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Die geheim gehaltene Geschichte Deutschlands - Sammelband
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eBook611 Seiten13 Stunden

Die geheim gehaltene Geschichte Deutschlands - Sammelband

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Über dieses E-Book

Dieses Werk fordert den Leser heraus, Fragen zu stellen. Es richtet sich an den kritischen Leser, der sich nicht länger an der Nase herumführen lassen will. An den Leser, der hoch sensibilisiert ist, was Lüge und Wahrheit angeht. An den Leser, der sich nicht mehr manipulieren lassen will.

Speziell in Deutschland wurde die Geschichte über Jahrhunderte von den verschiedensten Instanzen und Meinungsführern beeinflusst und sogar bewusst manipuliert. Das führte zu einem verfälschten Bild über die Deutsche Geschichte.

Der Autor Frank Fabian berichtet provokativ und hoch spannend, wie es wirklich gewesen ist. Er entkleidet die deutsche Geschichte ihrer Mythen und Mythologien. Unwahrheiten, Halbwahrheiten und Irreführungen, um die jeder wissen sollte, kommen so ans Tageslicht.
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum23. Okt. 2014
ISBN9780692272947
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    Buchvorschau

    Die geheim gehaltene Geschichte Deutschlands - Sammelband - Frank Fabian

    Geschichte

    DAS GANZ ANDERE GESCHICHTSBUCH

    „Wenn man die Geschichte nicht kennt, bleibt man auf immer ein Kind, das nie erwachsen wird!, urteilte einst der große römische Denker Cicero vor rund 2100 Jahren und seine Worte besitzen bis heute Gültigkeit. Wir müssen, ob wir wollen oder nicht, unser „Deutschland verstehen, jedenfalls wenn wir erwachsen werden und fähig sein wollen, uns ein eigenes Urteil zu bilden. 

    Wenn wir selbstständig denken lernen wollen, kommen wir nicht umhin, die Vergangenheit auszuforschen, die nebenbei bemerkt unendlich interessant ist, jedenfalls wenn man sie entsprechend darstellt. Wenn das Fach „Geschichte dagegen zu einem bloßen Auswendiglernen von „wichtigen Geschichtszahlen verkümmert, befindet man sich auf dem falschen Dampfer, salopp gesagt. 

    Geschichte muss man verstehen und begreifen, man muss sich über die verschiedenen Möglichkeiten Rechenschaft ablegen, wie Geschichte hätte verlaufen können. Manchmal war das Versagen einer einzigen Persönlichkeit dafür verantwortlich, dass Deutschland in eine bestimmte Richtung abdriftete und die Ereignisse also einen unheilvollen Verlauf nahmen. 

    Und manchmal war umgekehrt gerade mal eine Handvoll Menschen dafür verantwortlich, dass Deutschland einen sagenhaften Aufschwung nahm und heute zu den wichtigsten und stabilsten Ländern der Welt zählt, das allenthalben, rund um den Globus, glühend beneidet wird. Geschichte ist voll von den unglaublichsten Erkenntnissen, wenn man sie richtig liest, wenn man sorgfältig alle Wörter klärt, die man nicht versteht, und wenn man sich bemüht, Zusammenhänge zu begreifen.

    Dann versorgt uns Geschichte mit einem fantastischen Datenmaterial, was die Gegenwart angeht! Sie kann uns in diesem Fall immunisieren gegen Diktatoren, ja, das Geschichtsstudium allein kann uns sogar vor Krieg und Armut schützen! Geschichte, und das ist in dieser Deutlichkeit nie gesagt worden, ist das vielleicht wichtigste Fach überhaupt, denn die Kenntnis der Geschichte allein ist dafür verantwortlich, dass wir negative historische Experimente nicht wiederholen und wir nicht ständig auf der Stelle treten müssen wie ein Hamster in einem Schwungrad. 

    Das richtige, das ausführliche Studium der Geschichte kann uns im Falle eines Falles sogar „reich" machen, wenn wir es nur darauf anlegen, denn die Wirtschaftsgeschichte versorgt uns mit erstaunlichen Informationen, welche Investitionen in der Vergangenheit richtig und welche falsch waren – ein Wissen, das selbst in der Gegenwart seinen Nutzen besitzt. Geschichte, richtig verstanden, versorgt uns mit den Erfahrungen der intelligentesten, erfolgreichsten und mächtigsten Männer und Frauen der Vergangenheit – sofern wir uns die Mühe machen, ihre Biografien zu lesen und von ihnen zu lernen. 

    Kein Studium ist wertvoller, kein Studium zahlt sich mehr aus, falls Geschichte richtig dargeboten wird, gut verständlich und verstehbar, und sofern die richtigen Erkenntnisse herausdestilliert werden, wie in der Chemie eine Substanz aus einem Reagenzglas. Niemand ist in diesem Sinne wichtiger als der Geschichtslehrer oder der Forscher der Historie und niemand besitzt eine größere Verantwortung als der Historiograf, der „Geschichtsschreiber", denn er beeinflusst mit seinen Erkenntnissen möglicherweise viele Generationen.

    Geschichte klärt auf. Plötzlich erkennt man, warum Dinge und Verhältnisse, denen wir heute in der Gegenwart begegnen, so sind wie sie sind – sie sind üblicherweise auf einem historischen Boden gewachsen und leichter zu begreifen, wenn man die Vergangenheit kennt. Geschichte, das ist der Boden, auf dem wir alle ruhen, ob wir wollen oder nicht. Aber es kommt wie gesagt auf die Auswertung und Bewertung der Fakten und Ereignisse an, denn nichts lässt sich leichter manipulieren als Geschehnisse von gestern. 

    Der Historiograf ist deshalb verpflichtet, so objektiv und neutral wie möglich zu berichten und darüber hinaus intelligente Schlüsse aus dem Datenmaterial zu ziehen, denn wenn Fakten nur aneinandergereiht werden wie Perlen auf einer Perlenschnur, ohne dass man zu konkreten, handfesten und eindeutigen Ergebnissen kommt, taugt Geschichte nichts. Wertet man indes „richtig" aus, dann wird das Fach Geschichte auf einmal zum wichtigsten Wissensgebiet, das man sich vorstellen kann. 

    Geschichte steigt in diesem Fall zur Königin aller Wissenschaften auf und nichts wird den Schüler, den Studenten, den Lehrer und den Wissbegierigen plötzlich mehr interessieren als die Historie. Er wird unversehens fiebern vor Begierde, „noch mehr zu erfahren und die „ganze Wahrheit, denn nichts ist so befriedigend wie der Wahrheit vollständig auf die Spur zu kommen! Treten wir umgehend den Beweis an. Und untersuchen wir also einmal die „Geschichte Deutschlands, aber auf eine andere Art und Weise, als es bisher getan wurde. Fragen wir uns als Erstes, was das Wort „deutsch eigentlich bedeutet:

    Was verbirgt sich konkret hinter diesem Begriff, den wir scheinbar alle kennen? Ha! Wir kennen ihn eben nicht!

