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Drei faszinierende Weltraum-Abenteuer September 2022
Drei faszinierende Weltraum-Abenteuer September 2022
Drei faszinierende Weltraum-Abenteuer September 2022
eBook460 Seiten5 Stunden

Drei faszinierende Weltraum-Abenteuer September 2022

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Über dieses E-Book

Dieser Band enthält folgende Romane:



Der Held von Najn (Manfred Weinland/Carolina Möbis)

Einsatzort Roter Stern (Alfred Bekker)

Im Licht des Roten Sterns (Alfred Bekker)











Das Zentrum der Kampfformation von Space Army Corps Schiffen bildete eine Einheit der Dreadnought-Klasse. Zylinderförmig war sie, wie nahezu alle im Space Army Corps, die während des ersten Qriid–Krieges verwendet wurden. Die 834 m lange Dreadnought trug den Namen TARRAGONA und stand unter dem Kommando von Commodore Ray Malmgren. 421 Gauss-Geschütze besaß die TARRAGONA an jeder ihrer vier Breitseiten oben, unten, rechts und links. Flankiert wurde sie von einigen Kreuzern, Zerstörern und Leichten Kreuzern. Zusammen bildeten sie einen kompakten Verband, der sich in der Nähe des Zwergplaneten New Hope D 334 formiert hatte. New Hope war das wichtigste System am Rande des sogenannten Niemandslandes zwischen dem von den Humanen Welten beanspruchten Territorium und dem sich ständig ausdehnenden Grenze des Heiligen Imperiums der vogelartigen Qriid. Milliarden Menschen lebten dort, insbesondere auf New Hope II und III.
SpracheDeutsch
HerausgeberAlfredbooks
Erscheinungsdatum22. Sept. 2022
ISBN9783745224221
Drei faszinierende Weltraum-Abenteuer September 2022
Autor

Alfred Bekker

Alfred Bekker wurde am 27.9.1964 in Borghorst (heute Steinfurt) geboren und wuchs in den münsterländischen Gemeinden Ladbergen und Lengerich auf. 1984 machte er Abitur, leistete danach Zivildienst auf der Pflegestation eines Altenheims und studierte an der Universität Osnabrück für das Lehramt an Grund- und Hauptschulen. Insgesamt 13 Jahre war er danach im Schuldienst tätig, bevor er sich ausschließlich der Schriftstellerei widmete. Schon als Student veröffentlichte Bekker zahlreiche Romane und Kurzgeschichten. Er war Mitautor zugkräftiger Romanserien wie Kommissar X, Jerry Cotton, Rhen Dhark, Bad Earth und Sternenfaust und schrieb eine Reihe von Kriminalromanen. Angeregt durch seine Tätigkeit als Lehrer wandte er sich schließlich auch dem Kinder- und Jugendbuch zu, wo er Buchserien wie 'Tatort Mittelalter', 'Da Vincis Fälle', 'Elbenkinder' und 'Die wilden Orks' entwickelte. Seine Fantasy-Romane um 'Das Reich der Elben', die 'DrachenErde-Saga' und die 'Gorian'-Trilogie machten ihn einem großen Publikum bekannt. Darüber hinaus schreibt er weiterhin Krimis und gemeinsam mit seiner Frau unter dem Pseudonym Conny Walden historische Romane. Einige Gruselromane für Teenager verfasste er unter dem Namen John Devlin. Für Krimis verwendete er auch das Pseudonym Neal Chadwick. Seine Romane erschienen u.a. bei Blanvalet, BVK, Goldmann, Lyx, Schneiderbuch, Arena, dtv, Ueberreuter und Bastei Lübbe und wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt.

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    Buchvorschau

    Drei faszinierende Weltraum-Abenteuer September 2022 - Alfred Bekker

    Alfred Bekker & Manfred Weinland & Carolina Möbis

    Drei faszinierende Weltraum-Abenteuer September 2022

    UUID: bb6bd586-4afe-4fc0-b63d-34e20a5e7c29

    Dieses eBook wurde mit StreetLib Write (https://writeapp.io) erstellt.

    Inhaltsverzeichnis

    Drei faszinierende Weltraum-Abenteuer September 2022

    Copyright

    Raumschiff Rubikon 32 Der Held der Najn

    Der Held von Najn

    Einsatzort Roter Stern

    Im Licht des Roten Sterns

    Drei faszinierende Weltraum-Abenteuer September 2022

    Alfred Bekker, Manfred Weinland, Carolina Möbis

    Dieser Band enthält folgende Romane:

    Der Held von Najn (Manfred Weinland/Carolina Möbis)

    Einsatzort Roter Stern (Alfred Bekker)

    Im Licht des Roten Sterns (Alfred Bekker)

    Das Zentrum der Kampfformation von Space Army Corps Schiffen bildete eine Einheit der Dreadnought-Klasse. Zylinderförmig war sie, wie nahezu alle im Space Army Corps, die während des ersten Qriid–Krieges verwendet wurden. Die 834 m lange Dreadnought trug den Namen TARRAGONA und stand unter dem Kommando von Commodore Ray Malmgren. 421 Gauss-Geschütze besaß die TARRAGONA an jeder ihrer vier Breitseiten oben, unten, rechts und links. Flankiert wurde sie von einigen Kreuzern, Zerstörern und Leichten Kreuzern. Zusammen bildeten sie einen kompakten Verband, der sich in der Nähe des Zwergplaneten New Hope D 334 formiert hatte. New Hope war das wichtigste System am Rande des sogenannten Niemandslandes zwischen dem von den Humanen Welten beanspruchten Territorium und dem sich ständig ausdehnenden Grenze des Heiligen Imperiums der vogelartigen Qriid. Milliarden Menschen lebten dort, insbesondere auf New Hope II und III.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfredbooks und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

    © by Author

    © Cover: A.Panadero

    © dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

    postmaster@alfredbekker.de

    Raumschiff Rubikon 32 Der Held der Najn

    Manfred Weinland und Carolina Möbis

    Am Morgen einer neuen Zeit.

