Der Arzt, der zu viel wusste: Kurfürstenklinik 91 – Arztroman
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Die "Kurfürstenklinik" ist eine Arztromanserie, die das gewisse Etwas hat und medizinisch in jeder Hinsicht seriös recherchiert ist.
Nina Kayser-Darius ist eine besonders erfolgreiche Schriftstellerin für das Genre Arztroman, das in der Klinik angesiedelt ist. 100 populäre Titel über die Kurfürstenklinik sprechen für sich.
Aufatmend ließ sich Dr. Michael Johannsen in die Polster seines Wagens sinken. Gar keine leichte Arbeit, Schneeketten anzubringen. Aber nun war es geschafft, er konnte die Paßhöhe hinauffahren. Es war Oktober, und auf dem Bernina-Paß hatte es frisch geschneit. Für einen Augenblick dachte der junge Arzt daran, daß es wohl gescheiter gewesen wäre, eine andere Strecke zu wählen, doch der Bernina reizte ihn nun mal. Er war schon einmal mit dem Glacier-Expreß über den Paß gefahren und diese Bahnfahrt war ein einmaliges Erlebnis gewesen. Doch damals hatte er leider nie dort länger bleiben können, wo es ihm besonders gut gefallen hatte, und so hatte er nun diese Fahrtroute gewählt. Zwei Wochen Italienurlaub lagen hinter dem Arzt, und er fühlte sich erholt und bereit, die neue Position an der Kurfürsten-Klinik in Berlin anzutreten. Länger als ein Jahr war Dr. Johannsen an einer Klinik in Lübeck tätig gewesen, doch diese Stellung hatte er aus persönlichen Gründen früher als geplant aufgegeben. Davor hatte er für ein Jahr als Entwicklungshelfer in Indien gearbeitet, dort war er mit unendlichem Elend konfrontiert worden, aber es hatte ihm beruflich sehr viel gebracht. Jetzt lag ein neuer Lebensabschnitt vor ihm: In der renommierten Kufürsten-Klinik in Berlin konnte er eine Assistentenstelle bekommen, er sah es als einen großen Karrieresprung an, denn wer dort gearbeitet hatte, mußte sich über seine Zukunft keine Gedanken mehr machen. Dr. Johannsen vertrat zunächst einmal den schwer an einer Virusinfektion erkrankten Chirurgen Dr. Bernd Schäfer. Danach würde er auf der Unfallstation eingesetzt werden, hatte ihm der Verwaltungschef, Thomas Laufenberg, mitgeteilt. Der Schneefall wurde stärker, und der Arzt hatte Mühe, den Weg nicht zu verfehlen. Mit einem Mal senkte sich Dunkelheit übers Land, und obwohl die Uhr gerade mal drei Uhr nachmittags anzeigte, war kaum noch etwas zu sehen. Die Autos, die ihm entgegen kamen, hatten alle das Licht an, alle fuhren extrem vorsichtig.
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Kurfürstenklinik
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Buchvorschau
Der Arzt, der zu viel wusste - Nina Kayser-Darius
Kurfürstenklinik
– 91–
Der Arzt, der zu viel wusste
Ein Fall von Mobbing belastet die Kurfürsten-Klinik
Nina Kayser-Darius
Aufatmend ließ sich Dr. Michael Johannsen in die Polster seines Wagens sinken. Gar keine leichte Arbeit, Schneeketten anzubringen. Aber nun war es geschafft, er konnte die Paßhöhe hinauffahren.
Es war Oktober, und auf dem Bernina-Paß hatte es frisch geschneit. Für einen Augenblick dachte der junge Arzt daran, daß es wohl gescheiter gewesen wäre, eine andere Strecke zu wählen, doch der Bernina reizte ihn nun mal. Er war schon einmal mit dem Glacier-Expreß über den Paß gefahren und diese Bahnfahrt war ein einmaliges Erlebnis gewesen. Doch damals hatte er leider nie dort länger bleiben können, wo es ihm besonders gut gefallen hatte, und so hatte er nun diese Fahrtroute gewählt.
Zwei Wochen Italienurlaub lagen hinter dem Arzt, und er fühlte sich erholt und bereit, die neue Position an der Kurfürsten-Klinik in Berlin anzutreten.
Länger als ein Jahr war Dr. Johannsen an einer Klinik in Lübeck tätig gewesen, doch diese Stellung hatte er aus persönlichen Gründen früher als geplant aufgegeben. Davor hatte er für ein Jahr als Entwicklungshelfer in Indien gearbeitet, dort war er mit unendlichem Elend konfrontiert worden, aber es hatte ihm beruflich sehr viel gebracht.
Jetzt lag ein neuer Lebensabschnitt vor ihm: In der renommierten Kufürsten-Klinik in Berlin konnte er eine Assistentenstelle bekommen, er sah es als einen großen Karrieresprung an, denn wer dort gearbeitet hatte, mußte sich über seine Zukunft keine Gedanken mehr machen.
Dr. Johannsen vertrat zunächst einmal den schwer an einer Virusinfektion erkrankten Chirurgen Dr. Bernd Schäfer. Danach würde er auf der Unfallstation eingesetzt werden, hatte ihm der Verwaltungschef, Thomas Laufenberg, mitgeteilt.
Der Schneefall wurde stärker, und der Arzt hatte Mühe, den Weg nicht zu verfehlen. Mit einem Mal senkte sich Dunkelheit übers Land, und obwohl die Uhr gerade mal drei Uhr nachmittags anzeigte, war kaum noch etwas zu sehen.
