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Das Haus Zamis 54 - Beelzebub
Das Haus Zamis 54 - Beelzebub
Das Haus Zamis 54 - Beelzebub
eBook234 Seiten3 Stunden

Das Haus Zamis 54 - Beelzebub

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Über dieses E-Book

Der Feind scheint geschlagen, Michael, Thekla und Coco gerächt. Doch noch bevor Georg Zamis das Erbe seines Vaters antreten kann, meldet ein anderer seine Besitzansprüche an und verlangt, ihm die Villa Zamis zu übergeben. Der Fremde nennt sich Baalthasar Zebub – und er strebt nicht weniger als den Posten des Fürsten der Finsternis an …

Der 54. Band von "Das Haus Zamis".

"Okkultismus, Historie und B-Movie-Charme - ›Dorian Hunter‹ und sein Spin-Off ›Das Haus Zamis‹ vermischen all das so schamlos ambitioniert wie kein anderer Vertreter deutschsprachiger pulp fiction." Kai Meyer

enthält die Romane:
123: "Beelzebub"
124: "Gefangen!"
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum8. Juni 2018
ISBN9783955722548
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    Buchvorschau

    Das Haus Zamis 54 - Beelzebub - Simon Borner

    Fußnoten

    Was bisher geschah:

    Die junge Hexe Coco Zamis ist das weiße Schaf ihrer Familie. Die grausamen Rituale der Dämonen verabscheuend, versucht sie den Menschen, die in die Fänge der Schwarzen Familie geraten, zu helfen. Auf einem Sabbat soll Coco endlich zur echten Hexe geweiht werden. Asmodi, das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, hält um Cocos Hand an. Doch sie lehnt ab. Asmodi kocht vor Wut – umso mehr, da Cocos Vater Michael Zamis ohnehin mehr oder minder unverhohlen Ansprüche auf den Thron der Schwarzen Familie erhebt.

    Nach jahrelangen Scharmützeln scheint endlich wieder Ruhe einzukehren: Michael Zamis und seine Familie festigen ihre Stellung als stärkste Familie in Wien, und auch Asmodi findet sich mit den Gegebenheiten ab. Coco Zamis indes hat sich von ihrer Familie offiziell emanzipiert. Das geheimnisvolle »Café Zamis«, dessen wahrer Ursprung in der Vergangenheit begründet liegt und innerhalb dessen Mauern allein Cocos Magie wirkt, ist zu einem neutralen Ort innerhalb Wiens geworden. Menschen wie Dämonen treffen sich dort – und manchmal auch Kreaturen, die alles andere als erwünscht sind.

    Michael Zamis, seine Frau Thekla und Coco reisen nach Rumänien. Dort, auf der Temeschburg, findet die Testamentseröffnung der Fürstin Bredica statt, einer Großtante Michaels. Hier trifft er seine ehemalige Geliebte Florentina wieder – und seine uneheliche Tochter Juna, die er bisher verschwiegen hat. Juna hat eine grausame Vergangenheit hinter sich – die sie auf der Temeschburg einzuholen droht.

    Das in Aussicht gestellte Erbe der Fürstin erweist sich als Lockvogel, damit diese ihre Jugend wiedererlangen kann. Michael, Thekla und Coco Zamis sowie Juna und auch Skarabäus Toth entkommen der tödlichen Intrige nur knapp. Der Rückweg nach Wien führt durch den sagenumwobenen, dämonenverseuchten Hoia-Baciu-Wald. Dort werden sie von einem unsichtbaren Gegner attackiert. Jeder Einzelne muss fortan um sein Leben kämpfen: Coco Zamis gelangt in ein Dorf, das von der Außenwelt abgeschnitten scheint. Bei dem verzweifelten Versuch, daraus zu fliehen, wird sie von Schwärmen von Fliegen attackiert. Ihr Vater, Michael Zamis, hat unterdessen in demselben Dorf eine Unterredung mit einem Dämon namens Beelzebub, der über die Ansiedlung herrscht. Der Dämon versucht Michael dazu zu gewinnen, mit ihm gegen Asmodi vorzugehen, doch Michael lehnt ab …

    Unterdessen wird klar, dass Skarabäus Toth, der Schiedsrichter der Schwarzen Familie, einmal mehr ein doppeltes Spiel betreibt: Er bereitet für Beelzebub dessen Herrschaft in Wien vor.

