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Weltenbummel: Reiseerzählungen
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Weltenbummel: Reiseerzählungen
eBook344 Seiten4 Stunden

Weltenbummel: Reiseerzählungen

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Über dieses E-Book

Die Reiseerzählungen "Weltenbummel " berichten in längeren und kürzeren in sich abgeschlossenen Kapiteln unterschiedlichste Begebenheiten unserer Welt. Statt eines Vorwortes steht "Ein Brief nach Denpassar". Es folgen ein Schiffbruch in Indonesien, kürzere Erzählungen vom Fliegen, ein Besuch der Osterinsel mit Originalberichten der Entdecker, eine Geschichte aus Innerasien mit dem Titel "Gilgit" und aus Afghanistan die "Tanzenden Kamele". Der Autor schildert die Durchquerung des Khyber-Passes, erwähnt in kurzen Storys Erlebnisse aus Europa, bietet dann auf einigen Seiten seine Erlebnisse aus Kanada und schlussendlich Unterhaltung aus Südamerika und Thailand dem Leser an.
Dieses Buch bietet spannende, lustige, auch sinnliche Darstellungen, verbunden mit einer Fülle von Informationen, die zum Teil dokumentarischen Ansprüchen gerecht werden. Ein Lesevergnügen für alle aufgeschlossenen Nutzer ab 16 Jahren mit vielen Farbfotografien.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum29. März 2018
ISBN9783744853910
Weltenbummel: Reiseerzählungen
Autor

Joachim Berke

Geboren am 18.11.1930 in Bad Landeck/NS. Aufgewachsen von 1932 bis 1941 in Glatz/Schlesien, danach wieder in Bad Landeck wohnhaft. Besuchte das altsprachliche Gymnasium in Glatz. Zu Ostern im Jahr 1946 nach Ostfriesland vertrieben. Drogistenlehre ab 1949 in Lingen (Ems). Danach innerhalb eines Familienunternehmen Aufbau eines Fotogroßlabors und Reorganisation mehrere fotografischer Betriebe. Fast 45 Jahre Tätigkeit als Prokurist in den Fachbereichen Fertigung, Organisation, Logistik und Umwelt. Seit 1993 im Ruhestand. Berke ist verheiratet mit Frau Gisela, geborene van Kampen. Zwei Kinder Sohn Stephanus und Tochter Claudia. Der Autor fotografierte in zahlreichen Ländern auf mehreren Kontinenten und veröffentlichte Erzählungen, Romane, Fachliteratur, Bildbände und Bildberichte. Werke: Beachten Sie bitte meine Internetadresse: www.berke-online.de Lesungen: Terminvereinbarung über Telefon 0591-63 601

