Zur Geschichte und Chemie der Mineralwässer: Erdig - alkalisch - muriatisch - salinisch
Von Georg Schwedt
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Über dieses E-Book
Es werden bekannte Mineralwässer und ihre Geschichte in Deutschland vorgestellt. Anschließend wird die medizinische Bedeutung der Mineralwässer mit balneologischen Betrachtungen zur Trinkkur beschrieben. Im Anhang folgen dann noch Beschreibungen der Brunnen- und Bädermuseen.
Georg Schwedt
Der Autor wurde in Hessisch Oldendorf geboren, besuchte das Gymnasium Ernestinum in Rinteln und war nach dem Chemiestudium drei Jahrzehnte als Hochschulprofessor - zuletzt an der TU Clausthal - tätig. Als Buchautor veröffentliche er auch populärwissenschaftliche Werke und Bücher zur Wissenschafts- und Regionalgeschichte.
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Buchvorschau
Zur Geschichte und Chemie der Mineralwässer - Georg Schwedt
INHALT
Vorwort und Einleitung: Zur Bedeutung der Mineralwässer-Industrie im 21. Jahrhundert
Aus der Geschichte der Untersuchung von Mineralwässern – von Paracelsus bis Fresenius
Zur Gesundbrunnen-Literatur im 19. Jahrhundert
Trink- und Mineralwasser-Analytik heute
Zur Entstehung von Mineralwässern – eine Einführung in die Geochemie
Einteilung von Mineralwässern nach ihren Inhaltstoffen
Ausgewählte Mineralwasser-Marken in Deutschland mit Geschichte
Norddeutschland
Nordrhein-Westfalen
Rhein/Eifel/Saar
Region Hessen
Ostdeutschland
Südwestdeutschland
Exkurs zur Normwasserflasche
Bayern
Zur medizinischen Bedeutung der Mineralwässer
balneoxhwmiaxhwBetrachtungen zur Trinkkur (121)
Kleine Mineralwasseranalyse nach FRESENIUS ...
ANHANG: Brunnen- und Bädermuseen
in den Bädern Bellingen, Elster, Ems, Gottleuba, Homburg v.d.H., Langensalza, Lausick, Pyrmont, Rehburg, Schwalbach, Vilbel, Wildungen, in Goslar und Niederselters
LITERATUR
... des Autors zum Thema Mineralwässer
1. Vorwort und Einleitung:
Zur Bedeutung der Mineralwässer-Industrie
im 21. Jahrhundert
Alljährlich werden vom VERBAND DEUTSCHER MINERALBRUNNEN die Branchendaten veröffentlicht.
Für 2016 – und 2018 werden sie sich nicht wesentlich geändert haben – wurde von 195 Betrieben in der Bundesrepublik Deutschland 14.715,5 Mio. Liter an Mineralwässern verkauft – mit einem Umsatz von insgesamt fast 3.374,4 Mio. Euro.
Der Pro-Kopf-Verbrauch an Mineral- und Heilwässern wird für 2016 mit fast 190 Litern angegeben.
Zum Ex- und Import ist Folgendes zu erfahren:
Export Mineralwasser: 355,7 Mio. Liter, Import: 1.271,8 Mio. Liter (nach vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes).
Die wenigen Zahlen zeigen, welche Bedeutung der Markt an Mineral- und Heilwässern hat – und damit kommen wir auch zu den Grundaussagen von Carl Remigius FRESENIUS, dessen Geburtstag sich 2018 zum 200. Male jährt, der bereits in seiner ersten Abhandlung
Chemische Untersuchung
der
wichtigsten Mineralwasser des Herzogthums Nassau
1850 Folgendes feststellte:
Die genaue Kenntniß der chemischen Beschaffenheit eines Mineralwassers ist in mehrfacher Hinsicht von wesentlichem Belang.
Sie lehrt nämlich erstens den ARZT die Ursachen der HEILKRÄFTE kennen, welche das Wasser erfahrungsgemäß besitzt, sie gibt ihm Aufschlüsse über die richtige Art der Anwendung derselben und gewährt ihm einen sicheren Haltpunkt bei Versuchen, das Wasser in neuen Krankheitsformen als Heilmittel anzuwenden; –
sie gibt zweitens dem GEOLOGEN die wichtigsten Aufschlüsse über Natur und Entstehung der Mineralwässer und über die Rolle, welche sie bei der Gestaltung unserer Erdoberfläche gespielt haben; –
und sie belehrt endlich – um auch die materiellen Gesichtspunkte nicht außer Betracht zu lassen – den EIGENTHÜMER über den wahren Wert seines Besitzthums. Diese Aussagen gelten auch mehr als 150 Jahre danach im 21. Jahrhundert und sie werden in diesem Buch unter den verschiedensten Gesichtspunkten ausführlich vorgestellt.
Die Geschichte des heutigen Verbandes Deutscher Mineralbrunnen e.V. mit Sitz in Bonn beginnt bereits am 24. Oktober 1904 mit der Gründung durch etwa zwei Dutzend überwiegend rheinischer Mineralbrunnenbetriebe in Koblenz als erster Deutscher Mineralbrunnen-Verband. Als Aufgabe hatten sich die Mitglieder gestellt, die gemeinsamen Interessen der Deutschen Mineralbrunnen-Industrie Behörden, Verbänden und der Öffentlichkeit gegenüber in Wort und Schrift zu wahren.
