Boston zu fahren. Wie Jerome sagte, pumpen wir die Tanks der Generatoren leer und betanken ein Fahrzeug«, schlug Elmar vor.

    Ivy stutzte dennoch auf. »Wenn wir zurück nach Poughkeepsie gehen würden, verlieren wir jegliche Möglichkeit auf Hilfe. Das will ich nicht. Wir fahren nach Boston.«

    Seufzend nickte Railey. »Lasst uns die Gräber ausheben und morgen früh die Toten zur Ruhe kommen lassen«, schlug er vor und erntete skeptische Blicke. »Für heute sollten wir uns eine halbwegs friedliche Nacht gönnen. Wir versperren den oberen Flur, dann sind wir auf der sicheren Seite.«

    ***

    Kapitel 2

    Newport, Rhode Island, Hotelanlage

    8.Oktober 2014, 20:00 Uhr

    Sie stellten das Mobiliar aus ihren Zimmern bündig in den Flur, der zu den Toten führte. Sie konnten nicht über diese Barriere kommen. Die Männer hatten die Gräber ausgehoben. Im Lager fanden sie Dosensuppen, die sie auf dem Campingkocher erwärmten. Kein üppiges Mahl, aber es stillte ihren Hunger.

    Ivy saß grübelnd auf der Bettkante und blickte auf das Meer hinaus. Diese bedrückende Stille lag schwer auf ihrer Seele.

    Sebastian kam geduscht aus dem Bad, trocknete sich die Haare ab und legte das Handtuch über den Stuhl. Für einen Moment betrachtete er seine Frau und nahm neben ihr Platz. »Geht es dir gut?«, hakte er behutsam nach und strich über ihren Rücken.

    Seufzend zuckte sie mit den Schultern. »Ich habe ihn erschossen … Und … Es tut mir nicht leid. Bin ich jetzt ein schlechter Mensch?«

    »Oh nein! Das bist du nicht!«, verteidigte er sie und zog sie an sich. »Du musstest es tun, sonst hätte er uns alle umgebracht.«

    »Ist es das, was aus uns geworden ist? Wir töten, wenn wir uns bedroht fühlen?«

    »Er hätte uns getötet. Dich, Melanie, Elmar, Klaas … Einfach jeden. Ich hätte nicht anders reagiert.«

    Stutzig blickte sie ihn seine braunen Augen.

    »Ivy, ich würde für dich töten. So, wie du es für uns getan hast. Nur um dich und die anderen am Leben zu halten.«

    Ein leichtes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Sie gab ihn einen Kuss, stand auf und ging um das Bett herum in Richtung Bad. »Es ist schon ein wenig makaber hierzubleiben, zu duschen und zu übernachten, während auf der anderen Seite des Flures die Toten nur darauf warten uns zu verspeisen.«

    »Morgen früh werden wir die Überreste begraben und von hier verschwinden. Wir versuchen unser Glück in Boston und wir werden fündig werden. Ich verspreche es dir.«

    Erneut schmunzelte sie kurz und schüttelte den Kopf. »Versprich nichts, was du nicht halten kannst. Und ehrlich gesagt, kann ich Versprechen nicht mehr hören. Dafür ist zu viel passiert in den letzten Tagen.«

    Mit diesen Worten ließ sie ihn auf dem Bett sitzen und verschwand im Badezimmer.

    ***

    Kapitel 3

    Newport, Rhode Island, Grünanlage des Hotels

    9.Oktober 2014, 8:00 Uhr

    Am frühen Morgen rollten Railey und Elmar den Rollcontainer mit den abgetrennten Köpfen in den Garten. In atemloser Spannung vernahmen sie das Fauchen und Gurren aus dem Behälter. Geschützt mit Gartenhandschuhen, die sie im Lager fanden, holten sie die einzelnen Köpfe aus dem Container.

    Im Schein der aufgehenden Sonne erlösten sie Richards Opfer mit ihren Messern und legten sie in die ausgehobenen Löcher.

    Nachdenklich hob Railey den fauchenden Kopf von Christoph heraus. Andächtig beäugte er das verwandelte Haupt. Warum muss ich jetzt innerlich lächeln, wenn ich an deine saudämlichen Sprüche und die aufgesetzte Coolness denke? Warum musste dir das passieren?

    Die anderen sahen ebenso ehrfürchtig auf den Kopf, der mit bleichen Augen um sich sah und erstarrte, als Railey sein Leid beendete. Melanie wandte sich verletzt ab und wurde von Ivy getröstet, während die Männer die Toten begruben.

    Als Railey das Kellerkind seiner letzten Ruhestätte übergab, nahm er Melanie stumm in den Arm und sie schmiegte sich an ihn.

    Die raue Seeluft begünstigte ihre Arbeit. Der Wind wehte den beißenden Gestank von ihnen weg. Demütig verharrten sie einen Moment vor den zahlreichen Gräbern, nachdem sie ihr Schaffen erledigt hatten. Melanie steckte ein hölzernes Kreuz aus zusammen gebundenen Ästen auf Christophs Grab. Sie zählten einunddreißig Tote. Ein Symbol für die vielen Opfer.

    Ivy verzog sich in den Salon. Ihr Blick fiel auf die gepackten Habseligkeiten der Gruppe. Bald würden sie nach Boston fahren. Sie kramte das Tagebuch aus ihrem Rucksack und schlug eine leere Seite auf.