    Die verbliebenen Zamis-Sprösslinge Adalmar, Lydia und vor allem Georg, der das Erbe seines für tot erklärten Vaters Michael anzutreten anstrebt, halten dagegen …

    Erstes Buch: Beelzebub

    Beelzebub

    von Simon Borner

    nach einem Exposé von Uwe Voehl

    1.

    »Hast du etwa Angst?«

    Melina schüttelte den Kopf. Nie im Leben würde sie zugeben, wie mulmig ihr zumute war. »Seh ich etwa so aus?«

    Tony, dem die Frage galt, lachte nur. »Darauf willst du keine Antwort hören, glaub’s mir.«

    Im selben Moment kam Emma mit ihrem Rad um die Straßenecke. Sie klingelte kurz als Begrüßung, stieg dann ab und verstaute das Rad in den Büschen neben dem Haus. Von der Straße aus würde niemand es bemerken.

    »Na, ihr Schisser?«, grüßte sie die beiden Freunde. »Gehen wir rein, oder habt ihr es euch anders überlegt?« Sie grinste hämisch. »Ah, ich sehe schon: Ihr wollt lieber nach Hause und euren geliebten Mamis beim Stricken helfen, hm? Wie zwei artige kleine Kinder.«

    »Halt den Mund, Emma.« Tony lachte. »Wir gehen doch rein. Und zwar genau jetzt. Richtig, Lina?« Er sah zu seiner Freundin.

    Melina schluckte. Sie wusste, wie absurd ihre Angst war. Das Haus war nur ein Haus, weiter nichts. Leere Zimmer, in denen nichts und niemand mehr lebte. Ein Haus konnte niemandem etwas tun.

    Und doch … Irgendetwas in ihrem Inneren sträubte sich dagegen, das dunkel vor ihr liegende Gebäude zu betreten. Schließlich nannte man es ja bestimmt nicht grundlos das »Galgenhaus«.

    Sie ballte die Hände zu Fäusten, schluckte einmal und nickte dann. »Klar gehen wir. Na los.«

    Emma legte ihr lachend den Arm um die Schultern. Gemeinsam gingen sie auf das Gebäude zu.

    Das Haus wirkte, als stünde es seit einer Ewigkeit leer. Verlassen und finster lag es da, und je näher Melina ihm kam, desto stiller schien die Nacht zu werden. Nichts drang mehr an ihre Ohren – kein Autolärm, keinerlei von Menschen erzeugten Geräusche. Nur das vergnügte Lachen ihrer beiden Freunde konnte sie noch hören. Das und das Knirschen des Kieses unter ihren Schuhsohlen.

    »Was meint ihr, wie lange hier niemand mehr war?«, fragte Emma. Sie hatte eine Taschenlampe und richtete sie nun auf das Galgenhaus. Der kreisrunde Lichtkegel wanderte über die Außenmauern, doch das Licht ging immer wieder aus. Ein technischer Defekt an der Lampe? »Bestimmt schon ewig.«

    »Bestimmt nicht«, betonte Tony. »Die Familie von Karabaczek hat bis vor Kurzem noch hier gelebt.«

    Eigentlich hieß er Anton wie sein Vater und sein Großvater, aber er fand den Namen spießig, und Melina sah das ähnlich. Von einem Anton hätte sie sich nie rumkriegen lassen. Hieße ihr Freund Anton, säße sie jetzt bei ihrer strickenden Mutter. Anstatt sich die Nacht mit einem Einbruch um die Ohren zu schlagen.

    Mit einem Einbruch … und mit mehr.

    »Das merkt man aber nicht«, fand Emma. Wütend schlug sie gegen ihre Lampe, die immer wieder ausging. »Aber sind das nicht die gewesen, die ermordet wurden? Ich glaube, das stand sogar in der Zeitung.«

    »Kann sein«, sagte Tony. »Aber tot sind sie auf jeden Fall. Es heißt, man könne sie des Nachts durchs Haus schlurfen hören. Also, als Geister, meine ich.« Er schnappte sich Emmas Lampe und hielt sie sich unters Kinn. Das flackernde Licht ließ seine Miene gespensterhaft wirken. »Wär das nicht was? Wenn wir einem echten Geist begegnen würden? Buuuhuuuuu!«

    Melina beschloss, das Thema zu wechseln. »Wo bleiben eigentlich die anderen? Sind wir zu früh?«

    »Nee, die sind zu spät.« Emma zückte das Handy aus der Hosentasche und sah aufs Display.

