Netter Vati gesucht: Sophienlust - Die nächste Generation 10 – Familienroman
Von Ursula Hellwig
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Über dieses E-Book
Denise hat inzwischen aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle geformt, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt.
Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren.
Fast eine halbe Stunde lang hatten die Zwillinge Alena und Kathrin auf einer Wiese am Waldrand mit ihrem Hund Alfredo gespielt. Der etwa drei Jahre alte braune kleine Mischlingshund mit dem gepflegten, aber trotzdem zotteligen Fell, lag nun im Gras und hechelte. Der rote Gummiball, dem er immer wieder nachgelaufen war, um ihn zu apportieren, lag zwischen seinen ausgestreckten Vorderbeinen. Kathrin bückte sich, griff nach dem Ball und steckte ihn in ihre Hosentasche. Dass diese Tasche nun einen deutlich ausgebeulten Eindruck machte, störte die Neunjährige nicht. »Ich glaube, du bist jetzt richtig müde«, stellte sie fest und strich dem Hund liebevoll über den Kopf. »Du kannst dich noch ein paar Minuten ausruhen. Dann gehen wir nach Hause.« »Nach Hause«, bemerkte Alena und stieß dabei einen verächtlichen Laut aus. »Das klingt so gut, aber in Wirklichkeit ist es schon lange kein richtiges Zuhause mehr. Wenn wir mit Mami allein sind, ist ja alles in bester Ordnung. Dann ist es schön für uns alle. Aber Onkel Ben macht ja ständig alles kaputt, weil er dauernd so viel Alkohol trinkt und dann nur streiten will.« »Stimmt«, bestätigte Kathrin. »Wenn er da ist, ist es bei uns gar nicht schön. Leider ist er ja fast immer zu Hause, seit er seine Arbeitsstelle verloren hat.« »Das ist seine eigene Schuld«
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Buchvorschau
Netter Vati gesucht - Ursula Hellwig
Sophienlust - Die nächste Generation
– 10 –
Netter Vati gesucht
Ursula Hellwig
Fast eine halbe Stunde lang hatten die Zwillinge Alena und Kathrin auf einer Wiese am Waldrand mit ihrem Hund Alfredo gespielt. Der etwa drei Jahre alte braune kleine Mischlingshund mit dem gepflegten, aber trotzdem zotteligen Fell, lag nun im Gras und hechelte. Der rote Gummiball, dem er immer wieder nachgelaufen war, um ihn zu apportieren, lag zwischen seinen ausgestreckten Vorderbeinen. Kathrin bückte sich, griff nach dem Ball und steckte ihn in ihre Hosentasche. Dass diese Tasche nun einen deutlich ausgebeulten Eindruck machte, störte die Neunjährige nicht.
»Ich glaube, du bist jetzt richtig müde«, stellte sie fest und strich dem Hund liebevoll über den Kopf. »Du kannst dich noch ein paar Minuten ausruhen. Dann gehen wir nach Hause.«
»Nach Hause«, bemerkte Alena und stieß dabei einen verächtlichen Laut aus. »Das klingt so gut, aber in Wirklichkeit ist es schon lange kein richtiges Zuhause mehr. Wenn wir mit Mami allein sind, ist ja alles in bester Ordnung. Dann ist es schön für uns alle. Aber Onkel Ben macht ja ständig alles kaputt, weil er dauernd so viel Alkohol trinkt und dann nur streiten will.«
»Stimmt«, bestätigte Kathrin. »Wenn er da ist, ist es bei uns gar nicht schön. Leider ist er ja fast immer zu Hause, seit er seine Arbeitsstelle verloren hat.«
»Das ist seine eigene Schuld«, stellte Alena fest. »Wer will schon einen Dachdecker für sich arbeiten lassen, der ständig betrunken ist und dann wahrscheinlich irgendwann vom Dach fällt. Ich kann Herrn Vollmer gut verstehen. Er musste Onkel Ben einfach kündigen. Anders ging es nicht. Für uns ist das natürlich schwer, weil wir ihn nun dauernd zu Hause haben und damit leben müssen, dass er schon kurz nach dem Mittagessen betrunken ist.«
»Manchmal kann ich Mami nicht verstehen«, bemerkte Kathrin nachdenklich. »Sie ist mit Onkel Ben doch schon lange nicht mehr glücklich. Als er vor drei Jahren diese große Erbschaft gemacht hat, hat er angefangen zu trinken. Seitdem hat Mami genauso unter ihm zu leiden wie wir. Warum geht sie mit uns nicht einfach weg? Wir brauchen Onkel Ben doch nicht.«
Alena wiegte nachdenklich den Kopf. »Vielleicht brauchen wir ihn doch. Mami hat neulich mit mir darüber gesprochen. Sie hat mir erzählt, dass sie Onkel Ben schon lange nicht mehr liebt. Sie kann ihn nicht mehr lieben, weil er so viel trinkt und dann streitsüchtig ist. Mami hat gesagt, dass er es nicht verkraftet hat, diese große Erbschaft gemacht zu haben. Das hat ihn völlig aus der Bahn geworfen. Ich verstehe das nicht. Es ist doch gut, wenn man plötzlich reich ist und keine Geldsorgen mehr hat. Na, egal. Mami hat mir aber gesagt, dass unsere Wohnung allein Onkel Ben gehört. Er hat sie nach der Erbschaft gekauft. Auch das Auto, das Mami fährt, gehört ihm. Eigentlich gehört ihm alles. Das Geld, das Mami durch ihre Arbeit in der Zahnarztpraxis verdient, würde nicht für uns alle reichen. Deshalb kann Mami nicht einfach mit uns weggehen. Wir hätten dann keine Wohnung mehr und auch sonst nichts. Es ist zwar blöd, aber wir müssen Onkel Ben ertragen, weil er für uns sorgt.«
»Das ist sogar noch viel mehr als blöd«, erwiderte Kathrin. »Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich es einfach nicht mehr länger bei Onkel Ben aushalte. Wenn er nüchtern ist, ist ja alles in Ordnung. Aber wenn er betrunken ist, wird er sofort böse, und er ist ja fast immer betrunken.«
Alena nickte seufzend, wollte sich aber jetzt nicht länger über dieses unerfreuliche Thema unterhalten. Sie schaute Alfredo an und schnalzte mit den Fingern. Sofort sprang der kleine Hund auf, schüttelte sich kurz und folgte den beiden Mädchen, die sich auf den Heimweg machten.