    DAS DEUTSCHE AN DEN DEUTSCHEN oder WAS IST DAS EIGENTLICH: „DEUTSCH"?

    Untersuchen wir also wie angekündigt als Erstes diesen geheimnisvollen Begriff „deutsch selbst! Welche Eigenschaften unseres Volkes bezeichnet man als „typisch deutsch? Nun, tatsächlich kann man unter diesem Wort sehr viel verstehen. Mit dem Ausdruck „Deutschland kann eine genaue geografische Lage ebenso bezeichnet werden wie der „deutsche Staat heute, der sich durch eine bestimmte Regierungsform auszeichnet. 

    Es gibt mit anderen Worten geografische Definitionen „Deutschlands, dessen Grenzen sich nebenbei bemerkt im Laufe der Jahrhunderte ständig verändert haben, und Definitionen, die mit der Art der Verwaltung und dem politischen Glaubensbekenntnis zu tun haben. Aber was, verflixt, ist eigentlich „deutsch

    Nun, es ist immer intellektuell gefährlich, eine Nation auf bestimmte Eigenschaften reduzieren zu wollen, und zwar nicht nur, weil dies im Falle der Deutschen so elend missbraucht worden ist, sondern auch und vor allem, weil Verallgemeinerungen nie stimmen. Das trifft auch auf „den Spanier etwa zu, der ach so stolz auf seine spanische Identität ist und der trotzdem, bei genauem Hinsehen, ein Mischmasch aus Ligurern (= Ureinwohnern aus Italien), Kelten (aus Frankreich), Iberern und Karthagern (aus Nordafrika) und Juden (aus aller Welt) ist. Griechen, Römer, Araber, Germanen und Juden formten also ehemals „den Spanier.

    Es tut uns leid, aber es gibt „den Spanier im Grunde genommen nicht! Wie ist es nun um uns selbst bestellt? Auch „der Deutsche ist historisch gesehen ein Mischling: Man müsste zunächst all die germanischen Stämme aufzählen, dann den Einfluss Roms in Rechnung stellen und schließlich sogar viele östliche Nachbarn einbeziehen, wenn man der Herkunft der „Deutschen" wirklich gerecht werden will. 

    Weiter gab es später Tropfen von französischem, englischem und jüdischem Blut, die sich mit dem „deutschen Blut vermischten. Auch hier gilt also: „Den Deutschen gibt es nicht, er ist nicht „reinrassig", er ist aus verschiedenen Völkern und Stämmen zusammengepanscht. Nachdem wir also gesagt haben, warum man den Deutschen nicht beschreiben kann, versuchen wir es trotzdem. 

    Als Erstes muss man die alten Germanen in den Zeugenstand rufen, wenn man die Deutschen beschreiben will. Vor allem ihr Götterhimmel ist von Bedeutung, denn nichts verrät über ein Volk so viel wie seine Religion, der es anhängt! Der Germane war ein furchtloser Krieger, ein starker, zäher, mitunter brutaler, aber auch treuer Geselle, für den die höchste Ehre darin bestand, im Kampf zu fallen, um in Walhalla einzugehen, einem mythischen Aufenthaltsort. 

    Wala bedeutet tot, an hala erinnert noch heute das Wort Halle. „Der Ort der Toten, „der Aufenthaltsort/ die Halle der Toten bedeutet Walhalla mithin. Der Germane liebte den Krieg, die Schlacht, die Beute, in voller Rüstung durch einen reißenden Fluss zu schwimmen galt ihm als Zeichen der Stärke. Er war ausdauernd und mutig ohnegleichen, selbst die tapferen Römer, die immerhin über tausend Jahre lang ein Weltreich regierten, fürchteten die Germanen. 

    Die Götter der Germanen waren wie sie selbst: bärbeißige, kraftvolle, zornige Gestalten, die den Hammer werfen konnten; man verachtete den, der im Bett starb. Der Germane besaß einen Ehrenkodex, der ohne Vergleich ist, denn er achtete die persönliche Ehre höher als das eigene Leben, ein Luxus, den sich heute nur wenige gönnen. 

    DER URSPRUNG DES WORTES „DEUTSCH" UND DIE ANFÄNGE

    Wir wollen an dieser Stelle noch nicht den Beginn „Deutschlands nachzeichnen, wir werden das später nachholen. Zunächst geht es uns nur um den Begriff „deutsch. Als sich etwa ab dem 8. Jahrhundert n. Chr. auf einmal verschiedene „deutsche Länder zu bilden begannen, wurde das Wort „deutsch zunächst gebraucht, um den Gegensatz zum Latein, der Sprache der Gelehrten also, auszudrücken. „Deutsch hieß sehr viel früher „diutisk

    „Diot bedeutete Volk. „Volkssprache bedeutete also eigentlich das Wort „deutsch, und noch heute gibt es diesen Bezug. Indem man deutsch sprach, konnte man sich dem Volke verständlich machen. Das Verb deuten will noch heute sagen, wie man etwas zu verstehen hat. So bedeutete „deutsch mit jemandem zu reden, offen und verständlich zu reden, „ohne Umschweife und Hintergedanken, geradeheraus und deutlich seine Meinung, die ungeschminkte Wahrheit sagen, wie der Sprachwissenschaftler Lutz Röhrich feststellte1. „Lingua theodisca bedeutete also einst frei übersetzt deutliche oder gut verständliche (Volks-)Sprache.

    Im 15. Jahrhundert sprach man auch von tütsch oder teutsch (= deutsch), während das englische Wort dutch später die niederländische Sprache (eigentlich nieder-deutsch) bezeichnete. Das Klare, das Offene, das Ehrliche, aber auch das Grobe, die Faust, das Derbe, all das war „deutsch. „Undeutsch bedeutete schon bei Luther (1483 - 1546) „unverständlich und so begann das Wort „deutsch schließlich eine Positivvokabel zu werden. 

    Spätestens mit dem urwüchsigen, kraftvollen Mönch aus Wittenberg (Thüringen), der die Bibel ins Deutsche übersetzte und eine Revolution damit auslöste, trat die deutsche Sprache einen unvergleichlichen Siegeszug an. Sie wurde hoffähig, man wurde unabhängig von den Furzköpfen in Rom, womit Luther respektlos auf den Papst deutete. Das „Frühneuhochdeutsche" entstand mit Luther. 

    Das Althochdeutsche (Beginn der schriftlichen Überlieferung von ca. 810 bis 1100) und das Mittelhochdeutsche (ca. 1100 bis 1500) hatten den Weg vorbereitet, mit dem Hildebrandlied (einem Heldenlied) und mit Poeten wie Walther von der Vogelweide, Hartmann von der Aue und Wolfram von Eschenbach, allesamt heute weitgehend vergessene „deutsche" Dichter, aber erst Luther setzte dem Ganzen die Krone auf, denn niemand war sprachschöpferisch so begabt und rührig wie der Wittenberger. 

