Beziehungskisten: Dr. Sonntag 3 – Arztroman
Von Peik Volmer
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Über dieses E-Book
Diese spannende Arztserie überschreitet alles bisher Dagewesene. Eine Romanserie, die süchtig macht nach mehr!
Also, zunächst einmal möchte ich vorausschicken, wie sehr ich mich freue, dass Sie wieder hier sind, liebe Leserin, geschätzter Leser. Dass Sie mich wieder einladen, von schönen und traurigen Momenten zu berichten, von Hoffnungen, Sehnsucht, aber auch Intrigen und Einsamkeit. Was haben wir vor uns? Viel zu viel Gefühl, oder, wie der Bayer sagt, »vui z'vui G'fui«. Ich habe Ihnen in den ersten beiden Bänden schon von Egidius und Corinna erzählt, Lukas und seiner Mutter Leonie. Auch Philipp, Chris, Lily sind schon fast alte Bekannte, oder? Besonders gern habe ich Frau Fürstenrieder. Eine patente, aufrichtige Dame. Frau Pahlhaus, die kein leichtes Leben gehabt hat. Und natürlich Dagmar Rommert, die sich so nach Liebe sehnt – auch wenn sie es sich selten und vor allem ungern, anmerken lässt. Moment mal. Wenn wir gerade von Dagmar sprechen: Was ist denn da los? »Siehst du, Daggi? Das habe ich gemeint, damals. Du hast immer gesagt, es sei egal. Und jetzt bist du kurz davor, alles zu verlieren. Hättest du bloß auf mich gehört! Wäre ich bloß nicht so dämlich gewesen!« Sepandar war aus dem alten, durchgesessenen Sitzmöbel im Gemeinschaftsraum der psychiatrischen Klinik aufgesprungen und lief auf und ab wie ein gefangenes Zirkustier. »Ich hätte es dir vielleicht doch nicht erzählen sollen, Sepandar.
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Dr. Sonntag
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Beziehungskisten - Peik Volmer
Dr. Sonntag
– 3 –
Beziehungskisten
Sie sind nicht immer leicht zu packen
Peik Volmer
Also, zunächst einmal möchte ich vorausschicken, wie sehr ich mich freue, dass Sie wieder hier sind, liebe Leserin, geschätzter Leser. Dass Sie mich wieder einladen, von schönen und traurigen Momenten zu berichten, von Hoffnungen, Sehnsucht, aber auch Intrigen und Einsamkeit. Was haben wir vor uns? Viel zu viel Gefühl, oder, wie der Bayer sagt, »vui z’vui G’fui«. Ich habe Ihnen in den ersten beiden Bänden schon von Egidius und Corinna erzählt, Lukas und seiner Mutter Leonie. Auch Philipp, Chris, Lily sind schon fast alte Bekannte, oder? Besonders gern habe ich Frau Fürstenrieder. Eine patente, aufrichtige Dame. Frau Pahlhaus, die kein leichtes Leben gehabt hat. Und natürlich Dagmar Rommert, die sich so nach Liebe sehnt – auch wenn sie es sich selten und vor allem ungern, anmerken lässt.
Moment mal. Wenn wir gerade von Dagmar sprechen: Was ist denn da los?
Angst vor Dunkelheit
»Siehst du, Daggi? Das habe ich gemeint, damals. Du hast immer gesagt, es sei egal. Und jetzt bist du kurz davor, alles zu verlieren. Hättest du bloß auf mich gehört! Wäre ich bloß nicht so dämlich gewesen!«
Sepandar war aus dem alten, durchgesessenen Sitzmöbel im Gemeinschaftsraum der psychiatrischen Klinik aufgesprungen und lief auf und ab wie ein gefangenes Zirkustier.