    Der Krieg zwischen den organischen und anorganischen raumfahrenden Völkern konnte im letzten Moment abgewendet werden. Die Menschen jedoch sind nach wie vor fremdbestimmt und als die Erinjij gefürchtet, die sich in ihren Expansionsbestrebungen von nichts und niemandem aufhalten lassen.

    Abseits aller schwelenden Konflikte kommt es im Zentrum der Milchstraße zu einer von niemand vorhergesehenen, folgenschweren Begegnung.

    Eine unbekannte Macht hat sich dort etabliert. Schnell zeichnet sich ab, dass es sich um keinen normalen Gegner handelt. Die Bedrohung richtet sich nicht nur gegen die heimatliche Galaxie, sondern könnte das Ende allen Lebens bedeuten.

    Die Geschichte des Kosmos, so scheint es, muss neu geschrieben werden …

    Der Held von Najn

    1.

    Artovayn tanzte.

    Der Neugloride, der sich, wie jeder seiner Generation, den Bedingungen des Äthers angepasst hatte, befleißigte sich seiner stofflichen Erscheinungsform und genoss die damit verbundene Körperlichkeit, die ihm erstrebenswerter war als die rein energetische, in der er es gewohnt war, große Distanzen innerhalb Scharans zurückzulegen.

    Wobei: groß?

    Der Wirkungsradius seiner Spezies war einst, vor dem Verfall althergebrachter physikalischer »Sitten«, ungleich größer gewesen. In jenen Zeiten waren die Gloriden ein bestimmendes Element innerhalb eines gewaltigen Räderwerks gewesen, das dazu diente, die CHARDHIN-Perlen in Schuss zu halten. Vereinfacht ausgedrückt waren die Gloriden die Wartungsmannschaften jener kugelförmigen Giganten gewesen, die über das ganze Universum verstreut zu sein schienen und von ihren Erbauern und deren Hilfsvölkern als EWIGE KETTE bezeichnet wurden.

    Die EWIGE KETTE, so ging die Mär, die auch unter Neugloriden kursierte, hatte einst den Kosmos »gezündet«, in dem sich seither unzählige Galaxien tummelten. Ihnen allen war eines gemein: In ihren Zentren existierten mehr oder minder große Schwarze Löcher, und hinter dem Ereignishorizont eines jeden ... war eine CHARDHIN-Perle verankert, die darüber zu wachen hatte, dass die Naturgesetze innerhalb eines riesigen Raumsektors stets gewahrt blieben.

    In Scharan jedoch war es vor einer Zeitspanne, die die Besatzung des Raumschiffs, in dem sich Artovayn aktuell aufhielt, als 300.000 Jahre bezeichnete, zu umwälzenden Ereignissen gekommen. Im Zuge dieser Ereignisse hatte sich die damalige Perlenbesatzung, die im Herzen Scharans zuhause gewesen war, dazu veranlasst gesehen, die eminent wichtige Station aus der Singularität des Schwarzen Loches herauszuführen und vor einer erstmals auf den Plan tretenden Macht zu verstecken, die seither ihr Unwesen trieb.

    Artovayn verlor sich völlig in seinem Tun. Tanz war etwas unendlich Befriedigendes. Selbst auf energetischer Ebene gab es wenig, das damit hätte konkurrieren können. Es waren erlesene Momente der Hingabe, die er sich nur gönnte, wenn er allein und unbeobachtet war.

    Die Kabine an Bord der RUBIKON, die John Cloud ihm zur freien Verfügung überlassen hatte, genügte Artovayns Ansprüchen völlig. Sein Tanz brauchte wenig Platz. Sein Tanz spielte sich auf engstem Raum ab und steigerte sich mehr und mehr in Verzückung –

    Die Ernüchterung traf den Neugloriden, der auf Wunsch des Schiffskommandanten seine Gauklertracht gegen unauffällige Bordkleidung eingetauscht hatte, umso brutaler.

    Inmitten einer wirbelnden Pirouette erstarrte Artovayn so abrupt, dass schon allein dieser Vorgang für einen Außenstehenden die Nichtmenschlichkeit der ansonsten weitgehend humanoid wirkenden Gestalt verraten hätte.

    Von einer Nanosekunde zur nächsten wirkte Artovayn wie eine Skulptur, die ein begnadeter Künstler täuschend lebensnah erschaffen hatte.

    Die Starre hielt jedoch nicht lange an. Ebenso plötzlich, wie sie Macht über Artovayn erlangt hatte, fiel sie auch wieder von ihm ab.

    Wie in Trance stakste er zur Tür seiner Kabine, öffnete sie und trat auf den verlassenen Korridor hinaus.

    Diese Nachtphase verbrachte Yael außerhalb der künstlichen Welt Kalser, die nur mithilfe von Hightech-Aggregaten existieren konnte und täuschend echt dem Heimatplaneten der Nargen nachempfunden worden war.

