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Der Wilde Jäger: Die Wiedergängerin - Band 2
Der Wilde Jäger: Die Wiedergängerin - Band 2
Der Wilde Jäger: Die Wiedergängerin - Band 2
eBook226 Seiten2 Stunden

Der Wilde Jäger: Die Wiedergängerin - Band 2

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Über dieses E-Book

Magda ist zur Wiedergängerin geworden. Doch das macht ihre Existenz noch beschwerlicher. Zwar kann sie nun heimlich ihre Tochter Theresia und ihren Mann Wilm sehen, doch deren Leben geht ohne Magda weiter und sie scheinen nicht unglücklich dabei zu sein. Unterdessen fühlt sie sich mehr und mehr zu dem jungen Vitus hingezogen, der von Veith und den Räubern gesucht wird. Zudem scheint Ansphal finstere Pläne zu schmieden. Als die rote Dörthe spurlos verschwindet und Magda von einem Vampir gebissen wird, bricht das Chaos im Ikenwald aus. - "Der Wilde Jäger" ist das zweite Buch der Wiedergängerinnen-Trilogie. Buch 1 ist "Die Verdammte vom Ikenwald".
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum3. Juni 2016
ISBN9783738072495
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    Buchvorschau

    Der Wilde Jäger - Vanessa S. Morolt

    Fluch der Nacht

    Buch 2:

    Der Wilde Jäger

    Vanessa S. Morolt

    1. Juni 2016

    Copyright by Vanessa S. Morolt

    basthet_1999@yahoo.de

    Horch auf, was klirrt dort in der Gruft?

    Was zischt und sauset durch die Luft?

    Das muß der wilde Jäger sein,

    Er zieht vom Schellert zum Rodenstein,

    Hussa zum Rodenstein.

    Im Schellert, da schlief er manch ein Jahr,

    Reibt sich nun wieder die Augen klar,

    Die Friedensburg steht dürr und leer,

    Der Jäger zieht mit dem Geisterheer,

    Zieht mit dem Geisterheer.

    Er reitet voran auf schwarzem Roß,

    Hallo! Wie saust ihm nach der Troß!

    Es rauscht und spricht – es pfeift und knallt,

    Daß drob ertönt der Odenwald,

    Der weite Odenwald.

    Aus: Rodenstein und Schellerts, Sagen aus Hessen

    Theresia weinte. Es war dunkel im Zimmer und sie war aus dem Bett gefallen. In dieser sternenlosen Nacht kurz nach Neumond drang kein Lichtstrahl durch die Vorhänge und Theresia konnte nicht zurück in ihr Bett finden. Sie fror und sie hatte Angst und ihr Schmusetuch war nicht zu finden. „Mama! Mama!", schluchzte sie laut.

    Ich klopfte gegen die Fensterläden.

    Ich bin ja bei dir, mein Schatz, ich bin ja da!"

    Aber Theresia hörte sie nicht und weinte immer lauter und verzweifelter. Ich suchte und fand einen Stein, den ich gegen das Fenster warf, doch es zerbrach nicht. Im Inneren des Hauses öffnete sich die Tür und jemand betrat den Raum mit einer Kerze in der Hand.

    „Mama! Mama!", rief das kleine Mädchen erneut.

    „Ich bin ja da, mein Schatz", antwortete die Eintretende mit meinen Worten und ließ sich auf die Knie nieder. Ich erkannte Annamaria, einst meine liebste Freundin, die ihre Arme ausbreitete und das Kind an die Brust zog, den Scheitel küsste und beruhigend auf sie einredete.

    Ich habe so schlecht geträumt, Mama", flüsterte Theresia.

    Nein! Nein! Ich ließ die Stirn gegen die Scheibe sinken. Sie hat mir meine Tochter weggenommen.

    Veith hockte auf der Pritschenkante und musterte Magdas schweißüberströmtes, schmerzverzerrtes Gesicht. Sie litt die gleichen Qualen, die sie alle hier im Fegefeuer erduldeten. Natürlich träumte sie nicht von glühenden Eisen, die auf ihr Gesicht zukamen und ihr die Augen ausbrannten, nicht von Pferden, an die ihre Glieder mit Seilen gefesselt wurden. Pferden, die mit einer Peitsche zum Galopp angetrieben wurden und dabei einen Menschen auseinanderrissen. Ihn selbst, gefoltert und gemartert, unter höllischen Qualen auseinanderrissen.