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    Buchvorschau

    Weltenbummel - Joachim Berke

    INHALTSVERZEICHNIS

    Ein Brief nach Denpassar

    Sumba

    Verschollen in Nusa Tenggara

    Der erste Flug

    Über den Khyber-Pass nach Peshawar

    Stress

    Im Cityhopper

    In Athen

    Osterinsel

    In der Wüste Gobi

    Gilgit

    Vor langer Zeit

    Nemrud Dag

    Tanzende Kamele

    Beim Doktor in Shanghai

    Weißer Schnee

    Robson Ranch

    In der Nähe des Todes

    Eigentlich

    In Siena

    In Portugal

    Essen, Trinken und Schlafen im Land der Gegenfüßler

    Transfer

    In Thailand

    Ein Brief nach Denpassar

    Sehr verehrte Frau Doktor Klugin,

    nun muss ich Ihnen einen langen Brief schreiben. Wie Sie wissen, wollte ich Ihnen, als wir im April 1996 auf dem Äquator umher krochen, die Geschichte von den tanzenden Kamelen erzählen. Also, irgendwie kam es nicht dazu. Entweder verschlossen Sie Ihr Gehör vor mir oder Sie wurden von irgendwelchen anderen Dingen abgelenkt. Zu viele Eindrücke stürmten auch auf uns ein. Nun muss ich alles von den Kamelen aufschreiben. Eigentlich ist dies eine ganz schöne Zumutung! Warum wollten Sie mir nicht auf dem Airport Mau Hau auf Nusa Sumba zuhören? Auch wäre in Sumba, am Tag als der kleine Flieger wegen unseren vielen Koffern die Nase in die Luft hob, und er sich auf den Schwanz setzte, genügend Zeit gewesen. Nein, Sie wollten nicht! Sie waren viel zu aufgeregt, zu nervös, vielleicht wegen der rote-Rosen-schenk-ich-schöne-Frau vom mitreisenden Operettensänger oder wegen dem Angetörne des Herrn Drogisten. Wie immer es auch gewesen sein mag, so muss ich doch noch, korrekter Weise, liebe Frau Doktor Klugin, hier erwähnen, dass Sie mich zuletzt, an unserem Abschiedsabend, auf Nusa Dua, nach den "Tanzenden Kamelen" gefragt haben. Zu einem unmöglichen Zeitpunkt, so spät in der Nacht, dass ich meine Gedanken nicht mehr sammeln konnte, und außerdem wollte ich auch nur die Wahrheit erzählen. Wissen Sie, das war da an der Säule im Tempel Batu Bolong, wo ich Sie fotografierte, na, ich kann das jetzt gleich mitteilen, das Foto gelang nicht, es wurde ganz unscharf. Habe das nicht verstanden. Eigentlich sind Sie doch nie so unscharf gewesen! Lag wohl an der Dunkelheit oder an dem so bekannten Skorpion-Syndrom. Diese schwere Krankheit, auch ich leide - wie Sie wissen - an dieser Neurose, führt immer wieder dazu, Wahrheiten zu verzerren oder diese aufzublähen und verleitet sogar zu lügnerischen Übertreibungen. Zumindest bin ich mir dieses Zustandes sicher. Doch bei Ihnen, Frau Klugin - gestatten Sie mir bitte den „Doktor" wegzulassen, verehrte, gnädige Frau - scheint das Skorpion-Syndrom besonders weit fortgeschritten zu sein. Nur drei, von vielen Ereignissen, werde ich hier zur Bestätigung meiner Feststellungen aufführen.

    Während unserer Seereise nach Loh Liang behaupteten Sie, dass in den Gewässern am Äquator viele Wale umherwimmeln würden. Darauf forderte ich Sie auf, mir diese Riesentiere zu zeigen. Das konnten Sie nicht, es gab keine dort! Was sollten die da auch, unter der senkrechten Sonne umeinander plantschen? Hab ich schon in der Schule gelernt, Süd- und Nordwale, jeder bleibt wo er ist. Südwale eben südlich vom Äquator und Nordwale, na, das können Sie sich selber denken. Kommt ein Wal in die Gegend des zehnten Breitengrades, dann weiß er schon, nicht weiter schwimmen, dort unten oder dort oben, da ist der Äquator, also umdrehen. Hier, so denke ich, kann es sich nicht - bei Ihrem langen Studium, nur um eine Unwissenheit handeln.