In dieser ersten Phase ging es vor allem um eine verbindliche und allgemeine anerkannte Vereinbarung über die Deklaration der Heil- und Mineralwässer.
Im Ersten Weltkrieg nahmen die Aktivitäten des Verbandes infolge der Planwirtschaft zunehmend ab, bis es am 20. Oktober 1917 auf Initiative der inzwischen entstandenen Regionalverbände zu einer Neugründung als „Reichsverband Deutscher Mineralbrunnen" mit Sitz in Köln kam.
Im Dritten Reich bestand er noch bis zum 18. April 1935. Dann wurde ihm im Rahmen der nationalsozialistischen Gleichschaltungspolitik vom Amtsgericht Köln die Rechtsfähigkeit entzogen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde zunächst ein Fachverband der Mineralbrunnen in der britischen Zone gegründet, aus dem zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft aus der amerikanischen Besatzungszone am 11. August 1948 der Verband Deutscher Mineralbrunnen (VDM) hervorging.
Unter aktiver Mitwirkung und Vorsitz des VDM (Sitz Bonn) im europäischen Rahmen entstanden 1962 erstmals fünf Leitsätze zu einer europäischen Definition des Begriffs „natürliches Mineralwasser". 1980 trat die europäische Mineralwasser-Richtlinie in Kraft, die mit der Mineral- und Tafelwasserverordnung am 1. August 1984 in nationales Recht umgesetzt wurde.
In den 1990er Jahren wurde die Mineralwasserbetrieb aus der ehemaligen DDR als Brunnengebiet Ost in den VDM integriert. Auch war diese Zeit von Umbrüchen im Verpackungsmarkt charakterisiert, so dass heute nur noch etwa ein Viertel der Verpackungen als Glas-Mehrweg-, etwa 20 % als PET-Mehrweg- und fast 50 % PET-Einwegflaschen (Rest PETCYCLE/Rücklauf) sind.
(Informationen unter Branchendaten bzw. Geschichte auf der Webseite www.vdm-bonn.de)
2. Aus der Geschichte der Untersuchung von
Mineralwässern –
von Paracelsus bis Fresenius
Zur Zeit der CHEMIATRIE, in der chemische Substanzen zunehmend als Arzneimittel verwendet wurden – einer Vorläuferin der pharmazeutischen Chemie, gewann auch die Untersuchung von Mineralwässern auf ihre Inhaltsstoffe zunehmend an Bedeutung. Diese Entwicklung begann im 16./17. Jahrhundert und ist vor allem auf den Arzt und Naturforscher PARACELSUS (Theophrast von Hohenheim, 1493-1541) zurückzuführen. Chemiatrika wurden in den meisten Fällen in die später entstandenen Arzneibücher, die Pharmacopöen, übernommen.
PARACELSUS schrieb in einem frühen Werk zur Heilmittellehre – von den natürlichen bedern (1525) u.a.
von den warmen bedern
von den kalten bedern
Und über die siben mineralia
„Solcher beder art und eigenschaft hab ich zu erkennen (und) wissen an einem arzt, der nit allein die medicin, sondern auch die philosophei [im Sinne von Naturforschung], so einem arzt gebühret ist, gruntlich verfasset [vermittelt] wird."
Sein Fazit lautet:
Die heylquellen seyndt die natürlichen composita Gottes, sie seyndt vollkommener an craft und tugend als alles andere.
Mit tugend sind die spezifischen Inhaltsstoffe eines Mineral-/Heilwassers gemeint. Er beurteilte die Mineralien nach Geruch, Geschmack und Aussehen.
Der Arzt und Apotheker, Mineraloge und Zeitgenosse von Paracelsus, Georg AGRICOLA (1494-1555) veröffentlichte 1546 sein Werk De iudicio aquarum mineralium, eines der ersten Bücher zur Mineralwasseranalyse.
Und der Botaniker, Mediziner TABERNAEMONTANUS (eigentlich Jacob Theodor aus Bergzabern, 1522-1590) schrieb das erste umfangreiche Werk über die Heil- und Mineralwasserquellen mit dem Titel „New Wasserschatz. Von allen heylsamen Metallischen Miner(al)ischen Bädern und Wassern (1584).
Wie seine Vorgänger benutzte er die Rückstände aus der Verdampfung des Wassers zur sensorischen Prüfung, sortierte Körnchen nach Aussehen und Farbe, prüfte mit der Zunge auf Salz, Alaun (adstringierend), Gips, Salpeter, Metalle (wie Eisen). In seinem Werk sind zahlreiche Orte und Quellen verzeichnet, die noch heute bestehen.
Der ungarische Chemiehistoriker Ferenc Szabadvary (1923-2006), dessen „Geschichte der Analytischen Chemie" (1966) von dem Hamelner Ratsapotheker und Pharmaziehistoriker Günther KERSTEIN (1904-1979) für die deutsche Ausgabe bearbeitet wurde, schrieb u.a.:
„Im Zeitalter der Chemiatrie benutzte man in der Heilkunde viele Mineralwässer. Man befaßte sich eingehend mit der Untersuchung dieser Wässer, um über die Ursache ihrer Heilwirkung Auskunft zu erhalten.
Die Wasseruntersuchungen trugen vornehmlich zur Entwicklung der chemischen Analyse auf nassem Wege bei.