Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Druckstellen: Die Zerstörung einer Dresdner Künstler-Biographie durch die Stasi
Druckstellen: Die Zerstörung einer Dresdner Künstler-Biographie durch die Stasi
Druckstellen: Die Zerstörung einer Dresdner Künstler-Biographie durch die Stasi
eBook243 Seiten1 Stunde

Druckstellen: Die Zerstörung einer Dresdner Künstler-Biographie durch die Stasi

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Dresden, Anfang der 1980er Jahre: Mit Witz und politischem Hintersinn entwickeln junge Künstler Ideen, die auch über die DDR hinweg Resonanz finden. Doch nicht nur das – sie geraten so auch ins Visier der Stasi. Jürgen Gottschalk, einer der wichtigsten Akteure der Szene, beschreibt in seinem Buch, wie die Stasi vorging, um ihn mundtot zu machen: erst Berufsverbot, dann Haft, schließlich Abschiebung. Kontrastiert werden diese Erinnerungen durch Auszüge einer Diplomarbeit "seines Stasi-Offiziers" zu seinem Fall. Entstanden ist ein authentisches und persönliches Buch, das hautnah miterleben lässt, was "Zersetzung" praktisch bedeutete. Der Leser erfährt zudem, wie die Verfolgung bis in die Gegenwart nachwirkt und welche Strategien Jürgen Gottschalk nutzt, sich der Vergangenheit zu stellen. Sein Engagement in der Gedenkstätte "Bautzner Straße" und sein Wirken im Theaterstück "Meine Akte und ich" der Dresdner Bürgerbühne sind da nur zwei Beispiele.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum31. Aug. 2019
ISBN9783374055005
Druckstellen: Die Zerstörung einer Dresdner Künstler-Biographie durch die Stasi

Ähnlich wie Druckstellen

Titel in dieser Serie (2)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Europäische Geschichte für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Druckstellen

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Druckstellen - Jürgen Gottschalk

    Schriftenreihe des Sächsischen Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

    Band 5

    Jürgen Gottschalk

    Druckstellen

    Die Zerstörung einer Dresdner Künstler-Biographie durch die Stasi

    Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

    3. Auflage 2019

    © 2006 by Evangelische Verlagsanstalt GmbH

    Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

    Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

    Umschlaggestaltung: Friedrich Lux, Halle (Saale)

    Satz und Layout: lautwieleise.de

    Umschlagbild: Gottschalk privat

    Fotos, soweit nicht anders angegeben: Gottschalk privat

    E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH, Rudolstadt

    ISBN 978-3-374-05500-5

    www.eva-leipzig.de

    Inhalt

    Cover

    Titel

    Impressum

    Vorwort – »Druckstellen 2.0«? (Nancy Aris)

    I. Jürgen Gottschalk: Gegen das Vergessen

    Vorgeschichte

    Kindheit im Nachkriegs-Dresden

    Jugend zwischen Bereitschaftspolizei und Wismut

    Aufbruch in die alternative Kunstszene

    Mail-Art

    Postkunst als ein Fenster zur Welt

    Aktionen im Visier der Stasi

    Die Welt der Mailart

    Die Serigrafie-Werkstatt – ein Freiraum unter Druck

    Repressionen

    Erste Erfahrungen mit der Stasi

    Die Inoffiziellen Mitarbeiter

    »Nestbau« – Leben nach Maßnahmeplan

    Ein Antrag mit Folgen

    Untersuchungshaft

    Die Verhaftung beim Rat des Stadtbezirkes

    Vernehmungen »zur Klärung eines Sachverhaltes«

    Tage und Nächte in der Stasi-U-Haft

    Prozess

    Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit

    Strafvollzug

    Sechs Wochen bis nach Brandenburg

    Als Zuchthäusler – mit Kriminellen auf engstem Raum

    Ein überraschender Transport nach Dresden

    Abschiebehaft in Karl-Marx-Stadt

    Westwärts

    Im Bus nach Gießen

    Die Gegenwart der Vergangenheit

    Nachspiel

    Rückkehr nach Dresden

    II. Rückblick

    Nancy Aris: Das ist alles sehr präsent…

    Ein Gespräch mit Jürgen Gottschalk

    »Meine Akte und ich«

    Clemens Bechtel im Gespräch mit Carolin Führer

    Jürgen Gottschalk: Ein Blick zurück:

    Was bleibt nach diesem halben Leben?

    III. Dokument:

    MfS-Diplomarbeit über den Operativvorgang »Feind« gegen Jürgen Gottschalk vom März 1988

    Über den Autor

    Vorwort – »Druckstellen 2.0«?