    Deutsch wurde ein Markenzeichen. Wie aber sahen andere Völker die Deutschen in dieser Zeit? Nun, es ist immer klug, ausländische Wissenschaftler zu befragen, wenn man Nabelschau hält, denn sie sind im Allgemeinen sehr viel neutraler. Will Durant, der vielleicht renommierteste Historiker der Vereinigten Staaten, beschreibt „die Deutschen" um die Zeit Luthers so: 

    „Man geht wohl nicht fehl, wenn man die Deutschen als das gesündeste, vitalste und kraftstrotzendste Volk im damaligen Europa bezeichnet. Wolgemut und Dürer, Cranach und Holbein [allesamt Maler] zeigen sie uns als muskelstarke, stiernackige Männer mit runden Schädeln, die, mit Löwenherzen ausgestattet, bereit scheinen, die Welt zu verschlingen und mit Bier hinunterzuspülen. 

    Wie die schrecklichen Folterinstrumente aus jener Zeit beweisen, konnten sie grausam sein; sie waren aber auch gutmütig und großherzig und gaben ihrem religiösen Fanatismus nur selten blutigen Ausdruck; die Inquisition war verpönt und wurde im Allgemeinen nicht geduldet. Ein derbes, aber fröhliches Volk, erlaubten sie es ihrer Sinnlichkeit, allzu herbe Formen der Frömmigkeit zu mildern; ihr eher robuster Geist neigte mehr zu handgreiflichem Schabernack als zu trockenem Witz; er nahm der Logik den Stachel, der Schönheit den Schmelz und ließ weder das Raffinement der Franzosen noch die Eleganz der Italiener aufkommen. 

    Ihre magere Renaissance blieb im Bibelstudium stecken; andererseits war ihr Denken von einer solchen Emsigkeit, gradlinigen Hartnäckigkeit und Robustheit, dass es sie in den Stand setzte, den Bruch mit Rom zu vollziehen und – später – die größten Wissenschaftler in der Geschichte hervorzubringen."2

    Gleichzeitig waren die Deutschen künstlerisch hochbegabt. Im 15., 16. und 17. Jahrhundert wurden sie regelrecht hofiert. Deutsche Holzschnitzer, Goldschmiede, Gießer, Maler, Bildhauer, Baumeister, Architekten, Kupferstecher und Steinmetze waren überall in Europa gefragt - von Albrecht Dürer, dem großen Meister des Pinsels, ganz zu schweigen. Trotzdem existierte noch kein einheitliches „Deutschland", so wie wir es heute kennen. 

    Lediglich die „deutsche Sprache und die „deutsche Kultur bildeten ein gemeinsames Band. Es gab vor einigen Jahrhunderten also ehemals mehr als 300 unabhängige „deutsche" Staaten. Jeder dieser Kleinstaaten besaß seinen eigenen Bischof, Abt, Fürsten, Grafen oder König, fast jeder seine eigene Armee, seine eigene Münzprägung und die Bürger oft ihre eigene typische Kleidung. 

    Nur die Sprache, die Musik und die Kunst waren gleich, waren „deutsch. Viele Fürstentümer (z. B. Würzburg, Mainz, Köln) wurden von Bischöfen oder Äbten geleitet, daneben gab es zahlreiche freie Reichsstädte (wie Frankfurt, Hamburg, Bremen oder Nürnberg), die Vielfalt war erstaunlich. Trotz dieser Vielfalt war die Ausbildung in „deutschen Landen ausgezeichnet, allen voran in Preußen. 

    Wenn man von den zahlreichen Ohrfeigen absieht – ein Lehrer berichtete, dass er im Laufe seines Lebens 1.115.800 Ohrfeigen austeilte! –, brauchte man den Vergleich mit anderen Ländern nicht zu scheuen. Die Betonung der Ausbildung und Bildung im 18. Jahrhundert führte schließlich zu einem unendlichen Aufschwung. 

    Eine relative Freiheit brachte Ideen, Ideen brachten Wohlstand und Wohlstand ließ die Künste blühen. Damit war der Boden für Goethe und Schiller und die Goldene Zeit der deutschen Philosophie vorbereitet. Doch „deutsch war auch die sprichwörtliche Sauberkeit. Nirgendwo gab es damals so viele Badestuben in Europa wie in deutschen Landen. „Deutsch war weiter die unendliche Liebe zur Musik. Überall in Deutschland sang man und fast jeder Deutsche spielte in dieser Zeit ein Instrument. „Deutsch" waren Händel und Haydn, Bach und Beethoven, und selbstverständlich Mozart, der bis heute als der weltbeste Komponist gefeiert wird. Parallel dazu begann die Wirtschaftskraft der Deutschen auf einmal unendlich zu erstarken.

    FRIEDRICH WILHELM I.

    Es ist richtig: Schon vorher gab es eine Periode relativer Stabilität. Handel und Gewerbe waren ermutigt und eine verhältnismäßig große Liberalität gegenüber ausländischen Unternehmern an den Tag gelegt worden. Die preußische Beamten- und Verwaltungseffizienz war legendär. Aber erst im 18. Jahrhundert begann der sagenhafte Aufstieg. Die Gründe für den Erfolg: Die unnachgiebige Förderung der Wirtschaft, die religiöse Toleranz und der Faktor Law and Order, sprich Recht und Ordnung, wurden großgeschrieben.

    Friedrich Wilhelm I. (1688 – 1740, der erste König von Preußen) leitete wichtige Reformen ein, die von seinem Sohn später fortgeführt werden sollten. Zunächst achtete er auf die alten deutschen Tugenden: Fleiß und Sparsamkeit wurden besonders gefördert. Tatsächlich bestrafte er herumlungernde Landstreicher, während er auf der anderen Seite Manufakturen, Industrie und Handel in ungeahntem Maße förderte. 1722 führte er den Schulzwang ein. 1750, urteilen Historiker, war Preußen ganz Europa, was die Schulbildung anbelangte, weit überlegen. Besonders die religiöse Toleranz war ein Pluspunkt: 

    Friedrich Wilhelm I. erkannte so klar wie kein anderer, dass religiöse Intoleranz ein Hindernis für den Staat ist. So gestattete er seinem Volk, lutherisch zu bleiben, während er selbst einem anderen Bekenntnis anhing. Katholiken und Juden gewährte er Religionsfreiheit, weiter allen möglichen anderen Glaubensbekenntnissen. Darüber hinaus förderte er das geistige Leben. Schließlich wurden unter seiner strengen Hand Wirtschafts- und Verwaltungsreformen inszeniert. Friedrich Wilhelm I. sorgte dafür, dass die Ackerbaumethoden verbessert wurden und der Handel wieder in Schwung kam. Es entwickelten sich neue Industrien auf deutschem Boden (wie die Seidenindustrie). Der große Preuße sorgte bemerkenswerterweise aber auch für die Natur. So erließ er einen Erlass, wonach jeder Bauer vor seiner Hochzeit zwölf Bäume pflanzen müsse. Aber es sollte noch besser kommen.

