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Im Gang der Menschheit: Zur neuen Zeit am alten Platz
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Im Gang der Menschheit: Zur neuen Zeit am alten Platz
eBook126 Seiten1 Stunde

Im Gang der Menschheit: Zur neuen Zeit am alten Platz

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Über dieses E-Book

Die Seele schwingt sich ein und aus, die Schwingen werfen ihre Schatten unterm hellen Mondlicht in die ersehnte Nacht; keiner denkt an den Schlaf und das Liegen allein, wenn beim Spazieren durch Gassen und Straßen die Umarmungen immer zärtlicher werden und der Atem beim Kuss außer Kontrolle gerät, wenn die Berührung verheißt, was Berührung ist, wenn der Sturm brüllt, ohne dass das Ohr es hört, das Klappern der Münzen aufs Gemeinste stört, wenn sich das Eine ums Andere fest windet.
Ünett: Ich wurde einige Male zu fremden Menschen gegeben, die mich adoptierten oder adoptieren wollten. Dreimal endeten die Adoptionen als erfolglose Versuche. Das heißt, diese Stiefeltern 'in spe' haben mich aus Gründen, die ich nicht verstand, ins Waisenhaus zurückgebracht. Ich muss sagen, dass es mir gesundheitlich nicht gut ging.
Der Beamte: "Nein, Ünett hat Herrn Wiedekamp nicht umgebracht. Er ist einem Herzanfall erlegen. Damit ist Ünett obdachlos geworden." Frau Storm (Waisenhaus): "Ich kann nur hoffen, dass dieses Mädchen den Herrn Richter nicht so weit geärgert hatte, dass er den tödlichen Herzanfall erlitt." Der Beamte: "Nein, Ünett ist an diesem Tod völlig schuldlos." Frau Storm: "So, das sagen Sie, und ihr Wort sei in Gottes Ohr." Der Beamte: "Nun möchte ich Sie bitten, dem Kind den Respekt und die Obhut zu geben, den es verdient. Dieses Kind kann doch nicht für Dinge bestraft werden, das es weder getan noch verursacht hat."
Professor Kretschmar: "Die Menschen, die aus Sibirien zurückkehrten, waren körperlich abgemagert und seelisch zerbrochen. Sie kamen mit körperlichen und seelischen Schäden aus russischer Gefangenschaft zurück. Bei diesen Menschen war auch die Seele im permanenten 'Hunger'-Zustand, was dem Zustand der Verworfenheit oder der totalen Verlorenheit entsprach. Die Verlorenheit war so total, dass die Menschen auch die Angst verloren hatten. Sie waren seelisch stumpf geworden, ja in erschreckender Weise abgestumpft. Sie waren nicht mehr zu erschüttern."
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum31. Jan. 2021
ISBN9783752933192
Im Gang der Menschheit: Zur neuen Zeit am alten Platz

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    Buchvorschau

    Im Gang der Menschheit - Helmut Lauschke

    Herr Simonis junior vor der Würstchenbude

    Zur neuen Zeit am alten Platz

    Da stehen sie, die nassen Gestalten aus der ersten und der dritten Welt, dazu die Kinder, Waisen und die Alten, als hätte man sie einbestellt.

    Gedrängt steht ihr, nun sprecht! Bei eurem Anblick wird’s mir schlecht, es ist spät, die Nacht bricht an, die Turmuhr schlägt das Irgendwann.

    Und wie in alten Tagen stehn sie da mit Stimmen und mit Tragen voll Kinder und mit vielen Fragen und rufen laut die altbekannten Klagen.

    Dass nun die Menge draußen brüllt, ihr Ruf die Straßen durchdringt, sie füllt, ich kann’s verstehn, sie sind am Ende, Hunger schreit nach Brot und Wende.

    Dunkel kräuseln Bänder, kleine Fahnen Kopf an Kopf, hohle Wangen tausendfach starren, zucken aus dem Geist der Ahnen im kalten Regen ohne Schirm und Dach.

    Schluss muss sein mit dem Nichtverstehn so kann Armut doch nicht weitergehn. Brot und sauberes Wasser müssen her, die Wasserbäuche der Kinder wiegen schwer.

    Der Wind pfeift kräftig durch die Fugen, laut schlagen Türen auf und zu. Zum Teufel mit den Neunmalklugen, jeder schnüre seinen eignen Schuh.

    Aufgeblasen, wie der Gutgenährte geht, dann noch wichtig vor dem Schreibtisch steht. Solang es aufgedunsene Kinderbäuche gibt, solang bleibt Hoffnung in den Sand gesiebt.