    Wozu ein neuer Gottschalk nach fast fünfzehn Jahren? - mag der Leser fragen. Auch wir als Herausgeber haben uns diese Frage gestellt. Und wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es durchaus sinnvoll ist und lohnt, das Buch nach so vielen Jahren noch einmal neu herauszubringen. Denn wir haben uns verändert, die Zeit hat sich verändert, der Autor ist heute ein anderer und die Leser sind neue.

    Doch zunächst möchte ich einen Blick zurück wagen. Das Buch von Jürgen Gottschalk war eines meiner ersten Bücher, das ich beim Landesbeauftragten begleiten durfte. Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich meinen Rotstift zückte, um Begriffe wie »Sprecher«, »Klopfen« oder »auf Transport« zu unterkringeln. Die typischen Knastbegriffe waren mir fremd und ich mahnte, diese Dinge für den Leser verständlich zu erklären. Heute stolpere ich nicht mehr über solche Begriffe und ich frage mich manchmal, ob das gut ist oder eher bedenklich. Als ich vor knapp fünfzehn Jahren im Atelier von Jürgen Gottschalk saß und mich durch den Wust von Stasi-Akten arbeitete, war ich erschüttert von den Zeugnissen einer lückenlosen Überwachung durch die Stasi. Hunderte Seiten, die bezeugten, wie die Staatssicherheit Hand in Hand mit anderen staatlichen Einrichtungen den aufmüpfigen Künstler nicht nur auf Schritt und Tritt verfolgte, sondern aktiv an seinem Leben teilnahm. Jürgen Gottschalk meinte einmal zu mir »Ich wurde gelebt.« Dieser kurze Satz wirkt zunächst lakonisch, aber sieht man die Akten, dann wird auf bedrückende Weise klar, wie Recht Jürgen Gottschalk hatte und wie sehr sich der Sicherheitsapparat in einzelne Leben einnistete und deren weiteren Verlauf bestimmte. Und noch etwas fiel mir an mir selbst bei der Lektüre der Stasibeobachtungen auf: der freundlich witzige Jürgen Gottschalk wurde mir mit der Zeit unbewusst immer unsympathischer. Wie konnte das gehen? Wo war die Empathie für die Opfer? Ich las in den Akten von Tierquälereien während seiner Lehrzeit und von anderen Dingen, die einem sein Gegenüber nicht unbedingt sympathischer machen. Ob die Dinge stimmten, wusste ich nicht. Ich erkundigte mich danach, alles schien ausgeräumt. Dann aber stellte ich fest, dass die von der Stasi gelegte Giftspur zwar rational entfernt war, emotional aber nie ganz beseitigt werden konnte. Etwas Unbehagen blieb immer. Dieses Erlebnis hat meinen Blick auf die Akten und den Menschen dahinter geprägt. Es hat mir gezeigt, wie wirkungsmächtig das Agieren der Stasi war, wie sehr sie die Wahrnehmung der Menschen auch Jahrzehnte später prägte und es hat mich gelehrt, genau hinzuschauen und die Akten nie allein, sondern immer mit der Perspektive des Betroffenen, zu betrachten.

    Bei der Erstausgabe des Buches waren Auszüge aus der Stasi-Diplomarbeit zu Jürgen Gottschalk seinem Text vorangestellt. Manche Leser kritisierten die Reihenfolge, weil sie daran eine Rangfolge festmachten: Zuerst die Täter, dann die Opfer, lautete ihr Vorwurf. Ich hatte damals ein ganz anderes Problem, konnte mich aber mit meinen Bedenken nicht durchsetzen. Mir erschien die Auswahl einiger Passagen als zu eng, weil ich fand, dass nur die Diplomarbeit als Ganzes das Ausmaß und die Perfidie der Verfolgung zeigte. Zudem befürchtete ich, dass man uns vorwerfen könnte, die Passagen inhaltlich manipuliert zu haben. Ein Abdruck der vollständigen Arbeit als Originaldokument hätte eine Beweisfunktion gehabt, die jeden Zweifel ausgeräumt hätte. Dass meine damalige Befürchtung nicht ganz unbegründet war, zeigten Anwürfe, denen Jürgen Gottschalk Jahre später ausgesetzt war und immer noch ist. Mitunter erlebt er nach Führungen in der Gedenkstätte Bautzner Straße, dass Besucher sich bei der Gedenkstättenleitung mit anonymen Briefen beschweren und den Wahrheitsgehalt seiner Ausführungen anzweifeln. Einer dieser Briefe ist in diesem Buch abgedruckt. Bei den Schreibern handelt es sich ganz offensichtlich um ehemalige Stasi-Leute. Man könnte diese Briefe ignorieren. Man kann ihnen aber auch etwas entgegensetzen. Wir haben uns für Variante 2 entschieden und ich bin sehr froh darüber, dass in der Neuausgabe des Buches die Diplomarbeit vollständig und als Faksimile abgedruckt ist. Damit kann keiner mehr behaupten, dass Jürgen Gottschalk Lügen oder krankhafte Fantasien verbreiten würde.