    DEUTSCHLAND NACH 1800

    Nach Meinung vieler Geschichtswissenschaftler, beispielsweise des Historikers Heinrich Treitschke, hatte Deutschland seine glänzendste Zeit um und nach 1800. Diese Beurteilung rührt zum Teil daher, weil in dieser Zeit wirklich bedeutende Geister auf deutschem Boden lebten. Wir müssen auf Goethe und Schiller verweisen, die von England bis Italien bekannt waren. Wir müssen die berühmten Philosophen Kant, Fichte, Schelling und Hegel nennen, die von Russland bis Frankreich gelesen wurden, und wir dürfen noch einmal auf Haydn, Mozart und Beethoven stolz sein, die die gesamte (musikalische) Welt eroberten. 

    Wie war eine solche Blüte möglich? Eine Antwort ist sicherlich, dass damals zahlreiche (deutsche) Staaten existierten. Durch diese Vielfalt war eine gewisse politische Freiheit gegeben, nicht alles wurde zentralisiert entschieden. Kulturelle Eigenarten konnten gepflegt werden. Diese vielen kleinen deutschen Staaten besaßen zwar den Nachteil, dass sie politisch nicht sehr stark waren - was man daran erkennen kann, dass Napoleon sie später im Handstreich nahm -, aber dafür machte die Geisteswelt Quantensprünge.

    Fichte, der große Denker, rief auf, gegen die Herrschaft des Adels mobil zu machen, weiter rief er dazu auf, endlich Denkfreiheit zu gewähren. Er plädierte ferner dafür, sich nicht unterdrücken zu lassen und verneinte, dass der Mensch jemandes Eigentum sei. Darüber hinaus machten sich auch andere Philosophen um eine bessere Staatsform Gedanken. Eine interessante Zusammenballung von großen Geistern lebte jedenfalls damals auf diesem Fleckchen, das wir bereits „Deutschland" nennen wollen, obwohl es aus zahlreichen Kleinstaaten bestand. 

    Viele individuelle Selbstverwaltungen ermöglichten eine relative Unabhängigkeit der Entwicklung, die bemerkenswert war. In der Folge ging es Schritt für Schritt mit Siebenmeilenstiefeln voran. Die Gründe: ein enorm hoher Ausbildungsstandard, technische und industrielle Fortschritte und ein unvergleichliches Universitätswesen mit wissenschaftlichen Einrichtungen, Laboratorien und Forschungsinstituten. 

    Deutschland wurde laut übereinstimmenden Aussagen internationaler Historiker zur wichtigsten Macht auf dem europäischen Kontinent. Deutsche Ingenieure und Wissenschaftler gerieten zu den besten der Welt. Parallel dazu expandierte die Wirtschaft. Das Wirtschaftswachstum in diesem Zeitraum kann nur als explosiv bezeichnet werden. Mit diesem korrespondierte eine wachsende Bevölkerung, die ebenfalls explosionsartig anstieg. 49 Millionen Deutsche sah schon das Jahr 1890. 

    Dabei war, wie schon erwähnt, das Bildungsniveau einmalig auf der Welt. Auf 1000 Einwohner gab es nur einen einzigen Analphabeten! Der resultierende hohe Wissenstand kam allen zugute, auch etwa der Landwirtschaft. Tatsächlich war die Expansion auf vielen Gebieten atemnehmend: 89 Millionen Tonnen Kohle wurden 1890 gefördert – 227 Millionen Tonnen im Jahre 1914! 

    Der Zuwachs auf dem Stahlsektor war noch spektakulärer: 17,6 Millionen Tonnen gab es im Jahre 1914, mehr als der Großbritanniens, Frankreichs und Russlands zusammengenommen. Neue Industrien schossen wie Pilze aus dem Boden. Die optische Industrie, die technische Industrie und die Elektroindustrie schufen Meilensteine des Fortschritts, aber auch Wissenschaft, Literatur und Kunst blühten.

    MILITARISMUS

    „Deutsch war aber leider auch Friedrich der Große (1712 – 1786), der allzu viele Kriege führte und erst recht Bismarck (1815 – 1898), der alte Kriegshetzer und Kriegstreiber, der „Deutschland schuf, mit „Blut und Eisen, indem er der Kleinstaaterei ein Ende bereitete. Mit einer gewissen logischen, halblogischen Konsequenz schlitterte „Deutschland von Bismarck über einen nicht sehr intelligenten deutschen Kaiser Wilhelm II. (1848 – 1921) in den Ersten Weltkrieg (1914 - 1918) hinein und stolperte von dort in den Zweiten Weltkrieg (1939 – 1945). 

    Halten wir nur so viel fest, dass die Vokabel „deutsch leider auch einen gewissen Militarismus und Untertanengeist beinhaltet, der von dem Schriftsteller Heinrich Mann so genau beschrieben wurde, und eine Anfälligkeit für „große Führer. Aber eines Tages wendete sich das Blatt schließlich wieder.

    DEUTSCHLAND NACH 1945

    Deutschland – genauer gesagt der westliche Teil Deutschlands – nahm nach 1945 erneut einen unglaublichen wirtschaftlichen Aufschwung, den Gegner wie Freunde nur mit ungläubigen Augen verfolgen konnten. Binnen Kurzem zählte die „Bundesrepublik Deutschland" wieder zu den wichtigsten Mächten auf diesem Planeten. Deutsche Ingenieure und deutsche Wissenschaft wurden in einigen Disziplinen erneut weltweit führend. 

    Das flächenmäßig kleine Land im Herzen Europas brachte am laufenden Band blitzgescheite Köpfe hervor. Nahezu in jedem Fachgebiet und jeder Wissenschaft ließ sich schließlich ein berühmter Name deutscher Herkunft finden. Die Industrie besaß bald schon wieder Weltbedeutung, denken wir nur an die elektronische Industrie. Deutsche Autos galten ohnehin schon immer als die planetenweit besten Autos. 

    Die größten Genies des Automobils, wie Carl Benz, Gottlieb Daimler, Nikolaus August Otto oder Ferdinand Porsche, hatten der Welt auf die Räder geholfen und den Grundstein für eine Industrie gelegt, die nach 1945 jeden siebten Erwerbstätigen im Lande direkt oder indirekt ernährte. Der Export boomte. Die Statistiken schrieben eine fast ungebrochene Erfolgsgeschichte. Zwischen 1948 und 1952 stieg die deutsche Industrieproduktion um 110 Prozent und das reale Bruttoinlandsprodukt um 67 Prozent, recherchierte der Historiker Paul Kennedy3. 

    Die Stahlproduktion, 1946 praktisch nicht existent, entwickelte sich mit über 34 Millionen Tonnen im Jahre 1960 zur größten Europas. Aber auch die „Deutsche Demokratische Republik" sollte nicht unerwähnt bleiben, der östliche Teil Deutschlands, wo man in wirtschaftlicher Hinsicht ebenfalls vieles auf die Beine stellte. Auch das war deutsch! 