    »Wehe, die kommen nicht«, sagte Tony. Er reichte ihr die Lampe wieder. »Moataz sollte doch das Gras mitbringen. Und Clara den Fusel. Wenn die nicht auftauchen, sitzen wir auf dem Trockenen.«

    »Und du wärst die ganze Nacht lang allein mit gleich zwei schönen Frauen«, neckte Emma ihn. »Nein, da gebe ich dir recht: was für eine schreckliche Vorstellung.«

    »Genau.« Tony grinste breit. »Absolut gruselig.«

    Emma runzelte die Stirn. »Sag mal, was ist das hier? Erst die Taschenlampe, und jetzt spinnt auch noch mein Handy? Ich bekomm ums Verrecken kein Signal.«

    »Lass gut sein, Em.« Tony winkte ab. »Die sind gleich hier, ohne jeden Zweifel.« Nun war er es, der Melina den Arm um die Schultern legte. Sanft, aber bestimmt zog er sie an sich und roch an ihrem Haar. »Das wird die Nacht unseres Lebens, Leute. Die würde niemand freiwillig verpassen.«

    Sie hatten das Haus endgültig erreicht. Als Melina sich umdrehte, konnte sie die Straße fast nicht mehr erkennen, so dunkel war es geworden. Ein fahler Mond stand am Himmel, und Wolken verdeckten den Großteil der Sterne. Dünne Nebelschwaden zogen über das Grundstück, als hätten sie nur darauf gewartet, ein Publikum zu bekommen, das sie beeindrucken konnten.

    Ich habe keine Angst, befahl Melina sich innerlich. Nur Babys haben Angst. Und Babys würden sich ja wohl nie und nimmer nachts aus ihrem Elternhaus schleichen, um Party zu machen und … und …

    War es das, was sie so nervös machte? Gar nicht die Aussicht auf eine Nacht im angeblichen Spukhaus, sondern die auf eine Nacht – auf die ganz spezielle Nacht – mit Tony? Er wollte schon sehr lange, dass es dazu kam. Und obwohl auch sie es wollte, machte sie der Gedanke daran ziemlich unruhig. Hoffentlich kam Clara wirklich noch. Sie brauchten den Alkohol!

    »Hey, hier steht ein Fenster offen.« Staunend deutete Emma auf ein Kellerfenster des Galgenhauses.

    »Praktisch«, sagte Tony. Er ging in die Knie und betrachtete das offene Fenster. »Dann brauchen wir gar keins einzuschlagen. Es ist nicht Einbruch, wenn uns das Haus praktisch hereinbittet, oder?« Er drehte sich grinsend um und nickte den beiden Mädchen zu. »Ladies first?«

    Ich bin kein Baby mehr, schwor Melina sich. Sie setzte sich in Bewegung. Mit butterweichen Knien stieg sie durch das offene Kellerfenster. Die Nacht der Nächte begann, ob sie es wollte oder nicht. Sie konnte nur noch darauf hoffen, dass die Nacht schön werden würde.

    Und dass sie niemandem wehtat.

    Das Innere des Galgenhauses war kalt. Das merkte Melina sofort. Die Luft im Keller wirkte wie die aus einer Eiskammer oder alten Gruft. Außerdem war es totenstill. Melina trat zur Seite und ließ Tony und Emma ebenfalls einsteigen. Emmas Lampe erhellte den Raum, der sich als kleine Abstellkammer erwies. Es gab deckenhohe Regale voller Einmachgläser und Konserven, Putzmittel und ähnlichem Zeug. Eine Tür führte weiter und in den Rest des Hauses.

    »Hat hier noch niemand ausgeräumt?«, staunte Tony. Er sprach noch leiser als vorhin, fast schon ehrfurchtsvoll.

    »Die von Karabaczeks sind noch nicht lange tot«, sagte Emma. »Vielleicht war einfach noch kein Verwandter hier, um sich um ihre Habseligkeiten zu kümmern.«

    »Vielleicht hatten sie auch keine Verwandten«, spekulierte Melina.

