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Die Zeit, in der die Welt aussetzte
Die Zeit, in der die Welt aussetzte
Die Zeit, in der die Welt aussetzte
eBook291 Seiten4 Stunden

Die Zeit, in der die Welt aussetzte

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Über dieses E-Book

Der deutsche Bomberpilot Theodor springt mit seiner Besatzung über der italienischen Front ab. Dort findet er Anschluss und muss in deutschen Schützengräben kämpfen. Er schildert die grausamen Szenen, die wachsende Verzweiflung und die immer kleiner werdende Hoffnung vor Ort.
Als die Kompanie weiterzieht, gelangt sie in ein kleines, italienisches Dorf, wo sie beschließt, die Nacht zu verbringen. Theodor schließt mit der schüchternen, italienischen Bauerntochter Luna Bekanntschaft und verliebt sich in sie.
Doch plötzlich wendet sich das Blatt. Die Amerikaner überraschen die Truppe in der Nacht und erschießen die Deutschen gnadenlos. Theodor kann mit seiner Geliebten flüchten und lässt den Krieg hinter sich. Der Beginn einer aufregenden und zugleich tragischen Liebesgeschichte ….
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum1. Okt. 2018
ISBN9783746766348
Die Zeit, in der die Welt aussetzte
Autor

Andreas M. Riegler

Andreas Markus Riegler wurde im Januar 2000 in Graz geboren und lebt südlich der steirischen Landeshauptstadt. Er studierte Philosophie in Graz und lebt mit seiner Familie nahe der steirischen Landeshauptstadt.

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    Buchvorschau

    Die Zeit, in der die Welt aussetzte - Andreas M. Riegler

    C:\Users\Andreas\Desktop\Titelblatt.jpg

    1. Auflage 2018

    Copyright © 2018 by Andreas M. Riegler

    Verlag: Neopubli GmbH, Berlin

    Alle Rechte sind dem Autor vorbehalten, insbesondere das der

    Übersetzung, des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch

    Rundfunk und Fernsehen, auch einzelne Teile.

    Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie,

    Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne Genehmigung des Autors

    reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet,

    vervielfältigt oder verbreitet werden.

    Druck und Bindung: epubli GmbH, Berlin

    Printed in Germany

    C:\Users\Andreas\Desktop\Autorenblatt.jpg

    Inhalt

    Titelseite

    Impressum

    Anfang

    Kapitel 1

    Kapitel 2

    Kapitel 3

    Kapitel 4

    Kapitel 5

    Kapitel 6

    Kapitel 7

    Kapitel 8

    Kapitel 9

    Kapitel 10

    Kapitel 11

    Kapitel 12

    Kapitel 13

    Kapitel 14

    Kapitel 15

    Kapitel 16

    Kapitel 17

    Kapitel 18

    Kapitel 19

    Kapitel 20

    Kapitel 21

    Kapitel 22

    Kapitel 23

    Kapitel 24

    Kapitel 25

    Kapitel 26

    Kapitel 27

    Kapitel 28

    Kapitel 29

    Kapitel 30

    Kapitel 31

    Kapitel 32

    Kapitel 33

    Kapitel 34

    Kapitel 35

    Kapitel 36

    Kapitel 37

    Kapitel 38

    Kapitel 39

    Kapitel 40

    Ende

    Dieses Werk stellt keinerlei Bekenntnis

    dar, sondern berichtet von einer ganzen

    Generation, von einer Zeit, die sich einst

    vielleicht so zutrug.

    Es soll von all dem Schrecken, Graus und

    Tod berichten, den die Welt damals

    erlebte. Die Darstellung des

    Nationalsozialismus soll eine Anklage der

    Propaganda und der Schuld des Volkes

    mit den Taten jedes und jeder Einzelnen

    darstellen. Die Sicht des Protagonisten

    soll diese Umstände verdeutlichen.

    Möge all die Zeit vergangen und all die

    Schreie verstummt, all Krieg beendet und

    all das Blut versickert sein. Mögen

    Mädchen wieder über all die Gräber

    tanzen und Sträuße pflücken. Möge die

    Menschheit gelernt haben, möge die

    Vergangenheit eine Lehre darstellen und

    mögen alle Seelen nun in Frieden ruhen

    und ihr Geist in Frieden nun miteinander

    weilen.

