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Burned: Wenn in der Hölle das Licht ausgeht
Burned: Wenn in der Hölle das Licht ausgeht
Burned: Wenn in der Hölle das Licht ausgeht
eBook358 Seiten4 Stunden

Burned: Wenn in der Hölle das Licht ausgeht

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Über dieses E-Book

Luzifer hat ein Problem - der Himmel will ihm sprichwörtlich den Saft abdrehen, denn es gibt immer weniger Sünder auf der Welt.
Wie zur Hölle kann das sein?! Lu macht sich mit Hilfe von Lilith und seinen sieben Todsünden daran genau das herauszufinden. Denn er würde lieber bei lebendigem Leib verrotten als sich noch einmal von den geflügelten Jungfrauen etwas sagen zu lassen...

Wird es ihm gelingen die Hölle zu retten?
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum25. Jan. 2021
ISBN9783752932355
Burned: Wenn in der Hölle das Licht ausgeht

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    Buchvorschau

    Burned - Melissa Ratsch

    Über das Buch

    Melissa Ratsch

    Burned

    Wenn in der Hölle

    das Licht ausgeht

    Urban-Fantasy-Roman

    Luzifer hat ein Problem - der Himmel will ihm sprichwörtlich den Saft abdrehen, denn es gibt immer weniger Sünder auf der Welt.

    Wie zur Hölle kann das sein?! Lu macht sich mit Hilfe von Lilith und seinen sieben Todsünden daran genau das herauszufinden. Denn er würde lieber bei lebendigem Leib verrotten als sich noch einmal von den geflügelten Jungfrauen etwas sagen zu lassen...

    Wird es ihm gelingen die Hölle zu retten?

    „Burned - Wenn in der Hölle das Licht ausgeht" ist eine etwas andere Geschichte voller schwarzem Humor, Flüchen und bissigen Dialogen.

    Vorwort

    Ein kleines Wort der Warnung:

    Im nachfolgenden Roman wird eine deutliche, einschlägige Sprache gesprochen. Ausdrücke, Flüche, Beschimpfungen und vulgäre Worte sind an der Tagesordnung - es geht schließlich um den Teufel und seine Todsünden (verdammt nochmal).

    Wen das nicht stört, der wird ein verrückt-skurriles Abenteuer mit Lu, Lil und den sieben Todsünden erleben können, das sicher den ein oder anderen Lacher bereithält.

    Viel „Spaß" in der Hölle,

    eure Melissa

    Beschreibungen

    Lu ~ Luzifer, Teufel und Herr über die Todsünden

    Lil ~ Lilith, Königin der Dämonen

    Bia ~ Superbia, Todsünde des Hochmuts (w)

    Ava ~ Avaritia, Todsünde des Geizes (w)

    Ira ~ Ira, Todsünde des Zorns (w)

    Vidia ~ Invidia, Todsünde des Neids (w)

    Lux ~ Luxuria, Todsünde der Wollust (m)

    Gul ~ Gula, Todsünde der Völlerei (m)

    Ace ~ Acedia, Todsünde der Faulheit (m)

    Michael ~ Erzengel, Herr über die Tugenden

    Gabriel ~ Erzengel, Herr über die Cherubim & Seraphim

    Rafael ~ Erzengel, Heiler Gottes

    Uriel ~ Erzengel, Beschwörer der Apokalypse

    Lita ~ Humilitas, Tugend der Demut (w)

    Cari ~ Caritas, Tugend der Mildtätigkeit (w)

    Ria ~ Industria, Tugend des Fleißes (w)

    Tas ~ Castitas, Tugend der Keuschheit (m)

    Pat ~ Patientia, Tugend der Geduld (m)

    Ran ~ Temperantia, Tugend der Mäßigkeit (m)

    Mani ~ Humanitas, Tugend des Wohlwollens (m)

    Die Hölle ist leer,

    alle Teufel sind hier.

    ~ 1 ~

    Dieser Geruch…

    Dieser süßlich-herbe, widerwärtige Gestank. Das war eindeutig Weihrauch. Er würde ihn überall wiedererkennen!