    Es war nicht das erste Mal, dass er das tat, daran mochte es also nicht liegen, dass er auffällig unruhig schlief. Irgendwann zuckte er so heftig neben Winoa, dass das Angkmädchen wach wurde und nach Licht verlangte.

    Die Servoeinheit des Quartiers reagierte sofort.

    Aus unsichtbaren Quellen strömte mildes Licht, der Empfindlichkeit eines Menschen – insbesondere so kurz nach dem Erwachen – angepasst.

    Winoa setzte sich in dem großen Bett auf, das sie sich mit Yael teilte, obwohl es alles andere als ergonomisch ideal für ein geflügeltes Wesen wie ihren Freund geformt war. Zuhause im Baumdorf bewohnte Yael eine Hütte, in der es spezielle Schlafgeschirre für ihn und seinen Orham Jiim gab. Es wäre ein Leichtes gewesen, ein solches Geschirr auch in dem Quartier zu installieren, das sich Winoa immer öfter mit Yael teilte, seit ihre Mutter … nun, seit Assur als verschollen galt.

    (Was nicht ganz den Tatsachen entsprach, aber Winoa war nicht willens, darüber auch nur ansatzweise nachzudenken. Nicht jetzt . Und am liebsten überhaupt nie mehr !)

    Yael lag bäuchlings und ein wenig auf die Seite gedreht neben ihr. Winoa erinnerte sich, dass er den Arm um sie gelegt hatte, wie sie es gern mochte, als sie eingeschlafen waren. Nun wischte dieser mit dem rechten Flügel verbundene Arm immer wieder durch die Luft, als müsste er etwas abwehren. Und was Winoa zunächst für ein Zucken gehalten hatte, entpuppte bei genauerer Betrachtung als Zittern. Dazu lösten sich Laute aus dem lippenlosen Mund des Freundes, wie Winoa sie noch niemals zuvor bei ihm gehört hatte.

    Wie sie sie noch bei keinem Wesen jemals gehört hatte.

    Schließlich hielt sie es nicht länger aus. Sie beugte sich zu dem Jungnargen hinüber und rüttelte ihn an der Schulter – erst sanft, dann zunehmend energischer.

    Yael schlief fester als erwartet. Es dauerte eine Weile, bis er die Augen aufschlug – und sie verwirrt ansah.

    Bevor er etwas sagen konnte, erklärte Winoa ihm, dass er sie zuerst geweckt hatte. Und dass sie besorgt ob seines Zustands war.

    Sie erwartete, dass er es abtun würde, wie er es oft tat. Aber zu ihrer Überraschung wollte er ganz genau wissen, wie er sich im Schlaf benommen hatte.

    Allzu ergiebig waren ihre Aussagen allerdings nicht. Und eigentlich wollte sie ja auch von ihm wissen, was los war.

    »Hast du schlecht geträumt?«

    Das Kopfschütteln, obwohl keine ureigene nargische Geste, hatte er sich längst ebenso angewöhnt wie sein Elter. »Ich erinnere mich an keinen Traum.«

    »An gar nichts?«

    Er schüttelte erneut den Kopf. Sein leicht ocker schimmerndes Gesicht wirkte blasser als sonst. Aber das Zittern hatte im Moment seines Erwachens aufgehört. Das deutete darauf hin, dass er eben doch geträumt hatte – schlecht geträumt.

    Wenn er sich nicht daran erinnerte, entschied Winoa, war das vielleicht sogar gut so.

    »Und du fühlst dich … gut? Ich meine körperlich. Hast du irgendwelche Beschwerden? Sollen wir Sesh–«

    Er lachte auf und griff nach ihr, bekam ihre Hand zu fassen und zog sie nah an sich heran; so nah, wie Winoa es gern mochte. »Hör auf! Mach kein Drama aus einer Lappalie!«

    Sie wusste bis heute nicht, wie es hatte geschehen können, dass sie sich ausgerechnet in einen Nichtmenschen verliebt hatte. Aber ihre Umwelt hatte sie von Anfang an darin bestärkt, ihren Gefühlen zu vertrauen ( danke, Mum, danke, Dad, danke … Commander! ), und so waren sie und Yael nun schon seit Längerem das, was man ein Paar nannte.

    Dass ihre Konstellation dennoch nicht ganz unproblematisch war und wohl nie sein würde, nahmen sie bewusst in Kauf. Ob eine Partnerschaft wie ihre von dauerhaftem Bestand sein konnte, vermochten sie dabei ebenso wenig zu sagen wie Außenstehende. Die Zeit würde es weisen. Jetzt … heute … waren sie glücklich. Und nur das zählte.

    Sie schmiegte sich eng an ihn und genoss die Wärme, die seine Nähe ihr schenkte.

    Umgekehrt, das wusste – hoffte – sie, war es genauso.

    »Würdest du dir umgekehrt keine Sorgen machen?«

    Sein »Nein!« kam wie aus der Pistole geschossen.

    Zu schnell.

    Sie knuffte ihn in die Rippen. »Scheusal! Sag mir was Liebes. Los! Bevor wir wieder einschlafen.«

    Sie warf einen Blick auf die Zeitangabe, die im Dunkeln leuchtete und bei Licht wie geronnene Schwärze über dem Bett hing.

    03:21 Standardbordzeit. Nachtzyklus.

    »Drei Stunden bleiben uns noch. Mindestens. Dann muss ich aufstehen. Und du auch«, fügte sie hinzu.

    »Warum?«, fragte er.