    WIEDERVEREINIGUNG

    Als der Kommunismus weltweit an Einfluss verlor und das Sowjetreich auseinanderfiel, wurde ein neues Kapitel in der Geschichte Deutschlands aufgeschlagen. Im Jahre 1990 wuchs zusammen, was zusammengehört. „Wessis und „Ossis mussten voneinander lernen, der Prozess ist immer noch nicht abgeschlossen. Was aber ist heute „deutsch"?

    DIE DEUTSCHEN HEUTE

    Da es immer problematisch ist, Nabelschau zu halten, hört man am besten anderen zu, wie sie über „die Deutschen" urteilen. Vor allem die Länder im Süden und Osten (Italiener, Spanier, Türken und so fort) charakterisieren Deutsche als besonders fleißig und ordnungsliebend. 

    Sie loben deutsche Tugenden wie Strebsamkeit, Ausdauer und Fleiß. Sie sprechen von der Zuverlässigkeit der Deutschen und ihrer Pünktlichkeit und gestehen, dass kein anderes Volk in administrativen und verwaltungstechnischen Angelegenheit so begabt ist. In den USA sind die Deutschen ebenfalls als harte Arbeiter bekannt. Tugenden wie Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit werden ihnen zugeschrieben, aber auch Erfindungsreichtum und Intelligenz: 

    Viele deutsche Wissenschaftler wanderten ehemals in die USA ein. Die Franzosen urteilen ähnlich positiv, wenn sie es selbst auch ungleich besser verstehen, die angenehmen Seiten des Lebens zu genießen und das savoir vivre (= wissen, wie man fröhlich lebt) zu einer eigenen Kunstform erhoben haben. In England mischt sich die unterschwellige Angst vor der deutschen Wirtschaftsmacht mit Respekt, wenn man auch so selbstsicher ist, von allem, was jenseits der britischen Insel liegt, etwas hochnäsig vom „Continent" zu sprechen, womit jedoch auch auf Frankreich und andere Länder gezielt wird. 

    Die Japaner beneiden die Deutschen um Goethe und Schiller und kommen bis heute zehntausend Meilen weit geflogen, um das Goethe-Museum in Frankfurt zu besuchen. 

    Die größten Musiker der Welt verbeugen sich nach wie vor vor Bach, Beethoven und Mozart, die deutsche Klassik ist international. Alle hoch entwickelten Staaten beneiden die Deutschen, weil sie immer noch die besten Autos der Welt bauen, und wenn auch deutsch manchmal mit laut und übertrieben gleichgesetzt wird (wie in Dänemark etwa), wenn auch der Deutsche das Bild des Vierschrötigen im lateinamerikanischen Raum hervorruft (aleman quadrado, der Quadratschädel), wenn auch die Polen auf die Kartoflarz, die Kartoffeln essenden Deutschen verweisen und die Russen uns Wurstfresser nennen oder die Amis Krauts (von Sauerkraut), so zollt man nilly-willy, nolens volens, ob man will oder nicht, doch auch dem deutschen Genie und dem deutschen Fleiß überall Respekt. 

    Ein verhältnismäßig kleines Land, ein Mückenschiss auf dem Globus, war imstande, eine solche Wirkung auf den gesamten Planeten auszuüben! Nur die Deutschen waren vermessen genug, es mit der ganzen Welt aufzunehmen, zu verlieren und wieder auf die Beine zu kommen! All das ist also deutsch. Deutsch ist das Kämpferische, deutsch ist diese Elite von Erfindern, Tüftlern, Wissenschaftlern und Ingenieuren. Deutsche waren und sind ein Volk von Dichtern und Denkern, von Musikern und Malern, das Qualitätssiegel „Made in Germany existiert noch immer. Aber wie gelang es den „Deutschen (genauer gesagt: bestimmten germanischen Stämmen) eigentlich, einst die Weltmacht Rom geradezu beiseitezufegen und mit den Franzosen zusammen zur stärksten Macht auf dem europäischen Kontinent aufzusteigen? Beginnen wir also unsere Geschichte Deutschlands!

    I. DIE ANFÄNGE UND DAS MITTELALTER

    1. DER UNTERGANG ROMS UND DER AUFSTIEG DER GERMANEN

    Nichts ist aufregender und spannender, als die Gründe für den Untergang eines Reiches auszumachen – versorgen uns solche Informationen doch mit Daten, die man unmittelbar auf die Gegenwart anwenden kann! Wenn man mit unumstößlicher Gewissheit weiß, wie Staaten untergehen, kann man aus dem Umkehrschluss wertvolle Informationen gewinnen, wie ein Land ohne Wenn und Aber nach „oben" geführt werden kann.

    Genau diese Informationen werden in dieser Buchserie zur Verfügung gestellt! Bevor wir jedoch die Erfahrungen von eintausend Jahren Geschichte zusammenballen und die Erkenntnisse niederlegen, warum einst das übermächtige Weltreich der Römer von der Landkarte verschwand, müssen wir erst etwas „Butter bei die Fische" tun und kurz erzählen, was überhaupt geschah.

    DIE GERMANISCHEN STÄMME

    Betrachten wir zunächst die verschiedenen germanischen Stämme, die zusammenfassend als die Germanen bezeichnet wurden, und die im kalten Norden neiderfüllt auf das südliche, fruchtbare, warme Italien blickten. Ger bedeutet „Speer, in dem Wort manen steckt das Wort „Mannen. Lange Zeit glaubte man, Germane bedeutet einfach der „Speer tragende Mann", aber die Sprachwissenschaftler haben sich inzwischen darauf verständigt, dass die Herkunft von dem lateinischen Wort germanus (= echt, wahr) wahrscheinlicher ist. 

    Ein „Germane war danach ein „echter Mann, was wohl auf die kriegerischen Fähigkeiten hindeutete. Aber es gibt auch ein paar andere Theorien, die wir allerdings zu unserer und unserer Leser Erleichterung nicht alle wiedergeben müssen. Nun kann man sich ein paar Jahre lang gut damit beschäftigt halten, die verschiedenen germanischen Stämme aufzuzählen, was aber wenig der Erkenntnis dient. Immerhin zu diesem Gebiet so viel:

    1) Zu den sogenannten „Nordseegermanen zählten etwa die Angeln und die Sachsen. Aus dem Begriff „Angeln entwickelte sich später der Begriff der „Engländer, obwohl ursprünglich ein Gebiet im heutigen Schleswig-Holstein bei der Namensgebung Pate stand – ein Landstrich, der „Angeln hieß. Die Sachsen wurden nach ihrem beliebten Hiebmesser benannt, das „Sax" hieß – womit erneut auf eine kriegerische Qualität gedeutet wurde.