    „Oh bitte nicht", flehte Lu, doch wer sollte ihn schon erhören?

    Natürlich war es zu viel verlangt, dass er einmal seine Ruhe hatte. Er hatte nur eine Flasche wirklich guten Scotch hier genießen wollen, am Rand eines Vulkankraters, weil er allein sein musste um nicht ein Massaker anzurichten. Das war das letzte Mal nicht schön gewesen, sie hatten einen Monat gebraucht um die Sauerei aufzuräumen.

    Jetzt war er kurz davor es zu wiederholen, denn Ava und Vidia lagen sich mal wieder in den Haaren und das Gekreische konnte niemand länger ertragen, der nicht taub war. Den beiden war langweilig, was es nicht besser machte und so war ein Ende der Zankerei nicht in Sicht. Lu war gegangen ehe ihm der Schädel platzte und das erwähnte Gemetzel ausbrach.

    Doch wenn er daran dachte wer ihm gleich den Tag endgültig versauen würde, hätte er sich lieber weiterhin den Streit der beiden angehört.

    Aber dafür war es jetzt zu spät und es kam wie es kommen musste: Einen Meter von ihm entfernt schälte sich die Gestalt vor ihm aus reinem Licht, das ihm in den Augen stach.

    Königsblaue Augen sahen ihn aus einem Gesicht an, das zu schön war um wahr zu sein – und in das er jedes Mal am liebsten seine Faust versenken würde. Mehrfach. So lange, bis die gerade Nase nur noch ein unansehnlicher Brei wäre, zusammen mit den hohen Wangenknochen und Blut wie ein Wasserfall über die geschwungenen Lippen lief.

    „Guten Tag Lu", sagte der Mann mit einem Lächeln. Der verlogene Drecksack.

    „Lass die vertrauliche Anrede Michael, schnaubte er und verschränkte die Arme vor der Brust, damit er nicht doch noch die Hände, um den Hals des anderen legte. „Du hast mich mit ‚Fürst der Finsternis‘ anzureden oder ‚Herrscher über die Sünder‘. Aber ganz sicher nicht Lu.

    Ein mildes Lächeln. „Bist du heute mit dem falschen Fuß aufgestanden?"

    „Gibt es einen bestimmten Grund, warum du hier bist oder willst du dich nur wie ein Arschloch benehmen? So wie sonst eben auch?"

    Ein Blitzen in dem überirdischen Blau seiner Augen, aber das Lächeln blieb.

    Shit, dachte Lu und seine Laune sank weiter. Sonst waren solche Beleidigungen immer ein Garant dafür, dass Michael in die Luft ging. Manchmal sogar wortwörtlich. Dass Michael heute so ruhig blieb konnte nur bedeuten, dass er richtig beschissene Nachrichten für Lu hatte.

    „Ich habe einen Brief für dich", sagte Michael gelassen, beinah sanft. Er hielt ihm ein schlichtes Kuvert entgegen. Widerwillig griff Lu danach und riss es auf.

    „Euch ist schon klar, dass es mittlerweile einfachere und schnellere Methoden gibt?, fragte Lu mit einem halben Grinsen. „Telefone, E-Mails oder- Weiter kam er nicht, denn mittlerweile hatte er den eigentlichen Brief aus dem Umschlag gezogen und ihm sprangen die Worte geradezu ins Gesicht: Sie sind insolvent.

    „Was soll das heißen? Er hob den Blick von dem Brief und starrte Michael an, dessen Lächeln sich sogar noch vertieft hatte. „Soll das ein schlechter Scherz sein? Ihr wart da oben ja schon immer humorlos, aber das ist selbst für euch zu schräg.

    „Über so etwas macht man keine Witze, informierte ihn Michael. „Du kennst doch die Regel: Keine Seelen, kein Guthaben, keine Energie.

    „Ja und?"

