Lennox und der Blick in die Vergangenheit Das Zeitalter des Kometen #5
Von Jo Zybell
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Über dieses E-Book
Der Umfang dieses Buchs entspricht 146 Taschenbuchseiten.
Auf der Erde hat ein Kometeneinschlag die Zivilisation vernichtet. Tim Lennox und seine Gefährten müssen um ihr Überleben kämpfen.
Tim Lennox und Marrela wollen nach London, um dort möglicherweise Überlebende der großen Katastrophe zu finden, die unterirdisch leben. Auf dem Weg dorthin treffen sie auf andere Überlebende.
In der Vergangenheit, unmittelbar vor dem Einschlag des Kometen, hatte es sich ein Historiker zur Aufgabe gemacht, all das aufzuzeichnen, was er für würdig hielt, der Nachwelt überliefert zu werden.
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Lennox und der Blick in die Vergangenheit Das Zeitalter des Kometen #5 - Jo Zybell
Lennox und der Blick in die Vergangenheit Das Zeitalter des Kometen #5
von Jo Zybell
Der Umfang dieses Buchs entspricht 146 Taschenbuchseiten.
Auf der Erde hat ein Kometeneinschlag die Zivilisation vernichtet. Tim Lennox und seine Gefährten müssen um ihr Überleben kämpfen.
Tim Lennox und Marrela wollen nach London, um dort möglicherweise Überlebende der großen Katastrophe zu finden, die unterirdisch leben. Auf dem Weg dorthin treffen sie auf andere Überlebende.
In der Vergangenheit, unmittelbar vor dem Einschlag des Kometen, hatte es sich ein Historiker zur Aufgabe gemacht, all das aufzuzeichnen, was er für würdig hielt, der Nachwelt überliefert zu werden.
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Ein CassiopeiaPress Buch CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
© Roman by Author / COVER LUDGER OTTEN
© dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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London, 18. November, 2011
Scheinwerferlicht tauchte das Bild in grelles Licht. Richard Jagger trat näher an die Kopie des Wandgemäldes heran. Auf der obersten Stufe Figuren in Umhängen, Jaguarfellen und mit exotischen Kopfbedeckungen – Federn, Tierköpfe und unheimliche, fast dämonisch wirkende Masken. Auf den beiden Stufen darunter etwa ein Dutzend halbnackte Menschen, sitzend oder kniend. Viel mehr als einen Lendenschurz trugen die meisten nicht. Einer, ganz links, warf zwei Bälle in die Luft. Ein uraltes Bild. Weit über tausend Jahre alt.
Richard Jagger führte das Diktiergerät zum Mund: „Sehen Sie den Ballspieler ganz links auf der untersten Stufe, Ladies und Gentlemen? Schauen Sie, wie leichthändig er die Bälle wirft. Wirkt er nicht gelöst, fast heiter? Dabei war er eben noch ein Todeskandidat. Ja – Sie hören richtig, Ladies und Gentlemen: Ein Todeskandidat!"
Leise Musik erfüllte den Ausstellungsraum. Alte Musik. Nicht ganz so alt wie das maßstabsgetreu kopierte Wandgemälde aus dem neunten nachchristlichen Jahrhundert mit dem knienden Maya-Ballspieler. Aber alt genug, um nur noch von Liebhabern wie Jagger gehört zu werden. „She’s a rainbow" von den Rolling Stones. zu den Musikern gehörter ein entfernter Verwandter Richard Jaggers.
„Einer von sechs bis acht Spielern, die in zwei Mannschaften gegeneinander angetreten waren. Eine Mannschaft hat das Spiel verloren und die Niederlage mit dem Leben bezahlt. Der Mann, den Sie hier auf dem Bild sehen, Ladies und Gentleman – er gehörte zu den Siegern. Man sieht es ihm an, oder?"
Ein Bild aus einer Reihe von Exponaten, die Jagger aus zahlreichen Museen der Welt zusammengetragen hatte. Oder noch zusammentragen würde. Siebenhundert-fünfundachtzig ganz genau. Skulpturen, Tücher, Wandteppiche, Keramiken, Fotografien, Modelle von Pyramiden und Festungsanlagen, Dokumente der spanischen Eroberer, und so weiter und so weiter.
Jagger sprach den Text in sein Diktiergerät, den die Besucher der Ausstellung später aus den Lautsprechern hören würden, wenn sie vor dem Bild standen. Oder über Kopfhörer in ihrer eigenen Sprache, falls sie Ausländer waren. Später. Am elften Februar des kommenden Jahres. An diesem Samstag sollte die Ausstellung eröffnet werden. Genug Zeit, die noch fehlenden Ausstellungsstücke aus den verschiedenen Metropolen herbeizuschaffen. Genug Zeit, dem Ausstellungskonzept den letzten Schliff zu verpassen. Genug Zeit für Texte, Übersetzungen und Öffentlichkeitsarbeit. Und vor allem für das Buch, an dem Richard Jagger seit dem Sommer arbeitete. Fast drei Monate Zeit noch.
