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Operation Weltensuche: 3 Science Fiction Romane
Operation Weltensuche: 3 Science Fiction Romane
Operation Weltensuche: 3 Science Fiction Romane
eBook446 Seiten5 Stunden

Operation Weltensuche: 3 Science Fiction Romane

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Über dieses E-Book

Dieser Band enthält folgende SF-Romane:



Die Schwellenwelt (Manfred Weinland)

Operation Nachtschatten (Mara Laue)

Lennox im Land der Fischmenschen (Jo Zybell)





Das Frachtschiff KANO näherte sich der Werft der Genetiker-Förderation in ruhigem Flug. Dabei war sein Captain alles andere als ruhig. Jonas Ramirez ließ seine Finger mit unglaublicher Geschwindigkeit über die Tastatur seines Displays gleiten. Er wusste, dass er nur elf Sekunden Zeit hatte, bevor man seine Scans messen konnte. Und nur wenig länger, bis man daraus die richtigen Schlüsse zog und entsprechend handelte. Doch er musste die Informationen unter allen Umständen bekommen.

Denn hier war endlich der Beweis für den Verrat der Genetics …
SpracheDeutsch
HerausgeberAlfredbooks
Erscheinungsdatum19. Feb. 2023
ISBN9783745227352
Operation Weltensuche: 3 Science Fiction Romane

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    Buchvorschau

    Operation Weltensuche - Manfred Weinland

    Manfred Weinland, Jo Zybell, Mara Laue

    Operation Weltensuche: 3 Science Fiction Romane

    UUID: 5489e999-76a3-43ab-8528-5bd752be9d39

    Dieses eBook wurde mit StreetLib Write (https://writeapp.io) erstellt.

    Inhaltsverzeichnis

    Operation Weltensuche: 3 Science Fiction Romane

    Copyright

    Raumschiff Rubikon 24 Die Schwellenwelt

    Mission Space Army Corps 9: ​Operation Nachtschatten

    Lennox im Reich der Fischmenschen

    Operation Weltensuche: 3 Science Fiction Romane

    Manfred Weinland, Mara Laue, Jo Zybell

    Dieser Band enthält folgende SF-Romane:

    Die Schwellenwelt (Manfred Weinland)

    Operation Nachtschatten (Mara Laue)

    Lennox im Land der Fischmenschen (Jo Zybell)

    Das Frachtschiff KANO näherte sich der Werft der Genetiker-Förderation in ruhigem Flug. Dabei war sein Captain alles andere als ruhig. Jonas Ramirez ließ seine Finger mit unglaublicher Geschwindigkeit über die Tastatur seines Displays gleiten. Er wusste, dass er nur elf Sekunden Zeit hatte, bevor man seine Scans messen konnte. Und nur wenig länger, bis man daraus die richtigen Schlüsse zog und entsprechend handelte. Doch er musste die Informationen unter allen Umständen bekommen.

    Denn hier war endlich der Beweis für den Verrat der Genetics …

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author

    COVER A. PANADERO

    © dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

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    Alles rund um Belletristik!

    Raumschiff Rubikon 24 Die Schwellenwelt

    Manfred Weinland

    1.

    Die RUBIKON raste der Hölle von Angk III entgegen.

    Schon einmal hatte das Rochenschiff das Wagnis auf sich genommen, in die Atmosphäre der verbotenen Welt Portas vorzustoßen – als es galt, den Jungnargen Yael von dort zurückzuholen, zu bergen. Yaels Ungestüm oder eine unbekannte Macht hatten die tief in Jiim Sprössling schlummernde, besondere Gabe aktiviert, über die er seit Geburt verfügte. Und die ihn in die Lage versetzt hatte, nach Portas zu »teleportieren« – etwas in der Art jedenfalls. Genau geklärt worden war nie, welche Kräfte frei gesetzt wurden, um Yael nach Portas zu tragen. Aber letztlich zählte nur, dass man ihn hatte aufspüren und zurückholen können.

    Ich habe ihn aufgespürt und zurückgeholt , dachte John Cloud. Ich war mit dem Schiff und seiner Künstlichen Intelligenz, mit Sesha, verschmolzen, als wir hinab tauchten in sturmumtoste Gebiete, gegen die jeder Hurrikan wie ein laues Lüftchen anmutet. Ich weiß heute nicht mehr, wie wir es von Portas zurückschafften. Die Gewalten, die an der RUBIKON – und an mir – zerrten, waren mörderisch. Doch nun …

    … nun wusste er erst recht nicht, wie ihm geschah, weil die RUBIKON gerade eine »Schicht« durchbrochen hatte, unter der alles anders war als darüber.

    Darüber kochte die Luft des Planeten, herrschten infernalische Zustände und Gesetzmäßigkeiten, die bei jedem, der dem Planeten zu nahe kam und der bei geistiger Gesundheit war, einen sofortigen Fluchtreflex hätten auslösen müssen.

    Darunter aber …

    HIER!

    … war keine Spur mehr von Inferno, und spontan glaubte Cloud, die RUBIKON müsse durch eine unbekannte Technologie entstofflicht, räumlich versetzt und über einem ganz anderen Planeten rematerialisiert worden sein.