    Ein weiteres Versäumnis der Erstausgabe war für mich, dass kaum Beispiele der Mailart vorgestellt wurden. Im Text hatte Jürgen Gottschalk zwar viel dazu geschrieben, aber visuell blieb dem Leser der provokative Witz dieser Postkartenaktionen verborgen, so er nicht gezielt im Internet danach recherchierte. In dieser Auflage wollten wir deshalb gerade auch Bilder sprechen lassen und haben auf insgesamt 14 Seiten Mailartpostkarten zu verschiedenen Themen zusammengestellt. Dabei war uns wichtig, die gesamte Bandbreite der künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten zumindest anzudeuten, gerade auch, weil im Wirken von Gottschalk, in seiner Arbeit als Künstler und Kunstverbreiter auch eine ganz spezielle Dresdner Komponente mitschwingt. Lutz Rathenow wies auf ein besonderes Dresdener Spannungsverhältnis hin: einerseits die besondere Wirkung in einem kunstinteressierten Umfeld, andererseits der mangelnde Schutz, weil – anders als in Ost-Berlin – hier West-Diplomaten oder akkreditierte Journalisten als Kontaktmöglichkeit nicht permanent anwesend waren. So bot Dresden zwar einen größeren und kunstaffineren Wirkungsraum, doch war die Repression hier rücksichtsloser. Vielleicht auch, weil die Stasi-Mitarbeiter mehr Zeit im provinziellen Elbflorenz hatten.

    Die Zeit heute ist eine andere. Das sagt sich so leicht, aber stimmt das? Als wir das Buch vor knapp fünfzehn Jahren herausbrachten, halfen wir damit einem Verfolgten, mit seinem Einzelschicksal in die Öffentlichkeit zu treten. Es war das uns zur Verfügung stehende Medium, um Gehör zu finden und für das Thema zu sensibilisieren. Damals gab es am Ort der ehemaligen Stasi-Untersuchungshaft noch keine Gedenkstätte. Zeitzeugengespräche fanden von uns vermittelt in Schulen statt. Seitdem ist viel passiert und Jürgen Gottschalk ist Teil dieses Prozesses. Mit der Eröffnung der erweiterten Gedenkstätte Bautzner Straße im Jahr 2014 erfuhr gerade auch die Arbeit mit Zeitzeugen viel Aufwind und Zuspruch. Tausende Besucher kommen seitdem jährlich in die Gedenkstätte, um sich den authentischen Ort anzuschauen und mit Zeitzeugen ins Gespräch zu kommen. Einer von ihnen ist Jürgen Gottschalk. Doch was passiert mit einem Zeitzeugen, der jahrelang über seine Geschichte spricht? Verändert sich der Blick auf die eigene Erfahrung, weil die Zeit sich ändert? Hilft das sich ständig wiederholende Gespräch, um mit der Vergangenheit besser klarzukommen? Ich bin in einem Interview mit Jürgen Gottschalk diesen Fragen nachgegangen. Auch dieses sehr persönliche Interview ist im Buch nachzulesen.

    Und was passiert, wenn ein Zeitzeuge plötzlich Teil eines Theaterprojektes über die Stasi wird? Welchen Blick haben Theater-Leute auf dieses Thema? Dies alles sind Fragen, die in »Druckstellen 2.0« verhandelt werden. Uns hat nicht nur die Stasi-Geschichte von Jürgen Gottschalk interessiert, sondern wir wollten mehr über die Gegenwart und das Dazwischen erfahren. Insofern ist das vorliegende Buch ein anderes, ein wirklich neues Buch. Es erzählt von der Verfolgung eines nonkonformen Künstlers in der DDR aus Sicht der Stasi und aus der Perspektive eines Betroffenen und es zeigt, welche Strategien es gibt, mit dieser belastenden Vergangenheit umzugehen.

    Ich persönlich begleite Jürgen Gottschalk bei Zeitzeugengesprächen in Schulen und erlebe immer wieder, wie nah die für viele ferne Vergangenheit ist, wenn man anfängt, darüber zu sprechen. In diesem Sinne wünsche ich dem Buch einen breiten

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1