Seewölfe - Piraten der Weltmeere 733: Die Meute des Griechen
Von Davis J.Harbord
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Rezensionen für Seewölfe - Piraten der Weltmeere 733
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Buchvorschau
Seewölfe - Piraten der Weltmeere 733 - Davis J.Harbord
9
1.
Er hieß Nikos Dragumis, wurde aber allgemein „der Grieche" genannt. Tatsächlich war er in einem Fischerdorf am Golf von Ägina aufgewachsen, aber bereits mit vierzehn Jahren davongelaufen. Da hatte er nämlich einen Kaufmann umgebracht und beraubt – beides Tätigkeiten, die er fortan ausübte, weil sie ihm geeignet erschienen, ein flottes Leben führen zu können.
Da ihm Häscher auf der Spur waren, hatte er auf einem türkischen Handelsfahrer Unterschlupf gefunden. Seine „Karriere" begann, als dieser Handelsfahrer von Piraten aufgebracht wurde. Er schlug sich auf deren Seite, indem er unmittelbar vor dem Entern dieser Schnapphähne kurzerhand seinem Kapitän ein Messer in den Rücken stieß. Dieser Untat zollten die Piraten die gebührende Anerkennung, indem sie ihn in ihre Mannschaft aufnahmen.
So lernte er sein mörderisches Handwerk von der Pike auf, und er war ein ausgezeichneter Lehrling, der es schnell über den Gesellen zum Meister brachte, das heißt, mit knapp zwanzig Jahren führte er als Kapitän bereits ein eigenes Schiff, eine kleine Schebecke, mit der er auf eigene Faust den Seeraub betrieb.
Jetzt, mit dreißig Jahren, unterstanden ihm drei schwerarmierte Karavellen, und es war seine Idee gewesen, in der Karibik auf Raubfahrt zu gehen. Nicht, daß er seine Unterführer wegen dieser Fahrt westwärts ins Ungewisse vorher hätte befragen müssen. O nein, er hatte das so bestimmt, und sie hatten zu gehorchen.
Wer nicht gehorchte, brauchte über seine persönliche Zukunft nicht mehr nachzudenken, weil ihn der Grieche ohne viel Federlesens vom Leben zum Tode beförderte. Nikos Dragumis war unumschränkter Herrscher über die etwa neunzig Kerle auf den drei Karavellen. Sie fürchteten ihn. Andererseits wurde er bewundert, denn noch immer hatte er bei seinen Raubfahrten bewiesen, daß er schlauer war als das Wild, das sie jagten. Außerdem schien er kugelfest zu sein, denn er war, von ein paar Schrammen abgesehen, bei den Enterkämpfen nie ernsthaft verletzt worden. Dabei stürzte er sich meist in das wildeste Getümmel.
O ja, kämpfen konnte er, dieser stiernackige, bärenstarke Bulle mit dem Glatzkopf, dem schwarzen Sichelbart und den harten Augen, die so schwarz wie Obsidian schimmerten, den man als Glasachat in den Lavaströmen fand. Dabei war er von füchsischer Schläue, gerissen und durchtrieben, schnell in seinen Reaktionen – und bar jeglicher Skrupel. Und was die Seemannschaft betraf, war er ihnen allen über.
Und immer hatten sie Beute gerissen, an der sie alle teilhatten. Sie waren keine armen Kirchenmäuse. Einige trugen stolz funkelnde Goldringe an den Ohrläppchen, goldene Halsketten oder Armreifen oder gar Brillantbroschen an den Kopftüchern.
Unter dem Griechen ging es ihnen gut. Denn einen Teil der Beute verkaufte er mit gutem Gewinn an bestimmte Händler in den Hafenstädten, und von dem Gewinn wiederum wurden jene Kosten bestritten, die für die Versorgung der Meute und zum Erhalt der Schiffe erforderlich waren. Wer von den Kerlen zu rechnen verstand, mußte gerechterweise anerkennen, daß der Grieche bezüglich des Wohllebens seiner Mannschaft keineswegs knauserig war.
Außerdem hatte er dafür gesorgt, daß die Kombüsen der drei Schiffe von Burschen besetzt waren, die von der Kochkunst etwas verstanden. Es gab keinen Fraß oder jene Einheitspampe, wie sie sonst auf Schiffen üblich war, deren Kapitäne daran verdienten, daß sie ihre Mannschaften hungern ließen.
Von ähnlicher Qualität waren jene Posten besetzt, die von den jeweiligen Funktionen her für die Schiffe notwendig waren – Segelmacher, Takel- und Stückmeister sowie Schiffszimmerleute und Bootsleute. Er hatte sie alle ausgesucht – und wenn sie nichts taugten, über die Klinge springen lassen.