    »Das ist nicht mehr Portas – oder?«, meldete sich prompt auch Jarvis in diesem Sinne zu Wort. Sein Freund in dem aus Nanomaterial geformten Kyberkörper, der aber dank »bractonischem Tuning« auf die meisten Betrachter wie eine lebendige Hülle aus Fleisch und Blut wirkte – genauer gesagt wie Jarvis’ früherer Originalkörper – war kaum zu bremsen. »Hagel und Granaten! Die haben uns gelinkt!«

    Wen er damit meinte, stand außer Frage.

    Diejenigen, die John Cloud erst dazu gebracht hatten, Portas überhaupt anzusteuern.

    Eine Höllenwelt.

    Eine Welt, die selbst den Bractonen Bauchschmerzen bereitete – weil sie sie zu diesem Chaosplaneten gemacht hatten, sie und ihre unseligen Versuche, von dort aus eine Rückkehrmöglichkeit in ihr angestammtes Kontinuum zu öffnen, um nach Jahrmilliarden endlich wieder dorthin zurückkehren zu können …

    Alles Lüge , dachte Cloud. Alles Lüge, haben sie gesagt. Und ich bin ihnen auf den Leim gegangen.

    Ihnen – den Ganf.

    Lange hatte er die Ganf nur aus Erzählungen des Nargen Jiim gekannt. Dessen Volk hatte einst, bevor ein riesiges Stück ihres Mondes Maron zum gezielten Absturz auf Kalser, ihre Heimatwelt, gebracht worden war, in friedlicher und sich gegenseitig befruchtender Koexistenz mit den Ganf gelebt. Die Ganf waren riesige Wesen, die laut Jiim schneckenhausartige Gebilde mit sich herumgetragen hatten. Diese Gehäuse waren auch nach dem Niedergang der Zivilisation noch vielerorts auf Kalser zu finden gewesen. Aber kein Narge konnte sagen, wohin die dazugehörigen Geschöpfe verschwunden waren – ob sie bei der planetenumspannenden Katastrophe umgekommen waren oder vielleicht noch rechtzeitig von Kalser hatten flüchten können. Denn die Mittel dazu, das hatte sich ganz allmählich und lange im Nachhinein herausgestellt, hatten sie offenbar besessen. Die Ganf waren viel mächtiger und in kosmologischen Fragen versierter, als die unbedarften, in vielerlei Hinsicht völlig naiven Nargen es sich je hätten erträumen lassen.

    Irgendwann aber war Jiim in der Toten Stadt – einer der verlassenen Pyramidenkomplexe aus der Zeit vor der Katastrophe – offenbar noch einmal einem lebenden Ganf begegnet. Der hatte ihm eine Rüstung geschenkt … und eine Transmitterverbindung geöffnet, die Jiim bis in die Große Magellansche Wolke versetzt hatte, wo er schließlich mit der RUBIKON-Besatzung zusammengetroffen war.

    Das alles war Jahre her.

    Ebenso wie der Konflikt zwischen Satoga und Dex, zwischen CLARON und den Anorganischen, zwischen …

    HIER!

    Noch einmal schnitt der Gedanke wie eine glühende Klinge durch Clouds Gedanken. Erinnerungen zählten in diesem Moment nicht. Er musste sich dem Hier und Jetzt stellen.

    War dies noch Portas – so unwahrscheinlich es auch erscheinen mochte – oder eine fremde Welt? Oder vielleicht einfach nur einer der anderen Angkplaneten?

    »Sesha?«

    »Commander?«

    »Analyse! Positionsbestimmung! Wo befinden wir uns? Noch im Angksystem, noch über Angk III, oder …?«

    »Negativ.«

    » Was ist negativ?«

    »Ich bin nicht in der Lage, die Frage zu beantworten.«

    »Deine Sensoren …«

    » … sind schon seit unserer Ankunft in der Stasezone extrem in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt.«

    Die Stasezone.

    Ein weiteres Absurdum, dem sie sich gegenübersahen, seit die RUBIKON Einlass ins Angksystem gefunden hatte, das von einer protochaotischen Wolke wie von einem Schutzschild gegen die es belagernden Einheiten abgeschirmt wurde.

    Gegen die Flotten eines Gegners, von dem sie bislang wenig mehr als den Namen kannten.

    Auruunen.

    Das Angksystem unter dieser Wolke, die wie ein Schutzwall wirkte, jedenfalls präsentierte sich seit dem letzten Besuch wie unter einer dicken, unsichtbaren Eisschicht erstarrt.

    Das Eis der Zeit , dachte Cloud. Oder ihrer Abwesenheit …

    Grob waren ihnen die Zusammenhänge von einem Ganf namens Tecum erklärt worden. Und ebendieser Tecum hatte John Cloud auch dafür gewinnen können, Kurs durch den Raum ohne Zeit auf Portas zu nehmen. Dorthin sollte eine makabre Fracht überführt werden – eine Fracht, die zugleich Last und Bedrohung war. Zumindest für die RUBIKON und ihre Besatzung. Oder die Welt, von der sie geborgen worden war.

