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Extra Science Fiction Sonderband 1001 - 3 SF-Abenteuer
Extra Science Fiction Sonderband 1001 - 3 SF-Abenteuer
Extra Science Fiction Sonderband 1001 - 3 SF-Abenteuer
eBook480 Seiten6 Stunden

Extra Science Fiction Sonderband 1001 - 3 SF-Abenteuer

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Über dieses E-Book

Dieser Band enthält folgende SF-Abenteuer:



Die Satoga-Kriege (Manfred Weinland/Marc Tannous)

Der neunte Planet (Hendrik M. Bekker)

Mission Sternenstaub (Jo Zybell)











Seit Tausenden von Jahren bekämpfen sich zwei Völker, ohne dass ein nennenswerter Vorteil für eine Seite erlangt werden kann. Erst als durch Zufall ein Raumschiff des Kelradan-Imperiums auftaucht, eskaliert die Lage, denn das Schiff wird von einer automatischen Station beschossen und zur Notlandung gezwungen. Die Kelradan versuchen die Station zu erobern und finden Alien-Technik. Die Kämpfe alarmieren auch das Raumschiff Sternenstaub unter Ryan Whittaker. Aus dem kleinen begrenzten Konflikt droht eine intergalaktische Auseinandersetzung zu werden, denn die Kelradan wollen nicht einfach abziehen. Die Menschen müssen nicht nur gegen die Außerirdischen kämpfen, sondern auch die Yuparen retten, denen im wahrsten Sinne des Wortes der Himmel auf den Kopf zu fallen droht.
SpracheDeutsch
HerausgeberAlfredbooks
Erscheinungsdatum2. Dez. 2022
ISBN9783745225877
Extra Science Fiction Sonderband 1001 - 3 SF-Abenteuer

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    Buchvorschau

    Extra Science Fiction Sonderband 1001 - 3 SF-Abenteuer - Manfred Weinland

    Hendrik M. Bekker, Jo Zybelle, Manfred Weinland & Marc Tannous

    Extra Science Fiction Sonderband 1001 - 3 SF-Abenteuer

    UUID: 975e319b-f25a-4540-b4ad-8fa75d69439b

    Dieses eBook wurde mit StreetLib Write (https://writeapp.io) erstellt.

    Inhaltsverzeichnis

    Extra Science Fiction Sonderband 1001 - 3 SF-Abenteuer

    Copyright

    Raumschiff RUBIKON 5 Die Satoga-Kriege

    1.

    2.

    3.

    4.

    5.

    6.

    7.

    8.

    Epilog

    Der neunte Planet

    Mission Sternenstaub

    Anmerkungen

    Extra Science Fiction Sonderband 1001 - 3 SF-Abenteuer

    Hendrik M. Bekker, Jo Zybell, Manfred Weinland, Marc Tannous

    Dieser Band enthält folgende SF-Abenteuer:

    Die Satoga-Kriege (Manfred Weinland/Marc Tannous)

    Der neunte Planet (Hendrik M. Bekker)

    Mission Sternenstaub (Jo Zybell)

    Seit Tausenden von Jahren bekämpfen sich zwei Völker, ohne dass ein nennenswerter Vorteil für eine Seite erlangt werden kann. Erst als durch Zufall ein Raumschiff des Kelradan-Imperiums auftaucht, eskaliert die Lage, denn das Schiff wird von einer automatischen Station beschossen und zur Notlandung gezwungen. Die Kelradan versuchen die Station zu erobern und finden Alien-Technik. Die Kämpfe alarmieren auch das Raumschiff Sternenstaub unter Ryan Whittaker. Aus dem kleinen begrenzten Konflikt droht eine intergalaktische Auseinandersetzung zu werden, denn die Kelradan wollen nicht einfach abziehen. Die Menschen müssen nicht nur gegen die Außerirdischen kämpfen, sondern auch die Yuparen retten, denen im wahrsten Sinne des Wortes der Himmel auf den Kopf zu fallen droht.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author

    COVER A. PANADERO

    © dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    Folge auf Facebook:

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    Zum Blog des Verlags!

    Sei informiert über Neuerscheinungen und Hintergründe!

    https://cassiopeia.press

    Alles rund um Belletristik!

    Raumschiff RUBIKON 5 Die Satoga-Kriege

    Manfred Weinland & Marc Tannous

    Am Morgen einer neuen Zeit.

    Der Krieg zwischen den organischen und anorganischen raumfahrenden Völkern konnte im letzten Moment abgewendet werden. Die Menschen jedoch sind nach wie vor fremdbestimmt und als die Erinjij gefürchtet, die sich in ihren Expansionsbestrebungen von nichts und niemandem aufhalten lassen.

    Abseits aller schwelenden Konflikte kommt es im Zentrum der Milchstraße zu einer von niemand vorhergesehenen, folgenschweren Begegnung.

    Eine unbekannte Macht hat sich dort etabliert. Schnell zeichnet sich ab, dass es sich um keinen normalen Gegner handelt. Die Bedrohung richtet sich nicht nur gegen die heimatliche Galaxie, sondern könnte das Ende allen Lebens bedeuten.

    Die Geschichte des Kosmos, so scheint es, muss neu geschrieben werden …

    1.