Die Autos, die ihm entgegen kamen, hatten alle das Licht an, alle fuhren extrem vorsichtig. Und auch Michael Johannsen schaltete noch einen Gang hinunter. Doch dann begann der Motor plötzlich zu stottern, es ging kaum noch vorwärts, und er schaltete die Warnblinkanlage an.
»So ein Mist, das muß ja jetzt nun wirklich nicht sein«, murmelte er vor sich hin und sah zu, wie ihn immer mehr Autos überholten.
Da! Links vor ihm war ein kleiner Seitenweg, und wenn er sich nicht täuschte, blinkte in der Ferne ein Licht.
Entschlossen bog der Arzt ab und lenkte seinen Wagen in die kleine Seitenstraße, die auch tatsächlich zu einem alten Holzhaus führte, das jedoch trutzig und behäbig allen Witterungen zu trotzen schien. Aus dem Kamin quoll Rauch, und das nahm Michael schon einmal als gutes Omen. Entschlossen stieg er aus und eilte durch den Schnee zur reich geschnitzten Haustür hin…
*
»Meine Zeit, wo bleibst du denn? Wenn wir nichts unternehmen, verliert die Frau noch ihr Baby!« Dr. Halberstett wirkte ein wenig nervös, als er Dr. Adrian Winter entgegensah, der soeben den OP betreten hatte.
»Was ist denn passiert? Ich bin gerade erst gekommen und noch gar nicht auf dem Laufenden.«
»Eine junge Schwangere hat gedacht, sie muß auf dem Rummelplatz die Achterbahn ausprobieren.« Dr. Halberstetts Stimme grollte. »So ein sträflicher Leichtsinn! Ist Ende des 6. Monats und macht dann so einen Unsinn.«
»Und – kannst du ihr helfen? Und dem Baby?« Adrian Winter hatte den Platz des Ersten Assistenten eingenommen und tat, was getan werden mußte.
»Ich versuch’s jedenfalls. Aber ob das Baby schon lebensfähig ist, kann ich nicht sagen. Die Mutter hat viel zuviel Blut verloren auf dem Transport hierher, sie ist nicht ansprechbar.«
»Und – der Vater?«
»Gibt’s wohl nicht«, knurrte Dr. Halberstett. »Sieh sie dir an, ein halbes Kind selbst noch. Und völlig unterernährt. Mist! Paß auf, Adrian, die Arterie!«
Dr. Winter hatte schon reagiert und verschloß die poröse Arterie so schnell wie möglich.
Die erfahrene OP-Schwester Maria sprach kaum, doch sie reichte die benötigten Instrumente immer richtig an – und meist noch, bevor der Operateur sie verlangt hatte. Sie waren eben ein eingespieltes Team, Dr. Halberstett und Schwester Maria. Hinter Dr. Adrian Winter lag ein kurzer Tag der Entspannung. Er hatte in der Nacht Notdienst gehabt, und da das Wetter extrem schlecht war, hatte Hochbetrieb in der Notaufnahme der Kurfürsten-Klinik geherrscht.
Erst am späten Morgen, gegen elf Uhr, war Adrian nach Hause gefahren, hatte sich völlig erschöpft aufs Bett geworfen
und sofort wie ein Toter geschlafen.
Doch um 15 Uhr war er wach geworden, hatte geduscht und ein wenig von der köstlichen Gulaschsuppe gegessen, die ihm seine Nachbarin, Carola Senftleben, am Vortag gegeben hatte. Die scharfe Suppe weckte seine Lebensgeister, und nach einer zweiten Tasse Kaffee und einem Vitamindrink fühlte er sich wieder topfit.
Normalerweise hatte er dienstfrei, doch der Ausfall von Dr. Schäfer machte sich an allen Ecken und Enden bemerkbar, und so arbeitete Dr. Winter mehr als normal.
Es war wohl ein großes Glück für die junge Mutter, daß sie zwei so erfahrene Chirurgen am Tisch stehen hatte, denn ihr Blutverlust ließ den Kreislauf immer wieder zusammenbrechen, und als das Baby – ein kleines Würmchen von knapp 1000 Gramm – geboren war, mußten die Ärzte noch fast eine halbe Stunde um das Leben der Mutter kämpfen.
Dann aber war es geschafft, die junge Frau konnte auf die Intensivstation gebracht werden, wo sie rund um die Uhr unter Kontrolle war.
»Was ist mit dem Baby?« erkundigte sich Dr. Winter, als er im Vorraum des Operationssaales stand und sich die beschmutzte Kleidung auszog.
»Dr. Marbach und Frau Dr. Berger haben sich um den kleinen Jungen gekümmert«, berichtete Schwester Jutta, eine unsterile Schwester, die den Chirurgen beim Ablegen der Kleidung half. »Es scheint, als würde er durchkommen. Er ist schwach, aber eine Kämpfernatur. So hat’s wenigstens Esther gesagt.«
»Wer hat denn meine Schwester benachrichtigt?« Adrian Winter sah in die Runde.
»Das war ich«, meldete sich Schwester Walli. Sie kam gerade herein und hatte die letzten Worte noch gehört. »So lange wir keine neue eigene Kinderärztin oder einen Kinderarzt haben, greifen wir eben auf die Kollegen von der Charité zurück. Und bei diesen hervorragenden privaten Beziehungen gibt es ja auch keine Probleme.«
»Das sag mal nicht«, lachte Adrian. »Wenn mein zukünftiger Schwager