    Kentyr.

    Seither befand sich an Bord die Leiche eines Ganf, deren schädliche Ausstrahlung mühevoll von den angkgebürtigen Crewmitgliedern eingedämmt werden musste, damit sie nicht auch hier Schaden anrichtete.

    Denn was der Begriff Leiche bei den Ganf bedeutete, hatten sie auf besagtem Planeten Kentyr erfahren müssen, wo eine Zivilisation nach und nach von den Träumen des Toten vergiftet und die Bewohner auf eine andere Realitätsebene verschoben worden waren.

    Ein vergleichbares Szenario wollte auf der RUBIKON niemand manifestiert sehen.

    »Du kannst unsere Position also nicht bestimmen? Weder bestätigen noch dementieren, dass wir uns weiter über Portas befinden?«

    »Korrekt. Ich verfüge seit dem Eintauchen in die Atmosphäre nur noch über die Bilder, die auch ihr in die Holosäule geliefert bekommt – Bilder der normaloptischen Kameras.«

    »Denen zufolge können wir nicht mehr über Portas sein!«, mischte sich Scobee ein, die Cloud neben Jarvis am längsten kannte. Sie drei hatten den Sprung in eine Zukunft vollzogen, in der nichts mehr so war, wie sie es von ihrem »ersten Leben«, wie sie es nannten, her kannten.

    »Die reine Logik lässt auch mich zu diesem Schluss kommen«, sagte die KI. »Aber ich kann nur wiederholen – Bestätigung finde ich über keines meiner Instrumente.«

    »Gibt es Anzeichen für eine Transition oder eine andere Technologie, die zum normalen Repertoire der RUBIKON gehört?«, fragte Cloud.

    »Negativ.«

    »Dann wären wir nach Adam Riese immer noch über der Tabuwelt – auch wenn wir ihre charakteristischen Merkmale ›vermissen‹.«

    »Wer ist Adam Riese?«, fragte Sesha.

    »Der Freund von Eva Zwerg«, konnte Jarvis sich nicht verkneifen, die KI zu foppen.

    »Eva …?«

    »Lass dich nicht auf den Kindskopf ein«, wandte sich Cloud an die KI. »Es handelt sich um eine Redensart. Nicht weiter wichtig. Aber Orientierung ist wichtig. Also: Sonden …« Er verstummte, weil er sich bei einem Fehler ertappt zu haben glaubte. Sofort korrigierte er sich: »Okay, ich schätze Sonden sind unmöglich. Sie würden das verlassen, was uns gegen die Zeit-Abwesenheit da draußen schützt – Darnok, die Nabissschicht, die darin aufgegangenen Sternlinge …« Im Grunde rekapitulierte er gerade für alle noch einmal, was alles hatte geschehen müssen, um die RUBIKON überhaupt ins Angksystem zu bringen und hier manövrierfähig zu halten.

    »Wäre aber auch eine Möglichkeit, herauszufinden, ob wir uns noch im Angksystem befinden«, schlug Assur vor, die ebenfalls auf dem Kommandostand Platz genommen hatte. »Wenn die Sonden scheitern, ist klar, dass wir noch innerhalb der Zone sind, die von irgendwelchen Kräften erzeugt und manipuliert wird.«

    Cloud fand an der Argumentation nichts auszusetzen. »Gute Idee«, sagte er. »Sesha? Wir setzen nur eine Sonde aufs Spiel, das aber gleich. Ist alles bereit für eine solche Aktion?«

    »Bereit«, sagte die KI.

    »Dann Start mit der üblichen Modifikation für Planetenerkundung. Bilder der Sonde – also Bilder, die sie zeigen und solche, die sie überträgt – in die Säule!«

    Das zylinderförmige Hologramm spannte sich vom Boden des Kommandopodests bis hinauf zur Decke. Dreidimensional war darin die äußere Umgebung der RUBIKON abgebildet. In diesem Fall der Blick auf eine nicht weiter auffällig wirkende Wolkenschicht, von der nur geschätzt werden konnte, wie weit sie von der Oberfläche entfernt lag. Es gab jedenfalls keine Spur von all den Schrecknissen ihres ersten Portas-Besuches, was schon erstaunlich genug war.

    Sesha erzeugte ein paar zusätzliche Holofenster innerhalb der Säule, mit denen sie ab dem Moment, da Cloud den Start befohlen hatte, die ausfliegende Sonde verfolgen konnten.

    Da rückte sie auch schon ins Bild.

    »Start gelungen«, meldete Sesha in neutralem Ton. »Sonde entfernt sich. Bilder kommen.«

    »Wie weit reicht das Neutralisationsfeld um die RUBIKON?«, fragte Assur.

    »Dessen Grenzen wurden bereits überschritten«, antwortete Scobee anstelle von Cloud. »Die Sonde muss längst aus ihm heraus sein.«

    »Aber sie fliegt weiter. Kein Systemausfall, oder Sesha?«, fragte Assur, bereits halb jubelnd.

    »Nicht, was ihren Antrieb angeht«, gab die KI zur Antwort.