    Trotzdem zweifelte er nicht daran, dass sie genauso litt wie er selbst, Nacht für Nacht. Bis in die Ewigkeit.

    Wie grausam mochte erst das Höllenfeuer sein?

    Er schlüpfte in seine Stiefel und ging hinaus. Am Waldrand erahnte er bereits Helges gedrungene Gestalt, die ihn erwartete.

    „Was hast du herausgefunden?", fragte er seinen Freund.

    Helge nickte ernst.

    „Luis hatte Recht mit dem, was er gesagt hat. Simon sammelt seine Leute am Heierswall."

    Zornig schüttelte Veith den Kopf. „Dieser Mann lernt es nie. Er soll sich endlich mit seinem Machtbereich begnügen."

    Seit Jahrzehnten wollte Räuberhauptmann Simon vom nördlichen Gebiet ihm den Flusslauf der Timella abnehmen, der Veiths Territorium von dem des Fürsten von Ansphal trennte. Dort gab es die geschützten Höhlen, in denen Kupfer und Erz zum Schmieden von Waffen gewonnen werden konnten. Ein Räuber versuchte lieber, solche Rohstoffquellen an sich zu reißen, anstelle sich auf einen Tauschhandel einzulassen. Und so musste Veith immer wieder in Simons Territorium einfallen, um Kohle zu rauben und Simon versuchte, an die Höhlen zu kommen. Was ihm bisher jedoch nie gelungen war.

    „Machen wir uns auf", befahl Veith Helge und dieser gab ein liebliches Vogelzwitschern von sich, das von Luis, der in der Krone eines Baumes hockte, wiedergegeben wurde.

    Es klopfte laut an der Tür. Sehr laut. Als trommele jemand mit zwei Stöckern im Wechsel gegen das Holz der Hüttentür. Verschlafen rieb ich mir die Augen und wandte mich zu Veiths Schlafstätte um. Doch sie war leer.

    Als das Trommeln nicht verebbte, wurde mir klar, dass er nicht aufgestanden war, um die Tür zu öffnen. Ich wühlte mich aus der Decke und sah an mir herab, um zu prüfen, ob mich das Nachthemd auch züchtig bedeckte. Beim Öffnen der Tür verwandelte ich mich in Lenchen.

    Ein aufgeregt zappelnder Luis stand vor mir und wedelte mit den Armen.

    „Schnell, Lenchen, schnell …"

    Er redete wirr und es dauerte einen Moment, bis ich begriff, dass er Hilfe brauchte bei einem Verletzten, der irgendwo in den Büschen am Waldrand lag.

    Geschwind rannten wir über die Lichtung und in das Gebüsch hinein. An einen Baumstamm gelehnt lag ein Mann mit bleichem Gesicht und sein Hemd und die Hosen waren von dunklem Blut verschmiert. Erschreckt quiekte ich auf, als ich Veith erkannte. Mit langen Schritten eilte ich auf ihn zu und schlitterte neben ihm zu Boden.

    „Was ist denn nur passiert?"

    Ich zupfte an dem Hemd und eine furchtbar tiefe, mindestens zwei Handbreit lange, klaffende Wunde an der linken Seite seines Brustkorbs kam zum Vorschein, aus der unaufhörlich Blut strömte.

    „Abdrücken", keuchte Veith.

    Verzweifelt sah ich mich um. Luis stand schluchzend neben uns.

    „Komm, Luis, ich brauche deine Hilfe."

    Zögernd näherte sich der Junge.

    Sobald meine Finger die Ränder der Wunde zusammenpressten, waren sie blutverschmiert. So konnte ich nicht helfen.

    „Hier, drück deine Hände auf die Wunde, befahl ich und der Junge gehorchte zitternd. „Fest, damit nicht noch mehr Blut hinausfließen kann.

