Wir wollen zusammenbleiben: Die Klinik am See 34 – Arztroman
Von Britta Winckler
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Über dieses E-Book
Britta Winckler ist eine erfahrene Romanschriftstellerin, die in verschiedenen Genres aktiv ist und über hundert Romane veröffentlichte. Die Serie "Die Klinik am See" ist ihr Meisterwerk. Es gelingt der Autorin, mit dieser großen Arztserie die Idee umzusetzen, die ihr gesamtes Schriftstellerleben begleitete.
»Halt bitte an«, bat Barbara Holm, die neben ihrem Freund im Auto saß. Sie fuhren am Ufer des Tegernsees entlang. »Aber warum?« wunderte Thilo Kaul sich. »Hast du nicht gesagt, daß du um die Mittagszeit zu Hause sein mußt?« »Schon! Aber einen Augenblick kannst du doch anhalten. Da vorn ist eine Parkbucht.« »Wenn du unbedingt willst!« Lächelnd betätigte der Grundstücksmakler den Blinker. Er war froh, wieder einmal in Bayern zu sein und war daher bereit, seiner Freundin jeden Wunsch zu erfüllen. Nachdem er den Wagen zum Stillstand gebracht hatte, wandte er sich sofort Barbara zu. Zärtlich griff er nach ihr. »Es ist schön, daß ich wieder bei dir bin.« Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und küßte sie. »Müssen wir wirklich zu deinen Eltern fahren? Können wir nicht irgendwo anders hin und zu Mittag essen? Egal wo, wichtig ist, daß wir ungestört sind.« Barbara seufzte, sie entzog sich seinen Armen.
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Rezensionen für Wir wollen zusammenbleiben
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Buchvorschau
Wir wollen zusammenbleiben - Britta Winckler
Die Klinik am See
– 34–
Wir wollen zusammenbleiben
… und unser schweres Schicksal meistern
Britta Winckler
»Halt bitte an«, bat Barbara Holm, die neben ihrem Freund im Auto saß. Sie fuhren am Ufer des Tegernsees entlang.
»Aber warum?« wunderte Thilo Kaul sich. »Hast du nicht gesagt, daß du um die Mittagszeit zu Hause sein mußt?«
»Schon! Aber einen Augenblick kannst du doch anhalten. Da vorn ist eine Parkbucht.«
»Wenn du unbedingt willst!« Lächelnd betätigte der Grundstücksmakler den Blinker. Er war froh, wieder einmal in Bayern zu sein und war daher bereit, seiner Freundin jeden Wunsch zu erfüllen. Nachdem er den Wagen zum Stillstand gebracht hatte, wandte er sich sofort Barbara zu. Zärtlich griff er nach ihr. »Es ist schön, daß ich wieder bei dir bin.« Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und küßte sie. »Müssen wir wirklich zu deinen Eltern fahren? Können wir nicht irgendwo anders hin und zu Mittag essen? Egal wo, wichtig ist, daß wir ungestört sind.«
Barbara seufzte, sie entzog sich seinen Armen. »Du weißt doch, wenn viel los ist, dann muß ich einspringen. Ich habe dir das aber bereits am Telefon gesagt. Eine Bedienung ist krank.«
»Und dazu bin ich von München gekommen!« Thilo schob in spielerischer Empörung seine Unterlippe nach vorn.
»Nun sag bloß, daß du meinetwegen nach München gekommen bist! Nach München bist du doch nur wegen deiner Geschäfte gefahren.« Jetzt war sie es, die schmollte.