    »Aber?«

    »Mich erreichen keine Bilder.«

    »Was bedeutet das?«, fragte Jarvis. »Sind wir demnach also weiterhin im Einflussbereich der Zeitlosigkeit?«

    »Wäre es so, müsste die Sonde außerhalb der RUBIKON zum Stillstand kommen. Tut sie aber nicht«, sagte Scobee. »Also?«

    »Hm.« Cloud las die Dateneinblendungen der noch funktionierenden Außensensoren. Sie fliegt weiter. Aber ihre Systeme können keine Bilder oder Messungen zu uns übertragen. Vielleicht ein Sondenfehler? Riskieren wir eine zweite. Sesha?«

    »Gestartet.«

    Wieder wurde ein Flugobjekt sichtbar, das sich von der RUBIKON löste. Es verschwand ebenso wie die erste Sonde in der Ferne, ohne auch nur ein Bild übertragen zu haben.

    »Vielleicht ein Störfeld, das Übertragungen verhindert und das wir nicht lokalisieren können. Aber jedenfalls keine Abwesenheit von Zeit «, sagte Jarvis.

    »Mit welcher Geschwindigkeit gleiten wir durch die Atmosphäre, Sesha?«, fragte Cloud die KI.

    »Moderate tausend Stundenkilometer.«

    Sie hatte es kaum gesagt, geschah etwas Aufsehenerregendes: Teile der Zentrale schienen sich zu verwandeln. Die Wände überwucherten mit etwas Porösem von vielfältiger Ausprägung; binnen weniger Sekunden sah dieser Bereich wie der Teil eines Korallenriffs aus, der komplett von Wasser befreit worden war.

    »Verdammt!«, fluchte Jarvis in Erwartung dessen, was nun passieren würde.

    Und auch schon passierte.

    Vor dem Hintergrund der strukturellen Umwandlung materialisierte die Gestalt eines Ganf.

    »Tecum!« Cloud war aufgesprungen.

    Der Ganf kam mit beschwichtigender Geste näher. Eine Geste, die zu einem Menschen gepasst hätte, nicht aber zu einer riesigen Schnecke mit Gliedmaßen.

    »Es ist an der Zeit, euch zu leiten«, sagte er. »Da ihr mich bereits kennt, fiel die Wahl der Ganf an Bord auf mich.«

    Ganf an Bord – auch so ein Ding, das eigentlich unmöglich hätte sein müssen. Doch inzwischen wussten sie, dass die Ganf die RUBIKON schon vor längerem für ihre Zwecke präpariert hatten – in einer nach wie vor kaum begreiflichen Weise. Fakt schien allerdings: Seither gab es zwei Schiffe … oder besser gesagt: zwei Seiten derselben Medaille. Durch eine normalerweise nicht überschreitbare Dimensionsgrenze unsichtbar, existierte auf der RUBIKON eine Ebene, auf der sich die Ganf eingenistet hatten. Vor kurzem erst hatten sie sich bemerkbar gemacht und teilweise erklärt. Durch sie war man nach Kentyr gelangt, durch sie hatte man den Ganf-Leichnam geborgen, und durch sie war man überhaupt erst ins abgeschottete Angksystem gelangt.

    Und auch dass die RUBIKON das Wagnis eingegangen war, Portas anzusteuern, lag letztlich an Versprechungen der Ganf, sich dort des Leichnams entledigen zu können und weitere Erklärungen zu erhalten, die die Gesamtsituation betrafen.

    Bis dahin hatte Tecum die Crew bereits mit der Aussage konfrontiert, dass die Bractonen eins mit Sicherheit nicht waren – die Schöpfer des Universums nämlich, wie sie es von Anfang an behauptet hatten.

    Waren die Schöpfer im Rückschluss dann aber jene, die diese Überzeugung erst in die Bractonen gepflanzt hatten, die Ganf also? Darüber war noch nicht gesprochen worden, aber es war darüber zu sprechen. Vielleicht bot sich jetzt eine Gelegenheit dazu.

    »Commander …« Tecum kam Cloud entgegen. »Darf ich das Schiff übernehmen?«

    Die Frage überraschte Cloud nicht einmal. »Wozu?«, fragte er nur.

    »Um sie zu ihrem Ziel zu steuern.«

    »Wir befinden uns also noch im Angksystem?«

    »Und über Portas – natürlich.«

    »Warum können dann plötzlich Sonden weiterfliegen, nachdem sie die RUBIKON verlassen haben? Ich dachte, die Vorkehrungen, um die Zeitstarre zu egalisieren, wirken nur auf die RUBIKON?«, verlangte Cloud nach Erklärungen.

    »Die Zeitstarre gilt für alles in diesem System – ausgenommen Portas.«

    »Und das soll eine Erklärung sein?«, mischte sich Jarvis ein.

    »Also könnten wir hier über Portas darauf verzichten, Darnoks Kräfte anzuzapfen?«, fragte Cloud.