Als Alena und Kathrin zu Hause ankamen, war ihre Mutter noch nicht von der Arbeit heimgekehrt. Ben Linde saß im Wohnzimmer vor dem Fernseher, hatte die Beine auf einen gepolsterten Hocker gelegt und eine Flasche Weinbrand und ein Glas neben sich auf dem kleinen Tisch stehen.
»Wo habt ihr euch denn so lange herumgetrieben?«, erkundigte er sich unfreundlich bei den Zwillingen. »Statt euch draußen zu vergnügen, hättet ihr lieber die Küche aufräumen sollen, damit eure Mutter das nicht auch noch erledigen muss, wenn sie von der Arbeit kommt.«
Alena und Kathrin warfen einen Blick in die Küche. Mittags hatten sie ihre Mahlzeiten aufgewärmt, die ihre Mutter am Vortag zubereitet hatte, anschließend das Geschirr in die Spülmaschine geräumt und die Küche sauber und ordentlich hinterlassen. Jetzt aber standen schmutzige Teller und Tassen herum, die Ben benutzt hatte. Auf dem Tischtuch waren hässliche Saucenflecken zu sehen, und verschmutzte Servietten lagen neben der Spüle.
»Ben könnte seine Sachen sehr gut selbst aufräumen«, ließ Kathrin sich mit halblauter Stimme vernehmen. »Zeit hat er jedenfalls genug. Seit er keine Arbeit mehr hat, sitzt er doch den ganzen Tag nur herum und langweilt sich.«
»Er langweilt sich nicht nur, sondern betrinkt sich auch noch dabei«, entgegnete Alena seufzend und räumte zusammen mit ihrer Schwester die Küche auf, obwohl das eigentlich Bens Aufgabe gewesen wäre.
»Könnt ihr mal diesen blöden Köter hier wegholen?«, erklang Bens Stimme aus dem Wohnzimmer. »Der steht mitten vor dem Fernseher und versperrt mir die Sicht.«
Alena eilte ins Wohnzimmer. Tatsächlich stand Alfredo genau vor dem Bildschirm und wedelte freundlich zwei Schäferhunde an, die dort zu sehen waren. Jeder hätte sich über dieses Verhalten amüsiert, nur Ben nicht. Er hatte absolut keinen Humor, wenn er betrunken war.
»Alfredo, hierher«, forderte Alena den kleinen Hund auf, der sich auch sofort von den Schäferhunden abwandte, dem Ruf folgte und mit Alena in die Küche ging.
»Es ist mit Ben wirklich nicht auszuhalten«, sagte Kathrin, während sie ein frisches Tischtuch auf den Küchentisch legte. »Wir müssen unbedingt noch einmal mit Mami reden. Es muss doch möglich sein, dass wir auch ohne Ben zurechtkommen. Manchmal habe ich richtig Angst vor ihm. Bis jetzt hat er uns ja noch nichts getan und Alfredo auch nicht. Aber das bleibt bestimmt nicht für immer so. Seine Wutanfälle sind jedenfalls schlimmer geworden. Wir müssen weggehen, bevor etwas passiert. So schlecht verdient Mami doch nicht, und wir brauchen ja auch nicht viel.«
»Das stimmt«, pflichtete Alena ihrer Schwester bei. »Uns reicht auch eine kleine Wohnung. Mir würde es nichts ausmachen, wenn wir beide zusammen nur ein Zimmer hätten. Schließlich vertragen wir uns gut. Außerdem müssen wir in den Ferien nicht unbedingt weit weg in den Urlaub fahren. Ein paar schöne Tagesausflüge sind auch schön. Ich glaube, wir können uns sehr gut einschränken. Die Hauptsache ist doch, dass wir Ruhe vor Ben haben. Du hast recht. Wir müssen mit Mami reden und ihr erklären, dass wir unglücklich sind und Angst haben. Das will Mami ganz bestimmt nicht. Sie hat uns nämlich lieb.«
»Ja, das hat sie. Und wir haben sie auch lieb. Schade, dass das mit Ben passiert ist. Früher war er eigentlich ganz in Ordnung. Aber das ist schon so lange her, dass ich mich fast gar nicht mehr daran erinnern kann.«
Die Zwillinge waren sich einig. Noch am selben Tag wollten sie mit ihrer Mutter sprechen und sie bitten, Ben zu verlassen, weil ein Zusammenleben mit ihm unmöglich geworden war. Die Tatsache, dass er es war, der alles finanzierte, durfte dabei keine Rolle spielen. Geld war schließlich nicht alles.
*
Vier Jahre lang hatte Carla Möllberg bei Dr. Gehringer gearbeitet und sich sehr wohl in dieser Zahnarztpraxis gefühlt. Daran, dass Dr. Gehringer sich schon sehr früh zur Ruhe setzen könnte, hatte