Hinter dem Horizont: Kurzgeschichten und Impulstexte für Abschied, Tod und Trauer
Von Petra Hillebrand
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Über dieses E-Book
Geschichten und Gedichte, die Hoffnung schenken
Der Tod eines lieben Menschen ist ein einschneidendes Ereignis im Leben der Hinterbliebenen, aber kein Ende, vielmehr der Start in eine neue Art der Beziehung und des Miteinanders. Diese Erfahrung der Autorin im Umgang mit Sterbenden und Trauernden atmen auch die Geschichten und Gedichte, welche sie in diesem Buch zusammengestellt hat.
Die Texte nehmen die Menschen in ihrer Trauer ernst, lassen ihnen Zeit und geben keine vorschnellen Antworten. Aber sie lassen weiter blicken und erahnen, dass die Wirklichkeit nicht am sichtbaren und erfahrbaren Horizont abbricht.
Die zarten farbigen Illustrationen der Autorin ergänzen den Geschenkband, der sich sowohl als stimmungsvoller und einfühlsamer Zuspruch für trauernde Freunde oder Angehörige eignet, als auch eine vielseitige Textsammlung für Trauerbegleiter und zur Vorbereitung von Begräbnissen und Trauerfeiern bietet.
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Buchvorschau
Hinter dem Horizont - Petra Hillebrand
DU
wer dich gekannt
weiß
was uns fehlt
wer dich geliebt
spürt
was uns hält
REISE ÜBER DEN HORIZONT
Ein Fischer spürte, dass sein Leben langsam mühsam wurde. Bisher war er täglich mit seinem Boot hinausgefahren, um die Netze auszuwerfen. Nun, da er alt und müde geworden war, beschloss er, sein Boot mitsamt der Fischereilizenz seiner Tochter zu übertragen.
Er räumte sein Haus auf und brachte auch den Garten auf Vordermann. Als er alles erledigt hatte, begann er sich zu verabschieden.
Besonders schwer fiel ihm der Abschied von seinen Enkelkindern. Ihnen ging es ebenso, denn sie liebten ihren Opa über alles. Außerdem waren sie sehr klug und bedrängten ihn mit Fragen.
„Opa, fragte die Enkeltochter, „wenn du stirbst, wirst du dann wirklich nichts mehr sagen können?
„So ist es, antwortete der Fischer. „Das ist auch der Grund, warum es mir so wichtig ist, jetzt mit euch zu reden. Ihr könnt mir Fragen stellen, so viele ihr wollt. Ich werde versuchen, auf jede eine Antwort zu finden.
Sein Enkelsohn zupfte ihn am Ärmel. „Wenn du dich nach deinem Tod nicht mehr bemerkbar machen kannst, wie sollen wir dann wissen, dass du noch in unserer Nähe bist?"
Der Fischer nahm seine Enkel und ging mit ihnen zum Strand. „Ihr werdet mich spüren. Hört ihr die Wellen? Sie kommen und gehen und sind stets in Bewegung. Fühlt ihr den Wind auf eurer Haut? Er streicht über euch hinweg, begibt sich auf eine weite Reise und ist trotzdem da. Riecht ihr die Meeresbrise, die mit Salz, Tang und Fischen gewürzt ist? Wenn ihr am Strand die Augen schließt, werdet ihr sie einatmen. Und wenn ihr dabei an mich denkt, wird es euch vorkommen, als stünde ich direkt neben euch."
Seine Enkeltochter hatte noch eine wichtige Frage an ihn. „Das mit dem Leben nach dem Tod, Opa, – wie sollen wir uns das vorstellen?"
Der Fischer sah lange aufs Meer hinaus. Plötzlich erhellte sich sein Gesicht und er zeigte nach vorn.
„Seht ihr das Schiff, das dort fährt? Bald wird es hinter dem Horizont verschwinden. Und trotzdem wird es weiterfahren. Nur eben auf einem Teil des Meeres, den wir nicht einsehen können. So ähnlich könnt ihr euch das mit dem Weiterleben nach dem Tod vorstellen. Wenn jemand stirbt, geht er über den Horizont hinaus, aber niemals für immer fort. Er bleibt in der Nähe seiner Lieben, ist für diese aber nicht mehr sichtbar."
„Wirst du das Meer dann noch spüren können?", fragte der Enkelsohn.
Da lächelte sein Opa, denn das war eine Frage, die er sich auch schon gestellt hatte.
„Die Wellen werden mich tragen. Der Wind wird mich streicheln und mir das Gefühl geben, frei wie eine Möwe zu sein. Und mir wird alles sehr vertraut vorkommen. Denn das Leben ist wie das Meer. Es besteht aus unzähligen kleinen Teilen, die zusammenfließen. Und das, was am Ende dabei herauskommt, ist so gewaltig, dass es weit über den Horizont hinausreicht."
SEHNSUCHT NACH MEHR
am Anfang
die Luft zum Atmen
ein und aus
wie Ebbe
und Flut
am Ende
mit einem Seufzen
der Tod
dazwischen
ein Sprudeln
wellenschlagend
bis zum Horizont
das Leben
und tief in uns
die Sehnsucht
nach mehr