Himmel, erhalt uns das Bauernbrot
Von Paul Friedl
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Buchvorschau
Himmel, erhalt uns das Bauernbrot - Paul Friedl
Ernte
Ein Wort zuvor:
Zeitweiliger Wohlstand läßt als selbstverständlich hinnehmen, was uns in der Not als unentbehrlich zum Leben bewußt wird: das einfache tägliche Brot. Die abgehende Generation hat diese Not in zwei Weltkriegen erfahren und weiß, was Hunger ist. Die heutige Vielfalt an gutem Brot und hervorragendem Feingebäck erinnert sie immer wieder an die Jahre, da ein Stück Schwarzbrot oft nicht für Geld zu haben war. Aus der eigenen bitteren Erfahrung heraus habe ich in 55 Jahren zusammengetragen, was über den Wert unseres Grundnahrungsmittels, über die Geschichte des Bauernbrotes, über Formen, Sitten und Brauch zu berichten ist, habe darüber Großeltern, Eltern, Verwandte und Bekannte befragt, die eigenen Kindheitserinnerungen aufgezeichnet und in alten Zeitungen gelesen, was M. Pfann, J. Perktold, Josef Sauer, Josef Blau und andere zur Geschichte des Brotes schrieben. So kam ich zu einer Darstellung, so eigenartig und interessant, daß ich sie gerne weitergeben möchte, denn niemand weiß, ob nicht doch wieder eine Zeit kommt, die uns das einfache Bauernbrot achten und ehren lehrt. Zum Brauchtum und zur Überlieferung, wie gesund unser Schwarzbrot ist, wäre wohl ebenfalls viel zu sagen, es soll aber nur mit den Worten des unvergessenen Landarztes Dr. Voll von Furth im Wald geschehen: „Als im Krieg die Lebensmittel knapp waren, kam die Kartoffel und das schwarze und rauhe Bauernbrot zu hohen Ehren, und die Leute waren merkwürdig gesund. Damals hätten wir das Krankenhaus entbehren können."
Kleine Brotgeschichte
Von jeher lebten die Erdbewohner mit und von der Natur, von dem, was sie ihnen in ihrem Lebensraum bot. Neben den Ergebnissen der Jagd nutzten sie alles, was ihnen die Welt der Pflanzen an Eßbarem gab, und sie lernten durch Erfahrung, was an Früchten, Wurzeln und Gräsern genießbar war, was roh oder zubereitet der Ernährung dienen konnte. Zu den rispen- und ährentragenden Gräsern gehörten schon alle uns heute noch bekannten Getreidearten. Unsere Urvorfahren erkannten bald, daß sich das Korn dieser Gräser nicht nur nach der Reife gut verarbeiten ließ, sondern auch über die Jahreszeit hinaus gehortet werden konnte. Das Korn der verschiedenen Gräser wurde so zur Nahrungsreserve für die Zeit, da die Natur ruhte. Die Urvölker sammelten und ernteten bewußt und legten sich schon auf bestimmte, in ihrem Lebensraum ertragfähige Körnerpflanzen fest, kamen auch schon früh zur Erfahrung, daß sich die Körner durch Samenlegung fortpflanzen und vermehren ließen. Der Getreideanbau begann. Diese Zeit genauer zu bestimmen, ist nicht möglich, über diesen Anfängen liegt das Dunkel der Vorgeschichte. Fest steht, daß sich in guten Gegenden bald Roggen und Weizen durchsetzten, in den asiatischen Ländern der Reis. Die Völker Indiens, am Euphrat und Tigris und im alten Ägypten begannen das Getreide bald zum Verzehr zu verarbeiten, zu zerstampfen oder zwischen Steinen zu zermahlen, das gewonnene Gut mit Wasser anzuteigen und diese Teigmasse roh, allenfalls noch mit Salz, Honig oder Früchten versetzt, als wichtiges Nahrungsmittel zu genießen, später aber schon auf heißen Steinen in Fladen zu backen. Reste von eingeteigtem Schrot oder Mehl, aber auch von Fladen fanden sich bei allen Ausgrabungen. Die Verarbeitung des Mehles zum festen Brot hatte begonnen. Einer Gefährtin des griechischen Gottes Dionysos, Sohn des Zeus und der Semele, verehrt als Gott der Triebhaftigkeit und des Weines, wird die Erfindung des Backofens zugeschrieben. Damit entwickelten sich schon Veränderungen der Backformen vom einfachen Fladen zum Brotgebilde, zu Wecken und Laibchen und den verschiedensten Arten von Opferbroten. Eine alte Brotsage erzählt, daß einstmals eine griechische Frau ein Teiglaiblein zur Seite gelegt und beim Backen vergessen hatte. Als sie das Laibchen Tage später entdeckte und unter den neu angesetzten Teig mischte, brachte sie das erste mit Sauerteig gemachte Brot aus dem Ofen, und der ganze Ort staunte über das lockere und säuerlich schmackhafte Gebäck. Im Alten Testament erscheint ebenfalls das Sauerteigbrot; es heißt, daß es von den Ägyptern übernommen wurde.