    Hallo ihr zwei,

    Nachdem ich davon ausging, dass es endlich einen Weg zu euch gibt, wurden wir arg enttäuscht. Es war eine Lüge, eine Verarsche, eine Finte. Das Schiff, das uns nach Hause bringen sollte, war eine Nussschale. Es wäre innerhalb kürzester Zeit gesunken. Das, was ich hier erlebt habe, grenzt an meinen Glauben an die Menschlichkeit. Richard hat so vielen Menschen das Leben genommen. Wir haben einen geliebten Freund verloren. Er hat Christoph umgebracht. Es fehlt jemand in der Runde, der stets unpassende Sprüche parat hatte. Christoph, der mit seiner schwabbeligen Art und Weise selbst in der beschissensten Situation einen doch zum Schmunzeln brachte. Oder zum Zweifeln.

    Wir ziehen weiter … nach Boston. Railey spekuliert darauf, dass wir dort fündig werden. Dort hätte es keine Evakuierungszentren in der Stadt gegeben. Die Häfen sind, seiner Meinung nach, intakt.

    Wir haben die Menschen, die hier gestorben sind, beerdigt. Christoph ebenso. Ich hoffe, er kann im Himmel zur Ruhe kommen. Mit Sicherheit wird er für den einen oder anderen Lacher sorgen. Ich liebe und vermisse euch bis zum Mond und wieder zurück. Warum ich das schreibe? Weil es mir Hoffnung gibt.

    PS: Deinem Teddybären geht’s gut. Ich bringe ihn zurück.

    ***

    Kapitel 4

    Newport, Rhode Island, Hotel

    9. September, 10:30 Uhr

    Sie packte das Buch wieder in den Rucksack ein, erhob sich und wollte nach draußen gehen, als sie entsetzt innehielt. Schwarzgekleidete Fremde zwangen die Gruppe schwer bewaffnet nieder zu knien und die Hände zu erheben.

    Plötzlich spürte sie einen kalten Lauf in ihrem Nacken. Ihr Körper verkrampfte sich schlagartig. Instinktiv hob sie ihre Hände.

    Die Terrassentür flog auf und die Gruppe schritt mit erhobenen Händen in den Salon. In einer Reihe aufgestellt, musterten die Fremden die Reisenden.

    »Zerstört das Funkgerät!«, befahl der Anführer.

    »NEIN!«, rief Ivy verzweifelt dazwischen.

    Ein Wachmann schnellte hervor und rammte ihr den Schaft des Gewehres in den Oberschenkel.

    Schreiend sackte sie in sich zusammen. Der Schmerz breitete sich wie ein Lauffeuer in ihren Muskeln aus.

    Sebastian stürzte auf Ivy zu. Doch bevor er ihr helfen konnte, wurde er mit einem harten Schlag zu Boden gerungen und blieb ächzend liegen. Hilflos und bestürzt schauten die anderen auf beide, wollten ihnen helfen. Doch die Gewehre waren scharf und die Leute, die sie trugen, bereit, diese zu benutzen.

    »Auf die Knie!«, schrie der Anführer.

    Langsam kniete die Reisegruppe nieder.

    Machtlos beobachteten sie die Männer dabei, wie sie durch die Scheiben hindurch die Kommandozentrale zerschossen. Plastik- und Elektronikteilchen flogen durch die Luft. Jeder Schuss schmerzte in ihren Ohren.

    Dann plötzliche Stille.

    Ivy weinte leise, hielt fassungslos die Hände vor das Gesicht.

    »Was wollt ihr von uns?«, fragte Jerome voller Furcht.

    »Gerechtigkeit für das, was ihr den Leuten angetan habt«, rief einer der Männer aus dem Hintergrund.

    »Wir?! Wir haben damit nichts zu tun!«, echauffierte sich Railey entrüstet.

    Kurzerhand bekam der Corporal den Schaft des Gewehres in den Rücken gerammt. Prustend sackte er zu Boden und hielt sich das Kreuz.

    »Ihr steckt mit Richard unter einer Decke! Ihr habt Unschuldige hergelockt, damit sie getötet werden!«, rief ein anderer Mann.

    Verstört starrte sich die Gruppe gegenseitig an und schüttelten vehement die Köpfe.

    »Das waren wir nicht! Der hat uns genauso verarscht wie die anderen!«, beteuerte Elmar flehend.

    »Er hat unseren Freund zerstückelt und an seine infizierten Leute verfüttert!«, fügte Klaas niedergeschlagen hinzu.

    »Wir wollen doch nur nach Hause! Mehr nicht«, schluchzte Ivy verzweifelt.

    Verstummt sah sich die fremde Gruppe an und brach einen Moment später in tosendes Gelächter aus.

    Ein weiterer Mann kam aus dem Foyer in den Salon und atmete tief ein und aus. »Richard ist tot. Er liegt erschossen vor dem Eingang. Wohl ein Ablenkungsmanöver.«

    »Wir haben damit nichts zu tun! Bitte glaubt uns doch!«, sagte Melanie verzweifelt.

    »Das ist ein klares Indiz dafür, Spuren zu verwischen«, schlussfolgerte der Anführer und musterte die Reisegruppe mit strengem Blick.

    »Seid ihr total bescheuert?!«, rief Sebastian fassungslos.

    Erneut bekam er einen Schlag in den Rücken.

    Eine in schwarz gekleidete Frau kam auf Ivy zu. Ihre schulterlangen Haare hingen ihr im Gesicht. Sie beäugte fassungslos den Pullover, den Ivy trug. Liebevoll strich sie über die Schulter und Tränen stiegen in ihren Augen empor. »Dieser Pulli …«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Ich hatte ihn meinem Bruder zum Geburtstag geschenkt.« Ruckartig

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