    „In deiner allgemeinen Unordnung mag es dir vielleicht nicht aufgefallen sein, aber dein Zuwachs an Seelen hat sich in den letzten Jahren dramatisch verringert. Wie viele sind es noch pro Tag? Knapp Tausend?"

    Übelkeit stieg in Lu auf. „Und wenn es so wäre?"

    „Dann reicht das bei weitem nicht mehr aus dein kleines Etablissement am Laufen zu halten. Nun, zumindest nicht mehr ohne Aufsicht."

    „Warte mal!, herrschte Lu ihn an, denn er wusste ganz genau auf was Michael hinauswollte. „Du bist hier um mir zu sagen, dass ihr euch in meine Angelegenheiten einmischen wollt?

    „So ist es, antwortete Michael gelassen. „Du und deine… kleinen Helfer sind offensichtlich nicht mehr nötig, da es kaum noch genug Sünder gibt um eure Existenz zu rechtfertigen. Im Kosmos wird überflüssiges abgeschafft, das weißt du doch.

    „Ich bin nicht überflüssig", zischte Lu. „Und ich werde garantiert nicht zulassen, dass ihr geflügelten Bastarde euch in meinem Revier breitmacht. Das könnt ihr euch schön in die Haare schmieren!"

    „Nur zu schade, dass du das nicht mehr zu entscheiden hast, Lu, fügte Michael mit sichtlicher Genugtuung hinzu. „In dem Brief stehen die genauen Klauseln bezüglich der Übernahme der Unterwelt durch uns. Wir lassen euch noch genügend Zeit um zu packen.

    Mit einem wütenden Knurren senkte Lu den Blick auf den Brief in seinen Händen – er war an den Rändern schon leicht angesengt – und fand die entsprechenden Absätze.

    „Ein Jahr? Ernsthaft?! Er sah hoch und fixierte Michael. „Die Frist läuft nur ein Jahr? Das ist ja quasi nichts! Was ist los mit dem alten Mann, hat er es eilig? Sonst hat er sich doch auch immer Jahrhunderte Zeit gelassen, bis er sich mal entscheiden konnte. Warum jetzt auf einmal die Hektik?

    Michael zuckte mit den breiten Schultern und antwortete gelangweilt: „Er ist eurer eben überdrüssig und das schon seit geraumer Zeit."

    „Aber dein hochgestochenes Gelaber kann er ertragen, zischte Lu. „Hat dir noch jemand einen zweiten Stock zu dem ersten in den Arsch geschoben?

    „Komm schon, sei kein schlechter Verlierer." Lu warf einen Feuerball, doch der andere Mann war schon längst verschwunden.

    „Fick dich Michael!", schrie er gen Himmel und meinte ein leises Lachen zu hören.

    Lu ließ den Brief fallen und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. Das war schlecht. Richtig, richtig schlecht. Der Vulkan unter ihm begann zu rumoren.

    „Scheiße!"

    „Lil!", rief Lu als er zurück in sein Zuhause kam. Er hatte sich einige Minuten abregen müssen. Er brauchte Lil mit wachem Verstand – wenn er sich direkt nach Michaels Verschwinden mit ihr unterhalten hätte, wäre sie wahrscheinlich in Flammen aufgegangen und das wäre nicht gut für die Situation.

    Also, noch beschissener als ohnehin schon.

    „Lil, wo steckst du?"

    Ein Rascheln aus dem Wohnzimmer, dem er nachging. Dort saß, auf dem überdimensionalen Sofa, eine exotische Frau mit schwarzen Locken in einem gewagten Cocktailkleid, funkelnde Diamanten auf ihrem Dekolleté. Es sah aus als, würde sie jeden Moment auf eine Gala entschwinden.

    „Was ist denn?, fragte sie und ließ ihr Smartphone sinken. Ihre Stimme klang weich wie Seide. „Wolltest du nicht eine Weile von hier verschwinden?

    „Das hat sich erledigt, knurrte Lu, baute sich vor ihr auf und sah sie unzufrieden an. „Wir stecken mächtig in der Scheiße.

    „Warum?", fragte sie lauernd.