    »Dringender Termin.«

    »Ich habe keinen –«

    »Du hast. Ich hab’s Jelto versprochen.«

    Seine Hand, mit der er ihr durchs Haar gestreichelt hatte, erstarrte. »Du hast ihm was versprochen?«

    »Dass wir ihm bei der Pflege helfen.«

    »Des Gartens?« Jelto unterhielt und bewirtschaftete den riesigen hydroponischen Garten an Bord der RUBIKON, ein Biotop, in dem Crewmitglieder immer häufiger Entspannung suchten.

    »Des Friedhofs«, erwiderte Winoa. »Du weißt, dass er dort aus Prinzip nur in ganz wenigen Ausnahmefällen Maschineneinsatz duldet – aus Pietätsgründen. Die Gräber selbst werden von Angehörigen oder Freunden gepflegt. Aber es gibt auch den allgemeinen Bereich – die Wege, Plätze … Du weißt schon.«

    »Und die hält Jelto normalerweise selbst in Schuss.«

    Winoa nickte und übte sich in einem Augenaufschlag, dem Yael noch nie hatte widerstehen können. »War es schlimm, dass ich ihm unsere Unterstützung zugesagt habe?«

    Yael schüttelte den Kopf. »Ich mag Jelto. Ich glaube, jeder mag ihn. Wie alt ist er eigentlich? Er sieht noch recht jung aus – aber er soll schon auf dem Heimatplaneten der Menschen eine Funktion innegehabt haben, die der jetzigen ähnelt.«

    Winoa zuckte mit den Achseln. »Wenn es dich wirklich interessiert – frag ihn doch einfach. Wir sehen ihn ja in wenigen Stunden.«

    »Ja«, sagte Yael, »das werde ich tun.« Er küsste Winoa und legte sich umständlich zurecht. »Machst du das Licht aus, oder soll ich …?«

    Winoas Lachen vermischte sich mit dem kurzen Befehl an den Servo.

    Es wurde dunkel.

    Aber es blieb nicht lange ruhig. Kaum war Yael eingeschlafen, verfiel er wieder in das Verhaltensmuster, das Winoa schon einmal geweckt hatte.

    Statt an den Servo wandte sie sich direkt an die KI. »Sesha?«

    Die KI reagierte ohne merkliche Verzögerung.

    »Was kann ich für dich tun, Winoa?«

    Nur weil Sesha ausdrücklich autorisiert worden war, war eine direkte Ansprache überhaupt möglich. Die Kontaktaufnahme beschränkte sich jedoch auf Audioübertragung. Visuelle Vorstöße waren der KI ausdrücklich untersagt.

    Das Angkdorf war eine nach wie vor rätselhafte Einrichtung innerhalb des rochenförmigen Raumschiffs, und es ging auch nicht auf die ursprünglichen Erbauer des Fahrzeugs zurück, sondern war nachträglich integriert worden. Von den Bractonen – hinter denen wiederum, wie man heute wusste, die Ganf standen. Jene Spezies, die ursprünglich aus Eleyson stammte, einer Galaxie, die unglaubliche 13 Milliarden Lichtjahre von der Milchstraße entfernt lag – und die von den gleichen Lebewesen beherrscht wurde, die das Ganf-Reich in der Milchstraße mit ihren Kriegsschiffen überrannt hatten: den Auruunen.

    Bei einer Flucht im letzten Moment hatte es die RUBIKON nach Eleyson verschlagen, wo sie seither versuchten, hinter das ominöse Geheimnis der Auruunen zu kommen. Von der Lüftung desselben erhofften sie sich, ein Mittel gegen die scheinbar Unbesiegbaren entwickeln zu können und sie sowohl aus der Milchstraße als auch aus dem Raumsektor zu vertreiben, in dem Eleyson lag.

    Und Scharan. Die ehemalige Galaxie, durch die sich die RUBIKON gegenwärtig bewegte.

    Ehemalig beschrieb den Zustand, in dem sich die Sternenballung befand, nur unzureichend. Ein anderes Wort, das dafür geprägt worden war, lautete Anomalie . Und auch das war noch viel zu allgemein. Fakt war: Die einstige Spiralgalaxie, die Ähnlichkeit mit der Milchstraße besessen hatte, war – vermutlich durch Einflussnahme der Auruunen – »geschrumpft«. Die Räume zwischen den Sonnen und Planeten waren extrem verkürzt, sodass die gesamte Anhäufung von Objekten, die Scharan heute wie damals beherbergte, nurmehr eine Sphäre von rund 4,5 Lichtjahren beanspruchte. Gleichzeitig hatten sich auch die physikalischen Gesetze innerhalb dieses Raumes komplett verändert: Sonnen erwärmten nicht länger eisigen Weltraum und Welten, die von ihnen umkreist wurden; es gab überhaupt keine »Sonnen« im ursprünglichen Sinn mehr; sie präsentierten sich wie »eingefroren« – und auch die Bewegung der Himmelskörper war zum Erliegen gekommen. Gleichzeitig war die Anomalie durchwoben von einem »Stoff« (eigentlich war es Strahlung), der es ermöglichte, die ehemals luftleeren Abgründe zwischen den Welten und Systemen zu durchqueren, ohne dass es dafür eines konventionellen Raumschiffs bedurfte. Das Medium, in dem alles »schwamm«, wurde Äther genannt. Und die heutigen Bewohner Scharans brauchten den Äther, wie anderswo Luft zum Atmen gebraucht wurde, um leben zu können.

    Entzog man ihnen den Äther, genügte ihnen reine Luft nicht, um fortexistieren zu können. Dann starben sie qualvoll.