    Kriegsrat

    John Cloud blickte durch das transparent geschaltete untere Segment der Holosäule auf diejenigen, die im Rund der sieben Kommandositze Platz genommen hatten. Hier in der Schaltzentrale der ehemaligen Foronenarche SESHA, die von den Menschen RUBIKON getauft worden war. In Gedenken an eine andere, unendlich primitivere RUBIKON, mit der John Cloud und zwei weitere jetzt Anwesende seinerzeit zum Mars aufgebrochen waren. Jenes erste Schiff dieses Namens war auf dem roten Planeten von den Invasoren zerstört worden war, die sich in der Folge die gesamte Menschheit unterjochten … und dieses Joch bis zum heutigen Tag in all seiner Tragik aufrecht erhielten.

    Die Keelon, enge Verbündete – mehr noch: Schöpfungen – der anorganischen Jay’nac ...

    „ Lasst uns Kriegsrat abhalten – und über die weiteren Schritte im Klaren werden."

    Fontarayn schien leicht irritiert über den Begriff, den Cloud benutzte, um Sinn und Zweck ihrer Zusammenkunft zu charakterisieren, er sagte aber nichts. Der Gloride saß dem Commander der RUBIKON schräg gegenüber, eingerahmt von dem Pflanzenwesen Cy und dessen Gefährten in vielen Abenteuern, Algorian. Der spindeldürre Aorii verfügte über psionische Fähigkeiten, die er schon das eine oder andere Mal zum Nutzen der Crew eingesetzt hatte.

    Unmittelbar zu Clouds Linken saß eine Frau von beachtlicher Attraktivität … und Schlagkraft: Scobee. Sie zählte mit dem rechts von Cloud thronenden Jarvis zu seinen ältesten Gefährten, und die gegenseitige Sympathie, da wollte er sich nichts vormachen, hatte sich anfangs arg in Grenzen gehalten. Die auf sie einstürmenden Gefahren hatten sie schließlich zusammengeschweißt. Extremsituationen, in denen sie einander mehr als einmal hinter die äußere Fassade hatten blicken können. So war es gekommen, dass sie sich schätzen lernten. Mehr und mehr.

    Und dass ich anfing, meine bornierten Vorurteile ins Nirwana zu verabschieden, dachte Cloud in einem Anflug von Scham. Heute, gut zwei – subjektive – Jahre nach diesen unschönen Erlebnissen, kam es ihm vor, als wäre der John Cloud, der in den GenTecs nur bessere Maschinen gesehen hatte, die einem Programm folgten, das Wissenschaftler bei ihrer in-vitro-Schöpfung in sie verpflanzt hatten, ein Fremder, der nichts mehr mit dem John Cloud der Gegenwart zu tun hatte.

    Überhaupt nichts mehr!

    Sein Blick blieb kurz an Jarvis hängen, der auch kaum noch etwas mit dem Jarvis ihrer ersten Begegnungen gemein hatte.

    Damals hatte er noch gelebt, geatmet und die höchst zweifelhafte Angewohnheit gehabt, im Zweifelsfall erst zu schießen und dann nach Möglichkeiten einer Verständigung mit Gegnern zu suchen. Inzwischen wandelte er als „lebender Toter, als „beseelter Roboter unter ihnen, aufgegangen in einem foronischen Kunstkörper, der aus der Nanorüstung des Hohen Mont hervorgegangen war. Und den er inzwischen fast traumwandlerisch sicher beherrschte, fast nach Belieben gestalten und verändern konnte.

    Der wuchtige, anthrazitfarbene Koloss, in den Jarvis’ Bewusstsein in dem Moment transferiert worden war, als seine angestammte organische Hülle ihr Dasein aushauchte, schien mit dem Kommandositz verschmolzen zu sein. Es gab nicht einmal eine Fuge, die belegte, dass Jarvis einfach nur da saß. Dennoch war es so, vermochte sich der immer noch draufgängerische, aber ansonsten völlig veränderte Freund bei Bedarf von einem Moment zum anderen von seinem Sitz lösen.

    Der Letzte im Bunde der Sieben, die sich auf Clouds Bitte hin zusammengefunden hatten, war ein Extraterrestrier, den Cloud bereits als Freund für immer verloren geglaubt hatte, nachdem er auf Saskana entführt worden war: der Narge Jiim.

    Der Geflügelte der wie ein grotesk geratener Engel zwischen Scobee und Cy kauerte, hatte erkennbare Mühe mit der für flügel lose Humanoide ausgelegten Sitzgelegenheit. Immer wieder rutschte er hin und her, wusste nicht so recht, wo er seine zusammengefalteten Schwingen verstauen sollte, um auch nur ein Mindestmaß an Bequemlichkeit zu erreichen.

    Nicht zuletzt um seinetwillen beschloss Cloud, den Beginn der Beratung nicht länger zu verzögern.

    „ Ihr alle, sagte er, „kennt den Grund unserer Zusammenkunft. Bevor wir aber das weitere Vorgehen diskutieren, würde ich Jarvis bitten, uns noch einmal einen kurzen Abriss der Ereignisse zu geben, die dazu führten, dass wir hier und heute eine schwer wiegende Entscheidung zu treffen haben. Die nämlich, ob wir der Milchstraße für lange Zeit den Rücken kehren und uns auf eine Reise zur Nachbargalaxis Andromeda einlassen sollen oder nicht. Jarvis?

    Der Angesprochene reagierte, indem er eine Grimasse schnitt, die jeden, der sie zum ersten Mal erlebte und den früheren Jarvis gekannt hatte, fast zu Tode erschrecken musste. Im Kreis der hier Versammelten rief sie jedoch nicht einmal ein Schulterzucken hervor.

