Zeitreise - Königreich Bayern 1897
Von Christian Mattes
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Über dieses E-Book
Dabei werden folgende Themengebiete vorgestellt:
1. Alles mit Gott (Religion)
2. Der häusliche Herd (Haushalt)
3. Der Beruf (Landwirtschaft, Handwerk, Industrie und Allgemeinwissen)
4. Die Gemeinde
5. Der Staat
6. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde
7. Bilder aus der vaterländischen Geschichte
Überraschend viele grundlegende Tugenden treffen auch heute noch zu und sind zum Teil im Wirtschaftsleben etwas in den Hintergrund gerückt worden.
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Rezensionen für Zeitreise - Königreich Bayern 1897
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Buchvorschau
Zeitreise - Königreich Bayern 1897 - Christian Mattes
A. Alles mit Gott.
1. Mit Gott!
Friedrich Güll
Mit Gott! das sei dein Wanderspruch
in deines Lebens Wanderbuch
Mit Gott! das sei dein Pilgerstab
auf deiner Wallfahrt bis zum Grab
Mit Gott hindurch dein Lebenslauf,
Geh’n dir des Himmels Pforten auf.
2. Das beste Gebet
Claudius
Das Vaterunser ist ein für allemal das beste Gebet; denn du weißt, wer es gemacht hat. Aber kein Mensch auf Gottes Erdboden kann es so nachbeten, wie er es gemeint hat. Das schadet aber auch nicht, wenn wir es nur gut meinen; der liebe Gott muß am Ende noch immer das Beste thun, und der weiß, wie ich es sein soll. Wenn du es aber verlangst, so will ich dir aufrichtig sagen, wie ich es mit dem Vaterunser zu machen pflege.
Siehe, wenn ich es beten will, so denke ich erst an meinen seligen Vater, wie der so gut war und mir so gern geben mochte. Dann Stelle ich mir die ganze Welt als meines Vaters Haus vor, und alle Menschen in Europa, Asien, Afrika und Amerika sind dann in meinen Gedanken meine Brüder und Schwestern, und Gott sitzt im Himmel auf einem goldenen Stuhle und hat seine rechte Hand über das Meer und bis an das Ende der Welt ausgestreckt, und seine Linke voll Heil und Gutes, und die Bergspitzen umher rauchen - und dann fange ich an:
Vater unser, der du bist im Himmel!
3. Gottes Zucht
Fouqué
Wenn alles eben käme,
Wie du gewollt es hast,
Und Gott dir gar nichts nähme
Und gäb´dir keine Last:
Wie wär´s denn um dein Sterben,
Du Menschenkind, bestellt?
Du müsstest fast verderben,
So lieb wär´dir die Welt.
Nun fällt eins nach dem andern,
Manch liebes Band dir ab,
Und heiter kannst du wandern
Gen Himmel durch das Grab.
Dein Zagen ist gebrochen,
Und deine Seele hofft. -
Dies ward schon oft gesprochen,
Doch spricht man´s nicht zu oft.
4. Der werbende Vater
Chr. v. Schmid
Ein Vater war sehr krank und dem Tode nahe. Da rief er noch am letzten Morgen seines Lebens seine Kinder an das Sterbebett zusammen und ermahnte sie zu allem Guten; besonders aber befahl er ihnen, den christlichen Unterricht fleißig zu besuchen und demselbe mit Aufmerksamkeit anzuwohnen.
Liebe Kinder!
sprach er, "ich habe fünfzig Jahre gelebt und in dieser Welt viele Freuden genossen; die reinsten, seligsten, ja wahrhaft himmlischen Freuden aber hat mir die Religion gewährt; sie bewahrte alle meine irdischen Freuden rein, erhöhte und veredelte sie. Das bezeuge ich vor Gott.
Ich habe fünfzig Jahre gelebt und in dieser Welt vieles gelitten und manchen harten Kampf zu bestehen gehabt; in allen Leiden aber habe ich den besten Trost und dies sicherste Stütze einzig in unserer heiligen Religion gefunden. Dies bezeuge ich vor Gott.