    Denn die Welt ist bereit dafür!

    1.

    Heftig wird an meinem Arm gerüttelt. So ruhig war es doch. Ich will nicht mehr. Warum kann es nicht vorbei sein?

    Ich öffne langsam meine Augen und blicke in das schöne, unschuldige Blau des Himmels. Dort, wo wir uns doch alle etwas von unserem Leben erhoffen. Da oben, wo der Frieden wartet und alles enden wird.

    Eine Wolke schiebt sich langsam vor die andere, doch sie ist grau und dunkel.

    Der Traum endet. Die Geräusche werden lauter und der hohe Ton der Ruhe leiser.

    Mein Kopf schmerzt. Ich möchte doch nicht durch die Erde geschliffen werden, wie ein Sandsack. Ich blicke zur Seite und sehe Erde. Ein paar Grashalme erinnern noch an die wunderschöne Wiese, die hier einst gewesen ist. Lautes Geschrei höre ich von meinem Kameraden. In der Ferne blitzen die Maschinenpistolen auf.

    Mein Helm und meine Feldflasche geben ein metallisches Geräusch ab, doch es wird von dem lauten Knallen übertönt.

    Da zieht man mich auch an meinem Freund vorbei. Er hat mir einst das Bild seiner Geliebten gezeigt. Er wollte sie nach alldem heiraten. Sein lebloser Blick sieht mir in die Augen. Die Kugeln, die mir gelten, prallen in seinen zerfetzen Körper. All die Toten. All die Krater und all das Blut.

    Ich möchte melden, dass mein Herz noch schlägt, doch die Lust hat mich verlassen, die Lust am Leben. Gönne mir doch das Aus.

    Seine kalten Finger spüren in mir noch das Leben. Ich verziehe meine Augenbrauen mit einem schmerzhaften Blick des Unwillens, der Hingabe und der Verzweiflung.

    Er holt den Splitter der Granate aus meiner seitlichen Brust. Viele dürfte es jedoch nicht getroffen haben, da er mir etwas Aufmerksamkeit schenkt.

    Ich widme seinem Gesicht nur wenig Hingabe, da ich nichts verstehe. Er ist zu leise. Ich nicke nur dankbar. Der hohe Ton ist noch immer da und erinnert mich an die Ruhe.

    Ich blicke auf das rote Kreuz auf seinem Helm. Das unschuldige Weiß, das das Kreuz hervorhebt ist rot und braun verschmutzt. Rot das Blut und Braun die Erde, wo wir alle enden werden.

    Ich bin doch noch da und will nicht wie ein Toter auf dem kalten Boden liegen, der mir meine Wärme raubt. Ich rolle mich zur Seite und sehe dem langen Gang in der Erde entlang. Viele bekannte Gesichter. Die einzigen, für die es sich zu leben lohnt.

    Von dem, mit dem roten Kreuz, über dessen Schulter ich meinen Arm gelegt habe, werde ich stützend vorwärts geführt, wo ich mich in die Nähe meiner Kameraden geselle.

    Langsam wandert mein Blick den Graben entlang. Alle sind sie tapfere Männer. Alle haben Träume. Jeder hat seine eigene Geschichte und jeder trägt eine andere Welt in sich.

    Ich spüre das warme Blut meine Leiste herabrinnen. Doch mein Wille ist stark. Ich möchte all das überstehen. Viel Schlimmeres habe ich doch schon gesehen.

    Ich blicke hinüber und kaue an einer halben, trockenen Scheibe Brot, die den Verletzten gereicht wird.

    Ein Vordringen war also nicht möglich. Viel zu stark sind die anderen. Vor lauter Wut dem Krieg gegenüber, fangen schon die Tränen an zu laufen, die ich nur mit Mühe zurückhalten kann. Viel zu groß ist der Schmerz der Wunde, viel zu groß ist der Schmerz des Gesehenen.

    Wieder stehen uns ein paar Tage in dem kalten Schützengraben bevor. Die Narben des Krieges lassen sich schon sehen. Wieder wird es eine neue geben und es wird nicht die letzte sein.