»Ich hätte es dir vielleicht doch nicht erzählen sollen, Sepandar. Bitte glaube mir: Es ist mir egal. Es geht mir nicht um Ansehen oder Geld. Vor fünf oder zehn Jahren wäre mir meine Karriere noch über alles gegangen, und ich bin fast sicher, dass ich unsere Beziehung dieser geopfert hätte. Inzwischen weiß ich, dass Ruhm und Ehre nicht trösten, nicht helfen, nichts bedeuten. Man kann sich nicht an sie schmiegen. Sie spenden weder Wärme noch Geborgenheit. Sie umarmen einen nicht, und satt machen sie schon gar nicht. Sie sind nur eine Zahl auf einem Kontoauszug, ein Pressebericht oder eine geometrische Figur aus Glas oder Metall, die man in einem Regal platziert und regelmässig abstaubt. Ja, glaubst du denn ernsthaft, dass ich irgendetwas davon über dich stelle? Wenn irgendjemand annimmt, dass ich aufgrund persönlicher Probleme für meinen Job nicht mehr geeignet bin, dann kann er mich gern abmahnen und feuern.«
Irgendwie bereute Dagmar, dass sie Sepandar gegenüber erwähnt hatte, dass sie prinzipiell bereit war, ihre Klinik-Karriere ihm zuliebe an den Nagel zu hängen. Sie wollte ihm damit zeigen, dass er der wichtigste Teil ihres Lebens war, nicht die Medizin. Das musste ihre gesellschaftliche Stellung, die er so schwer ertrug, in seinen Augen doch relativieren, oder?
Sie hatte sich der Hoffnung hingegeben, dass sie darüber lachen und dem Ganzen keine Beachtung mehr schenken würden. Aber Sepandar traf das hart, zumal er sich die Schuld an der Situation gab. Er ließ sich auf den Ohrensessel fallen, der die plötzliche Last nicht erwartet hatte und unwillig knurrte. Dagmar zog ihren Stuhl dicht heran und ergriff Sepandars Hand. Dieser schien mit seinen dunklen Augen, die verdächtig schimmerten, einen Punkt in der Unendlichkeit zu fixieren. Plötzlich richtete er sich ruckartig auf.
»Daggi, es geht nicht mehr. Wir tun uns nur noch weh, ohne es wirklich zu wollen. Wir trennen uns.«
Sie atmete tief ein, um entsetzt eine Entgegnung loszuwerden. Er verschloss ihre Lippen mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand.
»Pssst, Liebste. Ich weiß, was du sagen wirst. Aber mach es uns nicht noch schwerer, als es ist. Schau mal, jetzt denkst du so, an Liebe, Geborgenheit und so’n Scheiß. Aber ich kenne dich. Ich weiß, wieviel dir dein Job bedeutet. Und vor allem, wie gut du darin bist. Irgendwann, bei einem Streit um etwas ganz Unwichtiges, wirst du mir vorhalten, dass du meinetwegen auf alles verzichtet hast, was dein Leben lebenswert machte. Was deinem Leben Bedeutung verlieh. Und da hab ich einfach keinen Bock drauf, verstehst du? Dafür bist du zu wichtig. Und dafür bist du mir zu wichtig."
»Scheiß? Bock? Du sprichst wie ein heranwachsender Jugendlicher!«
»Das bin ich doch auch, Daggi. Das bin ich doch auch. Ein alkoholabhängiger, ewiger Student, der nach Frittenfett stank, als du ihn kennenlerntest. Der nicht mal sein Studium abgeschlossen hat, weil seine reiche Freundin, die seine deutlich ältere Schwester sein könnte, ihn aushält. Ich bin eine Belastung für dich. Ich zerstöre dein Leben. Wir trennen uns.«
Seine Worte trafen sie wie ein Keulenschlag. Sie war ebenso fassungslos wie unfähig, auf diese Rede zu reagieren. Sie bekam plötzlich keine Luft mehr. Sie sprang von ihrem Stuhl auf. Ihr verstörter Blick umarmte ihn ein letztes Mal, bevor sie aus dem Raum floh.
Es traf ihn mitten ins Herz. Aber sie konnte seine Tränen nicht mehr sehen.
*
Rommert?«
»Hallo, Daggi, ich bin’s, Sepandar. Erinnerst du dich? Ich werde in drei Tagen entlassen und wollte fragen, wann ich meine Sachen holen kann!«
Warum stieß er ihr nicht der Einfachheit halber einen Dolch ins Herz und drehte ihn ein paarmal herum?