Ich habe fünfzig Jahre gelebt, bin öfters dem Tode nahe gewesen, ja, ich werde den Abend sicher nicht mehr erleben und bezeuge es aus Erfahrung vor Gott: Nur die göttliche Kraft der Religion kann dem Tode seine Schrecken nehmen; nur der heilige Glaube an unseren Erlöser kann uns Mut und Stärke geben, den wichtigen Schritt in die Ewigkeit getrost zu thun und vor Gottes Richterstuhl zu erscheinen.
Bestrebt daher, ihr, unseren göttlichen Erlöser, recht kennen zu lernen und seine heiligen Lehren zu befolgen; dann werdet ihr Gott wohlgefällig sein, zufrieden leben und einst selig sterben."
Die vernahmen diese Worte unter heißen Thränen. Der Vater starb in der nächsten Stunde; die Kinder aber bewahrten seine letzten Worte ihr Leben lang in ihren Herzen, befolgten sie und lernten nun auch aus Erfahrung, daß lautere Wahrheit enthielten.
5. Heute
Alban Stolz
Ich stehe an einem Bache und schaue in die Wellen, wie sie zittern und wie sie rennen, schnell fortzukommen, und ich schaue mit den Gedanken noch weiter, als die Augen reichen, dem Wasser nach.
Wo gehst du hin, kleine Welle, und wo kommst du her? Du bist am Schwarzwald droben geronnen aus moosiger Quelle und bist ungesehen wild abgestürzt vom Felsgestein - und wie in Schweiß gekommen, schäumt und schnauft das Wässerlein noch eine Zeit lang im engen Thal und fließt dann besänftigt und süß durch schöne, weite Ebenen. Jetzt glänzt das Wasserflöckchen im Sonnenschein, und nachher versinkt er im Schatten von Weidengebüsch, und sechs Stunden später leuchtet es wie ein milder Flämmchen rötlich und goldig im Abendrot. Die Sonne sinkt; aber die Welle wallt fort, bald stahlgrau und dunkel, bald weiß-blau im Mondenschein, oder geht unter in schwarzer Nacht.
So geht es immer vorwärts, und zuletzt stürzt das wilde Wassertröpflein in einen Fluß oder Strom und wird hinunter geschwemmt ins weite Meer. Aber so groß und unergründlich das auch ist, die kleine Welle geht darin nicht verloren, und es gibt ein Auge, das jedem Tropfe im Meere nachkommt.
Man kann oft in Büchern lesen, die sei wie ein Fluß und die Ewigkeit wie ein unendliches Meer. Nun den, ein Tag im Menschenleben, ein Heute
ist gerade so wie eine kleine Welle, die im Bache schwimmt und sich hebt und glänzt und wieder versinkt.
Es quillt der Tag hervor aus der Nacht und dem Schlaf, glitzert eine Weile an der Helle und sinkt wieder hinab in die Nacht und den Schlaf. So ein Tag ist eine Spanne Zeit, ein Schritt, ein Pendelschlag, ein Ruck vorwärts.
O Mensch, du kannst die Uhr still stehen machen, aber nicht die Zeit und nicht dein Heute. Die Gelehrten sagen, die Erde mit allem, was darauf ist, jage schneller im Weltenraume fort als eine losgeschossene Büchsenkugel, ohne daß wir es sehen. Das ist das stille Jagen, der stille Sturm der Zeit. Laß dein Leben nicht daran zerbrökkeln und zerstäuben in verdorbene, nutzlos verlebte Tage! Jeder Tag wird auferstehen von den Toten ins ewige Leben, dir zum Gericht oder zur schönen Seligkeit. Aber du bist nur Herr und Eigentümer des heutigen Tages; die vergangenen Tage sind unauslöslich eingeätzt im Buche deines Lebens, und vielleicht kommt bald das letzte Blatt, dein letzter Tag; und der Sarg, in den sie dich legen, ist der Gedankenstrich zu deinem verflossenen Erdenleben. Dann nagelt der Schreiner noch den eisernen Schlußpunkt hinein; der Totengräber aber wirft den Streusand über dich hin mit seiner Schaufel. Gott behüte dich!