    »Er wurde bereits ausgeklinkt. Ihn hier aktiv zu belassen, würde sich sehr nachteilig für Schiff und Besatzung auswirken.«

    »Auch für euch?«

    »Auch für uns.«

    »Und die unterbrochene Verbindung zu den Sonden? Davon weißt du doch sicher auch längst.«

    »Wie vermutet – ein Störfeld.«

    »Und wozu diese Störung?«

    »Wir wollen selbst bestimmen, was ihr zu sehen bekommt und was nicht.«

    »Habt ihr kein Vertrauen zu uns?«

    »Wir sind … wie würdet ihr sagen? Nun, wir sind gebrannte Kinder, wenn ihr versteht.«

    »Euer Vertrauen wurde schon einmal enttäuscht? Von wem?«

    »Das tut nichts zur Sache. Ich übernehme jetzt.«

    Der Ganf trat nicht wie ein wirklicher Bittsteller auf, aber auch das war Cloud, waren alle an Bord inzwischen gewöhnt.

    »Du kannst meinen Sitz übernehmen«, sagte er. »Wie lange wirst du brauchen, um uns dorthin zu lenken, wohin es den Ganf beliebt?«

    »Wenige Minuten eurer Zeitrechnung.«

    »Dann los.« Cloud zeigte zu seinem Sitz.

    Er ignorierte die wenig erfreuten Blicke seiner Gefährten, allen voran Assur und Scobee.

    Tecum bewegte sich geschmeidig auf den Kommandositz zu, nahm dann aber etwas umständlich darauf Platz. Offenbar wies die Konstruktion ergonomische Mängel für einen Ganf auf. Letztlich störte ihn das aber nicht und hinderte ihn auch nicht an seinem Vorhaben.

    Cloud übergab die Autorisation »offiziell« an Tecum, wobei er bezweifelte, dass es dessen bedurft hätte. Von der »anderen« Schiffsseite aus hatten die Ganf schon derart drastische Eingriffe ins Gefüge der RUBIKON genommen, dass er davon ausging, dass es Tecum nur ein müdes Lächeln gekostet hätte, die volle Kontrolle an sich zu reißen.

    Aber Tecum erinnerte in vielem an Kargor, der auch einmal nach Belieben an Bord geschaltet und gewaltet hatte. Das war lange her, aber in Erinnerung geblieben. Kargor …

    Zum ersten Mal wurde Cloud die Möglichkeit bewusst, dass sie dem Bractonen auf Portas über den Weg laufen würden. Seit die Tridentische Kugel nach Angk III vorgestoßen und hinter den Atmosphäreschleiern verschwunden war, hatte niemand mehr etwas von der Expedition gehört, die Kargor anführte. Erklärtes Ziel des Bractonen war es gewesen, durch eine Art »Tor« in das angestammte Kontinuum zu gelangen. Dieses Tor hatte irgendwann in der Vergangenheit zu jener Katastrophe geführt, nach der Portas zur Tabuwelt erklärt worden war. Dennoch war Kargor vor seinem Abflug der Überzeugung gewesen, dass er es schaffen könnte, die Alte Heimat zu erreichen.

    Nach den eigenen Erfahrungen, die Cloud und seine Crew gerade machten, musste allerdings die Frage erlaubt sein, ob es dieses Tor überhaupt gab – und was mit Kargor und seiner Tridentischen Kugel passiert war. Hatten sie auch das laut Tecum wahre Gesicht von Angk III schauen dürfen? Oder waren sie so getäuscht worden wie die RUBIKON bei ihrem ersten Besuch?

    Cloud wartete ab, bis Tecum die Steuerung des Rochenraumers erkennbar übernommen hatte, dann trat er neben ihn und sagte: »Dir ist hoffentlich klar, dass die RUBIKON nicht landen kann. Wir sollten eine bestimmte Höhe nicht unterschreiten.«

    Tecum schien diesen Hinweis nicht einer Antwort für wert zu befinden.

    Die RUBIKON ging tiefer. Ziel des Ganf im Kommandositz war es offenbar, die Wolkenschicht zu durchstoßen, was Cloud grundsätzlich begrüßte, da er es kaum erwarten konnte, mehr Informationen über den Planeten zu erhalten, der sich bislang allen Erkundungsversuchen erfolgreich entzogen hatte.

    »Bist du immer noch überzeugt, das Richtige zu tun?«, wandte sich Scobee mit gefurchter Stirn an ihn.

    »Ja.«

    »Ist das alles, was du dazu zu sagen hast? Ein simples Ja?«

    »Du hast gefragt, ich habe geantwortet. Wenn ich nein meinen würde, würde ich nein sagen. Aber ich bin überzeugt. Genügt das?«

    »Nein.«

    »Ach. Ein simples Nein? Ist das alles, was du –«

    »Idiot!« Sie richtete demonstrativ den Blick in die Holosäule.

    »Idiot, Sir ! Wenn ich bitten darf.« Cloud lächelte kurz. Er wusste, was er an Scobee hatte. Ein »Idiot!« mehr oder weniger machte daran keinen Unterschied. Gegenseitiger Respekt drückte sich in anderen Dingen aus.

    Als er kurz zu Assur sah, grinste sie ihn herausfordernd an.

    »Noch jemand, der das Kommando übernehmen will?«, fragte er in die Runde.