    Und umgekehrt verhielt es sich nicht viel anders: Wurden Wesen, die von außerhalb Scharans kamen, mit dem Äther konfrontiert, verfielen sie in wahnhafte Zustände, die früher oder später darin gipfelten, dass sie sich selbst oder anderen Schaden zufügten.

    Inzwischen hatte die Besatzung der RUBIKON gelernt, mit diesem Handicap umzugehen. Aber es war fremde Hilfe nötig gewesen, um das Schiff verlässlich und dauerhaft vor den Einflüssen des Äthers zu schützen. Nachkommen der Gloriden, die vielerorts in Scharan nur als »Gaukler« bekannt waren, hatten die Außenhaut mit Ätherfilz überzogen. Die Schicht verhinderte seither, dass Strahlung ins Innere des Schiffs dringen konnte. Und sie verhinderte zugleich, dass die RUBIKON von Feinden – sprich: Auruunen – geortet werden konnte.

    So war es ihnen von den Gloriden-Abkömmlingen versprochen worden.

    »Es geht um Yael«, antwortete Winoa auf die Frage der KI. »Er ist bei mir. Ich … ich autorisiere dich, ihn einem medizinischen Scan zu unterziehen. Sofort.«

    »Ist er erkrankt?«

    »Tu bitte, was ich gesagt habe.«

    »Ich verstehe und … erfasse ihn. Einen Moment …«

    Winoa rückte unwillkürlich etwas zur Seite, als wie aus dem Nichts ein leuchtendes Scannerfeld auftauchte und über Yael hinwegglitt. Es zeichnete exakt die Umrisse des Nargen nach, begann bei den Füßen und endete an der Spitze der Flügel. Kaum war es dort angelangt, erlosch es wieder.

    »Das Ergebnis fiel positiv aus. Für Yael. Ich konnte keinerlei Anzeichen einer Vitalstörung feststellen.«

    Obwohl Sesha leise aus dem Off sprach, war es verwunderlich, dass Yael nicht von den Einlassungen der KI geweckt wurde. Er schlief tief und fest, dabei zitterte er jedoch wie Espenlaub.

    »Dann muss deine Methode fehlerhaft sein«, schnappte Winoa und fuhr sachte mit der Hand über das wie schmerzverzerrte Gesicht ihres Freundes. Es fühlte sich an wie immer. »Hast du auch seine Gehirnstrommuster analysiert?«

    »Dazu bin ich nicht befugt. Ich müsste den Commander einbeziehen. Aber das halte ich für unangebracht. Ich kann dir auch so versichern, dass deine Sorge unbegründet ist. Alles deutet auf eine intensive Traumphase hin. Wenn du ihn daraus lösen willst, musst du ihn wachrütteln.«

    »Das habe ich schon einmal getan.«

    »Hat es eine Verbesserung herbeigeführt?«

    »Solange er wach war. Aber kaum war er wieder eingeschlafen, fing dieses Zittern und Brabbeln wieder an.« Sie seufzte. »Und wie tief er schläft! Er müsste längst von unserem Gerede zu sich gekommen sein.«

    Das konnte die KI so nicht bestätigen. »Wie ich schon sagte: Ich überlasse es dir, ihn zu wecken.«

    Winoa kam sich komisch vor, als sie fragte: »Was würdest du an meiner Stelle tun?«

    Noch bevor sie es ausgesprochen hatte, war sie überzeugt, die KI zu überfordern. Aber Sesha antwortete unaufgeregt wie stets: »Ich würde ihn schlafen und der Natur ihren Lauf lassen. Er wird von allein aufwachen – wenn Körper und Geist es für richtig halten.«

    Winoa wollte gerade zustimmen, als Sesha erneut das Wort ergriff, und diesmal kam es der Angkgeborenen vor, als würde doch ein Anflug von Irritation in der Stimme mitschwingen.

    »Moment … etwas geschieht. Es muss ursächlich mit Yael zusammenhängen. – Ich verständige den Commander.«

    Die Angst, die Winoa schon die ganze Zeit unterschwellig beschäftigte, brach sich nun vollends Bahn. »Was ist passiert? Sesha! Antworte!«

    Die KI schwieg.

    Winoa zögerte nicht länger, sondern weckte Yael. Es dauerte fast eine Minute, bis sie ihn aus der Umgarnung von Schlaf und Traum befreit hatte. Und auch danach wirkte er abwesend, kaum ansprechbar.

    Sesha meldete sich mit der Aufforderung, sich unverzüglich zu Koordinaten innerhalb des Schiffs zu begeben, zu denen sie Winoa und Yael lotsen wollte.

    »Der Commander ist ebenfalls unterwegs. Ihr werdet ihn dort treffen.«

    John Cloud näherte sich der Sektion, auf die Sesha ihn aufmerksam gemacht hatte, in Begleitung von Jarvis. Indes hielt Scobee die Stellung in der Bordzentrale.

    »Yael ist bei Winoa?«, vergewisserte sich der ehemalige GenTec, dessen Bewusstsein vor Jahren in einen kybernetischen Ersatzkörper transferiert worden war – als einzige Möglichkeit, sein Bewusstsein vor dem Verlöschen zu bewahren. Seither »befehligte« Jarvis die aus einer Foronen-Rüstung hervorgegangene »Prothese« und arrangierte sich mit ihren Vor- und Nachteilen.