    „ Ich liebe es, drang es aus dem Nanokörper, „den Chronisten geben zu dürfen. In der Tat dürfte mein Gedächtnis unschlagbar sein. Ebenso meine Fähigkeit, Dinge auf den Punkt zu –

    „ Ja, ja, schon gut, spar dir das Geschwafel und komm zur Sache, unterbrach ihn Scobee mit einem gespielt verzweifelten Seufzer. „Du kannst es, wir wissen es. Warum tust du es also nicht?

    „ Tun?", kam es wie ein fernes, verständnisloses Echo aus dem Hightech-Körper des Mannes, der einmal ein Klon wie Scobee gewesen war. Ein genetisch optimierter, im Reagenzglas gezeugter Mensch.

    „ Auf den Punkt kommen", gab die Frau ihm zu verstehen, dabei zog sie die beiden verschnörkelten Tattoos nach oben, die ihr die Augenbrauen ersetzten und ihr ein wenig Ähnlichkeit mit einem japanischen Manga-Girl des frühen 21. Jahrhunderts verliehen – der Zeit vor der Keelon-Herrschaft und vor der kompletten Umstrukturierung der Erdgesellschaft.

    Heutzutage gibt es sicher keinen einzigen Comic mehr, dachte Cloud mit gewissem Bedauern an die unverzichtbaren Begleiter seiner Kindheit.

    Er gab Scobee mit einer knappen Handbewegung zu verstehen, was er von ihren Einwürfen hielt.

    Normalerweise viel – hier und jetzt und in diesem Zusammenhang jedoch … nichts.

    „ Bitte, Jarvis, fahre fort", sagte er.

    Scobee holte Luft, als wollte sie zu einem weiteren Kommentar ausholen, doch dann schloss sie den Mund und schwieg, während ihre Augen mikroskopisch winzige Blitze in Clouds Richtung schleuderten.

    Damit konnte er leben.

    Mit den Gefahren, die sich am galaktischen Horizont abzeichneten, weniger.

    Eine Bedrohung von möglicherweise universellem Ausmaß.

    Bevor Jarvis, der Aufforderung nachkam, richteten sich seine stilisierten Augen auf Fontarayn, der nie deplatzierter gewirkt hatte als jetzt. Er wirkte, mehr noch als der „Exot Jarvis, wie ein Anachronismus. „Wo ist eigentlich dein Pendant?

    „ Pendant?", zwitscherte der Gloride.

    „ Dein Artgenosse, sagte Jarvis, wobei sich die Lippen seines Mundes leicht asynchron zu den Worten bewegten. „Wäre es nicht sinnvoll, wenn er dieser Unterredung ebenfalls beiwohnt?

    „ Er wollte sich ein wenig in eurem Schiff umsehen, sagte Fontarayn. „Ich kann nicht für ihn sprechen. Er ist ein eigenständiges Wesen. So weit ich weiß, habt ihr ihm und mir erlaubt, uns frei auf diesem –

    „ Darum geht es gar nicht, mischte sich Cloud ein, dessen Geduldsfaden allmählich überstrapaziert wurde. „Ich halte Jarvis’ Einwand für berechtigt. Es wäre sinnvoll, wenn Ovayran an dieser Diskussion teilnähme. Immerhin betrifft die anstehende Entscheidung auch ihn.

    „ Ich werde ihn später über alles unterrichten, versicherte Fontarayn. „Es gibt nichts, was er beisteuern könnte, das nicht auch ich in die Waagschale werfen kann. Er wird jedes Detail unseres Beschlusses erfahren und sich verinnerlichen. Wir Gloriden benötigen zu einem solchen Wissenstransfer keine Worte, wir begeben uns lediglich in unsere energetische Zustandsform und verschmelzen kurzzeitig miteinander.

    „ Oh, ihr fusioniert also, mimte Scobee Erstaunen, um im nächsten Moment interessiert hinzuzufügen: „Hat das über den rein logistischen Austausch auch eine, hm, sexuelle Komponente?

    Cloud wurde zunehmend fassungsloser. Nicht, weil er sich als sonderlich prüde empfand, wohl aber, weil er im Gegensatz zu Scobee nicht das Gefühl hatte, über eine unendliches Reservoir an Zeit zu verfügen.

    „ Das ist völlig absurd!", verwahrte sich Fontarayn.

    Cloud glaubte ein gemurmeltes „ihr Armen aus Scobees Mund zu hören, war sich aber nicht sicher. Rasch wandte er sich Jarvis zu und sagte: „Neuer Versuch. Beginne am besten mit unserer Ankunft im galaktischen Kerngebiet. Alles davor kannst du dir schenken. Selbst unser Gast … Er nickte Fontarayn zu. „ … ist mittlerweile im Groben über die Geschehnisse informiert, die dazu führten, dass die Jay’nac und Satoga einander über Jahrzehntausende hinweg bekämpften und danach trachteten, sich gegenseitig auszurotten."

    „ In Ordnung, sagte Jarvis. „Ihr kennt den Grund, weshalb wir unmittelbar nach dem Friedensschluss zwischen Jay’nac und Satoga hierher ins galaktische Zentrum kamen. Wir wollten, dass unser Gefährte Boreguir, der den letzten Kampfhandlungen zum Opfer fiel, auf heimatlichem Boden beigesetzt wird, auf Saskana, von wo es ihn einst über ein foronisches Transportsystem zum stellaren Mars verschlug. Es war ein letzter Gefallen, der uns allen am Herzen lag, selbst denen, die kein Herz mehr besitzen – oder nie eins besessen haben …

    Unter den Worten, die das Audiosystem des Nanokörpers nach außen abstrahlte, lebten die Ereignisse, in deren Sog die RUBIKON-Crew geraten war, noch einmal auf, wurden lebendig in der Vorstellung derer, die alles miterlebt hatten. Für Fontarayn hingegen mochte diese knappe Zusammenfassung viele Fragen offen lassen. Beziehungsweise es hätten viele Lücken bleiben müssen, wäre nicht davon auszugehen gewesen, dass sich der Gloride längst auf seine Weise alle relevanten Informationen beschafft hatte. Aus den Datenbänken der RUBIKON.