    „Nimm die Maske ab wenn ich mit dir spreche, bitte." Das letzte Wort drückte sich wie Glasscherben aus seiner Kehle, aber Lu zwang sich dazu, denn es war extrem wichtig, dass Lil jetzt nicht anfing zickig zu werden. Und außerdem hasste er es, wenn sie wie jetzt nicht ihr wahres Gesicht zeigte.

    Smaragdgrüne Augen musterten ihn unzufrieden, doch dann seufzte sie und murmelte: „Na schön."

    Erleichtert atmete Lu aus und sah dabei zu, wie die Frau vor ihm zu einer ganz anderen Person wurde: Kleiner, kurviger, die Augen nahmen ein intensives Azurblau an und stellten sich leicht schräg, so wie bei einer Katze. Aus schwarzen Locken wurden braune, die ihr knapp über die Schulter reichten und auf der linken Seite raspelkurz zu einem Undercut geschnitten waren. Wie immer bedeckte das weiche Haar das rechte Ohr und die rechte Halsseite.

    Aus gutem Grund.

    „Zufrieden?", fragte sie und lächelte ihn an. Ein echtes Lächeln zur Abwechslung. Lil hatte viele in ihrem Repertoire: Verlogen, verführerisch, hämisch, neckend, feixend, grausam. Aber jetzt gewährte sie ihm einen Einblick auf das, was sich hinter ihren tausend Maskeraden verbarg, auf ihr wahres Gesicht.

    Lu hatte fast das Gefühl wieder richtig atmen zu können.

    „Ja, danke", erwiderte er rau.

    „Kannst du mir jetzt sagen was passiert ist? Warum stecken wir in der Scheiße? Ein Lodern trat in ihre Augen, als sie hinzufügte: „Hat eine der sieben Plagen wieder etwas angestellt?

    „Welche meinst du? Unsere sieben oder die von oben? Lu schnaubte und schüttelte gleich darauf den Kopf. „Ist ja auch egal, es war keiner von ihnen.

    Er reichte Lil den Brief und erzählte ihr detailliert von seinem Treffen mit Michael, dem kleinkarierten Drecksack.

    Wie zu erwarten war fiel ihre Reaktion ähnlich aus wie seine: Sie sprang auf, schrie wie eine Furie in höchster Raserei und Energie knisterte in der Luft. Er konnte es auf seiner Haut fühlen, es war angenehm und verstörend zugleich. Zusätzlich dazu, dass es seinen eigenen Energiepegel wieder ansteigen ließ.

    Zum Glück war im Loft alles aus feuerfestem Material, inklusive der Stoffe.

    „Wie können sie nur?!, kreischte Lil und fluchte gleich darauf in ungefähr sieben Sprachen. Zumindest hatte Lu so viele erkannt. „Sie wollen uns rauswerfen? Und die Kontrolle übernehmen? Das ist doch Bullshit!

    Lu verschränkte die Arme vor der Brust. „Sehe ich auch so, aber scheinbar hat sich das Seelengleichgewicht massiv zu unserem Nachteil verschoben."

    „Einmal, in wie viel tausend Jahren? Das ist eine Phase, die geht vorbei. Ganz sicher."

    „Wie auch immer sich das entwickelt, die oben wollen die aktuelle Lage gleich zu ihrem Vorteil ausnutzen. Es rumorte tief in seinem Inneren, als er widerwillig zugab: „Und das Recht ist auf ihrer Seite.

    „Scheiße", zischte Lil. Sie hatte ihre Wanderung durch das Wohnzimmer beendet und stand nun vor den bodentiefen Fenstern, die zur Dachterrasse führten. Dahinter erstreckte sich in scheinbarer Unendlichkeit goldgelber Wüstensand. Nichts störte die Makellosigkeit, kein Busch, kein Fels. So weit das Auge reichte, alles Sand.