    2) Zu den sogenannten „Rhein-Weser-Germanen zählten mindestens zwölf Stämme, so etwa die Chatten, aus deren Namen sich im Laufe der Jahrhunderte der Begriff „Hessen entwickelte (und zwar so: Chatten, Hatti, Hazzi, Hassi, Hessi, Hessen). Aus diesen Stämmen gingen später die Franken hervor, die uns noch beschäftigt halten werden, weil sie eine unglaubliche Expansion einleiteten. Das Wort frank bedeutet „frei oder „kühn.

    3) Die Sueben bildeten eine eigene Kategorie unter den Germanen, ein Wort, aus dem sich später der Begriff „Schwaben entwickelte. Zu den Sueben zählten etwa die Markomannen (marko = Pferde), die Männer auf Pferden also oder die Langobarden, ein Ausdruck, der fälschlicherweise mit „Langbärte übersetzt wurde, was indessen unrichtig ist, wie man inzwischen weiß. Was der Begriff tatsächlich bedeutet? Nun, wir können hier nur den Komödiendichter Karl Valentin zitieren, der das so ausdrückte: „Nichts Genaues weiß man nicht!"

    4) Aus den „Nordgermanen" entwickelten sich später die Dänen, Schweden und Norweger, und zu 

    5) den Germanen, die rund um die Oder und Warthe siedelten, zählten die Burgunder oder Vandalen beispielsweise. Aus dem Wort „Vandale leitete sich später der Begriff „Vandalismus her, was so viel wie „blinde Zerstörungswut" bedeutet, denn die Vandalen sollten es sein, die im Jahre 455 Rom zerstörten und plünderten.

    6) Schließlich sollte man noch die Goten erwähnen, ein ostgermanisches Volk, das den Römern ebenfalls heftig zusetzte und die Bajuwaren, aus denen sich später der Begriff Bayern entwickelte, ein Volksstamm, der nicht nur germanischen Ursprungs ist, sondern auch anderes „Blut" enthält. Die Bajuwaren, das waren die Männer aus Baia, womit auf Böhmen gedeutet wurde. Tacitus, der große römische Historiker, beschrieb die Germanen seiner Zeit so:

    „Ich selbst trete deren Meinung bei, die glauben, dass die Völkerschaften Germaniens, ohne je durch eheliche Verbindungen mit anderen Stämmen fremdartige Bestandteile in sich aufgenommen zu haben, ein eigenständiges, reines, nur sich selbst ähnliches Volk geworden sind. Daher ist auch die Körperbeschaffenheit trotz der großen Menschenzahl bei allen die gleiche: blaue Augen mit wildem Ausdruck, rötliches Haar, hoch gewachsene und nur für den Angriff starke Leiber…An Kälte und Hunger haben sie sich infolge Klima oder Boden gewöhnt …"4

    DER KAMPF UM DIE MACHT

    Nun darf man sich den Fall Roms nicht so vorstellen, dass eine einzige Schlacht zwischen den Germanen und Römern geschlagen wurde – und danach verschwanden die Römer sozusagen sang- und klanglos von der Bildfläche. Nahezu all diese obengenannten Stämme – und noch sehr viele mehr – beteiligten sich am „Fall Roms", der sich über viele Jahrhunderte hinzog. Es gab zahlreiche Schlachten, wobei man hinzufügen muss, dass das Römische Weltreich auch von anderen Völkern bedrängt wurde: von den Hunnen beispielsweise, einem mittelasiatischen Reitervolk, das den Römern ebenfalls wie eine Geißel Gottes erschien. 

    Aber es waren vor allem die Germanen, die wieder und wieder gegen Rom und seine Grenzen vorstießen, sie rollten in verschiedenen Wellenbewegungen an, immer wieder und wieder, bis der Fels in der Brandung, das Römische Reich, zermürbt und ausgehöhlt war. 

    Anfänglich hatten die klugen Römer, die vielleicht gescheitesten Köpfe in Sachen Regierungskunst, noch versucht, die Germanen zu integrieren. Man darf nie vergessen, dass die Römer den Germanen ursprünglich haushoch überlegen waren – hinsichtlich militärischer Taktik, in Sachen Kultur und Kunst, ja, in fast allen zivilisatorischen Belangen, und in puncto politischem Genie sowieso. Cäsar noch hatte versucht, die verschiedenen germanischen Stämme gegeneinander auszuspielen, aber diese Zeiten waren unwiederbringlich vorbei. 

    Klügere römische Kaiser hatten ihr Heil darin gesucht, die gefährlichen Germanen von den Vorzügen des Römischen Weltreichs zu überzeugen – es war wohlgeordnet, versprach Sicherheit und ließ andere an seinem Reichtum unter gewissen Bedingungen teilhaben. Germanen dienten inzwischen sogar in den römischen Legionen oder waren in den Grenzgebieten angesiedelt worden. Bevor der römische Koloss fiel, hatten einige Germanen sogar hohe römische Ämter inne, ha, die Römer waren ein gerissenes Volk!

    Aber das Römische Reich war riesig: Es reichte auf der Landkarte bis hinauf zum heutigen England, hinunter über weite Teile des heutigen Frankreichs und Deutschlands, bis ganz hinunter zu Spanien und Teilen Nordafrikas. Es war schier unvorstellbar, wie die Römer dieses gigantische Reich überhaupt je geschaffen und kontrolliert hatten. Doch eines Tages wendete sich das Blatt. 

    Mit dem Einfall der Hunnen im Jahre 375 n. Chr. setzte zeitgleich die Völkerwanderung ein: Die Germanen bewegten sich in Richtung des reicheren, wärmeren Südens, in Richtung Italien, wo die Sonne jeden Tag schien und die Götter scheinbar ein Paradies geschaffen hatten. Die Goten, die Burgunder, die Angeln, die Sachsen, die Vandalen, die Sueben, die Langobarden, die Franken – alle, alle setzten sich in Bewegung. Die Hunnen gaben gewissermaßen das Signal, ein Volk, das ein zeitgenössischer Historiker so beschrieb: 

    „Von „schrecklichem, schwärzlichem Ansehen … [das Gesicht] gewissermaßen ein abscheulicher Klumpen … und eher Punkte [darin] als Augen."

    Fest steht, die Hunnen waren außergewöhnlich gute Reiter und Bogenschützen, die selbst in vollem Galopp nach hinten schießen konnten und als Erste über stabile Sättel mit Steigbügeln verfügten. Sie besiegten einen Teil der Goten, woraufhin sich einige Gotenstämme den Hunnen anschlossen, denn es winkte fette Beute – in Italien und Rom gab es Schätze, Gold und Weiber! 

    Eine Weile wogte der Kampf zwischen dem Römischen Reich und den Hunnen/Germanen hin her: Raffinierte römische Kaiser spielten ein letztes Mal die Germanenstämme gegeneinander aus und warfen sie den angreifenden Hunnen entgegen. Manchmal kauften und bestachen sie auch germanische Heerführer, wandten sich dann aber von dem Schauplatz des Geschehens wieder ab und ihrem Wein, den Mätressen und dem verweichlichten Luxusleben zu. 