    Es war ein bislang ungelöstes Problem, dass der aus Andromeda stammende Perlenbewohner offenbar ohne jede Mühe Zugriff auf selbst geheimste Daten und Prozesse an Bord hatte, sobald er sich in seine „Lichtgestalt" transformierte. Sesha schien bis heute kein adäquates Mittel gegen die Vorstöße der Gloriden gefunden zu haben. In Zeiten friedlicher Koexistenz mit den Perlenbewahrern war dies tolerierbar; Cloud fragte sich jedoch, was geschehen würde, wenn es Fontarayn oder Ovayran eines Tages für notwendig erachteten, sich in den Besitz der RUBIKON zu bringen. Oder, noch schlimmer, das Schiff zu zerstören.

    Gegenwärtig schien eine solche Eskalation nicht zu drohen. Aber die Mentalität der Gloriden war und blieb rätselhaft – und damit voller Risiken.

    „ … haben sich die Treymor in den Besitz von ERBAUER-Technologie gebracht, referierte Jarvis gerade, „als sie die Gloriden-Expedition überwältigten, die von der Milchstraßen-Perle aus ihre Heimatwelt besuchte. Die Käferartigen schafften dies dank ihrer natürlichen Affinität zu allem Energetischen. Hm, auf der Basis der erbeuteten Hochtechnik und unter Einbeziehung der Saskanen gelang es ihnen in der Folgezeit dann, ein ‚heimliches Reich’ auf- und auszubauen, das sich gegenwärtig über ein Gebiet von knapp achtzehn Lichtjahre Radius erstreckt – aber auf Expansion ausgelegt ist. Die Treymor breiten sich unaufhaltsam aus wie eine Krankheit, wie ein Krebsgeschwür ... Allerdings, fuhr Jarvis nach einer kurzen Pause fort, „gibt es Zweifel, dass die Käferartigen auch hinter der Entvölkerung der Milchstraßen-Perle stecken, in der Ovayran lebte, bis es ihn nach Saskana verschlug, wo er auf Jiim traf, ihn aus einem Missverständnis heraus entführte … ihn aber später wieder zu uns zurück führte. Die Treymor nutzen die besondere Gabe der Saskanen, sich vergessen zu machen, um ihr im Aufbau gegriffenes Reich vor jedem potenziellen Besucher zu verbergen. Nie gab es ein perfekteres Tarnfeld als diesen psionischen Mantel, den unser Freund Boreguir offenbar nach Belieben einsetzen, sogar Objekten wie einen Stempel aufdrücken konnte – der beim Rest seiner Spezies aber offenbar bislang weitgehend unbewusst vorhanden ist und von den Treymor-Besatzern ohne deren Wissen missbraucht wird. Was sich durch unseren Vorstoß und unseren letzten Kontakt mit den Saskanen jedoch ändern könnte. Die Saat des Widerstands wurde gelegt, es bleibt abzuwarten, ob sie tatsächlich aufgeht und wie sie sich entwickelt … Nachdem jedenfalls zahllose Stämme auf sämtliche dem Treymor-Reich zugehörige Welten verteilt wurden und nun dort ihr Dasein fristen, umfasst das Netz des Vergessens nunmehr die uns bekannte 18-Lichtjahre-Zone, die wir dank der Gloriden aktuell so sehen können, wie sie sich jenseits des Schleiers, den die Psi-Gabe der Saskanen erzeugt, darbietet."

    „ Vergiss nicht zu erwähnen, sagte Scobee, die es sich einfach nicht nehmen lassen wollte, ihren ganz persönlichen Senf beizusteuern, „dass wir bislang der Meinung waren, die Treymor steckten auch hinter der Entvölkerung der CHARDHIN-Perle im Milchstraßen-Black-Hole, unsere gloridischen Gäste an Bord aber der Ansicht sind, die Käferartigen müssten nach den jüngsten Erkenntnissen als Urheber ausgeschlossen werden.

    „ So ist es, ergriff nun auch Fontarayn das Wort. „Es bedarf mehr als der Grundtechnologie der ERBAUER, die sich die Treymor widerrechtlich aneigneten, um das Gebiet jenseits des Ereignishorizonts zu betreten … und diesen frevlerischen Vorstoß zu überleben. Ganz davon zu schweigen, dass Geschöpfe, die in völliger Unkenntnis der Hintergründe agieren, in der Lage sein sollten, ein heiliges Gebilde wie die Perle zu erobern.

    Cloud blinzelte irritiert und tauschte dann Blicke mit Scobee, die Fontarayns Worte ebenso einzustufen schien wie er. Ratlosigkeit und Verwirrung kennzeichneten ihr Mienenspiel. Der Gloride sprach zum ersten Mal in einer Weise von den ERBAUERN und deren Hinterlassenschaft, als ginge es um eine göttliche Kraft. Und als wäre es nicht nur eine Aufgabe, die die Gloriden in den Perlen erfüllten – Pflege und Wartung –, sondern als huldigten sie einer … Religion.

    Der Gedanke war verstörender als alles, was Cloud bislang von und über die Gloriden erfahren hatte. Allerdings fragte er sich, ob Fontarayns Wortwahl so kritisch betrachtet werden durfte – oder ob nicht einfach das Verständnis des Gloriden für die irdische Sprache ihnen einen Streich spielte.