»Moment!« Er nahm sie erneut in die Arme und küßte sie. »Du weißt doch ganz genau, daß ich nur deinetwegen versuche, auch in München Geschäfte zu machen. So kann ich wenigstens hin und wieder in den Süden fahren. Oh, Babsy!« Er seufzte. »Es ist wirklich an der Zeit, daß du dich dazu entschließt, zu mir nach Hamburg zu ziehen.«
Barbara legte die Stirn an seine Schulter. »Du weißt doch, daß es nicht geht. Meine Eltern brauchen mich.«
»Du meinst, ich brauche dich nicht?« Thilo ließ ihre Schultern los, er setzte sich aufrecht hin. »Nun sind es bald zwei Jahre, daß wir uns kennengelernt haben. Seither versuche ich, zumindest einmal im Monat nach München zu kommen: Diesmal habe ich es sogar zweimal geschafft. Ich freue mich immer, dich zu sehen, Babsy. Wenn ich ehrlich sein soll, dann kann ich es kaum erwarten, aber da sind die vielen Tage ohne dich.«
Barbara wußte nicht, was sie darauf antworten sollte. Es war nicht das erste Mal, daß sie so ein Gespräch führten. Noch immer hegte sie die Hoffnung, ihn dazu überreden zu können, sein Büro nach München zu verlegen. Von München an den Tegernsee war es nur ein Katzensprung, sie hätten sich dann zumindest jedes Wochenende sehen können.
»Dann können wir also weiterfahren«, sagte der dreißigjährige Geschäftsmann resignierend. »Wenn wir Glück haben, dann können wir in Ruhe essen, ansonsten kann ich zusehen, wie du von Tisch zu Tisch eilst, um die Gäste zu bedienen.«
»Wenn es irgendwie geht, wird Mama schon versuchen, allein zurechtzukommen. Am Abend jedenfalls kann sie nicht mit mir rechnen, das habe ich ihr schon gesagt.«
Thilo brummte etwas Unverständliches. Sie legte ihm ihre Hand auf den Arm.
»Wollen wir nicht kurz aussteigen?«
»Haben wir noch Zeit? Ich dachte, du bist in Eile.« Thilo wandte sich seiner Freundin wieder zu.
»Schon, aber ich möchte dir nur etwas zeigen.« Jetzt lächelte Barbara wieder. Rasch stieg sie aus, trat über den Straßenrand hinaus ins Gras. Nun lag der See dicht vor ihren Füßen. Sie ließ den Blick schweifen, fand, daß dies das schönste Fleckchen auf der Erde war.
»Babsy, was soll das?« Thilo trat an ihre Seite. »Wenn du nicht in euer Lokal mußt, dann laß uns nach München fahren.«
»Thilo, sieh dich doch um!« Sie lehnte sich an ihn. Obwohl er verstimmt war, konnte er nicht anders, er legte sofort seinen Arm um ihre Schultern. »Ist es nicht schön hier?«
»Natürlich!« Er sah jedoch nicht auf den See hinaus, sondern sah sie an. Er mochte ihre langes blondes Haar.
Jetzt hatte sie es mit einem breiten blauen Band zusammengebunden. Das Band hatte genau die Farbe ihrer Augen. Es waren ihre Augen gewesen, in die er sich zuerst verliebt hatte. Sie waren tiefblau, so blau wie Bergseen. »Nicht doch!« Eine leichte Röte überzog Barbaras Gesicht. »Du sollst dir die Gegend ansehen. Hier merkst du am besten, wie schön es am Tegernsee ist. Die Berggipfel spiegeln sich im Wasser.«
»Für mich bist du das Schönste hier!« Lachend zog Thilo an ihrem blauen Band. Es löste sich, und das Haar fiel ihr in Locken über die Schultern. Mit beiden Händen fuhr er in die blonde Pracht. Er verbarg sein Gesicht darin und murmelte: »Es gibt wirklich nichts Schöneres.«
»Die Landschaft, Thilo, du sollst dir die Landschaft ansehen.«
»Kein Interesse!« Er umschlang sie so fest, daß sie sich nicht rühren konnte, dann küßte er sie so lange, bis ihr fast die Luft wegblieb.
»So war das nicht gedacht!« Barbara stemmte die Arme gegen seine Brust. »Du sollst deinen Blick über den See schweifen lassen.«
»Wasser, nichts als Wasser! Das habe ich in Hamburg auch.« Thilo verbiß sich ein Lächeln. Es kam, wie er erwartet hatte, seine Freundin fuhr empört auf.