    »Es wurde bereits übernommen – nur falls es dir entgangen sein sollte, Commander«, merkte Jarvis süffisant an.

    In diesem Moment durchstieß die RUBIKON die Wolkenschicht, und unter ihnen lag der Planet unverhüllt vor ihnen.

    Cloud fühlte sich fast auf die Erde versetzt, als diese noch keine Hohlwelt und noch nicht von den Keelon annektiert gewesen war. Sie bewegten sich auf sattgrünen Regenwald zu, wie er 2041 noch weite Teile Südamerikas geprägt hatte.

    »Der blaue Planet …«, rann es über seine Lippen, ohne dass er es zurückhalten konnte.

    »Ja«, stimmte sofort Scobee in den gleichen Tenor ein. »So sieht es wirklich aus – als flögen wir über den fruchtbarsten Zonen der guten alten Erde.«

    »Atemberaubend.« Jarvis wollte auch nicht zurückstehen. »Der Ozean unter uns … aber erst recht dort: Das Festland, auf das wir zuhalten. Was ist das? Insel oder Kontinent?«

    »Wir werden langsamer. Tecum drosselt die Geschwindigkeit«, interpretierte Assur die Werte, die in die Holosäule eingeblendet wurden.

    Weit vor ihnen, noch vor der Küste, schwebten etwa drei Dutzend Gebilde am Himmel. Es waren Objekte von unterschiedlichster Form und Größe, und je näher die RUBIKON kam, desto mehr erinnerten sie an Obelisken, die von unsichtbaren Kräften dicht über den Meereswellen gehalten wurden.

    »Ist das unser Ziel?«, fragte Cloud.

    »Unsere erste Station«, erwiderte Tecum. »Es wird höchste Zeit für Shayol.«

    »Shayol?«

    »Mein toter Bruder – der sich nach Zejna sehnt. Dem Ort seiner letzten Erfüllung.«

    2.

    Varx spürte die Erschütterungen in sich ab dem Moment, da das Raumschiff, auf dem er sich befand, in die Atmosphäre von Portas eintauchte.

    Die Erschütterung ereignete sich tief in ihm – dort, wo sich ein eigener Kosmos, begrenzt von nachtschwarzer Haut, befand.

    Der Sternling blieb abrupt stehen und schrie auf, und da der Schrei nach innen gerichtet war, zerschmetterte er Planeten und Monde, ließ Sonnen zu Supernovae entarten.

    Noch nie zuvor war Varx von solchen Gefühlen übermannt worden.

    Da er aber nicht allein war, sondern in Gesellschaft von Aylea, mit der er kürzlich unter ganz besonderen Umständen Freundschaft geschlossen hatte, versetzte er seine Begleiterin in Angst und Schrecken.

    »Varx!«

    Ihr Schrei war nach außen gerichtet.

    Und deshalb konnte er Varx für eine lange Zeit nicht erreichen …

    Aylea starrte fassungslos auf ihren Begleiter, mit dem sie eine Minute zuvor durch ein Schott getreten war, das in eine komplexe autarke Welt an Bord der RUBIKON führte.

    Nach Kalser.

    Pseudokalser.

    Die Holo-Nachbildung der Nargen-Heimat hatte Aylea und Varx mit einem klaren Himmel empfangen. Der Blick reichte weit über die Baumhäuser am Schrund hinaus, bis hin zu den eisigen Feldern aus Permafrost. Aber sie hatten die Strecke zum Dorf noch nicht einmal zur Hälfte zurückgelegt gehabt, als eine unheimliche Verwandlung mit Varx vonstattenging.

    Vor Ayleas Auge bekam die Haut des Freundes Risse. Und aus diesen Verletzungen quollen Sternennebel und Galaxien hervor …

    Varx war von einem Schritt auf den nächsten wie zur Salzsäule erstarrt.

    Ayleas Schrei alarmierte Yael, der über ihr Kommen unterrichtet war und sie bereits zusammen mit Winoa erwartet hatte.

    Sekunden später landete der geflügelte Freund, von Ayleas Schrei angelockt, neben ihr – und starrte zunächst ebenso entgeistert wie sie auf Varx.

    »Wie … ist das passiert?«, keuchte er. Hinter ihm kam Winoa angerannt.

    »Ich weiß es nicht. Aber er braucht dringend Hilfe! Vielleicht stirbt er …«

    »Können Sternlinge überhaupt sterben?«

    »Was weiß ich?«, rief sie ungeduldig. »Hast du so etwas jemals gesehen? Es ist, als würde er auslaufen. Als wäre in ihm eine Flüssigkeit, die durch ein Leck entweicht. Und mit ihr alles, was darin schwimmt …«

    »Ich kann nichts tun. Und mein Orham ist nicht hier. Er wollte in die Zentrale. Sesha muss helfen. Sesha?!«

    »Yael?«

    »Siehst du, was hier passiert?«

    »Du meinst den Sternling?«

    »Ja! Wen sonst?«, schrie Aylea so ungehalten, dass sie sich sofort danach die Hand vor den Mund hielt, als hätte sie Sorge, dass der Schrei Varx Haut noch mehr Risse zufügen könnte – wie ein hochfrequenter Ton Glas zum Zerspringen brachte.