    Fahrig wischte ich die Finger an meinem Rock ab. Was war zu tun? Ich schloss die Augen und versuchte mich zu konzentrieren. Saubere Tücher, Wasser …

    „Was muss ich tun?", rief ich hilflos.

    „Nähen", hauchte Veith mit letzter Kraft. Sein Auge war ganz hell, fast grün, geworden.

    Gut, ich brauchte also auch noch Nadel und Faden. Und ich stellte mir vor, ich hätte alle Kräuter, die eine Heilkundige benutzte, um Verletzungen zu versorgen und auch das Wissen, sie zu gebrauchen.

    Als ich die Augen öffnete, lag alles vor meinen Knien. Ich fädelte einen dunklen Zwirn in eine Nadel und biss die Zähne zusammen, als ich sie zum ersten Mal in Veiths Fleisch stach. Dieser schrie laut auf und verlor nach ein paar Stichen das Bewusstsein. Luis assistierte mir bleich, aber tapfer. Er tupfte das Blut weg, wrang den Lappen aus, reichte mir die Kräuter zu, die die Blutung stillen sollten. Zum Ende der Operation tauchte Helge an meiner Seite auf.

    „Wie sieht es aus, Mädchen?"

    „Ich … ich weiß nicht. Ich habe niemals so viel Blut gesehen. Doch, … einmal … Ich dachte an mich selbst auf meinem Totenbett. „Bei einer Wöchnerin … und sie hat nicht überlebt.

    Helge strich mir über den Kopf. „Das ist Veith, der überlebt alles."

    „Aber er ist noch nie verletzt worden", jammerte Luis und Tränen schwammen in seinen großen Augen.

    „Ja, diesmal war er ein wenig unaufmerksam. Aber wir haben sie vertrieben, wie immer." Der alte Mann drückte den Jungen kurz.

    „Allerdings, Helge schien zu überlegen, wie er weitersprechen sollte, „Petto hatte nicht soviel Glück.

    „Ist er …" Ich verstummte.

    „Er war nicht unter den anderen, als wir uns gesammelt haben."

    Petto. Hätte ich nun Trauer verspüren müssen? Er war ein unscheinbarer Kerl gewesen. Eigentlich hatte ich ihn nur bemerkt, wenn er sich mit Irmer in der Wolle gehabt hatte, was in regelmäßigen Abständen geschah.

    „Komm, Mädchen, lass ihn mich ins Haus tragen, die anderen sollen ihn in dem Zustand nicht sehen."

    Helge hob seinen Hauptmann, der plötzlich klein und schmächtig wirkte, auf die Arme und trug ihn zur Hütte.

    Bewegungslos sah ich ihnen nach. Doch nach einem kurzen Moment drehte ich mich weg und lief hinunter zur Timella, wo ich mich voll bekleidet tief ins Wasser bewegte, um Veiths Blut von mir abzuspülen. Das Gefühl, der Tod sei in greifbarer Nähe, umgab mich. Die Luft roch nach Kampf und Blut. Das nasse Kleid wog schwer, als ich die Böschung hinaufkletterte und mich dort niederwarf. Keuchend starrte ich in den Himmel. Die Sterne verloren gerade an Kraft und verblassten am hellgrauen Firmament. Die ersten Sonnenstrahlen bahnten sich ihren Weg über den Horizont.

    Welche Konsequenzen würde Veiths drohender Tod dem Ikenwald bescheren? Mittlerweile hatte ich begriffen, dass es zu einer Katastrophe kommen würde, wenn es keinen Herrn der Wilden Jagd mehr gab. Es würde ein anderer gefunden werden müssen und dieser konnte uneingeschränkt über den Ikenwald herrschen. Veith war kein Heiliger, sonst wäre er nicht hier. Aber er sorgte für ein gewisses Maß an Ordnung und Gerechtigkeit. Er tötete präzise und ohne zu Zögern, wenn er es für notwendig hielt, doch ich hatte niemals erlebt, dass er Spaß daran gehabt hätte, jemanden zu quälen und er ließ es auch nicht zu, dass sich ein anderer diesem kranken Genuss hingab. Das Grausen überkam mich, als ich daran dachte, wie genussvoll der Fürst von Ansphal seine Finger in mich gestoßen hatte. Ihm traute ich es durchaus zu, die Würde seiner Untertanen zu missbrauchen.