    Ihre schwere Krankheit verleitete Sie sogar dazu, sich in andere Fachbereiche einzumischen! Schon mein Vater sagte immer zu mir: „Schuster bleib bei deinem Leisten!". Nein, aber nein, Sie wurden immer wieder vom Teufel geritten, sorry, vom Skorpion-Syndrom, und legten sich sogar mit dem Doktor der Pharmazie an! Mein Gott, der Mann hat doch in Sachen Malaria promoviert und da wollen Sie es auch noch besser wissen! Der Herr Apotheker hat doch wirklich deutlich genug zu verstehen gegeben, dass die Mücken auch dann nicht eingehen, wenn man die Pülverchen auf ihre Flügel streut! Also, merken Sie sich bitte, Schuster bleib bei deinem Leisten! Lassen wir es dabei. Die Schwere Ihrer Erkrankung wird besonders durch das dritte Ereignis bestätigt. Am 8. Mai 1996 stand ich am Nachmittag im Dorf Pu'u Naga in Ihrer unmittelbaren Nähe. Sie, Frau Doktor, bewunderten einen Hengst, der, so wie es männliche Tiere immer tun, von einer schönen Stute träumte. Zu gleicher Zeit ließen sich einige Dorfbengels von Frau Rechtsanwältin fotografieren. Mit schriller Stimme kommandierte diese die Kinder lauthals in eine fotografische Schussposition. Sie aber, gnädige Frau, wurden durch die Schreierei aus Ihren Gedanken gerissen und stellten auf einmal fest:

    „Ach, was für eine schöne Yoni, das find ich ja toll, hier, an einem Dorfrand auf Sumba". Wirklich, dies war der eindeutige, dritte Beweis, eines eklatanten, weit fortgeschrittenen Stadiums des bekannten Syndroms. Dieser Vorfall hat mich derart erschüttert, dass ich ihn erst im Kapitel SUMBA abschließen konnte!

    Arme, kranke Frau Klugin! Leider ereigneten sich viele, weitere Vorfälle ähnlicher Art während der Zeit unserer gemeinsamen Reise durch die indonesische Inselwelt. Auch denke ich, dass ihre Erzählung von der Dracheninsel vom Skorpion-Syndrom geprägt wurde. Damals, als wir uns im Spätherbst 1998 in Java wieder trafen und Sie mir ihre Robinsonade erzählten, fiel es mir schwer, Wahrheit und Dichtung auseinander zu halten. Vielleicht werde ich auch dieses Abenteuer, ob nun wahr oder unwahr, unter dem Titel Verschollen in Nusa Tenggara aufschreiben.

    Obwohl auch ich, wie schon erwähnt, eine gewisse Anfälligkeit gegenüber dieser Erkrankung, hier sind es vor allem astrologische Einflüsse, besitze, bemühe ich mich immer, wahrheitsgemäß zu berichten. Es liegt mir fern, Tatsachen zu verzerren oder diese aufzublähen oder sogar lügnerisch zu übertreiben. Nur die Wahrheit, die reine Wahrheit berichte ich. Dieser bin ich verpflichtet, liebe Frau Doktor, sie wird schon durch den Titel „Tanzende Kamele" zum Ausdruck gebracht. Erst fand ich die Überschrift „Tanz der Kamele", doch diese Aussage wäre falsch, da hier der Eindruck entstehen könnte, dass die Kamele nur einmal getanzt haben. Das stimmt eben nicht, denn die Viecher tanzten fast täglich! Bevor ich nun beginne - oh mein Gott, was graust mir vor dieser langen Story - sei noch bemerkt, dass ich unter kameltanz die Abspeicherung in meinem Computer vornehme. Damit dürften für alle Zeiten die künstlerisch so wertvollen Darbietungen der Kamele festgeschrieben und dokumentiert werden.

    Entschuldigung, es muss noch etwas nachgetragen werden, von diesem Syndrom und ich denke, ich kann Ihnen Hoffnung machen. Meine Frau hat mir soeben berichtet, dass die Freundin ihrer Nachbarin in Namibia war. Sie hätte als Malariapropylaxe ein Mittel geschluckt, das bei ihr epileptische Anfälle ausgelöst habe. Vielleicht war es das gleiche Zeug, das bei Ihrem Mitreisenden, liebe Frau Klugin, die Lähmung bewirkte. Wenn diese Information meiner Frau stimmen sollte, kann man, so denke ich, das von Ihnen mit dem Herrn Apotheker geführte Streitgespräch nicht mehr als Krankheitsbild des Syndroms ansehen.