    Bei der großen Zahl ist’s schwer, die Mägen zu füllen, schreiende Babys an schlaffen Brüsten zu stillen, wenn Brot und Milch zum Leben fehlen, aus Hunger schon die Kinder stehlen.

    Die Luxusperspektive ist zu klein , weniger Armut im Leben sollt es sein, das tät Kindern und den Alten gut, gäb ihnen Grund zum Lebensmut.

    Budenbesitzer.

    Ihr beiden, die ihr mir so manches Mal geholfen habt beim Bauen meiner Bude, ihr, der Egon und die lahme Trude, manchmal ward ihr schon ‘ne Qual, wenn ihr Würste nahmt von den Regalen und die Nüsse aus den flachen Schalen, da hatte ich dann keine andre Wahl, als euch den Hintern zu versohlen, das war, weiß Gott, wie anbefohlen.

    Jetzt sitzt ihr wieder hier, der eine unrasiert und beide fern der Heimat, seid nicht mehr als eine faule Saat, stiert nach dem Kasten mit dem Bier. Was seid ihr nur für leere Flaschen, wen wollt ihr da noch überraschen, wenn ihr hier den Tag versitzt und aus den Klamotten übel schwitzt.

    Herr Simonis junior.

    Was gibt es doch für trübe Tassen, bei denen sitzt der Sex im Kopf, man sollt sie mit der Zange fassen, abschneiden den verfilzten Schopf.

    Man sollte ihnen Märsche blasen, da helfen keine frommen Phrasen, man muss sie von den Sitzen reißen, muss rohe Eier an die Köpfe schmeißen.

    Wie soll im Leben was passieren, wenn sie nur sitzen und parlieren statt zu stehen, anzupacken, mitzutragen und nicht ständig faul herumzuklagen.

    Mutig muss gehandelt werden gegen Gier, Neid und Betrug, so vieles mehr gibt’s auf Erden, das weder gut ist, edel oder klug.

    Noch einmal wollen wir’s versuchen ohne wendehälsig gleich zu fluchen, krumm Gebogenes gerad zu biegen, ein Versuch, ohne gleich zu lügen.

    Es bleibt das Wagnis in der Zeit, vielleicht ein Wunder, das mag sein, draufzuschlagen auf den bösen Stein, damit er splittert weit und breit.

    Denker.

    So einfach ist die Sache nicht, da braucht man doch mehr Sonnenlicht, als ständig in die Dunkelheit zu sehn zu reden, ohne etwas zu verstehn, wenn eine Sache zu bedenken ist, das von oben bis nach unten, von den Seiten rechts und links, bevor die Scheiben auseinanderspringen.

    Man sollte sich die Ruhe nehmen auf einer Bank im Park, nicht aber im Park der Banken, wo jene Schlinggewächse ranken, die zänkisch sich um dünne Hälse ziehn; sie sind zu sehn die Würgeschlingen, was sie im Wucher schmerzhaft bringen, wenn sie zugezogen werden, denken lässt’s sich leicht.

    Herr Simonis junior.

    Die Scherben, die noch liegen auf den Straßen, vor den Türen, auf Tischen, Stühlen oder Betten, was kann man da noch retten, wenn sich keiner helfen lässt im Kopf nicht und nicht in den Beinen mit den vielen, vielen Leinen unter Bäumen und auf Steinen.

    Vieles wird sich noch zerscherben völlig sinnlos für die Erben, nicht Blätter sind’s, die hängen, sondern Köpfe an scharfen Strängen. Zugezogen sind die Röhren, da wird keiner mehr den andern stören; zum Atmen fehlt der kleinste Raum unter dem verfluchten Galgenbaum.

    Das Porzellan in den Vitrinen klappert nicht mehr hin und her, von den weichenlosen Schienen kippen die Waggons ins Meer. Verstecken lässt’s sich nicht, nicht bei Nacht und nicht bei Licht mit den Beinen und den Köpfen, dem Unrat und den vielen Töpfen.

    So ist das, was die Freundschaft hielt, zersprungen, ertränkt, erschlagen; darüber mag man lange klagen, wenn nichts ist, was übrigblieb. Was Jugend war, ist alt geworden ohne Lust und Freude, ohne Weisheit, denn weiter geht’s wie nicht gescheit mit Knebel, Folter und dem Morden.