    Niemand wusste besser als John Cloud, der der Ermordung von Jarvis‘ Originalkörper beigewohnt hatte, wie belastend dieses neue »Leben« für den Freund war. Doch Jarvis hatte die schweren Krisen der Vergangenheit offenbar gemeistert, er wirkte stabil – was natürlich nicht ausschloss, dass er irgendwann wieder in ein seelisches Tief geraten würde.

    »Ja. Aber er ist unterwegs. Mit ihr. Beeilen wir uns. Ich möchte vor ihnen da sein.«

    »Warum?«

    Cloud zuckte mit den Achseln.

    Die Illusion von Jarvis‘ Gesicht grinste breit. »Du fürchtest, er könnte ihn verschwinden lassen.«

    »Unsinn. Warum sollte er?«

    Jarvis gab sich unbeeindruckt. »Die eigentliche Frage lautet doch wohl: Warum hat er?«

    Cloud schenkte sich einen Kommentar. Er blieb vor dem Schott stehen, das Sesha ihnen genannt und zu dem die KI sie mit einem Schwebelotsen, der wie eine grün schillernde Seifenblase aussah, geführt hatte.

    Der Lotse zerplatzte, was weder Cloud noch Jarvis groß beachteten.

    »Die Tür ist verschlossen«, sagte Jarvis, als sie gezwungen waren, davor stehen zu bleiben. »Normalerweise müsste sie sich automatisch bei Annäherung öffnen. Hast du das veranlasst?«

    Cloud lächelte. »In der Tat.«

    »Dann wäre es doch völlig egal gewesen, ob wir vor oder nach Yael hier ankommen. Er könnte gar nicht rein. Oder?«

    Cloud bedachte das nachgeschobene »Oder?« mit einem Schulterzucken, das Jarvis als Antwort offenbar genügte. Yael hatte mehr als einmal bewiesen, dass er sich nicht immer und unter allen Umständen an Regeln hielt. Und dass verschlossene Türen für ihn selten unüberwindbare Hindernisse darstellten.

    »Kommt Jiim auch?«, fragte Jarvis.

    Cloud schüttelte den Kopf. Dann sagte er: »Sesha – entriegeln!«

    Das Schott glitt fast lautlos seitlich in die Wand. Ohne zu zögern, trat Cloud durch die Öffnung, und Jarvis ließ sich nicht lange bitten, ihm zu folgen.

    Es gab keinen Unterschied zur Helligkeit auf dem Korridor, und bis auf den ungewöhnlichen Avatar war der Raum völlig leer.

    Cloud wusste, dass es etliche Räume an Bord gab, die einst von den Foronen eingerichtet, aber nie belegt worden waren. Dieser hier gehörte offenkundig dazu.

    Der Avatar war etwa einen bis anderthalb Meter im Durchmesser und schwebte etwa kniehoch über dem Boden. Die Avatare, die technisch erzeugt wurden und dem Weltennetz der Auruunen angehörten, einem ausgeklügelten Transportsystem, das galaxienübergreifend funktionierte, gaben im Allgemeinen das Aussehen der Zielwelten wieder, die bei Benutzung erreicht werden konnten.

    Neben diesen Produkten einer überlegenen Technologie gab es auch noch Avatare, die Yael allein kraft seines Willens erschaffen und ähnlich wie die Weltennetz -Komponenten benutzen konnte. Yaels Avatare unterschieden sich dann von den Transportern der Auruunen, wenn er damit »Kurzstrecken« zurücklegte – an Bord etwa. Oder wenn er Distanzen auf einem Planeten überbrückte, den er nicht verließ, sondern nur andere Gebiete darauf besuchen wollte.

    Aber so wie dieser, der vor Cloud und Jarvis schwebte, hatte noch keiner ausgesehen. Er hatte die Farbe verblichener Gebeine oder uralter Versteinerungen. Und das Muster, das seine Oberfläche prägte, wies Ähnlichkeit mit etwas auf, das Cloud in anderem Zusammenhang kannte: spiralartig, verdreht …

    »Erinnert mich an Ammoniten«, sprach Jarvis aus, was Cloud in diesem Augenblick dachte. »Die Gehäuse irgendwelcher Urzeitviecher. Oder …«

    »Oder an Ganf«, unterbrach Cloud ihn. »An deren Gehäuse.«

    Jarvis nickte.

    Schritte erklangen. Als sie sich umdrehten, sahen sie, wie Yael und Winoa durch die Türöffnung traten.

    Cloud beobachtete Yael genau, um seine Reaktion zu sehen. Jiims Sprössling blieb so abrupt stehen, als hätte Sesha ein Fesselfeld um ihn errichtet. Auch Winoas Augen weiteten sich. Vorwurfsvoll wandte sie sich an ihren Freund. »Warum hast du mir nicht gesagt, was hier los ist?«

    Yael überwand seine Starre. »Weil«, erwiderte er mit rauer Stimme, »ich es nicht wusste.«

    Winoa legte die Stirn in Falten. »Wie ›nicht wusste‹. Das ist dein Avatar, oder? Du musst doch wissen, wenn …«

    Cloud trat vor. Er bedeutete Winoa mit einer Geste, die Klärung der Sache ihm zu überlassen. Widerwillig ließ Winoa sich darauf ein.