    Rom vergnügte sich, als die Welt unterging, es starb und lachte dabei, urteilte ein zeitgenössischer Kritiker. Die Hunnen versetzten Rom eine geraume Zeit in Schrecken, aber sie eroberten die ewige Stadt zunächst nicht. Nach den Hunnen ergoss sich jedoch die nächste Sturmflut über Rom. Alarich, der König der Westgoten, erpresste im Jahre 410 von den Römern 5000 Pfund Gold und 30.000 Pfund Silber – wofür er im Gegenzug versprach, die Stadt zu verschonen. 

    Aber ein Sklave öffnete ihm dennoch heimlich des Nachts die Tore Roms, denn zahllose Sklaven waren zu den Angreifern übergelaufen. Sklaven und Goten schändeten nun römische Frauen, mordeten die Reichen, metzelten alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellte und machten Tausende von Gefangenen. Als die Goten davonzogen, machte Rom mit seinem Lotterleben weiter, als wäre nichts geschehen.

    Wenig später wanderten die Vandalen über Spanien nach Afrika, wo sie sich unter anderem mit einer christlichen Sekte verbündeten, die bitter von den Priestern in Rom verfolgt wurde. Die Vandalen nahmen als Erstes das reiche Karthago ein, die Kornkammer Roms, womit das Weltreich auf einmal von ihnen abhängig wurde.

    Trotzdem fuhr Rom fort, zu tanzen und zu lachen. Die Vandalen, mit ihrem Führer Geiserich an der Spitze, stachen deshalb eines Tages in See, marschierten direkt nach Rom und nahmen im Jahre 455 geradezu im Handumdrehen die ewige Stadt ein. Die Plünderung war diesmal unbeschreiblich. Edelmetalle, Schmuck, heilige Gerätschaften – alles, alles wurde geraubt. Wieder floss das Blut in Strömen. Rom ging also langsam unter, Stück für Stück.

    In den letzten Tagen Roms herrschte das Chaos. Germanen versuchten, ihre Führer zu Königen auszurufen, aber die alten Römer protestierten. Doch es handelte sich nur noch um den letzten röchelnden Aufschrei eines sterbenden alten Mannes. Gleichzeitig wurde Rom von weiteren Wellen von Plünderern und Eroberern überschwemmt. Die Germanisierung der (ursprünglich römischen) Armee brachte es mit sich, dass schlussendlich Germanen die wahren Herrscher Italiens waren, nicht mehr Römer. 

    Geiserich befand sich im Besitz Afrikas, die Angeln und Sachsen hatten Britannien erobert und die Franken Gallien, das heutige Frankreich. Überall, überall herrschten die Germanen, so weit das Auge reichte. Das riesige Römische Reich existierte schließlich nicht mehr. Und so starb Rom, das alte Rom, das einst die Welt beherrscht hatte. Aber auf der anderen Seite begann eine neue Zeit und eine neue Zivilisation erstand aus Schutt und Asche. Der ewige Zyklus der Geschichte besteht immer aus Tod und Wiedergeburt.

    WARUM ROM UNTERGING

    Auch das scheinbar „ewige Rom", das immerhin ein rundes Jahrtausend Bestand hatte (6. Jahrhundert v. Chr. bis 5. Jahrhundert n. Chr.) und Weltmacht Nummer eins war, ging also eines Tages unter. Aber was waren die wirklichen Gründe dafür, nicht nur die äußerlichen Ursachen, die wir gerade beschrieben haben? Warum also verschwand das Römische Weltreich von der Landkarte? 

    Fassen wir wie versprochen nun die Erkenntnisse von 1000 Jahren Geschichte zusammen und nehmen wir dazu den Gesichtspunkt Roms und der Römer ein. Fragen wir zunächst: Was zeichnete Rom eigentlich aus? Oh, die Römer hatten eine Zivilisation entwickelt, die jeder anderen vorangegangenen Zivilisation weit überlegen war! Speziell in Sachen Regierungskunst hatten sie fantastische Höhen erklommen.

    Erinnern wir uns gebotener Kürze: Schon im alten Rom waren die Römer intelligent genug gewesen, nur die Herrschaft zweier Männer (= Diarchie) zuzulassen, denn dadurch verhinderte man, dass sich eine Person zum Alleinherrscher aufschwingen konnte und an ihrem eigenen Größenwahn erstickte. Zwei Männer, mit gleichen Rechten ausgestattet, standen also ursprünglich an der Spitze des römischen Staates – aber nur ein Jahr lang. Jeder Mann, der versuchte, sich zum König ausrufen zu lassen, durfte ohne Prozess hingerichtet werden. 

    Weiter konnte jeder Versuch, sich ohne Zustimmung des Volkes den Besitz von Ämtern zu erschleichen, mit dem Tode bestraft werden. Schließlich hatte man einen Senat etabliert, der der Tyrannei eines einzelnen Mannes ebenfalls entgegenwirken sollte. Der Senat war der Rat der Ältesten in Rom, er bestand anfangs aus 300, später aus 600 Mitgliedern. 

    Der Senat bestimmte mit wechselndem Gewicht die römische Politik. Wenn man so will, handelte es sich um eine Herrschaft der „Besten", denn jedes Mitglied musste sich vorher in einem politischen Amt bewährt haben. Unwürdige wurden ausgestoßen. Darüber hinaus hatten die alten Römer bereits einige Erkenntnisse in der politischen Arena gewonnen, die es in sich hatten. Nehmen wir nur zwei vorbildliche Figuren ins Visier. 

    Augustus (63 v. Chr. – 14 n. Chr.), der sich selbst als „erster Mann im Staate" bezeichnete (Princeps), aber nicht als König, denn hiergegen waren die Römer allergisch, lebte selbst in bescheidensten Verhältnissen, lehnte Ausschweifungen völlig ab, ging rigoros gegen Bestechung und Korruption vor und duldete nie unfähige Beamte! Er errichtete eine Administration der Spitzenklasse, ordnete das Finanzwesen neu, trat für Genauigkeit, Ordnung, Übersichtlichkeit und Ehrlichkeit ein und senkte die Steuern! 

    Viele Städte blühten unter ihm auf. Die Rechtsunsicherheit wurde beendet und eine höhere Gerechtigkeit etabliert. Gesetze gegen Amtsmissbrauch, Ämtererschleichung, übertriebenen Luxus und Ehebruch wurden unter Augustus erlassen, und umgekehrt die Ehe, kinderreiche Familien und sogar die Rechte der Sklaven geschützt. Viele Sklaven wurden freigelassen und in den Staatsdienst integriert, andere in der Landwirtschaft als Freie beschäftigt. 

    Die Gewerbetreibenden und der Handel wurden gefördert, Bewässerungskanäle gebaut und das Bauwesen nahm einen immensen Aufschwung. Kurz gesagt förderte Augustus die Wirtschaft wie nie zuvor, er gab allen Arbeit und Brot, hielt die Steuern niedrig und die Staatsfinanzen in Ordnung, indem er selbst in seiner Person Sparsamkeit vorlebte. 