    Aber warum sind dann bislang nie Irritationen aufgetreten?

    „ Blieben, sagte er in die entstandene Stille hinein, „nur die Überwesen, die ihr kurz und knapp – und denkbar schlicht – als ERBAUER bezeichnet …oder habt ihr für euch selbst noch einen anderen Namen für sie?

    Der Vorstoß kam für ihn selbst überraschend. Es war, als legte ihm ein anderer die Frage auf die Zunge.

    Und täuschte er sich, oder verlor Fontarayn für den Bruchteil einer Sekunde die gewohnte Unerschütterlichkeit? Für einen Moment sah es so aus, als verlöre sogar der Körper des Gloriden an Stabilität, als schwanke er zwischen den beiden möglichen Existenzformen, zwischen Manifestation und Entstofflichung.

    „ Nein", sagte er dann. Sein Blick fixierte Cloud in einer Weise, wie er es noch nie getan hatte – oder zumindest wie Cloud ihn noch nie für sich empfunden hatte, und er dachte: Er hat es bemerkt. Er hat erkannt, dass ihm etwas herausgerutscht ist, was uns zumindest irritiert, wenn nicht misstrauisch macht …

    „ Es sind die ERBAUER. Wir haben keinen anderen begriff für sie. Und wir wissen wenig, fast nichts über sie – all das habe ich mehrfach erklärt. Wieso interessierst du dich so für … Namen?"

    „ Weil daraus mitunter mehr Wissen abzuleiten ist als demjenigen, der sie ausspricht klar ist."

    Cloud wollte, dass Fontarayn die Spitze verstand. Und er war sicher, dass dies der Fall war. Nichtsdestotrotz ließ der Gloride das Thema damit auf sich beruhen.

    Von seiner Warte aus das Beste, was er tun kann – wenn er etwas zu verbergen hat.

    Er hielt kurz inne, weil ihm bewusst wurde, wie ungünstig gerade jetzt wachsendes Misstrauen zwischen ihnen – Crew und Gloriden – war.

    „ Lasst uns nun zum Kern der Versammlung kommen, sagte er mit belegter Stimme. „Es geht um Fontarayns Bitte – oder sollte ich sagen Forderung? –, ihn und Ovayran mit der RUBIKON zur Andromeda-Perle zu bringen …

    „ Es ist eine Bitte – und zugleich ein guter Rat, warf der Gloride ein. „Wer können nichts fordern, dieses Schiff untersteht euch, nicht uns. Aber ihr solltet bedenken, dass das, was wir über die Treymor und die hiesige verwaiste CHARDHIN-Station herausfanden keine Gloriden-interne Gefahr darstellt, sondern ganz direkt auch euch und alle anderen Bewohner dieser Galaxie betrifft.

    „ Das ist nicht von der Hand zu weisen, meldete sich erstmals Cy zu Wort. Seine Stimme raschelte, als würden Blätter aneinander reiben. Das Organ, das sie erzeugte, verbarg sich tief im Kern des „Busches, als den das auf der Spore Auri geborene Pflanzenwesen sich darstellte. Cy war eine Erscheinung, die ein Mensch leicht geneigt sein konnte zu unterschätzen. Zu sehr ähnelte er einem bloßen „Gestrüpp". Doch wer sich auf ihn einließ – wie beispielsweise Jelto – musste diesen Eindruck schnell revidieren. Cy war nicht nur hochintelligent, er hatte auch Dinge erlebt, die prägend für sein ganzes weiteres Leben sein würden – entsetzliche Dinge, unter anderem auf der bizarren Heimatwelt der Jay’nac ...

    „ Allerdings", fuhr der Aurige fort, „stelle ich eure Beweggründe, nach Andromeda zu wollen, in Zweifel. Ich für mein Teil nehme es euch nicht ab, dass es euch nur darum geht, die Treymor-Gefahr zu bannen. Immerhin – wir reden hier von einem Einflussbereich, den diese Spezies bislang für sich erschlossen hat, der allenfalls Sandkorngröße hat, nimmt man die Milchstraße als Ganzes und diese 18-Lichtjahre-Blase im Vergleich dazu. Außerdem gibt es bislang keinerlei Anzeichen dafür, dass die Treymor Anschläge gegen uns bekannte – und am Herzen liegende – Welten planen. Sie sind, so hat es den Anschein, voll und ganz damit beschäftigt, ihre Einflusssphäre gleichmäßig nach allen Richtungen zu erweitern. Wenn überhaupt, droht den CLARON-Völkern, droht den Erinjij und Jay’nac und wie die Völker alle heißen erst in sehr ferner Zukunft Gefahr. Aus meiner Sicht wäre es weniger gefährlich, mit Augenmaß und ohne Überstürzung zu handeln, als aus einem Impuls heraus auf die Bitte – oder Forderung, egal – einzugehen und uns auf diese weite Reise einzulassen. Bedenkt: Wir wären Monate im Leerraum unterwegs, um die eingeforderte Strecke zu bewältigen. In dieser Zeit sind wir von neuen Informationen und Entwicklungen sowohl in der Milchstraße als auch in Andromeda isoliert. Und wir müssen eine ebenso lange Zeit ins Kalkül ziehen, um wieder hierher zurück zu gelangen! Ein hoher Preis für ein Ziel, das sich mir nicht wirklich in seiner angeblichen Dringlichkeit offenbart … Aber das ist nur meine ganz persönliche Meinung. Andere mögen anders denken – und dies äußern."