»Du hast den ganzen Tag Zeit, Sepandar. Vor 18 oder 19 Uhr bin ich nie zu Hause. Weißt du schon, wo du wohnen wirst?«
»Ja. In Unterhaching. Erinnerst du dich noch an die Kollegin im Burger-Restaurant? Gitti? Bei der kann ich für einige Zeit unterkommen, bis ich eine eigene Bude gefunden habe. Du, Daggi?«
Na, endlich, dachte sie. Jetzt fragt er. Jetzt kommt, lass uns nicht so auseinandergehen. Lass es uns noch mal versuchen.
»Ja, bitte?«
»Darf ich den Armani-Anzug mitnehmen?«
»Er ist für dich geändert, Sepandar. Natürlich. Warum?«
»Ich dachte nur … Falls ich mich mal bewerben muss!«
»Bitte nimm ihn mit. Er gehört dir. – Sepandar, ich habe einen Patienten, ich muss in die Ambulanz zurück. Wenn dann alles geklärt ist …«
Er hörte sich so traurig an. Ihr Herz brach. Warum half ihr niemand? Warum, verdammt noch mal, half ihr denn niemand? Sah denn keiner, wie entsetzlich sie litt? War niemand in der Lage, unter ihrem Make-up, hinter ihrem Lächeln das kleine, verletzte, verzweifelte Mädchen zu entdecken?
»Ja, entschuldige. Daggi?
»Was denn noch?«
»Danke für alles!«
»Jaja, schon recht!«
Es hörte sich an, als wehre sie den Dank für einen Schoko-Riegel ab.
Unerschöpflich?
Jetzt war es wieder so. Hinter der Tür zu ihrer Wohnung lauerte der Geist der Einsamkeit, das finstere Gespenst, das sich in der Leere der Gefühle und der Seelenkälte breit machte. Sie erschauerte. Das Gefühl der Angst zu überwinden, bedeutete einen heftigen Kampf.
Sepandar war fort. Sie hüllte sich ein in seine graue Strickjacke, die sie ihm nicht zurückgeben würde. Sie duftete nach ihm. Vielleicht konnte sie seine Abwesenheit so besser ertragen. Es war totenstill, bis auf das Ticken einer Uhr und das Tropfen des Wasserhahns in der Küche, den sie so lange schon hatte reparieren lassen wollen. Gleich morgen würde sie den Hausmeister anrufen und ihn bitten, sich darum zu kümmern.
Sepandar war fort. Er hatte es mit ihr nicht ausgehalten. Er fühlte sich nicht wohl an ihrer Seite. Seine Unsicherheit hatte ihn krank gemacht. Sie hatte ihn krank gemacht. ›Die Krankheit des Einen in einer Beziehung ist der Andere‹, hatte der Therapeut gesagt. Ihre Liebe zu ihm war aufrichtig, aber sie reichte nicht aus. Sie reichte einfach nicht aus.
War das nicht komisch? Sie liebte diesen Jungen. Von der ersten Sekunde ihrer ersten Begegnung an. Sie hatte immer die Kontrolle behalten wollen. Genau wie bei Ihrem ersten Freund. Dieser hatte einmal, im Streit, zu ihr gesagt, dass sie so verzweifelt versuchte, ihr Leben und das anderer zu kontrollieren, dass sie darüber völlig die Freude an diesem Leben vergass. Diesen Fehler hatte sie bei Sepandar nicht machen wollen. Aber hatte es was genützt? Warteten liebende Arme auf sie, wenn sie heimkam? Jemand, der in der Küche stand und rief, schön, dass du endlich kommst, Schatz, in 15 Minuten können wir essen? Jemand, der ihre sinnliche Begierde stillen konnte, bei dem sie sich fallenlassen und schön fühlen konnte, und begehrenswert? Attraktiv, ohne ständig zu denken, dass sie das T-Shirt hätte anbehalten sollen, weil das Bindegewebe ihrer Brüste leider altersentsprechend nachgelassen hatte? Ach, Sepandar! Du wirst ein nettes, frisches Mädchen kennenlernen, eine unbedarfte, fröhliche, junge Frau, der gegenüber du dich überlegen fühlen darfst, weil sie es zulässt und weil du es letztlich auch bist. Oder zumindest gleichwertig. Ich wüsste gern, ob du, wenn du mit ihr schläfst, manchmal an mich denken wirst, meine Hingabe, meine Liebe. Das Gefühl meiner