    Er war der erste Staatsmann in der Geschichte, der ein Budget aufstellte, unter ihm existierten regelrechte Haushaltsberichte! Der Export und der Import boomten, da überall Frieden einkehrte. Augustus förderte weiter die Kunst und die Literatur, war gegenüber allen Religionen tolerant und gestattete sogar die Ausübung ägyptischer, asiatischer, jüdischer und griechischer Kulte, wodurch sich jeder mit dem Staat identifizieren konnte. 

    Augustus wandelte sich im Laufe seiner Regierung regelrecht zum Friedensfürsten, er reduzierte das Heer, verzichtete auf jede Expansionspolitik und siedelte römische Soldaten in den Grenzprovinzen an, damit sie sich mit der einheimischen Bevölkerung vermischen konnten. Angrenzenden Ländern half er ebenfalls zu blühen und zu gedeihen. Er setzte ausbeuterische römische Statthalter ab und bestrafte sie, behandelte dagegen fremde Fürsten mit höchstem Respekt. 

    Die berühmte Pax Romana (= eine Zeit, in der durch Rom der Frieden garantiert wurde, pax = Frieden) hielt Einzug. Nie blühte das Römische Reich so wie unter Augustus! Vielleicht mit einer Ausnahme: Mindestens ebenso begeisternd war Kaiser Hadrian (76 – 138 n. Chr.), der sich persönlich durch Einfachheit, Bescheidenheit und höfliche Umgangsformen auszeichnete, und vor allem durch eine unvorstellbare Intelligenz in Sachen Regierung! Hadrian war ein Verwaltungsgenie! Er schuf für Rom und für andere Städte eine noch besser funktionierende Administration, die sich auf einem Niveau befand, das vorher undenkbar gewesen war. 

    Die Finanzen, die Rechtsprechung, die Sicherheitspolitik – alles wurde umgekrempelt und verbessert. Hadrian ließ zu wichtigen administrativen Posten nur Juristen zu, eine Art Intelligenzadel hielt also Einzug, was in völligem Gegensatz zu der Cliquenwirtschaft stand, die vorher an der Tagesordnung gewesen war. 

    Er achtete gleichzeitig darauf, dass seine Beamten sich nicht wie Karnickel vermehrten, die Bürokratie durfte nicht ausufern. Weiter zeichnete er sich aus durch Milde und Humanität aus. Nur ein paar Beispiele: Hadrian veranlasste etwa, dass eine Frau während der Schwangerschaft nicht bestraft werden durfte. Er baute die Erziehungshilfe weiter aus und beschützte schließlich sogar die Sklaven vor Willkür, die nun nicht mehr nach Lust und Laune malträtiert oder degradiert werden durften. 

    Der Verkauf von Sklaven zu sexuellen Zwecken wurde rundweg verboten. Eine römische reiche Aristokratin, die einen Sklaven misshandelt hatte, verbannte Hadrian persönlich aus Rom. Die Folter bei Verhören wurde fast ganz abgeschafft, aber auch die berüchtigten Strafhäuser zur Zwangsarbeit fielen dem Bannstrahl Hadrians zum Opfer. Seine bedeutendste Tat bestand darin, dass er das gesamte römische Recht zusammenfassen, reformieren und kodifizieren ließ. Er erließ weiter vielen Römern und Nichtrömern ihre Schulden, sparte dabei selbst an allen Ecken und Enden und schaffte viele Missstände der Steuereintreibung ab, ja, er senkte sogar die Steuern.

    Trotz gesunkener Steuern stiegen die Staatseinnahmen! In die Geschichte ging Hadrian auch aufgrund seiner ausgedehnten Wanderungen durch ganz Italien ein, ja, durch das gesamte Römische Reich. Er schaute überall nach dem Rechten und bot seine Hilfe an, aber zunächst studierte er die Eigenheiten eines Landes, denn er war unendlich neugierig, was andere Religionen, Sitten und Gebräuche anging. Erst dann half er. Er belohnte gute Leistungen und förderte alles und jeden, einschließlich Künstler und vor allem Baumeister und Architekten. Überall wuchsen Bauwerke und schöne Städte aus dem Boden - wohin immer Hadrian seinen Fuß setzte. 

    Viele Zeichnungen entwarf er persönlich, wenn es darum ging, ein Bauwerk zu errichten. Dabei verzichtete er fast immer darauf, seinen Namen in die Bauwerke eingravieren zu lassen, wie es der Brauch der Zeit war. Und schließlich, wen verwundert es, Hadrian vermied Krieg, wann immer er konnte …

    Und so könnte man fortfahren und fortfahren und Gold und nochmals Gold zu Tage fördern, was die römische Regierungskunst angeht, aber das ist nicht Thema dieses Buches. Fest steht, die Römer waren einst Meister in vielen Belangen, sie hatten weiter ein beträchtliches Know-how in juristischen Fragen entwickelt, unser deutsches Recht fußt zu einem beträchtlichen Teil auf dem römischen Recht! Die Römer waren führend in Sachen Literatur, Architektur, Straßen- und Kanalbau, Militär und Verwaltung. 

    Trotzdem wischte die Geschichte dieses hoch kultivierte, mächtige Reich einst von der Landkarte, denn Figuren wie Augustus oder Hadrian waren die Ausnahmen, nicht die Regel. Jetzt also endlich: Was waren die wirklichen Gründe für den Untergang Roms? Listen wir sie der Reihe nach auf.

    1) Nicht alle römischen Herrscher waren intelligent und integer. Es gab Auswüchse, die abenteuerlich waren, erinnern wir uns nur an Cäsar (100 – 44 v. Chr.), Caligula (12 – 41 n. Chr.) oder Nero (37 – 68 n. Chr.), deren Hurerei, Völlerei, Sadismus, Tyrannei und Kriegslust sattsam bekannt sind. Mit anderen Worten, auf der einen Seite begegnen wir auf dem römischen Kaiserthron unglaublichen Tugenden – personifiziert in den Kaisern Augustus, Trajan (53 – 117 n. Chr.), Hadrian (76 – 138 n. Chr.) und Marc Aurel (121 – 180 n. Chr.) etwa – und auf der anderen Seite, besonders in der Degenerationsphase, völlig verachtenswerten Führerfiguren.

    Auf dem Thron saßen schließlich grausame Usurpatoren, mitleidlose Soldatenkaiser sowie Kaiser und Gegenkaiser, die mit dem Schwert um den Thron stritten, kurz, es war ein ständiges Gerangel um die Macht gegeben. Die Monarchie versagte. Aber war es wirklich die Monarchie, die versagt hatte? 

    Die Auswüchse der Aristokratie sind ebenfalls sattsam bekannt. In keinem historischen Film, der die Zeit des sterbenden Roms behandelt, wird heute

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