    Das Rascheln verstummte.

    Cloud nickte Cy nachdenklich zu, blickte dann in die Runde. Schließlich, als niemand das Wort ergriff, blieb sein Blick auf Fontarayn haften. „Ich teile Cys Bedenken – insbesondere, was eure Motivation angeht, die dich und Ovayran nach Andromeda zieht."

    „ Wir sagen die Wahrheit, wenn wir beteuern, dass es uns darum geht, die Treymor-Gefahr zu bannen", sagte Fontarayn. „Wir ließen auch verlauten, wie wir dies bewerkstelligen wollen – indem wir die Permanenz der Perlen nutzen, um über die Andromeda-Bastion in jene Vergangenheit vorzustoßen, in der die folgenschwere Gloriden-Expedition startete, die sich zum Ziel setzte, die ERBAUER zu finden – und die damals in die Gewalt der Treymor geriet, womit alles Übel begann."

    „ Mit anderen Worten, sagte Cloud, „ihr wollt eine Korrektur der Geschichte herbeiführen – ein Zeitparadoxon.

    „ Es ist die einzige Möglichkeit. Und die sinnvollste. Eure Milchstraße wird dadurch, sieht man von den Treymor selbst ab, keinen Schaden erleiden. All die Völker, denen ihr entspringt, bleiben davon unbetroffen. Es geht nur um –"

    „ Die Käfer, schnarrte Jiim. Er klang, als wäre er erkältet – wer ihn kannte, wusste jedoch, dass die heisere, krächzende Stimme immer dann hörbar wurde, wenn er innerlich stark aufgewühlt war. Der Narge vom Planeten Kalser hatte sich ohne seine goldene Rüstung, sein Nabiss, aus der Schmiede der Ganfs in der Zentrale eingefunden. Er trug ein tunikaartiges Kleidungsstück aus scharlachrotem Material, das mit dem Symbol Kalsers und seines zerbrochenen Mondes bestickt war. Plötzlich kippte die Stimme, überschlug sich und fügte schrill hinzu: „Was für eine Naivität! Wie kann man ernsthaft glauben, ein Eingriff dieses Ausmaßes würde nur die Übeltäter treffen?

    Cloud hatte Jiim selten so aufgebracht erlebt. „Worauf willst du hinaus, alter Freund?", wandte er sich an den Geflügelten, der kurzzeitig als Suprio auf Kalser gewirkt hatte, den es dann aber auf allerlei Umwegen bis in die Große Magellansche Wolke verschlagen hatte, wo sie einander wieder begegneten. Seither war er vollwertiges Mitglied der Mannschaft.

    „ Denk nach, Guma Tschonk, denk nach. Das, was wir als jüngere Vergangenheit kennen, würde so niemals stattfinden. Wir würden vielleicht ins Milchstraßenzentrum aufbrechen – aber nicht einmal das ist sicher, denn wer weiß, ob wir Boreguir überhaupt je kennen lernten, wenn seine Welt nicht von den Treymor attackiert worden wäre. Wir alle wissen wenig, fast nichts über sein Leben auf Saskana – und wie genau es zu seiner Strandung auf dem Mars kam. Falls es enge Zusammenhänge zwischen den Treymor-Taten und Boreguirs Leben gibt, dann …"

    „ Dann, griff Cloud tief bestürzt den Faden auf, „können wir nicht selbstverständlich davon ausgehen, dass wir je seine Bekanntschaft machten, sollte der Gloriden-Plan und das beabsichtigte Paradoxon in die Tat umgesetzt werden. Er fühlte sich auf einmal wie taub und leer. „Was … spinnen wir den Gedanken weiter … sogar so weit führen könnte, dass auf einer der Etappen unseres Handelns in der Großen Magellanschen Wolke, als er uns tatkräftig zur Seite stand, in einer neuen Zeitlinie Endstation für uns gewesen sein könnte. Wir hätten niemals den Weg zurück zur Milchstraße gefunden. Wir hätten niemals zwischen Satoga und Jay’nac schlichten helfen können … oder kurz gesagt: Wir würden in der neuen Zeitlinie in diesem Moment schon gar nicht mehr existieren."

    Fontarayn begegnete dem entsetzten Blick der Crewmitglieder fast gleichmütig. Nach Sekunden des Schweigens sagte er schließlich: „Auch mein Leben verliefe dann völlig anders – aber es würde mir nie einfallen, mich deshalb beklagen zu wollen. Opfer mussten zu allen Zeiten, in allen Zeitaltern der Permanenz erbracht werden. Was zählen eine Hand voll Leben gegen das, was die Treymor schon heute auf dem Gewissen haben?"

    Die Meisten waren zu perplex, um darauf etwas zu erwidern.

    Nicht so Jarvis.

    „ Eine Menge", drang es knurrig aus seinem Nanokörper. „Verflucht viel zählen diese aus deiner Sicht offenbar armseligen ‚paar Leben’ – erst recht, wenn das eigene darunter ist! Also, was mich angeht, so bin ich rundweg dagegen, dass wir den beiden meschuggenen Glühwürmchen auch noch in die Hände spielen und ihnen dabei helfen, unsere Leben auf den Kopf zu stellen. Oder im Extremfall sogar auszulöschen. Lasst sie uns lieber durch die nächstbeste Schleuse pfeffern!"