    2.

    Die letzten Tage waren hart. Die Nächte werden immer kälter und der Nebel immer dichter. Die Reserven immer knapper und die Hoffnung immer zweifelhafter.

    Vor ein paar Tagen hat eine Granate eingeschlagen und drei Kameraden in Stücke gerissen. Dabei kam auch unser Funker um, dessen Posten ich nun zugeteilt bekommen habe.

    Täglich rufe ich mit dem Meldegerät um Hilfe, doch ernst genommen wird man nicht. Wie oft wurde uns schon Unterstützung zugesagt, doch das sind alles Lügen.

    Jeden Moment kann es mich treffen. All das hängt vom Zufall und vom Glück ab. Keiner kann es vorhersagen. Nicht einmal der Feind selbst.

    Der Tag ist kalt und nebelig. So kalt wie noch nie. Ich schaue meinem eigenen Atmen zu und frage mich, wie lange er wohl noch da sein wird. Die einen reden über ihr Heim, die anderen warten einfach nur ab.

    Niemand kennt meine Geschichte. Ich will nicht, dass sie jemand kennt. Sie ist das Einzige, was mir geblieben ist. Das Einzige, was noch mir gehört.

    Steine fallen auf meinen Stahlhelm. Die Erde scheint zu beben.

    Von weiter Ferne des Grabens höre ich rufen: „Sie sind da! Die Panzer sind da!"

    Der Ruf hört sich für mich an, wie das Singen einer Nachtigall. Ich kann es nicht glauben. Sie sind da.

    Schnell hebe ich unsere Fahne auf, auf der ich eben gesessen bin und schwenke sie hin und her, damit es keine Verwechslung gibt. Das Symbol der Verbundenheit. Der Adler mit dem Kreuz. Es liegt in meiner Hand.

    Die anderen scheinen einzusehen und hissen die Weiße. Ich glaube nicht, dass die Panzergarde sie sieht, es macht auch keinen Unterschied. Für sie hat die letzte Stunde geschlagen.

    Allesamt werden erschossen. Und wer hilflos mit erhobenen Händen hervorkommt, der wird durchlöchert, bis nichts mehr von ihm zu sehen ist.

    So ist es nun mal. Keiner kann es erklären, aber sie sind doch anders als wir.

    Sie sind Helden, die Panzer. Sie haben uns befreit. Mit strengem Blick und mieser Miene sehen sie uns an und heben die rechte Hand in Richtung des Himmels. „Heil sind wir alle!, so rufen wir. Alle kriechen aus dem Loch in der Erde. Alle sind wir erlöst. Nun können wir wieder aufrecht gehen. Beeindruckt von dem schweren Gerät formatieren wir uns in Reih und Glied. Ich bilde die letzte Reihe. Alles kommt uns wie ein Traum vor. Der Krieg hat sich in uns hineingefressen. Im Marsch gehen wir voran. Mit Hunger und Durst, mit den Gedanken an den Tod. Noch ein letztes Mal sehen wir in den Graben hinein, während wir entlang marschieren. Der Tod winkt uns von unten empor und ruft uns zu, mit teuflischem Lachen: „Wir sehen uns wieder! Ich stehe stets hinter dir, Soldat.

    Die Toten im Graben lassen wir alle zurück. Wir tun so, als würden wir sie nicht kennen, waren sie doch einst unsere Brüder. Alle sehen sie zu uns, doch wir leben nicht mehr zu unseren Gunsten. Wir leben nur mehr aus Angst vor dem Tod.

    Nur mehr die Hälfte aller Männer ist noch da. Und ich habe alle gekannt. In Begleitung der Panzer gehen wir den Weg entlang. Noch aus weiter Ferne kann man das Rauchen der Leichen und der Granaten erkennen. Die qualmende Erde, die Auswirkungen unseres Daseins, lassen meinen Atem stocken. Dieses Gebiet ist gezeichnet. War es doch einst ein reines Feld, auf dem Mädchen Blumen pflückten. Jetzt ist es vorbei. Möge diese Erde den Frieden wieder finden und wieder Blumen wachsen lassen. Mögen all die Patronen und Toten in der Erde versinken und diese Geschichte vergessen lassen. Möge all das hier vorbei sein.