    »Ich fürchte, ich kann nichts tun«, sagte die KI. »Ein solcher Fall ist noch nie vorgekommen.«

    »Könnte Tecum dahinterstecken?«, fragte Winoa, als sie ihre Freunde außer Atem nach dem Spurt, den sie hingelegt hatte, erreichte. Sie war ebenso wie Yael von Aylea haarklein über alles unterrichtet worden, was die Freundin und Varx im Cy Memorial und auf Arrankor erlebt hatten.

    »Nein«, sagte Aylea kopfschüttelnd. »Uns wurde vom Commander versichert, dass Varx unter seinem persönlichen Schutz steht – und er das jedem, auch dem Ganf, unmissverständlich zu verstehen gibt!«

    »Dann hat er das auch getan. Du hast recht«, lenkte Winoa sofort ein. »Auf John ist Verlass – sagt jedenfalls meine Mutter ungefähr dreihundert Mal am Tag. Okay, gefühlte dreihundert Mal.« Sie grinste, obwohl auch sie nur Augen für Varx und das hatte, was mit dem Sternling geschah. Es sah tatsächlich so aus, als blute er Sterne und Planeten .

    Doch dann …

    … schien jemand auf eine Rückspultaste zu drücken, und alles, was aus Varx bis dato herausgeströmt war, floss innerhalb von Sekunden wieder in ihn zurück.

    Am Ende stand er scheinbar unversehrt vor ihnen. Und auch die Lähmung fiel von ihm ab.

    »Was ist?«, fragte er scheinbar arglos. »Warum schaut ihr mich so komisch an? Ist was?«

    »Du kannst dich wirklich nicht erinnern?«

    »Ich erinnere mich schon – aber nicht an das, was ihr mir gerade erzählt habt.«

    »Und an was erinnerst du dich?«

    »Ich verlor kurz das Bewusstsein. Ein Schwindelgefühl. Chaos. Schreckliche Laute … Ich glaube, ich habe sie selbst ausgestoßen …«

    »Du warst vollkommen stumm. Die ganze Zeit – während es aus dir herauslief.«

    »Aus mir kann nichts herauslaufen.«

    »Sesha ist unser Zeuge!«

    Varx blickte betreten auf die Schar von neuen Freunden, die er seit seiner Rückkehr auf die RUBIKON dank Ayleas »Vermittlung« gefunden hatte. Sie hatte ihn mit Winoa und Yael zusammengebracht, weil es Freunde von ihr waren. Und diese hatten Varx ohne jeden Vorbehalt auf Anhieb akzeptiert und in ihre Clique aufgenommen.

    Eine Clique – das hatte Varx zuvor noch nicht einmal in der Theorie gekannt.

    Es war für ihn ein erhebendes Glücksgefühl, wie ein Mensch behandelt zu werden – obwohl er definitiv keiner war. Aber diese Redensart, jemanden »wie einen Menschen behandeln«, war auch für ihn klar begreiflich. Vielleicht war es das, wonach er sich immer so gesehnt hatte, seit … ja, seit wann eigentlich? Wann hatte sein Sein, seine Existenz eigentlich begonnen?

    Nach menschlichen Maßstäben war er uralt. Er war dabei gewesen, als die ersten Menschen im Angksystem angekommen waren. Und er hatte einige von ihnen bei ihren anfangs noch unsicheren Versuchen, sich eine Lebensgrundlage auf den Angkwelten zu schaffen, begleitet. Er hatte Sahbu persönlich kennengelernt, die Lange Paula … und natürlich Prosper. Prosper Mérimée. In ihm waren so viele Erinnerungen, so viele Geschichten hinterlegt, dass er jahrelang pausenlos davon hätte erzählen können.

    Er war es gewesen, der Prosper Mérimée damals, als dieser längst Wurzeln geschlagen und eigenen Nachwuchs gezeugt hatte, nach Portas gelotst hatte.

    Ja, Portas.

    War es nicht verrückt, dass er all die Zeit nie mehr daran gedacht hatte, dass er dort schon einmal gewesen war? Wie hatte er das vergessen können?

    »Varx? Varx! Was ist mit dir? Du bist so still. Fängt es etwa schon wieder an?«

    »Nein, nein«, beruhigte er Aylea, die ehrlich besorgt um ihn schien. Er mochte sie sehr. »Es ist nur …«

    »Was?«

    »Ich musste gerade an damals denken.«

    »Damals?«

    »Als ich mit Prosper zusammen nach Angk III ging, in ihrem Auftrag.«

    »Prosper? Du meinst nicht etwa Prosper Mérimée ?«, fiel Aylea aus allen Wolken. »Aber wie könntest …? Wie alt müsstest du sein? Tausend? Zehntausend Jahre?«

    Varx wollte ihr antworten. Aber in diesem Moment kam der nächste Schub. Es war, als hätte die erste Erschütterung Dämme niedergerissen, und nun kamen lawinenartig die Erinnerungen über ihn. Erinnerungen an Portas. An Prosper Mérimée … und die Dinge, die sie erlebt hatten. Damals, als Prosper seine Bestimmung gefunden hatte – so groß das persönliche Opfer auch gewesen, so schwer es ihm auch gefallen war.