    Bravo, dachte Scobee. Ein Hoch auf meinen alten Kumpel Jarvis … der zwar selbst kein konventionelles Leben mehr hat, sich davon aber nicht hindern lässt, das seiner Gefährten bis aufs letzte zu verteidigen. Verdammt, und er hat vollkommen Recht! Wenn John sich darauf einlässt, dann …

    Sie kappte den Gedanken, ohne ihn zu Ende zu führen. Ihr Blick suchte und fand den Mann, der das letzte Wort auf der RUBIKON hatte – seit Sesha ihn zum legitimen Nachfolger Sobeks bestimmt hatte, der das foronische Septemvirat angeführt hatte. Der Höchste der Hohen sozusagen, der, der unter Gleichen immer ein klitzekleines bisschen gleicher gewesen war.

    Sie vermied es, die Gedanken allzu sehr in die Vergangenheit und zu dem charismatischen Extraterrestrier aus der Großen Magellanschen Wolke abschweifen zu lassen. Er war ein Verächter allen Lebens gewesen, das er seinem Volk unterlegen glaubte … und irgendwie spülten Fontarayns Worte all den Widerwillen, ja fast Ekel in Scobee hoch, den sie mit Sobek in Verbindung brachte.

    Denn verächtlich klangen auch die Worte des Gloriden, wenn es um Wert und Unantastbarkeit des Individuums ging!

    Opfer müssen gebracht werden …

    „ John", setzte sie an – aber er brachte sie mit einem Wink, einer ebenso knappen wie scharfen Geste seiner Hand zum Schweigen.

    Brüskiert sah sie ihn an. Dabei entdeckte sie neue Linien in seinem ehemals jungenhaften Gesicht.

    Auch an ihm waren die Ereignisse der letzten Monate nicht spurlos vorbeigegangen.

    „ Jarvis reagiert manchmal etwas impulsiv – sieh es ihm bitte nach", wandte er sich mit gefasster Stimme an den Gloriden. „Deine Äußerungen haben die letzten Zweifel in mir beseitigt. Wir werden nach Andromeda aufbrechen, und zwar unverzüglich. Ich beginne jetzt erst zu verstehen, was davon abhängt, in den Dialog mit eurem Perlenweisesten zu treten. Wenn du diese Entscheidung jetzt deinem Artgenossen Ovayran übermitteln könntest?"

    Fontarayn verstand und respektierte die verblümte Aufforderung, Cloud nun mit seinen engsten Crewmitgliedern allein zu lassen. Mit einer katzenhaft geschmeidigen Bewegung erhob er sich und verließ das leicht erhöhte Podest, auf dem die Kommandositze installiert waren.

    Ehe er die Zentrale verließ, wandte er sich noch einmal um und sagte mit sanfter, den Raum durchdringender Stimme: „Über die Dauer der Reise müssen wir noch einmal reden – später, sobald ich mit Ovayran gesprochen habe."

    Ohne eine Erwiderung abzuwarten trat er durch das offene Trennschott, dessen Türtransmitter nur noch im Bedarfsfall aktiviert wurde, im allgemeinen aber ausgeschaltet war.

    „ Sesha?, hörte Scobee, wie sich Cloud an die KI wandte. „Sind wir unter uns? Du verstehst, was ich meine …

    „ Der Gloride bewegt sich schnurstracks in Richtung der Quartiere."

    „ Sehr gut."

    „ Sehr gut? Scobee konnte nicht länger an sich halten. „Wie konntest du so einfach auf ihn eingehen – nachdem er bewiesen hat, wie wenig ihm die Leben anderer bedeuten?

    Cloud blieb auch jetzt gelassen. Unverwandt sah er erst sie, dann die anderen in der Runde an. „Gerade weil er es bewiesen hat, sagte er zu ihrer Verblüffung, „müssen wir nach Andromeda. Ich wüsste keinen anderen Weg, die Katastrophe, die als Damoklesschwert über uns schwebt, vielleicht doch noch zu verhindern.

    „ Ich fürchte, wir verstehen nicht ganz, Guma Tschonk", fasste Jiim in Worte, was offenbar jeder seiner Freunde dachte.

    „ Dann, sagte ihr Commander, „will ich versuchen, es euch zu erklären.

    Das versuchte er wirklich – und nach Kräften. Cloud war innerlich aufgewühlt wie selten. Einen ähnlichen Zorn auf die Ignoranz der Gloriden, wie Jarvis ihn zum Ausdruck gebracht hatte, verspürte auch er. Allerdings obsiegte bei ihm das kühle Kalkül, und ganz gleich von welchen Seiten er die Zwickmühle, in die sie geraten waren, auch betrachtete, er kam immer wieder zu dem einen Ergebnis: nach Andromeda reisen zu müssen .

    Unbedingt.

    Aber nicht, um die eigene Existenz in Frage zu stellen, sondern aus dem genau gegenteiligen Beweggrund heraus: um sie zu retten!

    „ Fontarayn und Ovayran sind absolut von der Richtigkeit ihres Plans überzeugt", erläuterte er den Freunden, die an seinen Lippen klebten – sinnbildlich gesprochen – die Überlegungen, die zu seinem Entschluss geführt hatten. „Sie wollen uns nicht vordergründig schaden, sie haben lediglich das aus ihrer Sicht relevante große Ziel vor Augen. Sie wollen die Treymor-Gefahr bannen respektive niemals zur Entfaltung kommen lassen. Wie sie das zu bewerkstelligen trachten, haben sie mir und habe ich euch offenbart. Sie sehen das Allheilmittel in einer Zeitkorrektur."