    Der Wahrheit verpflichtet, muss ich Ihnen noch etwas mitteilen. Auf dem Rückflug hatten wir auf dem neuen Airport in Jakarta einen längeren Aufenthalt. Dort entdeckte ich in einem Buchladen eine schön bebilderte, deutsche Ausgabe der Broschüre INDONESIEN. In diesem Büchlein sind zwei Bilder mit Walen am Äquator abgedruckt. Jetzt bin ich ganz unsicher geworden und ich schäme mich, dass ich Ihnen so ein schweres Syndrom angedichtet habe! Zusätzlich hat mein Freund, er war Seemann, gemeint, ich wäre ziemlich doof, denn die Wale wüssten nicht, wo der Äquator ist! Ob ich schon mal gehört hätte, dass diese Tiere die Äquatortaufe bekommen würden, so wie die Menschen? Hab ich noch nie gehört, vielleicht habe auch nur ich dieses verdammte Syndrom! Moment mal, da bleibt doch noch der Schiffbruch in Nusa Tenggara und das schöne Yoni aus dem Adat-Dorf Pu'u Naga!

    Eigentlich sollte ich nun mit diesem Brief Schluss machen. Doch die Kamele sind noch nicht fertig, aber sie werden noch tanzen, sicherlich nur auf dem Papier. Bis ich alles aufge-schrieben habe und auch noch die anderen Geschichten dazu, wird es noch etwas dauern. Aber, ich hoffe sehr, dass es gelingt und vielleicht kann ich Ihnen dann sogar irgendwann mein neues Buch senden. Man kann nicht alles erzählen, vieles liest sich besser. Auch macht es mehr Spaß!

    In diesen gesammelten Erzählungen können Sie dann schmökern und Sie werden die Tanzende(n) Kamele kennenlernen und sich erinnern, was Sie mir, Frau Doktor, vom "Verschollen (sein) in Nusa Tenggara" berichtet haben.

    Sie werden ein Kapitel mit der Überschrift Im Land der Gegenfüßler - ein Erlebnis aus Neuseeland finden, das Sie sicherlich wegen der dortigen Lebensweisen, ebenso wie das Abenteuer des Sonnenaufganges auf dem Nemrud Dag in der Türkei, interessieren dürfte. Denken Sie bitte daran, dass Sie selbst gern Sonnenaufgänge auf hohen Bergen erleben. Um diesem Laster zur frönen, jagen Sie nächtlings Touristenscharen sogar auf den Vulkankegel Gunung Kelimutu auf Flores. Leider versteckte sich damals die Sonne hinter dicken Wolken und die ganzen Aufregungen und Anstrengungen hatten sich nicht gelohnt.

    Im Buch folgt dann noch Kanada, dort waren Sie noch niemals. Darum lesen Sie doch bitte Auf der Robson Ranch und was darin vom Rüden River, und vom schwarzen Bären alles aufgeschrieben ist.

    Der Besuch Beim Doktor in Shanghai wird Sie sicherlich entzücken und der Schrieb "Die Osterinsel" in den Pazifik weit entrücken.

    Wenn Sie dann alles durchgesehen haben und ihnen immer wieder mein Skorpion-Syndrom aufgefallen ist, dann nehmen Sie bitte einen roten Stift, malen Sie die heißen Stellen an und senden Sie mir die Geschichtchen zurück. Vielleicht weiß ich dann, wie krank ich bin!

    Bis dahin wünsche ich Ihnen alles Gute und grüße Sie

    Ihr

    Joachim Berke

    Auf Sumba

    Reise zu Kleinen Sundainseln Nusa Tenggara Wissenschaftliche und organisatorische Leitung Fran Doktor Klugin

    Der Start war auf Bali, dann ein kurzer Flug nach Lombok, von da nach Sumba, mit einem Fischerboot nach der Insel Komodo, dann Flores, von hier wieder durch die Luft nach Timor, Sumbawe und zurück nach Bali.