    »Prosper …«

    Varx erstarrte vor den Augen seiner Freunde abermals zur Statue. Diesmal jedoch bildeten sich keine Risse, die äußerlich erkennbar gewesen wären. Diesmal blutete er nach innen

    3.

    Vergangenheit

    Prosper Mérimées Blick war so starr auf den vor ihm aufragenden Koloss gerichtet, als bestünde dieser Blick aus einem permanenten Strom mikroskopisch kleiner Eisenspäne, die von einem Supermagneten angezogen wurden.

    Prospers Blick klebte förmlich an dem Gebilde, das groß wie ein mehrstöckiges Haus war und kein lebendiges Wesen sein konnte . Und doch hatte es gerade zu ihm gesprochen. Worte, die sich wie Feuer in seinen Geist gebrannt hatten. Worte in einer Sprache, die er noch niemals gehört zu haben meinte und dennoch verstand. Fließend verstand.

    Für einen Moment zweifelte er an der realen Existenz von allem, was er in den letzten Stunden erlebt hatte – seit »Roddy« auf Arrankor aufgetaucht war, der Welt, auf der Prosper fast beschaulich mit seiner Familie gelebt hatte. Den Resten seiner Familie. Denn mit Sarahs Tod war der gefühlte Mittelpunkt dieser Familie weggebrochen.

    Mithilfe von Varx, einem Sternling, der sich der Roddy-»Maske« bedient hatte, um Prosper leichter zur Teilnahme an diesem Himmelfahrtskommando überreden zu können, waren sie nach Portas gelangt.

    Hierher .

    Portas galt seit jeher als die verbotene unter den sieben Angkwelten – auf ihr, so munkelte man, war irgendwann in grauer Vorzeit ein extrem wichtiges Experiment der ERBAUER so grundlegend gescheitert, dass danach der gesamte Planet in eine Sperrzone hatte verwandelt werden müssen. Was genau auf Portas passiert oder fehlgeschlagen war, darüber gab es die wildesten Gerüchte. Prosper hatte sich nie großartig an diesbezüglichen Spekulationen beteiligt, während Sarah ganz fasziniert von der Thematik gewesen war. Sie hatte damit auch ihre Kinder infiziert, und selbst nach dem Tod ihrer Mutter hatte Prosper sie oft über Angk III reden und fantasieren hören. »Roddys« Auftauchen und Ankündigung, Prosper mit nach Portas nehmen zu müssen , weil sonst dem gesamten Sieben-Welten-System eine Katastrophe drohte, hatte die Gedanken des ehemaligen Zirkusdirektors und Bewohner des Erdghettos fast schmerzhaft abrupt auf Angk III fokussiert.

    Er hatte sich von dem falschen Roddy überreden lassen. Weil er alles getan hätte, um seinen Kindern und Enkelkindern eine heile Welt zu erhalten. Sie hatten das Glück, wie selbstverständlich auf einer Angkwelt groß zu werden. All den Gefühls- und Erinnerungsballast, den ihre Eltern und Großeltern mit sich herumtrugen, weil sie irgendwo doch von den Umständen, wie sie einst zu den ERBAUERN gelangt waren, traumatisiert wurden, schleppten sie gar nicht erst mit sich herum. Und das war gut so. Arrankor war ihre Heimat. Dort hatten sie ihre Wurzeln, weil Prosper und Sarah sich vor Jahrzehnten an einer der Meeresküsten niedergelassen und ein wundervolles Wunschhaus gebaut hatten – Wunschhaus deshalb, weil es aus einer speziellen Materie hergestellt war, die überall auf Arrankor in sogenannten Depots gelagert war. Sie stand den menschlichen Siedlern zur Verfügung. Es war ein intelligentes Baumaterial, das sich allein kraft der Gedanken formen ließ. Und wenn er zufrieden mit dem Resultat war, konnte der »Architekt« bestimmen, dass es in der erzielten Form stabil blieb. Andere vermochten dann nicht mehr daran zu rütteln; nur der kreative Kopf eines Werks selbst, indem er die »Sperre«, die es sicherte, bewusst wieder aufhob. Dann konnte er den ganzen bau verwerfen oder selektiv Änderungen vornehmen.

    Das war in den Jahrzehnten mehrfach geschehen. Nur nicht mehr seit Sarahs Tod, da sie gemeinsam mit Prosper als autorisierte Erbauerin in der Nanostruktur des Gebäudes verankert war. Es hatte stets ihrer beider geistiger Einwilligung bedurft, um Änderungen vorzunehmen. Nun war das Haus fast so etwas wie ein Denkmal für Sarah geworden. Was die Familienangehörigen aber nicht daran hindern würde, sich eigene Häuser in der Nähe oder irgendwann auch weiter fort zu errichten. Mit einem eigenen Depot.

    Prosper hing nur einen Sekundenbruchteil in Gedanken dem nach, was er hinter sich gelassen

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