    „ Was aber keinesfalls in unserem Interesse liegen kann – aus Gründen, die bereits erörtert wurden", sagte Jarvis. „Heilige Galaxis, John, die radieren uns aus. Die radieren sich selbst aus, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Du hast sie gehört. Wie kannst du dem Vorschub leisten, indem du ihnen auch noch die RUBIKON zur Verfügung stellst, damit sie auch ja zu ihrer Andromeda-Perle gelangen und die Katastrophe anzetteln können?" Der Kunstkörper schüttelte sein Haupt. „Ehrlich, das verstehe, wer will. Ich nicht ."

    „ Hegt irgendjemand von euch auch nur den Hauch eines Zweifels, dass sie eine Möglichkeit fänden, auch ohne unsere Hilfe nach Andromeda aufzubrechen?", fragte Cloud, ohne auf Jarvis’ nicht unberechtigte Vorwürfe einzugehen.

    Betretenes Schweigen. Schließlich sagte Scobee: „Es würde auf alle Fälle länger dauern, oder? Wir hätten eine Frist."

    „ Was wenig brächte, weil ein Paradoxon, einmal ausgeführt, uns so oder so einholt, erwiderte Cloud. „Ich für mein Teil glaube, dass Fontarayn und Ovayron sich in ihrer Idee verrannt haben. Aber das heißt nicht, dass alle Gloriden so denken.

    „ Worauf willst du hinaus?", fragte Algorian. Er vermied es auch nach dem Rückzug Fontarayns aus Clouds Körper, den Commander telepathisch auszuhorchen. Die Intimsphäre war ein hohes Gut, für einen Aorii mindestens so wertvoll und schützenswert wie für einen Menschen.

    „ Darauf, dass unsere beste Chance, das Paradoxon zu verhindern, darin besteht, Fontarayns und Ovayrans Wünschen zu entsprechen und sie zur Andromeda-Perle zu bringen."

    „ Aber damit beschleunigen wir unseren Untergang. Die Treymor-Gefahr wird ebenso beseitigt werden wie wir armen Würstchen", murrte Jarvis.

    „ Das liegt an uns, orakelte Cloud. „An uns ganz allein.

    Scobee sah ihn skeptisch an. „Ich glaube, ich beginne zu verstehen, was du vorhast."

    „ Lass hören."

    „ Du willst versuchen, die Perlen-Obrigkeit … wie nennt sie sich noch gleich … Perlenweisester?"

    Cloud nickte.

    „ Also den Perlenweisesten davon zu überzeugen, dass Fontis und Ovis Idee ein Schuss in den Ofen ist."

    „ Fonti und Ovi?" Cloud verzog das Gesicht.

    „ Das moniert ausgerechnet der, der mich ständig und überall mit ‚Scob’ verunglimpft?"

    „ Schon gut. Du hast ja Recht. In beiden Fällen. Das ist meine Idee. Und ich weiß, dass ich sie überzeugen kann – mit eurer Unterstützung. Ein Zeitparadoxon wäre die aller- aber auch wirklich allerallerletzte Möglichkeit. Bevor aber nicht alle sonstigen mittel ausgeschöpft sind, die Treymor-Gefahr einzudämmen, wäre es die völlige Bankrotterklärung für jedes vernunftbegabte Wesen. Und einem Perlen weisesten darf man doch unterstellen, dass er mit Vernunftargumenten zu packen ist, oder?"

    Die Skepsis wich auch jetzt nicht aus den Blicken der Freunde. Aber immerhin wussten sie jetzt, woran sie waren und warum Cloud so entschieden hatte.

    „ Immerhin, seufzte Algorian, bevor sie auseinander gingen. „Eine Frist bleibt uns trotzdem. Die Reise zur Andro-Perle wird Monaten dauern. Zeit genug, sich die schlagenden Argumente zurechtzulegen.

    Hier und da nickte man zu seinen Worten.

    Noch wussten sie alle nicht, wie sehr er sich gerade in diesem Punkt irren sollte.

    2.

    Anomalie

    Der schlanke Mann mit dem schütteren Haar setzte sich abrupt in seiner Koje auf und öffnete die Augen.

    Noch bevor sich die Lider gehoben hatten, wusste er, dass er nicht allein war.

    Im Grunde ein Ding der Unmöglichkeit. Denn jede Kabine der RUBIKON war gesichert, und die Bord-KI war ein Garant für den Erhalt der Privatsphäre.

    Dennoch wurde das Gefühl zur Gewissheit, das eigentlich Unmögliche zur Gewissheit.

    „ Hallo, sagte die Lange Paula mit ungewohnt tiefer Stimme. „Ich wollte dich nicht erschrecken.

    Prosper Mérimée zog die Brauen nach oben. „Wie kommst du –"

    Er schaffte es nicht, den Satz zu Ende zu sprechen. Die jähe Lichtentladung, in der die Lange Paula verpuffte, blendete ihn. Mérimée stöhnte auf. Als die extreme Helligkeit Sekunden später wieder einem Normalmaß gewichen war und sich Mérimées Netzhäute leidlich erholt hatten, stand eine Gestalt vor ihm, wie sie gegensätzlicher zur Langen Paula gar nicht hätte sein können.

    „ Das ist ja verrückt, murmelte Mérimée. Er schwang die Beine aus der Koje und stellte sie auf den Boden. „Du bist einer der Gloriden, richtig?

    „ Ja", bestätigte der haarlose Androgyne, der ihm, obwohl Mérimée nach wie vor auf der Kojenmatratze hockte, nur knapp bis zur Schulter reichte. Die Haut hatte einen Goldton. Erkennbare Kleidung trug er nicht, und ebenso mangelte es ihm an eindeutig zuordenbaren Geschlechtsmerkmalen. Aber nach allem, was Mérimée über die seltsamen Bewahrer

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