6. Gottes Allmacht
Hirscher
Gott ist allmächtig! Wer erfasset genug den Umfang und die Tiefe seiner Macht? Alles Sichtbare und Unsichtbare, alle Erscheinungen, Kräfte und Gesetze sind das Werk seines Willens. Alles und alles, vom nadelgroßen Fischchen bis zum Seeungeheuer, von der Mücke bis zum Adler, vom Wurm bis zum Menschen, vom Wassertropfen bis zum Weltmeere, vom Sandkorn bis zum Gebirge, bis zur ganzen Erde und der Sonne und dem ganzen Sonnenhimmel, vom leisesten Lüftchen bis zum Orkan, vom matten Flämmchen der Lampe bis zum flammenden Blitze, bis zur allleuchtenden Sonne; alles Wasser, das unsichtbar in den Höhlen der Erde und in den Dünsten des Himmels ist, alle Tiere des dunkeln Abgrundes, das unendliche Heer der nur dem bewaffneten Auge sichtbaren Infusorien, alles Feuer, das verborgen in den Körpern liegt, alle Luft, die wir atmen, ohne sie zu sehen, alles Leben, das sich überall regt; die Kraft im Gelenke des Wurmes und im Nacken des Löwen, der Bildungstrieb in der Blume des Feldes und in der Biene des Waldes, die Geschicklichkeit, ihre Nahrung zu finden und ihr Nest zu bauen, in der Schwalbe wie im Adler; das Gesetz, nach welchem der Tau sich bildet und der Schnee, die Ähre reift und der Apfel, der Donner rollt und der Blitz fährt, der Winter weicht und der Frühling Gras und Blüten triebt, die Sonne aufgeht und der Mond wechselt, des Menschen und des Tieres Einbildungskraft sich vorstellt, das Gedächtnis behält, der Verstand denkt, des Menschengeistes Vernunft die Wahrheit sucht, seine Phantasie künstlerisch schafft, der freie Wille handelt - zu all diesem sprache Gott: Es sei!
und es war; zu all´ diesem spricht er Es bleibe!
und es bleibt. Spricht er: Vergehe!
so vergeht es; spricht er: Eine andere Welt werde, Geschöpfe ohne Zahl anderer Art!
so sind sie; trägt er sie, so bleiben sie; zieht er seinen Odem zurück, so zerfallen sie.
7. Gott lebt noch!
Jul. Sturm
Bei Meister Martin war die Not zu Haus.
Aus jedem Winkel guckte sie heraus;
Sie machte sich in Küch´ und Keller breit;
Sie saß am leeren Tisch zur Mittagszeit
Und legte selbst am Abend schadenfroh
Sich mit dem Müden auf die Schütte Stroh.
Und ob's der Meister noch so emsig trieb,
Arbeitend halbe Nächte munter blieb,
Umsonst. es wuchs die Not mit jedem Tag.
Und mutlos ward der Meister allgemach,
Liefs ruh´n die fleißige Hand und seufzte schwer
Und wankte wie ein Schatten bleich umher.
Und mahnte ihn sein Weib, auf Gott zu trau'n,
Zog er zusammen finstrer noch die Brau'n
Und brummte: „Weib, laß mir das Trösten sein!
Uns kann vom Elend nur der Tod befrei'n!"'
Da schwieg die Frau und sprach kein Wörtlein mehr
Und wankte wie ein Schatten bleich umher,
Saß müßig an dem Rocken stundenlang,
Tief in Gedanken still und seufzte bang. -
Da sprach der Mann: Was fehlt dir nur, Marie?
Und als sie schwieg, drang er noch mehr in sie.
Sie sollte ihm ihr Leiden dich gesteh´n;
Er könne sie nicht mehr so traurig seh´n.
Und sie darauf: "Ach, in verwichner Nacht
Hat mir ein Traum das Herz so schwer gemacht.
Ja, bester Mann, ich will dir´s nur gesteh´n,
Ich hab´ im Traum den lieben Gott geseh´n.
Er lag im Sarg; sein Haar war silberweiß,
Und weinend standen Engel rings um Kreis.
Der Helfer starb. Nie endet uns´re Not.
Der liebe Gott, der liebe Gott ist tot."-
Da lächelte der Mann nach langer Zeit
Zum erstenmal und sprach mit Freundlichkeit:
"Ei, Ei, Marie, wie du so thöricht bist!
Weißt du denn nicht, daß Gott unsterblich ist.