    Langsam ging Lu zu ihr, stellte sich hinter sie und riskierte es seine Arme um ihre Taille zu legen. Sie war so viel kleiner als er, dass er bequem sein Kinn auf ihren Scheitel legen konnte. Man konnte ihre geringe Größe fast vergessen, da sie so viel Energie und Macht in sich vereinte.

    Lil kam nicht an ihn heran, bei weitem nicht, aber sie war stark genug um ihm Probleme zu bereiten. Zum Beispiel, wenn sie nicht von ihm angefasst werden wollte. Ungefähr vor eintausend Jahren hatte sie ihm den rechten Arm ausgerissen, als er sie wie jetzt umfangen hatte.

    Ein anderes Mal hatte sie ihm die Augen ausgekratzt, dann die komplette Haut versengt, die Zähne ausgeschlagen oder ihn mit Taubheit bestraft.

    Im Gegensatz dazu hatte Lu ihr einen Vogelschnabel verpasst, ihr ein Bein zertrümmert, mehr als einmal ihre Stimme verschwinden lassen, hatte sie in einen Lavasee geworfen und in einen pockennarbigen Greis verwandelt.

    Und das war nur die Spitze des Eisbergs, was sie einander angetan hatten. Die andere Zeit waren sie unzertrennlich gewesen.

    Ja, man konnte die Beziehung zwischen ihnen als kompliziert bezeichnen.

    Jetzt allerdings kam kein wie auch immer gearteter Vergeltungsschlag, sondern Lil ließ sich mit einem tiefen Seufzen gegen ihn sinken, die Hände auf seinen Unterarmen. Warm und weich schmiegte sich ihr kurviger Leib an ihn.

    „Luzifer, was machen wir jetzt?"

    „Ich habe keine Ahnung Lilith."

    ~ 2 ~

    Es lief auf ein Krisentreffen mit den Sieben hinaus, besser bekannt als die sieben Todsünden.

    Lu war froh, dass sie alle ohne die üblichen Sperenzchen auftauchten. Wahrscheinlich, weil seine Ansage sehr klar gewesen war: Wenn ihr euren Arsch nicht her bewegt, dann häute ich euch. Die guten alten Drohungen taten doch immer ihre Wirkung. Vor allem, da Lu dafür bekannt war seine wahr zu machen.

    „Mach keinen auf dicke Hose, wenn du dich nachher nicht traust sie runter zu lassen", murmelte er grinsend vor sich hin, als Ace eintraf und sie damit komplett waren. Typisch, dass Faulheit das Schlusslicht bildete. Aber immerhin war er pünktlich.

    „Sehr schön. Lu schloss die Tür des großen Konferenzraums und ging zum Stirnende des Tisches, an dem alle schon Platz genommen hatten. „Gleich vorweg: Das heute ist kein gewöhnliches Treffen und ich verlange von jedem volle Aufmerksamkeit.

    Er ließ seinen Blick langsam über Lil sowie die vier Frauen und drei Männer wandern. Im Grunde waren die Todsünden geschlechtslos, doch jede von ihnen hatte sich über die Jahrtausende eine bevorzugte Inkarnation zugelegt, in der sie die meiste Zeit verbrachten.

    Lu setzte sich und schnippte mit dem Finger, woraufhin die Videoleinwand hinter ihm flackernd zum Leben erwachte. Darauf war der Brief zu sehen, den Michael ihm überbracht hatte. Statt etwas zu sagen wartete er einfach ab, bis seine Sieben die Nachricht gelesen hatten – was ungefähr eine halbe Minute später dadurch klar wurde, dass sie alle in aufgeregte bis aufgebrachte Flüche ausbrachen.

    Bia sprang gar von ihrem Stuhl auf und zeterte: „Wie können sie es wagen?! Das ist eine Beleidigung und Frechheit, wie ich es noch nie erlebt habe!" Ihre goldenen Augen loderten unheilvoll. Als Stolz traf sie diese Schmähung besonders.

    Neben ihr stieß Ira, die den Zorn verkörperte, ins selbe Horn: „Wenn ich das nächste Mal einen Engel erwische, dann reiße ich ihm alle Federn einzeln aus."