    Veith musste überleben! Wieso war er überhaupt verletzt?

    ‚Wir haben sie besiegt, wie immer!‘, hatte Helge gesagt. Es gab somit irgendwelche Kämpfe und Streitigkeiten von denen ich – natürlich – nicht wusste.

    Nichts wusste ich! Gab es Gott? Gab es den Himmel? Die Hölle? War der Ikenwald wirklich das Fegefeuer? Und wohin verschwand die Seele derjenigen, die zu Staub zerfielen? Fanden sie ihre Ruhe?

    Ich rieb mir verzweifelt über das Gesicht. Was tun? Vitus zu warnen, hatte momentan nicht mehr höchste Priorität, zumal ich nicht wusste, wo ich ihn hätte finden können. Langsam rappelte ich mich hoch und befahl meinem Kleid zu trocknen. Es funktionierte fast sofort. Anschließend beschloss ich, zur Hütte zu gehen und nach meinem Mann zu sehen. Nach meinem Mann … Ich schluckte schwer. Eine Buhle war ich! Nichts weiter. Die Hure eines Räubers! Und wenn er nun starb, würde ich wahrscheinlich die Hure seines Nachfolgers, wenn der mich nicht in Staub verwandeln würde.

    Helge hatte die Hütte verlassen. Auch von Luis war nichts zu sehen. Ich atmete tief durch und trat vor den Spiegel. Den Spiegel, der mich erst gestern auf der Pferdekoppel in diesem herrlichen Kleid gezeigt hatte.

    Nun entwirrte ich sorgfältig mein langes Haar und flocht es zu einem Zopf, den ich wie eine Krone um meinen Kopf legte und feststeckte. Das sah hübsch aus. Wilm hätte es gefallen.

    Den schlafenden Veith zu betrachten, fiel mir schwer. Unter den vielen Narben und Malen war schwierig zu sagen, wie es ihm ging. Welchen Farbton seine Haut hatte, konnte ich nicht erkennen. Zumindest atmete er ruhig. Prüfend legte ich meine Handfläche auf seine Brust und das Herz schlug kräftig dagegen. Zu meiner Überraschung legte Veith seine Hand über meine. Lange, schmale Finger mit schmutzigen Nagelrändern.

    „Du hast den Moment versäumt", krächzte er, das Auge geschlossen. Vorsichtig setzte ich mich auf die Bettkante. Zum einen wollte ich ihn nicht berühren, zum anderen nicht an seine Wunde stoßen. Ich verstand, was er sagen wollte. Ich hätte ihn einfach verbluten lassen können.

    „Ebenso wie du, murmelte ich. „Du hattest gestern die beste Gelegenheit, mich zu verstoßen … und zu vernichten.

    Er antwortete nicht und so fuhr ich fort: „Ohne dich wäre ich Freiwild im Ikenwald."

    Veith grunzte. „Keine zwei Tage würde ich dir geben. Selbst mit Tarnung muss ich dich jeden zweiten Tag aus irgendeiner Katastrophe retten."

    Die Stimmung schlug abrupt um. Wütend entzog ich ihm meine Hand. „Ich habe wirklich den Moment versäumt, dich loszuwerden!"

    Heftig knallte die Hüttentür hinter mir ins Schloss. Draußen musste ich erst einmal durchatmen. Ich fuhr mir über das Gesicht und spürte Nässe unter den Fingerkuppen. Tränen. Die Anspannung der letzten Tage und Wochen brach sich Bahn. Nach Entführung, Gefangenschaft und Flucht fühlte ich mich ausgebrannt.

    Ich wollte nur noch zu Theresia. Sie drücken, fest in die Arme ziehen, wissen, dass es ihr gutging, besser als mir.