    Der Schlamm lässt mich bis zu den Knöcheln einsinken. Es ist hart und mühsam. Mit einem kurzen Blick zurück kann man noch immer meine Abdrücke im Schlamm erkennen. Es sind zwei Füße, die auf dieser entweihten Erde gewandert sind. Doch nicht mehr. Sie sehen so einsam aus, neben all den vielen meiner Kameraden. Wird die Einsamkeit jemals gebrochen? Wird meine Seele wieder hell erleuchten oder wird sie so enden? Werde ich denn für immer einsam sein? Wenn ich von dieser Erde gehe und fliegen lerne, wer würde schon an mich denken. Meine Geschichte wird verstummt bleiben, wie die der Patronen unter dem Schlamm.

    Ein langer Marsch ist es. Ohne Pause gehen wir. Der Atem ist schwer und die Kälte macht sich an meinem Rachen bemerkbar.

    Durch schöne Landschaft wandern wir. Wir Krieger, mit unserem Gefährt. Zwischen Rapspflanzen und Mohnblumen gehen wir hindurch. Mit den Gewehren in der Rechten und über die Blumen streichend mit der Linken. So wie wir durch die schöne italienische Landschaft spazieren, kommen in uns die heimatlichen Gefühle wieder hoch. Die Gefühle des Friedens und der Unschuldigkeit. Schöne Blumen sind es. Und jede hat noch ihr Geheimnis unter der Erde. Jede Blume hat ihre Aufgabe und ihren Sinn. Sie scheint, meinen in den Schatten zu stellen. Ich möchte mir eine pflücken, doch nicht vor den Kameraden. Schnell eine gelbe Blüte abgezupft und in meinem Feldgeschirr verstaut.

    Hinter der Baumreihe vor uns, sehe ich schon eine Turmspitze. Ein Gotteshaus. Es ist ein kleines Dorf mit kleinen Häusern. So unschuldig und klein. Alle haben Angst. Es ist unbesetzt. Alle wollen fliehen, doch wir heben die rechte Hand zum Himmel und jeder weiß Bescheid, wir sind Helden.

    Es ist dämmrig und der Nebel wird dichter. „So bleiben wir doch in unserem kleinen Dorfe", kommentiert der Gruppenführer.

    Sofort fällt mir ein hübsches Mädchen von zierlicher Figur auf. Mit wunderschönen Augen und einem zart geformten Mund, worauf ein zärtliches Lächeln zu sehen ist. Wenn ich sie nur haben könnte. Es wartet doch sonst niemand auf mich. Doch ihr Blick gehört dem auf dem Panzer. Sie hat sich in ihn verliebt. So Fürchterliches habe ich gesehen, so viel Mut hatte ich bewiesen. So viel habe ich erlebt und so oft habe ich einen Blick in die Feindesaugen gewagt. Doch die größte Waffe ist eine Frau. Sie kann einen Mann mit nur einem Blick erstarren lassen und über ihn gleichzeitig die Herrschaft erlangen. Sie ist ein Meisterwerk, das von Gott erschaffen wurde. Der Zufall hat mich zu ihr geführt. Oder ist es doch das Schicksal, das mich führt?

    3.

    Ich muss immer daran denken. Der Krieg ist ein Teil von mir geworden. Ich könnte nicht mehr ohne ihn. Viel zu viel hängt daran. Meine Kameraden wurden für mich wie eine Familie. Doch immer, wenn ich an das Gesehene denke, fahre ich mir durch die Haare und fange an zu frieren.

    Ich ruhe mich auf einem Heuhaufen mit meinen Kameraden aus. Er ist schon halb kaputt und mit Frost übersehen.

    Es ist so kalt, aber wir wollen doch erst später hineingehen. Es würde uns allen gut tun, über alles zu sprechen, doch stattdessen reden wir über Frauen und Sängerinnen. Ein älterer Kamerade namens Karl hat eine Gitarre aufgetrieben und fängt an zu singen.