„Vielleicht wissen Sie, Ladies und Gentleman, dass der Sport bei den Griechen und Etruskern seine Wurzeln in religiösen Kulthandlungen hatte. Genauso verhält es sich bei den mesoamerikanischen Hochkulturen …"
„Spuren im Sand" hieß die Ausstellung. Ein etwas reißerischer Titel, wie Jagger fand. Es ging um untergegangene Zivilisationen. Um die Mayas, Tolteken und Azteken, um genau zu sein. Untergegangene Kulturen waren im Trend. Seit dem Sommer. Seit dieser Komet nicht mehr aus den Schlagzeilen weichen wollte.
Das Britische Museum hatte Richard Jagger einen Zweijahresvertrag für dieses Projekt gegeben. Der promovierte Historiker und Kunstgeschichtler betrachtete den Job als Sprungbrett. Ein Buch hatte er bereits veröffentlicht. Seine Arbeit über die nordamerikanischen Indianer hatte international Beachtung gefunden. Im Sommer nächsten Jahres wollte er seine Forschungsergebnisse über die Mayas veröffentlichen. Jagger zweifelte nicht daran, dass ihn dieser zweite Wurf an das vorläufige Ziel seiner vorläufigen Träume bringen würde: Auf einen Lehrstuhl in Cambridge.
„… besonders die Mayas pflegten das Ballspiel. Jagger drückte die Pausentaste. Er drehte sich zu dem Klapptisch hinter sich um, auf dem er seine Unterlagen ausgebreitet hatte. Eine kleine, tragbare Stereoanlage stand dort inmitten von Papieren, Kaffeebecher, Stiften und Disc-Hüllen und einem über die Tischecke gehängten Mantel. Jagger wechselte die Mini-Disc. Wilde Rhythmen aus Zeiten vor seiner Geburt ertönten: „Jumping Jack Flash
.
Er richtete sich auf, löste den Pausenknopf seines Diktiergerätes und konzentrierte sich wieder auf das Bild. „Eine Mannschaft bestand aus drei bis fünf Spielern. Der vier Kilo schwere Ball war aus Naturkautschuk. Er durfte weder mit Händen noch mit Füßen berührt werden … Seine Hüften wiegten sich im Rhythmus der Musik. Jagger arbeitete am besten mit Musik. Schon als Schüler hatte er sich während der Hausaufgaben immer die Kopfhörer übergestülpt. „… allein durch ihre Körperarbeit versuchten die Spieler den Ball im Flug zu halten. Durch den fliegenden Ball sollte der Lauf der Sonne symbolisiert werden.
Ursprünglich wollte die Museumsdirektion die Ausstellung auf die Mexican Gallery beschränken, eine relativ kleine Abteilung im Zentrum des Britischen Museums. Jagger hatte eine nicht unerhebliche Erweiterung der Ausstellung durchgesetzt. Tatsächlich wurden ihm Räume der angrenzenden Münzsammlung und der British Library zur Verfügung gestellt. Sogar das zentrale Kuppelgebäude des Lesesaals der British Library hatte ihm die Museumsleitung schließlich bewilligt. Dort wollte Jagger die zahlreichen Dokument der spanischen Eroberer ausstellen.
„Fiel der Ball zu Boden, so hieß das: Der Lauf der Sonne ist unterbrochen. Er konnte nach Vorstellung der Mayas nur dadurch wieder in Gang gesetzt werden, dass die Mannschaft, die den Ball hatte fallen lassen, ihn treffsicher durch einen Steinring schleuderte."
„Sympathy for the devil", der Historiker drehte sich im Kreis, legte ein paar Tanzschritte hin und schnippte rhythmisch mit den Fingern, bevor er weiter diktierte. Die Musik ging ihm ins Blut. Richard Jagger war alles andere als ein leidenschaftsloser Erbsenzähler. Auch seine Wissenschaft betrieb er mit Haut und Haaren.
„Wenn der Werfer den Steinring verfehlte, hatte seine Mannschaft verloren. Und wurde dem Sonnengott geopfert, um ihn durch ihr Blut wieder zu stärken." Jagger schüttelte sich. Für Sekunden glaubte er zu fühlen, was diese Ballspieler vor über elfhundert Jahren gefühlt hatten – ihre fast schmerzhafte Anspannung, den stillen Ernst, mit dem sie das Spielfeld betraten, die äußerste Konzentration, mit der sie den schweren Ball im Auge behielten, und den eisigen Schauer, wenn sie den Ball verfehlten, wenn die Kautschuk-Kugel auf den Boden prallte.