Daß er, erhaben über Raum und Zeit,
Regiert von Ewigkeit zu Ewigkeit?"-
Wie,
sprach die Frau, "so glaubst du, lieber Mann,
Daß Gott im Himmel niemals sterben kann,
Daß er derselbe bleibet fort und fort,
Und wählest ihn doch nicht zu deinem Hort
Und setzest deine Hoffnung nicht auf ihn,
Daß Hilfe stets zur rechten Zeit erschien?" -
Da fiel´s wie Schuppen von des Mannes Geist,
"Ja, Gott ist treu, er hält, was er verheißt.
Dank, liebes Weib! du wecktest mein Vertrau´n,
Auf Gottes Hilfe will ich freudig bau´n,
Und zag´ ich jemals wieder in der Not,
Dann frag mich nur: Ist denn der Herrgott tot?"-
8. Du sollst den Sonntag heiligen!
In Lyon lebte zu Anfang dieses Jahrhunderts ein Schuhmacher, der gewöhnlich auch am Sonntage, wenigstens vormittags, arbeitete,. Ein ihm gegenüber wohnender Kaufmann bemerkte dieses und machte seinem Nachbar darüber freundliche Vorstellungen. Der Schuhmacher entgegnete, daß er den Sonntag notwendig zur Arbeit brauche: er sei ein armer Mann, der eine zahlreiche Familie zu ernähren habe; wenn er Sonntags nicht arbeite, erleide er großen Schaden; zudem werde er am Samstag nie mit der Arbeit fertig, er müsse noch ein Stück vom Sonntag dazunehmen.
Der Kaufmann schüttelte über diese Rede ungläubig den Kopf und fragte freundlich: Ich wünsche nicht, daß Sie und Ihre Familie Schaden leiden; aber machen Sie einmal die Probe, und unterlassen Sie die Sonntagsarbeit ein halbes Jahr lang; thun Sie Ihre Pflicht als Christ, und besuchen Sie fleißig den Gottesdienst! Ich bin gern bereit, Ihnen allen Schaden, den Sie erleiden werden, zu ersetzen. Gehen Sie auf diesen Vorschlag ein?
Herzlich gern,
war die Antwort. Die Nachbarn gaben sich freundlich die Hände, und der Vertrag wegen der Sonntagsfeier war geschlossen.
Nachdem ein halbes Jahr vorüber war, ging der Kaufmann wieder zum Schuhmacher und sprach: Brav, herr Nachbar! Sie haben Ihr Wort ehrlich gehalten; nun will auch ich das meinige halten. Sagen Sie mir also, wieviel der Schaden beträgt, den Sie und Ihre Familie durch die Arbeitsunterlassung am Sonntage erlitten haben. Meinem Versprechen gemäß will ich alles bis auf den letzten Heller vergüten.
O, keinen Pfennig, bester Herr, sind Sie mir zu vergüten verpflichtet,
erwiderte der Handwerker; vielmehr bin ich Ihnen tausendfältigen Dank schuldig. Sehen Sie, mein Herr, Ihr Rat hat mir statt Schaden nur Gewinn gebracht, und in meinem Hause geht alles seitdem besser. Anfangs, ja, da konnte ich mich an die Enthaltung von der Arbeit am Sonntage nicht recht gewöhnen; es wäre diese und jene Arbeit noch zu Ende zu bringen; allein der Gedanke, es werde mir der Schaden vergütet werden, und die Erinnerung an mein gegebenes Wort hielten mich ab, den Sonntag zu entheiligen. Ich ging dann nach Ihrem Auftrag fleißigen den Gottesdienst, da hörte ich in der Predigt, der ich wohl viele Jahre nicht mehr beigewohnt hatte, manche gute Lehre, manche heilsame Ermahnung zur Geduld, zur Unterdrückung des Zornes, zum Gebete und zu anderen christlichen Übungen, die ich so lange vergessen hatte. Ich versuchte nun wieder einmal das Beten, und wahrlich, Herr Nachbar, es ist zu verwundern, wie es in meinem Kopfe, der so geraume Zeit durch lauter Gedanken ans Irdische ganz wüst und völlig verfinstert worden war, als bald hell und licht wurde. Ich fühlte bald einen lieblichen Frieden in meinem Innern. Nun geht auch die Arbeit am Montag besser von statten, und ich schultere heiter und wohlgemut die ganze Woche fort; dabei bin ich gesund, und meine Kunden mehren sich.