    Er singt über das Zuhause. „Ach, wie vermiss ich es. Wie schön war es. Doch irgendwann gibt’s ein Wiedersehen." Er singt es aus ganzer Seele. Da er mit vollem Herzen dabei ist, steigen wir allesamt mit ein.

    Ich habe sie beobachtet. Ich weiß, wo ihr Haus liegt. Wie sie wohl heißen mag? Ist es die schöne Friede oder ist es doch die schüchterne Barbara. Ich weiß, was meine Aufgabe ist. Doch soll ich? Ich weiß nicht recht. Meinen Kameraden sage ich kein Wort. Sie ist doch mein, sonst kommt der Karl oder jemand anderes mir zuvor.

    Nun sehe ich meine Pflicht ein und erhebe mich. Mit den Händen greife ich in das Heu hinein und verschmutze sie mir. Doch an der braun-grünen Uniform sieht man es nicht. Ich gebe vor, mir einen Schlafplatz zu suchen und verabschiede mich.

    Ich fühle mich unwohl. Mein Herzschlag fühlt sich an, als hätte neben mir eine Granate eingeschlagen.

    Lange überlege ich, ob ich an der grün gestrichenen Holztür klopfen soll. Doch wenn ich denke – an den Graben –, sollte ich doch nicht vor so etwas Scheu haben.

    Ich klopfe dreimal fest, damit man es nicht überhören kann. Es gibt drei dumpfe Geräusche ab. Die Farbe blättert schon von ihrer Türe. Nun muss ich hier durch. Was macht man nicht alles für die Liebe.

    Leise höre ich Schritte. Sie kommen immer näher. Mit einem Ruck ist die Türe offen. Ein großer Mann mit schwarzem Haar und Vollbart. Ihr Vater. Er überragt mich mit seiner Größe. Das macht es mir nicht gerade einfach. Mit meinem wenig Italienisch und Handgefuchtel versuche ich, um Essen zu bitten. Er versteht und führt mich in einen Raum, in dem das hübsche Mädchen sitzt. Sie essen nur bei Kerzenlicht. Im Kamin glüht noch die Asche. Sie sitzt ihrer Mutter gegenüber. Sie sieht so wunderschön aus. Schöner, als ich je zuvor ein Mädchen gesehen habe. Sie ist Gottes Kunstwerk. Nun sieht sie mich mit großen Augen an. Mit ihren grünblauen Augen, die mich an das Meer erinnern und perfekt mit dem Weiß harmonieren. Mit der Uniformmütze unter der Achsel lächle ich ihr in das schöne Gesicht. Ihre Augen brennen mir Wunden in die Seele. Sie strahlen mich groß und glänzend an. Ich würde vor ihr weinen, könnte ich es noch. Sie ist die eine, von der ich schon so oft geträumt habe. Ihr Vater, der hinter mir in der Türe steht, zeigt zu einem Sessel an einem Ende des Tisches. Am anderen nimmt er selbst Platz.

    Das Mädchen sieht wieder kurz auf zu mir. Als ich ihren Blick auffange, schaut sie jedoch sofort wieder auf ihren Teller mit den Kartoffeln und dem Brot. Der Tisch ist wunderbar gedeckt. Kartoffeln, Brot und Rüben. Ihr Blick wandert langsam den Tisch entlang auf meine Hände und schlussendlich zu meinem Gesicht. Wir sehen uns kurz in die Augen, doch der Vater hat es bemerkt und sagt mit strenger und erhobener Stimme: „Luna!", sodass ihre schönen Augen ängstlich werden und sie ihren Blick wieder absenkt.

    Meine weiteren Versuche, ihr in ihre schönen Augen zu sehen, erwidert sie nicht.

    Die Mutter sieht ihn mitleidsvoll an, doch das mit seiner Tochter scheint ihm nicht willkommen zu sein.

    Ich sehe mir sie möglichst genau an, damit ich sie mir in meinen Träumen besser vorstellen kann. Sie ist schlank und in ein schönes Kleid gehüllt, ist dünn und so um die siebzehn. Ihre Zähne sind strahlend weiß und wenn sie lächelt, sieht man kleine Grübchen in ihrer hellen Wange. Ihr glattes, dunkelblondes Haar macht einen majestätischen Eindruck auf mich. Ihr Geruch ist mir so lieb. Sie ist ein Engel.