    Alle anderen Todsünden stimmten zu und sofort begannen sie Rachepläne zu schmieden, überlegten was sie ‚denen da oben‘ als Vergeltung antun könnten. Lu musste zugeben, dass sie dabei sehr kreativ waren und er nahm sich vor einige der Ideen später aufzuschreiben.

    „Ruhe!, verlangte er laut, so dass ein kleines Beben durch den Raum ging. Sofort kehrt Stille ein. Er atmete tief durch und sagte: „Ich weiß zwar zu schätzen, dass ihr unsere Ehre verteidigen wollt und auf Vergeltung aus seit – wirklich, das tue ich – aber das muss im Augenblick warten. Erstmal sollten wir uns etwas überlegen, wie wir die Übernahme durch die gefiederten Kretins verhindern.

    Das Schweigen zwischen ihnen war so ungewöhnlich wie beunruhigend. Lu war es gewohnt in einem brodelnden Hexenkessel zu sitzen, wenn die Sieben alle auf einem Haufen saßen. Vor allem wenn Lil dabei war. Sie hatte zwar an Vidia und Lux einen besonderen Narren gefressen, aber auch alle anderen Todsünden scharten sich gerne um sie.

    Vielleicht, weil sie hier die menschlichste unter ihnen war und im Gegensatz zu Lu hin und wieder ein offenes Ohr für ihre kleinen Sorgen und Nöte hatte. Also zumindest die, die nicht das Tagesgeschäft betrafen. Sie waren schon so etwas wie Freunde für ihn… aber bei aller Liebe, Lu hatte nicht die Geduld sich anzuhören, dass Gul schon wieder erfolglos von seiner Suche nach dem perfekten Baklava zurückkam.

    Seit über dreihundertachtzig Jahren versuchte er nun schon jemanden zu finden, der das pappsüße Zeug genauso hinbekam wie der Palastbäcker damals in Istanbul. Und jedes Mal, wenn er es wieder erfolglos versuchte kam er quengelig und niedergeschlagen wie ein kleines Kind zurück. Als Völlerei eine Schwäche für Essen zu haben lag auf der Hand, aber das war einfach nur absurd.

    „Wann hat das denn angefangen?" Ava, die Habgier, trommelte nachdenklich mit ihren schlanken Fingern auf den Marmortisch, die blonden Brauen über den Augen zusammengezogen. „Ich meine wann hat das angefangen, dass weniger Seelen zu uns kamen?"

    „Mal sehen." Lu drehte sich nun ebenfalls zu der Wand, schnippte und statt dem Brief erschien ein Diagramm. Er hatte es nicht sonderlich mit diesem Statistik-Quatsch. Ihm war zwar schon aufgefallen, dass sie weniger zu tun hatten und die meisten Dämonen auf der faulen Haut lagen, aber er war nicht auf den Gedanken gekommen, dass diese Flaute ein solches Ausmaß annehmen würde.

    Darüber, dass Michael vielleicht Recht hatte wenn er von Unordnung in ihren Reihen sprach, wollte er im Moment wirklich nicht nachdenken.

    „Das sieht doch nicht schlecht aus, kommentierte Ace. „Die Linie schwankt ein bisschen, aber sonst sehe ich da nichts Gravierendes.

    Tatsächlich bewegte sich die Kurve sanft auf und ab, was Lu irritierte. Ja, gegen Ende driftete sie ein wenig nach unten. Er beugte sich ein Stück nach vorn und stützte die Ellenbogen auf den Knien ab. Warte mal…

    „Das ist die Gesamtstatistik, murmelte er. „Seit Entstehung der Welt und der Menschen.

    Wieder ein Schnippen und die Anzeige verringerte sich auf die letzten zehn Jahre und sah damit komplett anders aus. Ein kollektives Raunen ging durch den Raum, gefolgt von einigen Flüchen.

    Liliths Stimme erhob sich über das Murmeln: „Das erklärt schon eher warum uns der Himmel in die Parade fahren will."