    Mit all meiner Kraft konzentrierte ich mich auf Vitus. Wünschte mir, an seiner Seite zu sein, um mit ihm durch den Nebel gehen zu können. Stellte mir sein Gesicht vor, versuchte, seine Energie zu erspüren. Nichts geschah. Stattdessen hörte ich den Schrei eines Mannes aus der Hütte.

    Instinktiv eilte ich an Veiths Bettstatt. Er hatte das Bewusstsein verloren und war schweißüberströmt. Trotz meines Ärgers über ihn tupfte ich sanft den Schweiß ab und legte wieder meine Hände auf seinen Brustkorb. Diesmal pochte das Herz schwach und unregelmäßig. War es mir möglich, meine Energie an ihn zu senden, wie er mir die überflüssige Kraft auf der Burg des Fürsten abgesaugt hatte? Erneut schloss ich die Augen und stellte mir vor, meine Lebenskraft sei eine leuchtende, große Kugel, die ich in zwei kleinere Kugeln spaltete und durch meinen Körper in die Hände wandern ließ. Dort verwandelte sich die Leuchtkugel in einen Schwarm Glühwürmchen, die von meinen Handflächen in seinen Körper strömten. Veiths Herzschlag normalisierte sich.

    Ich musste weg von diesem Krankenlager. Erschöpft stolperte ich zu Helges Verschlag und klopfte heftig, bat ihn, sich um Veith zu kümmern und verschwand im Wald.

    Die Elfe

    Diesmal war ich vorsichtig, als ich meine nackten Zehen in die Timella tauchte. Ansphals Häscher sollten mich kein zweites Mal aufgreifen. Doch am Fluss herrschte selige Stille. In den Ästen der Bäume zwitscherten ein paar Kohlmeisen und das Plätschern des Wassers wirkte besänftigend auf meine gereizten Nerven. Ich spürte, wie die Spannung aus meinen Schläfen wich und ließ mich zurück ins Gras fallen wie schon einmal vor wenigen Stunden.

    Immer noch Frühling. Die Luft war warm, der Nebel hatte nicht so viel Macht über den Ikenwald, wie im Herbst und im späten Winter, wenn seine Schwaden fast überall nach den Seelen der Verdammten zu greifen drohten. Doch seit ich ihn durchquert hatte, fürchtete ich ihn nicht mehr so sehr, weil ich wusste, dass der Brodem nicht allmächtig war.

    Ein Geräusch in den Sträuchern auf der anderen Flussseite ließ mich träge die Augen aufschlagen. Es war kein Reiter und kein Räuber, das spürte ich. Vielleicht ein Fuchs oder ein Kaninchen.

    Doch als meine Augen die Büsche durchforsteten, starrte mir ein anderes menschliches Augenpaar entgegen. Riesig und wasserblau. Die Elfe!

    Ich hatte die engelsgleich schöne Frau mit dem hellen Haar fast vergessen über die aufregenden Erlebnisse der letzten Monate hinweg. Sie musste es sein, nach der Ansphal seit Jahrhunderten suchte.

    Zurückhaltend wedelte ich ihr mit einem Farn zu. Sie zuckte zusammen wie ein scheues Reh. Offensichtlich war sie neugierig genug, mich beobachten zu wollen, hatte aber gehofft, ihrerseits ungesehen zu bleiben. Wenn ich zu ihr ginge, auch wenn ich mich ihr langsam näherte, würde sie zweifelsfrei davonstürmen.

    Meine Finger strichen gedankenverloren durch das Moos am Ufer, aber ich ließ meinen Blick nicht von ihr.

    ‚Wäre ich nur auf der anderen Seite des Ufers,‘ dachte ich, und plötzlich war ich es. Auf der anderen Seite, mitten im Gebüsch, nur eine Handbreit von der Frau entfernt. Ein leises Fiepen entrang sich ihrer Kehle. Sie stolperte rückwärts und drohte in die Dornenhecke zu stürzen. Im letzten Moment bekam ich ihr Handgelenk zu fassen und bewahrte sie vor dem Sturz.

    „Beruhige dich, beschwor ich sie. „Ich will dir nichts Böses.

    Gehetzten Blickes sah sie sich um und riss an ihrem Handgelenk, das ich

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