Tief gerührt zog der Kaufmann seine Geldbörse heraus und gab dem erstaunten Schuhmacher zwei Goldstücke, indem er sprach: Nehmen Sie dieses als freundliches Andenken von mir und als einen Beweis, wie sehr ich über den glücklichen Erfolg meines Rates erfreut bin. Sie haben erfahren, daß, wenn wir das Unsrige thun, Gott auch das Seinige thut, und daß der Spruch ewig wahr bleibt: An Gottes Segen ist alles gelegen.
9. Elisabeths Rosen
L. Bechstein
Sie stieg herab wie ein Engelbild,
Die heilige Elisabeth, fromm und mild,
Die gabenspendende hohe Frau,
Vom Wartburgschloß auf die grüne Au.
Sie schon trägt ein Körbchen, es ist verhüllt,
Mit milden Gaben ist´s vollgefüllt;
harren die Armen am Begersfuß,
Auf der Herrin freundlichen Liebesgruß.
So geht Sie ruhig; - doch Argwohn stahl,
Durch Berräters Mund sich zu dem Gemahl,
Und plötzlich tritt Ludwig ihr zürnend nah´
Und fragt die Erschrockende: Was trägst du da?
Herr, Blumen!
bebt´s von den Lippen ihr.
Ich will sie sehen! Zeige sie mir!
Wie des Grafen Hand das Körbchen enthüllt,
Mit duftenden Rosen ist´s angefüllt.
Da wird das zürnende Wort gelähmt,
Vor der edelen Herrin steht er beschämt,
Vergebung flehet von ihr sein Blick,
Vergebung lächelt sie sanft zurück.
Er geht, und es fliegt ihres Auges Strahl
Fromm dankend empor zum Himmelsaal.
Dann hat Sie zum Thal sich hinabgewandt
Und die Armen gespeist mit milder Hand.
10. Fluch und schilt nicht
Chr. v. Schmid
Fridolin, ein frommer Bauersmann, sagte öfters: Wer Gotte recht vom Herzen liebt, dem wird es leicht, das Gute zu thun und das Böse zu meiden.
Er hatte aber einen Knecht, der sehr jähzornig war und dann in die rohesten Fluch- und Scheltworte ausbrach. Fridolin ermahnte ihn öfters, er solle aus Liebe zu Gott den Zorn überwinden. Allein der Knecht sagte: „Das ist mir nicht möglich; Menschen und Tiere machen mir zu viel Verdruß."
Eines Morgens sprach Fridolin zu ihm: „Matthias, sieh da einen schönen neuen Thaler! Diesen will ich dir schenken, wenn du den Tag hindurch geduldig bleibst und kein zorniges Wort aus deinem Munde hören läßt." Dem Knechte gefiel dieser Antrag, und er nahm ihn mit Freuden an.
Die übrigen Dienstboten aber verabredeten es heimlich miteinander, ihn um den Thaler zu bringen. Alles, was sie den ganzen Tag thaten und sagten, zielte nur darauf hin, ihn zornig zu machen. Allein der Knecht hielt sich so tapfer, daß ihn nicht ein einziges zorniges Wörtlein entwischte.
Am Abende gab Fridolin ihm den Thaler, sagte aber dabei: „Schäme dich, daß du einem elenden Stücke Geld zulieb deinen Zorn so gut überwinden kannst, aber aus Liebe zu Gott es nicht thun magst." Der Knecht besserte sich und ein sehr sanftmütiger Mensch.
Wenn Gottes Liebe wird dein Herz durchdringen
So wirst du auch das Schwerste leicht vollbringen.
11. Guter Rat
L. Hensel
Wenn dich die Menschen kränken,
Durch Verrat und Trug,
Sollst du fromm gedenken,
Was dein Herr ertrug!
Kommen trübe Tage,
Sieh allein auf ihn;
Freundlich ohne Klage
Geh durch Dornen hin.
Wird dir´s immer trüber,
Nagt dich innrer Schmerz,
Hab ihn immer lieber,
Drück ihn sanft ans Herz.
Machen deine Sünden
Die das Leben schwer,
Suche ihn zu finden!
O, er liebt dich sehr.
Quält dich heimlich Sehnen,
Tief verschwieg´nes Weh.
Sprich zu Gott mit Thränen:
Herr, dein Will´ gescheh!