    »Na, irgendwem wird der Kasten schon gehören«, meinte Tony. »Irgendeinem Erben, meine ich.«

    »Heute Nacht gehört er jedenfalls uns«, sagte Emma. Sie trat vor und auf die Tür zu. Dann drehte sie sich zu ihren Begleitern um. »Kommt ihr?« Sie streckte die Hand nach der Klinke aus, zuckte aber sofort zusammen. »Iih!«

    »Was ist?«, erschrak Melina.

    Emma wich zwei Schritte zurück. Sie wedelte mit der Hand durch die Luft und richtete den flackernden Strahl ihrer Lampe auf die Tür. »Da war etwas. Da … Bäh!«

    Nun sahen sie es alle. Die Klinke der Kellertür war nahezu pechschwarz vor Fliegen! Die dicken Insekten wimmelten nur so auf dem kalten Metall. Emmas Berührung hatte sie merklich aufgebracht, und nun summten einige auch um die Klinke herum.

    »Na, geputzt hat hier auch länger niemand mehr«, scherzte Tony. »So viel ist sicher.«

    Mit dem Fuß stieß er die Tür, die bereits einen Spalt offen stand, weiter auf. Dann gingen sie tiefer ins Innere des Galgenhauses.

    Sie hatten sich schnell orientiert. Über die Treppe gelangten sie in den Salon, ein besseres Wohnzimmer. Just als sie dort eintrafen, sahen sie durch die deckenhohen Fenster auch schon ihre Freunde ums Haus herumschleichen. Moataz, Clara und der Rest der Wiener Chaosgang waren soeben eingetroffen. Sie trugen schwer aussehende Taschen und lachten fröhlich. Tony öffnete die Terrassentür und ließ sie eintreten.

    »Willkommen in der Nacht der Nächte«, verkündete er.

    Clara reichte ihm eine Dose Rum mit Cola aus ihrer Tragetasche. »Das ist also das berühmte Galgenhaus.« Beeindruckt sah sie sich um. »Sieht gar nicht so übel aus. Also, wenn man erst einmal drin ist.«

    »Das sagst du.« Moataz deutete auf den Teppich. »Guck mal genauer hin.«

    Auch Melina wagte einen Blick. Dort auf dem Wohnzimmerteppich prangte ein dunkler Fleck, den sie jetzt erst bemerkte. »Ist das …«

    »Mhm.« Moataz nickte. »Darauf kannst du wetten. Feinstes Blut, direkt vom Erzeuger, ähm, Mordopfer.«

    »Die von Karabaczeks«, hauchte Clara. Sie klang jetzt sogar noch mehr beeindruckt als vorhin. Mit zitternden Fingern strich sie sich das schulterlange rote Haar zurück. »Wow … Das ist echt oberkrass, Leute. Hier sind sie gestorben. Genau hier!«

    »Ein Hoch auf unsere Gastgeber!« Tony reckte seine Dose in die Höhe, als gäbe er gerade den pathetischsten Trinkspruch aller Zeiten zum Besten. »Echt nett von ihnen, dass wir hier sein dürfen.«

    »Hast du sie etwa gefragt?« Emma lachte.

    »Unterbrich mich nicht, Em«, tadelte er sie streng. »Hast du etwa keinen Respekt vor den Toten?«

    Moataz nahm Clara die übrigen Taschen ab und ließ sie mit lautem Plumpsen auf den Boden sinken, wo er sie prompt öffnete und Alkohol verteilte. »Laber nicht, mach lieber Musik an. Irgendwo hier wird’s doch Boxen geben, an die du dein Handy anschließen kannst, oder? Und dann …« Er lächelte schelmisch, öffnete den Reißverschluss seiner Jacke und zog einen Plastikbeutel aus der Innentasche. »Dann geht die Party los.«

    Er schüttete den Inhalt des Beutels auf den Wohnzimmertisch. Melina sah einen wahren Berg an Gras, aber auch einige Tabletten und kleine quadratische Plättchen mit Smiley-Gesichtern drauf.