    Sie sieht ihren Eltern überhaupt nicht ähnlich. Ihre Mutter ist eine kräftige Magd, mit braunem Haar und ihr Mann ein Starker. Wie also so ein schwaches, zartes Geschöpf?

    Nach einiger Zeit merke ich, dass mein Gehen nun erwünscht wird. So verabschiede ich mich von ihnen, blicke noch ein letztes Mal in ihre Augen und gehe mit einem Lächeln, vollem Magen und einem liebenden Herzen.

    Ich hatte doch noch nie Glück mit Mädchen. So kommt doch immer für jeden die Zeit. Doch eine Stimme sagt in mir: „Es ist nicht so bestimmt." Als ob mich meine Seele warnen würde. Sie lebt anders und sie braucht einen richtigen Verehrer mit Blumen, der nachts Steine auf ihre Scheibe wirft, keinen, der sie beschützen kann, denn dafür hat sie doch schon ihren Vater. Ich fühle mich schwer und verletzt. Mit jedem Gedanken, den ich über sie verschwende, wird mein Herz schwerer, bis ich es schließlich in meinem Halse spüre. Dieses Monster! Sie ist einfach zu schön für diese Welt. Ihr Blick mit ihren Augen, die Türe zur Vollkommenheit, all das Wunderbare. Ihr Haar, mit ihrer Haut, sind eine zärtliche Harmonie. Nur eine Berührung der Zärtlichkeit und Wunden werden zu Narben. Ihr Lächeln, mit ihrer Lieblichkeit, macht selbst den tapfersten Soldaten zu ihrem Untertan. Denn Liebe ist, was Liebe ist.

    Der Weg zu meinen Kameraden kommt mir länger vor als zuvor. Schon von weitem höre ich sie singen. Heute lassen sie sich gehen. Das haben wir uns doch verdient.

    Warm ums Herz, komme ich zu den Kameraden. Nur mit Mühe bekomme ich einen Krug Most ab, der mir die Nacht mit meinen Kameraden versüßt und mich von den Schmerzen des Krieges für eine Zeit erlöst und mich für all das belohnt.

    Mit Blick auf den Panzer singen wir. Wir singen der Nacht entgegen und offenbaren uns unsere Geheimnisse, reißen Sprüche oder denken einfach nur nach.

    Morgen werde ich schon wieder fort sein. Die schöne Luna werde ich hier lassen müssen. Sie wird sich mit einem anderen vermählen und wird mich vergessen. Aber so ist er nun mal, der Krieg. Er besteht eben nicht nur aus körperlichem Schmerz. Das ist nur der Schmerz, den man dem Gegenüber noch zusätzlich bereiten möchte.

    Der Mond scheint so hell. Das Gegenteil unser. Ich blicke hinauf und sehe eine andere Welt. Sie leuchtet so hell. Fast scheint es so, als würde sie mich mit ihrer Schönheit einladen. Der Mond scheint so hell, mit seiner wunderbaren Ausstrahlung, dass der Nebel für ihn kein Hindernis ist. Alle sehen den gleichen. Wie viele Hoffnungslose sehen jetzt wohl zu ihm? Wie viele Sterbende oder Verletzte? Wie viele verliebte Mädchen und verlorene Mütter? Wie viele Herrschende und wie viele Soldaten? Sie sehen alle den gleichen. Er scheint für uns. Er scheint für alle.

    Ich blicke zu dem mächtigen Panzer. Was für ein schönes Gerät es doch ist. So standhaft und fest. So königlich und selbstbewusst. Und die Flagge weht im Wind. In dieser Nacht wacht sie über unsere Köpfe und erinnert uns, wofür wir kämpfen. Schwarz wie die Nacht, Weiß wie die Hingabe und Rot wie die Pflicht und die Achtsamkeit. Sie hat uns in ihrem Bann, denn es ist nun mal die Pflicht.