Aber auch unsere Vorfahren im großen Raum altbayerischen Volkstums nutzten von Anbeginn das Angebot der Natur und ihrer korntragenden Gräser. Sie gelangten ebenfalls über das geschrotete und gemahlene Getreide zum Brot als wichtigste Ernährungsgrundlage. Die Vermehrung der Körner durch Anbau war ihnen ebenso bekannt, und ihre Volksstämme drängten zu Gebieten, die den Ackerbau zuließen. Sie brachten Roggen, Weizen, Buchweizen, Gerste und Hirse, siedelten und wirtschafteten in den fruchtbarsten Landschaften und übertrugen ihren Frauen die Verarbeitung des Kornes zu Mehl und Brot. Existierte durch viele Jahrhunderte hindurch nur die häusliche Brotherstellung, so kam es mit dem Wachstum der Siedlungen zu Märkten und Städten doch bald zur handwerklichen Bäckerei und damit zur Entwicklung verschiedener Brotsorten, hergestellt von eigenen Schwarz- und Weißbäckern. Auf dem Lande blieb jedoch bis in unsere Zeit hinein das Brotbacken bei den Haushalten, blieb es beim kernigen Haus- oder Bauernbrot. Es konnte von der Feinbäckerei nicht abgelöst oder verdrängt werden. Es unterscheidet sich heute noch durch seinen eigentümlichen und begehrten Geschmack vom Handwerks- oder Fabrikbrot, da man in der Hausbäckerei, wie von altersher, den Sauerteig als Treibmittel verwendet, während sonst mit Preßhefe oder Bäckerhefe gearbeitet wird.
Bäckerei
Während die Hausbäckerei auch heute noch keinen besonderen Vorschriften unterliegt, erließen schon vor 500 Jahren Gebietsherren und Städte strenge Anordnungen zur Bereitung und Qualitätssicherung des Handelsbrotes, machten Regierungen und Parlamente Brotgesetze, für Deutschland das große Brotgesetz von 1935. Heute wird gutes und gesundes Vollkornbrot neben einer Vielzahl von Brotsorten im Handel angeboten, geblieben aber ist auch das echte, im Hausbackofen in herkömmlicher Weise hergestellte gesunde und kernige altbayerische Bauernbrot; doch werden in unserer Zeit schon viele Bauernbacköfen nicht mehr genutzt, das echte Bauernbrot ist eine Rarität geworden.
Bauernbrot
Der Inbegriff eines würzigen, kernigen, geschmackvollen und nahrhaften Brotes ist immer noch das Bauernbrot. Es ist gesund und hat auch heute seine vielen Freunde, die keinen Weg scheuen, um von einer im herkömmlichen Holzofen backenden Bäuerin einen Laib zu ergattern. Vorerst gibt es ja die Bauern noch, die ihr eigenes Hausbrot nicht vermissen wollen, und es gibt diejenigen wieder, die gerne zur eigenen Broterzeugung zurückkehren, nachdem sie sie aus irgendwelchen Gründen schon aufgegeben hatten. Bauernbrot ist eben Bauernbrot. Man kann es mit anderen Backtechniken und anderen Zusammensetzungen und Bearbeitungen nicht nachahmen. Die vielen, heute angebotenen Kornbrotsorten können es nicht ersetzen, auch wenn sie sich darauf berufen, bayerisches Bauernbrot, Holzofenbrot, Ursauerbrot, Vollkornbrot oder Landbrot zu sein. Zwar stellen die Bäckereien schon immer ausgezeichnetes Schwarzbrot her, nützen hierfür oftmals den Sauerteig und nicht die Preßhefe, doch in der Regel zwingt sie ihr gewerbliches Backverfahren, vom reinen Kornbrot abzugehen und, um ihr Erzeugnis locker zu halten, dem Roggenmehl ein Fünftel oder mindestens ein Zehntel gutes Weizenmehl beizumengen. Es verbessert wohl die Qualität, führt aber von Würze und Geschmack des Bauernbrotes weg. Leider sind die meisten der bäuerlichen Backöfen verschwunden, und die Ofenmaurer kaum mehr zu finden, so daß manche Bäuerin inzwischen zum eisernen Hausbackofen gekommen ist bzw. sich darauf beschränkt, zwar das eigene Brot noch