    »Du wurdest hergebeten«, wandte er sich an Yael, »weil nicht nur Sesha, die den Avatar entdeckte, sondern auch ich davon ausgingen, dass du ihn erschaffen hast. Aber wenn du das verneinst, müssen wir diesen Bereich sofort räumen und unter strikte Quarantäne stellen. Dann kommen nur noch die Auruunen infrage, die ihn uns untergejubelt haben.« Er wartete Yaels Erwiderung gar nicht erst ab, sondern befahl Sesha: »Den Raum abschotten! Sofort!«

    Eine erkennbare Reaktion erfolgte nicht, aber die KI erklärte: »Habe höherdimensionalen Energieschirm um die Sektion gelegt. Sobald ihr den Bereich verlasst, schalte ich eine Strukturlücke. Evakuierung beginnt jetzt

    Als Cloud beginnen wollte, Yael und Winoa hinauszukomplimentieren, schob sich Jarvis vor ihn. »Hört auf mit dem Quatsch!«

    »Quatsch?« Cloud sah ihn entgeistert an. »Wie kommst du dazu –«

    »Jetzt schalt mal deinen Grips ein!« Jarvis gab sich ungerührt. »Wenn das ein Versuch der Auruunen wäre, uns zu entern, hätten sie längst Farbe bekannt. Dann würden wir jetzt nicht mehr miteinander streiten! Außerdem wäre mir neu, dass sie in der Lage sind, einfach so mir nichts, dir nichts nach Belieben Avatare zu generieren. Dazu bedarf es unserem bisherigen Wissensstand zufolge eines technischen Aufwand, der entsprechende Projektoren am Zielort erfordert. Nur Yael vermag Avatare zu erschaffen, wann und wo immer es ihm gefällt.« Jarvis schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Nein. Das hier trägt eindeutig seine Handschrift. Und ich wüsste gern …«, er nickte dem Nargen zu, »… warum du bestreitest, dahinterzustecken.«

    Ein Schatten schien sich über Yaels Gesicht zu legen. »Ganz einfach«, presste er mühsam beherrscht hervor. »Weil ich nichts damit zu tun habe!«

    Damit schien sich Jarvis nicht abspeisen lassen zu wollen. Er trat noch einen Schritt auf Yael zu. »Unterstellen wir mal, dass du die Wahrheit sagst.«

    Yael nickte trotzig.

    Jarvis fuhr fort: »Dann gibt es aus meiner Sicht nur eine Erklärung.«

    »Und welche?«, fragten Yael und Cloud wie aus einem Mund.

    »Dass deine Fähigkeiten aus dem Ruder laufen! Wäre nicht das erste Mal …«

    Yael schien leicht in sich zusammenzusinken. Jarvis legte den Finger auf eine Wunde, die er nicht leugnen konnte. Ja, seine Fähigkeiten – die, nebenbei bemerkt, bis heute nicht restlos ausgelotet waren – hatten sich mehr als einmal verselbständigt, ihn mehr als einmal in die Bredouille gebracht. Dessen war er sich bewusst. Und deshalb fand er nicht einmal die Kraft zu widersprechen.

    Das übernahm Winoa für ihn.

    »Hör auf!«, fauchte sie. »Sieht denn keiner, wie es ihn mitnimmt?«

    Cloud erstickte Jarvis‘ Antwort im Keim, indem er ihn fragte: »Du glaubst also, die Auruunen können gar nichts damit zu tun haben?«

    Jarvis drehte ihm das Gesicht zu – was nicht wirklich nötig gewesen wäre, um Cloud anzusehen. Entgegen dem, was sein Erscheinungsbild vorgaukelte, bestand seine wirkliche Hülle aus komplexen Nanostrukturen, deren Zusammensetzung es ihm ermöglichte, quasi mit jedem einzelnen Oberflächensegment zu schauen . Dadurch war er in der Lage, nach allen Richtungen gleichzeitig zu blicken: vor, hinter, neben, über und unter sich. Was andererseits hieß, dass er Yael nicht aus den »Augen« ließ, auch wenn er gerade den Anschein erweckte, es zu tun.

    »Ich habe lediglich erklärt, dass ich es für höchst unwahrscheinlich halte. Und ich habe bereits erklärt, warum ich es für unwahrscheinlich halte. Aber erhalte die Energieglocke ruhig aufrecht, die die Benutzung des Avatars verhindern soll. Wenn du dich dadurch sicherer fühlst …« Er zuckte mit den Schultern. »Von mir aus können wir auch hier verschwinden und den Raum versiegeln.« Er seufzte. »Auch wenn ich es einfacher fände, wenn Yael …«, abrupt wandte er sich wieder dem Nargen zu, »… ihn einfach wieder abschalten würde.«

    Yael knurrte wie ein gereiztes Raubtier. »Ich habe ihn nicht erschaffen. Wie sollte ich ihn da ›abschalten‹?«

    »Hast du es versucht?«, fragte Cloud.

    Yael nickte widerwillig. »Hab ich. Reagiert nicht. Was meine Worte beweist!«

    Jarvis lächelte milde bis herablassend, schwieg aber.

    Cloud bemerkte, dass Winoa irgendetwas zurückhielt. Sie schien mit sich zu ringen, sich aber nicht überwinden zu können, damit herauszurücken.

    »Winoa?«

    Sie blickte ihn an wie jemand, der sich bei etwas ertappt fühlte. Ihre aufeinandergepressten Lippen wirkten dünn wie ein Strich.

    »Was hast du? Willst du etwas sagen, das damit …«, er zeigte auf die Kugel mit den Spiralmustern, »… zu tun hat?«

    Auch Yael sah sie jetzt an. »Du kannst frei von der Leber weg reden«, versicherte er ihr. »Ich bin nicht sauer – egal, was es ist.«

    Winoa kämpfte trotz dieser Versicherung noch ein paar Sekunden lang mit sich, ehe sie murmelte: »Es könnte sein.«

    »Was könnte sein?«, fragte Cloud.