12. Meide die Rachsucht!
Joh. Pet. Hebel
In der Türkei, wo es bisweilen etwas ungerade hergehen soll, trieb ein reicher und vornehmer Mann einen Armen, der ihn um eine Wohlthat anflehte, mit Scheltworten und Schlägen von sich ab, und als er ihn nicht mehr erreichen konnte, warf er mit einem Stein nach ihm. Alle, die dies sahen, verdroß es; aber niemand konnte erraten, warum der arme Mann den Stein aufhob und, ohne ein Wort zu sagen, in die Tasche steckte, und niemand dachte daran, daß er ihn von nun an bei sich tragen würde. Aber das that er.
Nach Jahr und Tag hatte der reiche Mann ein Unglück, nämlich er verübte einen Spitzbubenstreich und wurde deswegen nicht nur seines Vermögens verlustig, sondern er mußte auch, nach dortiger Sitte, zur Schau und Schande rückwärts auf einen Esel gesetzt, durch die Stadt reiten. An Spott und Schimpf fehlte es nicht, und der Mann mit dem Stein in der Tasche stand auch unter den Zuschauern und erkannte seinen Beleidiger. Jetzt fuhr er schnell mit der Hand in die Tasche; jetzt griff er nach dem Stein; jetzt hob er ihn schon in die Höhe, um ihn wieder nach seinem Beleidiger zu werfen, und — wie von einem guten Geiste gewarnt, liefs er ihn wieder fallen und ging mit einem bewegten Gesichte davon.
Daraus kann man lernen: Erstens soll man im Glücke nicht übermütig, nicht unfreundlich und beleidigend gegen geringe und arme Menschen sein; denn es kann vor Nacht leicht anders werden, als es am frühen Morgen war, und wer dir als Freund nicht nützen kann, der kann vielleicht als Feind dir schaden
. Zweitens, man soll seinem Feinde keinen Stein in der Tasche und keine Rache im Herzen nachtragen. Denn als der arme Mann den Stein auf die Erde fallen ließ und davon ging, sprach er zu sich selber so: „Rache am Feinde auszuüben, solange er reich und glücklich war, das wäre thöricht und gefährlich gewesen, jetzt, nachdem er unglücklich ist, wäre es unmenschlich und schändlich."
13. Das beste Ruhekissen
Agens Franz
Es lag ein Mann auf seidnem B´fühl,
Doch schlug sein Herz ihm bang und schwül.
Er warf sich hin, er warf sich her,
Als ob sein Bett von Dornen wär,
Und träumt´ er , war´sein banger Traum;
Denn in des Herzens dunklem Raum,
Da wohnte Schuld und Furcht vor Strafen
Und ließ nicht ruhen ihn und schlafen. -
Ein andrer Mann lag nebenbei
Auf einer harten, nierdern Streu,
Doch schlief er sanft udn träumt süß
Vom Himmelsglück im Paradies.
Und fragst du, wer ihn eingewiegt,
Ihn, der so sanft und friedlich liegt?
Sein Engel war´s, sein gut Gewissen,
Das legte sanft sein Ruhekissen.
14. Gottvertrauen
Der Menschen Schicksal steht in Gottes Hand. Sie wird die Braven überall erhalten, wenn Menschen diese Hand nur lassen walten - es ist ja Gottes Hand.
Der Menschen Schicksal ruht in Gottes Hand. Wenn Menschenherzen sich vereinen, wenn treu und brav und bieder sie es meinen, dann schützt sie Gottes Hand.
Der Menschen Schicksal ruht in Gottes Hand. Wer Treue bricht und ohne Güte handelt, mit bösem Herzen böse Wege wandelt, den strafet Gottes Hand.
Der Menschen Schicksal ruht in Gottes Hand. Wer des Gewissens Stimme überhöret, mutwillig braver Menschen Glück zerstöret, der fällt durch Gottes Hand.
Der Menschen Schicksal steht in Gottes Hand. We, er zur Prüfung hat ein beschieden, der sei auch damit findlich still zufrieden; ihn stärket Gottes Hand.
Der Menschen Schicksal steht in Gottes Hand. Sind durch den Tod die Herzen einst geschieden, ins ferne Land entrückt zum ew´gen Frieden: Sie einet Gottes Hand.
15. Und dann?
Alban Stolz
Zum heiligen Philippus Reri kam einst ein Jüngling und erzählte ihm mit