»Und die Berge? Hast du so etwas etwa auch in Hamburg?«
»Dafür habe ich dort die Elbe, den Hafen, einen Hauch der großen weiten Welt«, stellte Thilo fest. Sein Arm legte sich dabei noch enger um ihre Schultern. Trotzdem senkte Barbara den Kopf.
»Willst du mir damit zu verstehen geben, daß du dich hier eingeengt fühlst?«
»Babsy«, seine Stimme klang zärtlich, »wir haben schon so oft darüber gesprochen. Ich komme gern nach Bayern, ich fühle mich sogar wohl hier. Hier herrscht eine Herzlichkeit, die uns im Norden fremd ist. Aber nur noch hier leben, das kann ich mir einfach nicht vorstellen.«
Ihr ging es doch genauso. Sie hatte ihn hin und wieder in Hamburg besucht, aber sie war sich fremd und verlassen in der Hansestadt vorgekommen. Die Sirenen der großen Schiffe hatten sie nicht gelockt. Alles war hektisch und laut gewesen. Sie löste sich etwas von ihm, ließ den Blick erneut schweifen. Wie anders war es hier. Vom anderen Ufer grüßten die Zwiebeltürme einer Kirche.
»Babsy, wir werden eine Lösung finden. Wir wohnen einmal in Hamburg und einmal in Bayern. Zuerst kommst du zu mir nach Hamburg. Ich suche uns dann ein Haus in Bayern. Wenn du willst, kann es auch am Tegernsee liegen. Dort verbringen wir unsere Freizeit.«
Barbara wandte sich ab. Mit hängenden Schultern ging sie zum Auto zurück. Rasch kam er ihr nach.
»Babsy, was ist denn?« Seine Hand legte sich auf ihre Schulter.
»Das fragst du noch? Du weißt doch, daß ich nicht zu dir nach Hamburg kommen kann. Meine Eltern brauchen mich.«
»Nein! Das kann ich nicht akzeptieren!« Thilos Stimme war angeschwollen. »Du bist vierundzwanzig Jahre. Es ist immer noch üblich, daß die Frau dem Mann folgt.«
Trotz erwachte in Barbara. Ihre blauen Augen blitzten, als sie sich ihm zuwandte. »Bei uns ist das anders. Wir haben dieses Lokal, und solange meine Geschwister noch nicht so weit sind, kann sich Mutter nicht ausreichend darum kümmern.«
»Dann sollten sich deine Eltern nach einem weiteren Kellner umsehen. Ich habe mich davon überzeugt, daß das Lokal gut geht. Es ist eine Goldgrube. Sie müssen nur mehr Personal einstellen, dann bist du entlastet.«
»Aber…« Barbara fehlte es an Argumenten.
»Womit wir wieder beim Thema wären. Ich weiß, wie sehr du dich deinen Eltern und deinen Geschwistern verbunden fühlst. Du liebst deine Heimat. Wenn man dich so ansieht, dann kann man es auch verstehen. Du bist ein Kind der Berge.« Seine Hände umspannten fest ihre Schultern. Ernst sagte er: »Deswegen liebe ich dich auch.«
»Wenn du nur auch meine Heimat lieben könntest. Sie ist so wunderschön.«
»Ich habe nichts gegen deine Heimat. Ich komme sehr gern hierher.«
Er berührte ihre Wange, strich ihr dann eine blonde Haarsträhne aus der Stirn.
»Es gibt rund um den Tegernsee noch wunderschöne Plätze, die du noch nicht gesehen hast. Ich muß morgen den Eltern nicht helfen. Laß uns auf den Wallberg gehen. Von dort hast du einen herrlichen Rundblick. Da liegt dir der See zu Füßen, und du wirst sehen, wie schön dieses Land ist.«
Thilo lächelte über ihren Eifer. »Warum nicht! Wichtig ist, daß wir diesen Tag für uns allein haben.«
Er hatte recht. Sie sahen sich an und lächelten, denn sie liebten sich.
*
Thilo Kaul mußte stehen bleiben. Sein Atem ging unregelmäßig. Er war das Bergsteigen nicht gewohnt. Er wandte sich seiner Freundin zu. Seit einer Stunde stiegen sie nun schon bergauf,