    Im Durchdenken wird es sonnenklar mit Blick auf das, was gut und sinnvoll war, es ins Wort zu bringen, wird dann schwer, da geben Hülsen leerer Reden doch nichts her.

    Witzbold.

    Wie im Himmel so auf Erden, was nicht ist, das kann noch werden, drum Freunde, lasst den Mut nicht sinken, gleich werden wir ein Bierchen trinken. Dann wird alles besser gehn, wie geschmiert, ihr werdet’s sehn; was gestern schwer war, ist heut leicht, denn Witzbold hat euch die Hand gereicht.

    Denker.

    Sprichst du wieder dummes Zeug, man sollt dir eine knallen, bald wirst du wieder lallen, wenn dir in den Kopf steigt mit dem Geschwätz das Bier, du alter Tölpel, dummes Tier! Als wär die Not nicht groß genug, kommst du wie ein Schwerenöter wie ein verwegner Frauenlöter, als gäb es nichts Besseres zu tun.

    Witzbold.

    Was willst du denn, du Gescheiter, kommst daher wie Schimmelreiter, nimmst den Mund gar üppig voll, das mit dem Gescheiten machst du toll, nur hast du damit nichts geändert als bloß die Augen rot gerändert. Willst du’s immer noch nicht glauben, dass die Welt sich anders dreht anstatt mit Gescheitheiten rumzuschnauben, die nicht halten, wenn sie der Wind verweht. Sieh doch, wie sie sich geil vergaffen diese abgeleckten schnöden Affen, als wüssten sie, was Sache ist, am Ende sich jeder doch verpisst. Die Angst steckt in den Knochen tief gepaart mit Eitelkeit und Schminke, vieles liefe nicht so schief vor der Tür mit der großen Klinke, wenn sie Verstand und Mut nur hätten und nicht den Charakter ganz verplätten, was sie in arroganter Dummheit tun in Socken, Latschen, Stöckelschuhn.

    Budenbesitzer.

    Hört nur, wie die beiden labern und der eine sich noch wichtig nimmt, bestimmt, da leg ich meine Hand ins Feuer, wer gescheit sein will, ist nicht geheuer. Es kratzt, im Getriebe reibt der Sand, was noch? Ihr seht’s, das schwarze Öl klebt an der Wand, die Straßen sind verschmiert wie stets.

    Ich sag euch: lasst uns an die Arbeit gehn, bevor’s zu spät ist mit dem Lohn; seht auf die Uhr, es ist halbzehn, das alles ist ja fast ein Hohn. Nun sollten wir nicht länger warten mit der Bude und den Brettern, da hilft auch nicht das Wettern, nicht das Fummeln mit den Karten, wenn es einen Anfang haben muss nicht bei Methusalem dem Alten, nein, bei den neuen Krummgestalten, die da kommen mit der harten Nuss.

    Was war, da stehn die Uhren lange still, ob man’s glaubt und doch nicht will; die Zeiten rasen weiter wie verrückt, mit dem Verquerten ist es ganz verzwickt. Unterm Teppich sind die Schreiben, da sollen wir nicht länger bleiben, drum hab ich die Bretter mitgebracht, damit ich meine Bude hab. Da bin ich sicher, dass sich nichts verkriecht, weil nichts ist, wo sich was verkriechen kann.

    [nach einer kurzen Pause, in der er nach den richtigen Brettern sucht]

    Nun kommt!, schafft, packt zu, dann habt ihr später eure Ruh. Umsonst ist nichts weder Luft noch Licht, so bauen wir die Bude auf und füllen sie mit leck’ren Dingen, sie werden kommen und zuhauf, Mütter werden ihre Kinder bringen. Doch schnell muss es gehn, um die Sachen zu besehn, die zum Kauf sind angeboten von Süßigkeiten bis zu Pfefferschoten.

    [der Budenbesitzer ist noch mit dem Bau der Bude beschäftigt, bei dem ihm zwei runtergekommene Typen helfen.]

    Erster Passant.

    Bist du immer noch beim Bretternageln, da machst du aber kein Geschäft; die Würste sollten längst schon braten, das Geschäft, heute wird’s dir nicht geraten.

    Budenbesitzer.

    Komm in einer Stunde wieder, dann kriegst du Würste und noch Lieder gar gebraten und ganz knackig, zackig wird der Tag noch werden. Auf eine Stunde kommt’s nicht an, wenn du etwas Gutes haben kannst; fass dich etwas in Geduld, das Ganze ist nicht meine Schuld, wenn ich von

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