    Ich habe gelernt, ihr zu folgen, in Schlachten und in Hinterhalte, in stürmisch kalte Nächte. Wir folgten ihr in Finsternis auf Felder und in tiefe Gräben, gerade, wo sie uns erschien. Mit Blut des Kameraden, in Stöhnen, im Jammern und im Zagen, folgen wir, ohne zu fragen. Nun kämpfen wir nur noch für sie. Unser Leben gilt nur noch ihr. Sonst blieb uns nichts.

    Ich bin und bleibe ein Soldat. Ich werde für ihn das Mädchen verlassen und werde schon morgen wieder in bittere Kämpfe ziehen. Denn Liebe, in diesen Zeiten, gibt es nicht, nicht für uns Soldaten. Liebe macht uns schwach und grau. Liebe, nicht von dieser Welt, nichts was mich von allem hält.

    Ich versuche zu schlafen, doch am Heuhaufen wird noch gefeiert. Ich nehme mir die Freiheit und lege mich unter den Panzer. Dort gibt der Motor noch seine Wärme ab und ich habe für diese Nacht meinen Frieden gefunden.

    Ich spüre die Unlust und die Schwäche. Meine Augen schließen sich und ich wünsche mir, von der schönen Luna zu träumen.

    4.

    Plötzlich werde ich schreckhaft wach. Irgendetwas scheint ganz und gar nicht in Ordnung zu sein. Oder liege ich etwa falsch? Wer geht denn da? Wer redet denn da? Ich habe das Gefühl, dass es nicht unsere sind. Die Stimmen und Wörter hören sich fremd an.

    Wollen wir jetzt etwa früher aufbrechen?

    Anscheinend wurde uns eine andere Kompanie geschickt. Verwirrt und noch halb im Traumland versunken, blicke ich durch die Laufrollen, die die schweren Ketten halten und sehe Schatten im dichten Nebel.

    Mit schlechtem Italienisch höre ich Rudolf aus meiner Kompanie sagen: „Ah Kameraden! I nostri compagni! Doch der fremde Schatten legt sein Gewehr an und sagt: „We are not your companions! Es sind nicht die Italiener. Es sind unsere Feinde, unser schlimmster Albtraum.

    Rudolf ruft laut auf und dann kommt auch schon der Schuss. Und der zweite. Und der dritte. Ich schrecke bei jedem auf. Mein Herz fängt an fest zu schlagen.

    Einer nach dem anderen. Sie hallen nach, so laut sind sie. Sie klingen, wie das Verderben selbst. Sie haben alle ein Echo. Es ist ein Massaker. Nun sind wir alle verloren. Nun haben sie uns überrascht. Jeder, der kommt, wird erschossen. Alle liegen wehrlos am Rücken und zeigen ihnen die Handflächen und ergeben sich. Doch es gibt für sie kein Erbarmen. Nun werden unsere Taten bestraft.

    Noch nie habe ich um mein Leben mehr gefürchtet. Ich zittere am ganzen Leibe. Ich friere. So wehrlos liege ich da und sehe meinen Kameraden beim Sterben zu. Ganz ohne Wehr, als wäre es ein böser Traum.

    Ich muss hier weg! Schnell springe ich auf, doch dann ist es schon geschehen. Der Stahlhelm und der Panzer stießen zusammen und so werde ich nun auch verenden. Schnell krieche ich unter dem Panzer hervor und versuche mich im dichten Nebel zu verstecken. Kriechend versuche ich zu flüchten, doch sie haben mich entdeckt. Ich höre die Schüsse und sehe die Gewehre aufblitzen. Jeden Moment müssen sie mich treffen. Doch ich bin noch ganz. Jede Sekunde ist es so weit. Wann prallt die Kugel in mein Fleisch? Plötzlich sehe ich das schöne Mädchen in meinen Gedanken. Ich muss sie holen! Für sie bin ich da. Sie kann ich noch retten. Ich muss sie warnen! Nun laufe ich so schnell ich kann. Ich muss sie retten! Ich muss hier weg!

    Ich habe in der Hektik der Flucht die Orientierung verloren. Meine Hand zittert und der Herzschlag pocht mir in den Ohren. Wo bin ich nur? Alles sieht so anders aus. Ich höre sie, die anderen. Sie kommen und durchsuchen alle Häuser. Doch wo ist

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