    „Scheiße ja", brummte Lu. Die Linie fiel ab der Hälfte des Diagramms stetig weiter nach unten, bis sie sich einem wahrhaft historischen Tief näherte.

    „Was verflucht nochmal ist vor zehn Jahren passiert das wir nicht mitbekommen haben?! Lu drehte sich wieder um und musterte die acht anderen am Tisch. „Ich fresse einen verschissenen Besen, wenn die Flachpfeifen von oben nicht irgendwas angestellt haben, dass auf der Welt eine Kettenreaktion ausgelöst hat.

    Ratloses und betretendes Schweigen legte sich über sie, einige senkten sogar den Blick. Lu konnte sich gut vorstellen warum. So wütend wie er war mussten seine Augen wieder die Farbe gewechselt haben: Von grün zu blutrot. Vielleicht gaben aber auch die kleinen Flammen den Hinweis, die an seinen geballten Fäusten züngelten.

    „Ich will wissen was sie getan haben, forderte er. Jedes seiner Worte ließ die Luft vibrieren. „Ich will wissen warum die Menschen aufgehört haben die selbstsüchtigen Kreaturen zu sein, die sie seit tausenden Jahren sind. Jeder von euch wird sich daran machen es herauszufinden.

    Sein Blick ruhte vor allem auf Ace, der als Faulheit immer einen extra Arschtritt benötigte. Doch zur Abwechslung nickte der braunhaarige Mann, die schokoladenfarbenen Augen schreckgeweitet.

    „Wir treffen uns morgen wieder und wehe ich erhalte keine Antworten."

    Schnelles Kopfnicken seiner Sieben, selbst Lilith wirkte beunruhigt.

    Um ein Haar hätte Lu gelächelt, denn wie jeder andere Unterweltler fand er Gefallen daran andere in Angst und Schrecken zu versetzen. Aber im Moment konnte er sich nicht daran erfreuen, denn die Erzengel saßen ihm sprichwörtlich im Nacken und wollten seinen Laden übernehmen.

    Eher friert die Hölle zu, dachte Lu und spürte, wie die Flammen über seine Handgelenke die Arme hochkrochen.

    Seine Stimme klang trügerisch weich, als er fragte: „Na los, worauf wartet ihr noch?"

    Sofort lösten sich alle in Luft auf. Kleine Rauchschwaden verflogen dort, wo eben noch die Todsünden gewesen waren, während Lil, deren Macht anders geartet war, einfach verblasste. Einen Wimpernschlag später war Lu alleine in dem Konferenzraum.

    „Scheiße", murmelte er und lehnt sich zurück. Mit beiden Händen fuhr er sich durch die Haare und sah sich nochmal das Diagramm an. Wie hatte ihm das nicht auffallen können? Und was bei allen Höllenfeuern war der Grund dafür?

    Er wusste, dass seine Sieben gelegentlich nur nach ihren eigenen Wünschen handelten, aber sie hatten ihre Aufgaben dennoch erledigt.

    Denn sie wollten doch alle das Gleiche: Ihre Ruhe vor den gefiederten Spaßbremsen und ein wenig Spaß mit den Menschen. Nun, was für sie zumindest Spaß bedeutete. Tausende Jahre hatte das wunderbar funktioniert, die verdorbenen Seelen waren pünktlich wie der Sonnenaufgang bei ihnen eingetrudelt. Denn obwohl der alte Mann sich immer rühmte so perfekt zu sein, seine Schöpfungen waren es definitiv nicht.

    Sehnsüchte, Begierden, dunkle Wünsche und Gelüste schlummerten von Anfang an in ihnen und es hatte nur wenig Ermutigung gebraucht, dass sie sich ihnen hingegeben hatten.

    Lux, die Begierde, musste nur durch einen Klub gehen, in dem schon genügend Alkohol geflossen war, und die Menschen fielen übereinander her wie bei einer der Orgien im guten alten Rom. Vergessen waren Treue und Keuschheit, da wurde gevögelt was nicht bei drei auf den Bäumen war – und das wurde noch runtergeschüttelt.