    »Alter!« Tony schrie fast vor Begeisterung. Er griff nach den Plättchen. »Wo hast du das Zeug denn her? Das muss doch ein Vermögen gekostet haben.«

    Moataz zuckte nur mit den Schultern. »Ist das nun die Nacht der Nächte oder nicht?«

    Melina und Emma wechselten einen Blick. Marihuana war eine Sache, selbst Melina hatte hin und wieder schon an einem Joint gezogen. Aber das da?

    »Du und dein Kopf, Lina«, sagte Emma und lächelte. »Wie oft hab ich dir das schon gesagt? Dein Kopf steht dir im Weg, Mädchen. Ständig bremst er dich aus. Ey, du bist fünfzehn, keine fünfzig! Jetzt leb doch mal!« Sie griff nach einem der Plättchen, legte es sich auf die Zunge und schluckte es mit breitem Grinsen herunter.

    Moataz und Tony jubelten. Nur Melina bemerkte die zwei dicken Fliegen, die so selbstverständlich zwischen Moataz’ Schätzen umherkrabbelten, als wären sie die wahren Herren des Galgenhauses.

    2.

    »Verflucht, was ist denn jetzt schon wieder?«

    Tony klang wütend. Seine Geduld war endgültig am Ende, das sah Melina ihm an – so deutlich wie die stattliche Erektion in seinen Boxershorts.

    »Ich …« Seufzend setzte sie sich auf. Die Kissen des breiten Doppelbetts drückten gegen ihren nackten Rücken. Ihr war kalt, und so ungern sie es sich eingestand: Sie schämte sich. Es war die Nacht der Nächte, doch was tat sie? Sie lief schon hochrot an, wenn sie in Höschen und BH vor ihrem Freund lag. Sie kämpfte schon mit den Tränen, bevor es überhaupt richtig losging. »Ich … weiß es nicht. Ich …«

    Sie hatten sich vom Rest der Chaosgang getrennt und im Obergeschoss des Galgenhauses das große Schlafzimmer gefunden. Das Bett war noch immer bezogen, und Tony hatte sie darauf platziert. Minutenlang hatten sie die Sektflasche zwischen sich kreisen lassen, dann hatte er angefangen, Melina zu küssen, zu streicheln … und schließlich auszuziehen.

    Es war alles seinen Gang gegangen. Es war alles ganz normal. Nur …

    »Ich kann das einfach nicht«, gestand Melina. Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie sich ihr Versagen eingestand.

    »Schwachsinn.« Tony rutschte wieder näher. Der Stoff seiner Shorts war das reinste Zirkuszelt. »Natürlich kannst du. Jede kann das. Leg dich einfach hin, dann wird das schon.« Er nahm ihre Schultern und drückte sie mit sanfter Bestimmtheit zurück in eine liegende Position. »Jede kann das«, wiederholte er fast schon beschwörend. »Echt jede.«

    »Ich aber nicht!« Melina wusste nicht, woher sie den Mut nahm, doch sie entwand sich seinem Griff. Mit einem einzigen Satz war sie vom Bett gesprungen. Nackt bis auf die Unterwäsche stand sie im kalten Schlafzimmer. »Es … Es tut mir leid, Tony. Ich … Es geht nicht, verstehst du? Ich wünschte, es wäre anders, aber …«

    Er war auf die Matratze gefallen. Nun drehte er sich um. Seine Laune war im Keller, und man sah es ihm an. »Einen Dreck verstehe ich, Lina. Ich dachte, du wärst ein feines Mädel. Eine, die weiß, was sich gehört. Aber was machst du? Mich heiß, nur um mich dann sitzen zu lassen?« Er deutete an sich hinab. »Hier, ey! Das warst du! Jetzt mach gefälligst was damit!«

    Melina begann zu weinen. Er hatte ja recht. Er war ein Mann, und Männer hatten Bedürfnisse. Das hatte er ihr lang und breit erklärt, als sie einander nähergekommen waren. Er wollte diese Nacht nicht nur, er brauchte sie – denn Melina hielt ihn schon viel zu lange hin, bestimmt schon drei Wochen!

    Und jetzt verweigerte sie sich.

    »Du … Du hast eine Bessere verdient«, schluchzte sie schuldbewusst. Dann drehte sie sich um, griff sich ihre Klamotten und rannte aus dem Schlafzimmer. Tony kam ihr nicht nach.

    Der Korridor war leer. Melina zog schniefend die Nase hoch und stieg in ihre Jeans. Sie konnte

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