Kein Ball mehr in diesem Augenblick – sondern ein Himmelskörper, die abgestürzte Sonne. Eine Sonne war auf die Erde gestürzt – und sie hatten die Schuld!
„Uuh, seufzte Jagger. Wieder schüttelte er sich. „Stellen Sie sich ein Champions League Finale vor, Ladies und Gentleman, stellen Sie sich vor, es kommt zum Elfmeterschießen, und stellen Sie sich vor, Archer Lionel verschießt den Elfer und Arsenal London verliert das Finale!
Lionel war zu jener Zeit der absolute Fußballstar in Großbritannien. „Und stellen Sie sich vor, man würde ihn nach dem Spiel in die Westminster Abbey bringen, ihn dort an den Altar führen und ihm das Herz aus der Brust … Eine Vibration über seinem Herzen kühlte seine überschäumende Phantasie ab. Er zog sein Telefon aus der Brusttasche des Hemdes. „Jagger?
„Wann kommst du, Richie? Die Stimme seiner Frau. Dünn und ein wenig heiser. Die Sache mit dem Kometen nahm Liz mehr mit, als es nach Jaggers Meinung gesund war. Alle paar Jahrzehnte zog so ein Dreckklumpen an der guten alten Erde vorbei. Und alle paar Jahrzehnte schrien die Boulevardpresse und ein paar Fernsehsender: „Apocalypse now!
Und rieben sich heimlich die Hände wenn Auflagen und Einschaltquoten stiegen.
„Bin unterwegs! Jagger sah auf die Uhr. „Hey, Baby – schon nach halb zehn! Jemand muss die Stunden verkürzt haben! Wahrscheinlich dieser ulkige Komet.
„Mach dich nicht lustig, Richie. Liz’ Stimme klang jetzt trotzig und vorwurfsvoll. „In den Abendnachrichten hieß es, er wird mit der Erde kollidieren. Mit einer Wahrscheinlichkeit von einundachtzig Prozent …
„Was für einen Sender hast denn gesehen, Baby?" Er tat heiterer, als ihm plötzlich zumute war.
Liz ging nicht drauf ein. „Wann kommst du?"
„Ich mach Schluss für heute. In einer halben Stunde bin ich zu Hause."
„Viel zu spät, nörgelte sie. „Die Kinder schlafen schon.
„John auch?, fragte Jagger verwundert. Der neunjährige John war das älteste seiner drei Kinder. „Morgen ist doch Samstag!
„Er hat sich nach den Abendnachrichten ins Bett verzogen. Unsicher klang Liz jetzt. „Was hätte ich ihm sagen sollen?
Jagger schluckte. „Bin schon unterwegs." Er klemmte das Telefon in seiner Hemdtasche fest, bückte sich und drückte die Stopptaste des Minidisc-Players. Hastig räumte er seine Unterlagen zusammen, legte sie in seinen Aluminiumkoffer und schlüpfte in seinen schwarzen Trenchcoat. Seine gute Stimmung war plötzlich dahin. Die Worte seiner Frau hallten in seinem Hirn nach. Mit einer Wahrscheinlichkeit von einundachtzig Prozent … Er versuchte nicht daran zu denken.
Durch den Mittelraum der British Library lief er zur Treppe. Ein kniehohes Podest nahm einen Großteil des Raumes ein – weiß, leer, und fast zwanzig Quadratmeter groß. Auf ihm wollte Jagger mit seinen Studenten im Laufe des Monats ein Bauwerk der Mayas errichten. Die Pyramide von Chichén Itzá. Im Maßstab eins zu fünf.
Mit einer Wahrscheinlichkeit von einundachtzig Prozent …
Sein Schritt stockte, als er an großen Wandtafeln am Ende des Raumes vorbeikam. Teilweise fertige Abbildungen des Maya-Jahreslaufes. Die achtzehn Monatszeichen des Sonnenjahres konnte man schon bewundern. Auch der Maya-Kalender kannte ein Jahr mit dreihundertfünfundsechzig Tagen. Und war genauer als der Gregorianische Kalender. Sogar die Umlaufzeit der Venus hatten sie berechnet. Mit einer Fehlerquote von nur 14 Sekunden! Genauer als einst Galilei. Kein Forscher konnte erklären, wie sie das angestellt hatten.
Jagger riss seinen Blick von den Abbildungen los und lief zur Haupttreppe. Das Museum war menschenleer. Auf dem Weg hinunter ins Erdgeschoss fiel ihm ein Aufsatz