    Und wenn im Schlussverkauf Ava ein Einkaufszentrum betreten hatte, dann hatte sich der Umsatz der Geschäfte locker verdoppelt, die Leute hatten der Gier nach neuen, schönen Dingen ohne Rücksicht auf ihre Bankkonten nachgegeben.

    Bia war jedes Mal ganz aus dem Häuschen, wenn die Fashionweeks der Modewelt stattfanden und die ausgehungerten Models über die Laufstege wankten, unverschämt teure Roben auf ihren knochigen Körpern. Lu war immer wieder erstaunt mit wie wenig Nahrung der menschliche Organismus auskommen konnte und trotzdem noch so tat als würde er optimal funktionieren. Sie alle waren Sklaven von Eitelkeit.

    Aber so wie es im Moment aussah war diese unbeschwerte, schöne Zeit vorbei. Und wenn sie nicht wollten, dass die verdammten Engel sich bei ihnen einmischten, dann mussten sie sich etwas einfallen lassen.

    Denn Lu war nicht aus dem Himmel geworfen worden, nur um jetzt doch wieder das machen zu müssen, was der alte Mann wollte.

    ~ 3 ~

    Einige Stunden später hielt Luzifer es nicht mehr aus zu warten.

    Also versetzte er sich an einen seiner liebsten Orte auf der Welt, wenn er die Menschen beobachten wollte: An einen internationalen Flughafen. Stress war schon immer ein perfekter Druckpunkt gewesen, damit Menschen ihren wahren Kern preisgaben.

    Wahlweise, wenn man es etwas martialischer und blutiger haben wollte, ging man in ein Kriegsgebiet. Aber dafür war Lu heute nicht aufgelegt. In seiner Verfassung würde er in einem solchen Umfeld nur in Versuchung geführt werden mitzumischen und das war nicht förderlich.

    Amüsant, aber nicht förderlich.

    Außerdem war es weit unauffälliger, sich einen Kaffee mit Schuss zu genehmigen, wenn man in einem Café saß, als wenn man sich an einen Panzer lehnte.

    Artig stellte er sich in die Schlange im Transitbereich, bestellte bei der Barista freundlich seinen Kaffee und beobachtete, wie sie mit hochroten Wangen seine Bestellung fertig machte. Er schenkte ihr ein träges Lächeln, beobachtete, wie sich ihre Pupillen weiteten, raunte ein Dankeschön und warf ein Trinkgeld in die Kasse.

    Oh ja, der Teufel war und wird immer ein Gentleman sein. Aus dem einfachen Grund, dass sich mit Honig weit mehr Fliegen fangen ließen als mit Essig. Und es machte ihm Spaß die Menschen zu locken, sie zu verführen und ihnen zuzusehen, wie sie sich um ihn bemühten.

    Mit dem Pappbecher in der Hand ließ sich Lu auf einem strategisch günstigen Stuhl an der Wand nieder, schlug die Beine übereinander und beobachtete die Menschen, die in unterschiedlicher Geschwindigkeit an ihm vorbeikamen.

    Manche schlenderten gemütlich, einige hatten einen zackigen Schritt drauf, während ein nicht unerheblicher Anteil so hektisch war, als wäre einer seiner Dämonen hinter ihm oder ihr her. Dazu die Geräuschkulisse aus mal mehr oder weniger aggressiven Stimmen, zusammen mit dem Geschrei von Kindern und den unverständlichen Durchsagen. Es war ein wahrer Hexenkessel.

    Und weil Lu nicht die beste Laune hatte und hey, er war immerhin der Teufel persönlich, schnippte er mit dem Finger. Erst passierte nichts. Ungefähr zehn Minuten lang, in denen Lu seelenruhig seinen Kaffee trank und abwartete.

    Dann, nach elf Minuten knarzten die Lautsprecher und verkündeten monoton: „Sehr geehrte Fluggäste, aufgrund eines kompletten Systemausfalls in der Abfertigung verspäten sich alle Starts

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