    »Dass es … dass es sein Avatar ist – rein theoretisch.«

    Yael wirkte nicht sonderlich glücklich über diesen Einwurf. »Wi!«, zischte er.

    Aber seine Freundin ließ sich nicht beirren. Sie berichtete von der Unruhe, die Yael während der zurückliegenden Nachtphase befallen hatte.

    »Er gab Laute von sich, wie ich sie noch nie von ihm hörte«, schloss sie.

    »Das nennt man Schnarchen«, konnte sich Jarvis nicht verkneifen, seinen Senf dazu zu geben.

    Cloud bedachte ihn mit einem tadelnden Blick – genauso gut hätte er in die entgegengesetzte Richtung schauen können. Jarvis war in Sachen Zurückhaltung beratungsresistent.

    »Und du erinnerst dich an rein gar nichts von dem, was du geträumt hast«, fragte Cloud.

    Yael verneinte betreten. Schließlich gab er sich einen Ruck und straffte sich. »Aber es drehte sich nicht um … um Avatare!«

    »Wie willst du das wissen, wenn du keine Erinnerung an den Traum hast?«, fragte Winoa.

    »Ich weiß es eben. Das reicht.«

    Weder seine Freundin noch Cloud gaben sich damit zufrieden. »Und du kannst ihn ganz sicher nicht entfernen?«, fragte Cloud. »Deaktivieren? Wie immer du es nennen würdest?«

    Yael schloss die Augen und konzentrierte sich so stark, dass seine Stirn Falten warf und ein Schweißfilm auf seiner Haut erschien. Auch sein Atem ging plötzlich so rasch, als wäre er gegen den Wind geflogen. Die schmalen Hände ballten sich zu Fäusten.

    Der Avatar schwebte unbeeindruckt vor ihnen.

    Der Avatar machte keine Anstalten zu verschwinden oder auch nur zu verblassen.

    »Wie ich schon sagte: Es geht nicht. Ich habe keinen Zugriff. Das … das stammt nicht … von mir!«

    Sesha meldete sich aus dem Off. »Soeben wurde der Schild durchbrochen.«

    Cloud schaltete gedanklich um. »Der Schild?«

    Die anderen Mannschaftsangehörigen in seiner Umgebung hielten den Atem an – bis auf Jarvis, der aber immerhin so tat, als würde er.

    »Der befohlene Quarantäneschirm.«

    »Redest du von einem Angriff

    »Ich konstatiere eine äußerst geringe Wahrscheinlichkeit, dass es sich um einen Angriff handelt. Die Person, von der ich spreche, ist bekannt. Des Weiteren ist bekannt, dass Geschöpfe wie sie –«

    »Wer?«, fiel Cloud der KI ins Wort. »Von wem sprichst du?«

    »Von dem Gloriden, der uns begleitet. Artovayn …«

    Die Worte der KI waren kaum verklungen, als Schritte laut wurden. Wenig später trat der Gaukler durch das immer noch offene Schott.

    »Artovayn …« Cloud wollte ihm entgegengehen, stutzte aber und unterdrückte den ersten Impuls.

    Das Hybridwesen, das wahlweise stoffliche oder energetische Zustandsform annehmen konnte, ignorierte augenscheinlich die Versammelten. Wortlos stakste Artovayn an ihnen vorbei auf den Avatar zu.

    »Stopp!«, rief Cloud ihm zu. »Artovayn – bleib stehen! Wir wissen nicht, was es mit der Projektion auf sich hat. Du …«

    Er verstummte. Weil er einsah, dass seine Warnungen nicht fruchteten.

    Von der Seite fragte Jarvis: »Soll ich?«

    Cloud blickte kurz zu ihm. Fragend.

    »Soll ich ihn aufhalten?«

    Aber er hätte schon eine Transition ausführen müssen, um den Gloriden noch rechtzeitig zu erreichen und zu stoppen. Und selbst dann wäre ein Erfolg fraglich gewesen.

    Cloud zögerte zu lange, einen entsprechenden Befehl zu erteilen. Und Jarvis blieb im Gegensatz zu anderen Situationen, in denen er vorschnell und eigeninitiativ gehandelt hatte, zu passiv.

    Artovayn spazierte an ihnen allen vorbei und verlangsamte auch nicht, als er den Avatar erreichte.

    Im Gehen hob er die Hände und streckte sie der Kugel entgegen –

    – berührte sie –

    – und wurde von ihr verschlungen.

    Yael erwachte als Erster aus seiner Starre. Er sprang vor, als könnte er den Gloriden noch zu fassen bekommen, bevor er vollständig im Avatar verschwunden war.

    Diesmal reagierte Jarvis mit der ihm eigenen Kompromisslosigkeit. Und ohne eine ausdrückliche Aufforderung des Commanders abzuwarten.

    Aus dem Stand heraus katapultierte er sich zwischen Avatar und Nargen. Yael prallte gegen ihn und gab einen dumpfen Laut von sich, in dem Schmerz und Verblüffung schwangen. Und unverhohlener Vorwurf.

    »Warum hast du das getan?«

    Jarvis lachte rau auf. »Ganz einfach«, gab er zurück. »Wenn hier einer den Helden spielt, dann bestimmt nicht du, mein Freund.«

    Cloud trat zu ihnen. »Niemand spielt den Helden – auch du nicht, Jarvis!« Die Schärfe seines Tons ließ selbst die Jarvis-Maske blinzeln. »John, allmählich solltest du mir zutrauen –«

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