Er wußte eben, was er wollte, dieser Grieche, der in seiner Lehrzeit scharf beobachtet und für sich die richtigen Schlüsse gezogen hatte. Den Sinn von „Zuckerbrot und Peitsche" hatte er sehr genau begriffen und wandte ihn mit Erfolg an.
Mit dem „Zuckerbrot" war es in einem bestimmten Sinne zur Zeit schlecht bestellt, und zwar auf allen drei Schiffen. Das heißt, Schmalhans war Küchenmeister geworden. Es mußte verdammt rationiert werden. Vor acht Wochen hatten sie Gibraltar hinter sich gelassen. Seitdem waren sie ununterbrochen auf See, ohne noch einmal ihren Proviant und ihr Trinkwasser ergänzt zu haben.
Der Grieche hatte gehört, daß die Kapitäne jener Schiffe, die in die Neue Welt segelten, in der Regel eine der Kanarischen Inseln ansteuerten, um sich zum letztenmal zu verproviantieren. Er hatte darauf verzichtet, obwohl es ihn gereizt hätte, einen der Kanarenhäfen auszuplündern. Er wollte geradewegs in die Karibik, das war der schlichte Grund gewesen.
Jetzt war er sich keineswegs sicher, ob dieser Entschluß richtig gewesen war. Aber die Unsicherheit ließ er sich nicht anmerken. Dabei entging ihm nicht, daß die Kerle von Tag zu Tag mürrischer und verdrossener wurden. Sie hatten ihre Gürtel enger schnallen müssen, und das paßte ihnen nicht, zumal sie, was die Verpflegung betraf, verwöhnt waren. Jetzt wirkte sich das „Zuckerbrot" negativ aus.
Immerhin waren sie alle in bester körperlicher Verfassung gewesen, als sie die Alte Welt hinter sich gelassen hatten. Erst in den letzten beiden Wochen waren die Rationen verkürzt worden. Der Grieche fand, daß die Kerle noch lange keinen Grund hatten, wegen der derzeitigen Schmalkost muffige Mienen aufzusetzen. Vielleicht sollte er mal wieder die „Peitsche" einsetzen, eh?
Er wurde an diesem Vormittag Ende Februar des Jahres 1600 genau auf diesen Punkt gestoßen, denn der Kombüsenmann, der auch zugleich Proviantmeister war, erschien bei ihm auf dem Achterdeck. Und dessen Miene war schon nicht mehr muffig, sondern geradezu finster.
„Was ist los, Korse?" knurrte der Grieche. Der Kombüsenmann wurde schlicht so genannt, weil er von der Insel Korsika stammte. Ob er einen richtigen Namen hatte, war nicht bekannt. Vielleicht wußte er ihn selbst nicht mal. Er war ein ungeschlachter Kerl, der wenig sprach.
Jetzt erwiderte er auf die Frage des Griechen nicht sehr laut, als wolle er keine Zuhörer haben: „Ich habe vorhin unseren Proviantraum kontrolliert, Kapitän. Er spuckte nach Lee über Bord. „Dort ist eingebrochen worden – vermutlich letzte Nacht. Es fehlen ein Schinken, drei Hartwürste, ein Block Käse sowie Schiffszwieback.
Er spuckte wieder über Bord. „Außerdem sind fünf Rotweinflaschen verschwunden."
„Verdammt", murmelte der Grieche, und sofort wanderten seine Blicke über Deck. War da vielleicht einer, der sie beobachtete? Nein, keiner schaute zum Achterdeck – was nichts besagte, denn der Dieb konnte längst bemerkt haben, daß der Korse aufs Achterdeck gestiegen war und mit dem Kapitän sprach. Dieb? Oder Diebe? Wenn es mehrere waren, sah die Sache noch übler aus.
„Hast du einen Verdacht?" fragte der Grieche leise und schaute zum Rudergänger. Aber der sah nicht so aus, als höre er zu. Sie sprachen beide auch sehr gedämpft.
Der Korse schüttelte den Kopf. „Nicht den geringsten, Kapitän."
„Das Schott zur Proviantlast ist mit einem Vorhängeschloß gesichert, nicht wahr?"
„Ja."
„Wurde es aufgebrochen?" fragte der Grieche.
„Nein, Kapitän. Aufgeschlossen – und wieder zugeschlossen. Da muß einer einen Nachschlüssel oder einen Haken haben."
Ein feiner Hinweis. Der Grieche pfiff durch die Zähne. Dann sagte er: „Ist gut, Korse. Niemand erfährt etwas von dem Einbruch. Es bleibt unter uns, klar?"
„Verstanden, Kapitän."
Der Grieche nickte ihm zu, und der Kombüsenmann trabte wieder ab. Nikos Dragumis legte die Hände auf den Rücken und wanderte auf dem Achterdeck auf und ab. Er kannte jeden einzelnen in seiner Mannschaft, mit seinen Fehlern und Schwächen, mit seinen Vorzügen und Fähigkeiten.
Die Fähigkeit,