    Sumba

    Inmitten der Kleinen Sundainseln in Indonesien liegt Sumba. Unsere Reisegruppe war von Timor mit zwei winzigen Fliegern auf diesem Eiland gelandet. Der sumbanesische Flughafen war eine Stoppelwiese als Flugfeld. Von ihm wurden grasende Haustiere kurz vor der Landung mit Sirenengeheul vertrieben. Ein größeres, gemauertes Gebäude diente als Empfangshalle und bestach durch imposante Werbung des hiesigen Grand Hotels. Übergroße Fotos zeigten Zimmereinrichtungen mit Nasszellen, Duschen und Badewannen. Wir hatten uns schon vier Wochen im Archipel umhergetrieben, waren verschwitzt und schmutzig, rochen aus allen Knopflöchern und so freuten wir uns auf den Luxus der Herberge.

    Der Weg bis zu ihr war nicht weit und ich glaube, der betagte Bus benötigte nur knapp 20 Minuten. Frau Doktor Klugin, die Reiseleiterin, gab uns ein Doppelzimmer im Erdgeschoss. Wir waren müde, warfen unser Handgepäck auf die Betten und suchten das Badezimmer.

    Die Toilettenschüssel befand sich hinter einem Vorhang aus Binsenrohr, aber eine Dusche war nicht da, es gab sie nicht, nur ein Waschecken im Schlafraum. Immerhin, dachten wir respektvoll, und wuschen uns die Hände. Ich war der Erste und als ich das Wasser laufen ließ, plätscherte es munter in die Porzellanschüssel. Irgendwie bekam ich nasse Beine. Das Abwasser lief in die Schlafstube, rann dann an der Zimmerwand bis zur Tür, um anschließend im Freien zu versickern.

    Wir meckerten bei der Reiseleitung, wollten einfach etwas besser, eigentlich nur normal untergebracht werden. Frau Doktor sicherte uns dies zu, heute Abend, wenn wir von der Rundreise zurück sind.

    Kulturell gab es eine Mischung der Moderne und Steinzeit auf dieser Insel Sumba. Hier der moderne Flughafen, in den Dörfern Steinzeit. Wir sahen die Männer am Abend von der Arbeit kommen, jeder schleppte einen großen Stein mit sich und legte diesen am Dorfeingang ab. Was sie über Tag getrieben und wo, das erfuhren wir nicht.

    Auf der westlichen Spitze des Eilandes war eine Menschenmenge unterwegs. Es wurde ein Grab errichtet. Auf einem schwarzen Steinblock, Frau Doktor sprach von mehr als einer Tonne Gewicht, stand ein kleiner Kerl. Sein spitzer, weißer Bart weht im Wind. Er hatte das Kommando, er war der große Zampano, der Schamane. Zwanzig, fünfundzwanzig muskulöse junge Männer, bekleidet mit Lendenschürzen, zogen den Fels mit zwei Seilen. Tschiebumm, tschiebumm, tschiebumm brüllte der Zwerg, die Ziehenden wiederholten ihr Hauruck. Jedes Kommando brachte den Steinblock zehn bis fünfzehn Zentimeter weiter. Die Jungs schwitzten, die Dorfjugend sprang um den Zug und schrie Tschiebumm. Unsere Ethnologin war total entzückt, sie hatte ganz leuchtende Augen. Wir wunderten uns, warum die zahlreichen ringsum weidenden Rindviecher nicht als Zugtiere eingesetzt wurden.

    Frau Doktor war sehr kundig, denn als wir am Dorfrand eine Vorrichtung sahen, es war eine kreisrunde Vertiefung im Boden, sagte sie:

    Guck an, eine Opferstätte für Shiva! Eine Yoni! Sind alles Hindus hier!

    Unser mitreisender Anwalt erkundigte sich bei einem ungefähr Zwölfjährigen nach dem Sinn der Opferstätte. Der Notar aus Freiburg zeigte auf das Erdgebilde:

    Shiva, Shiva?

    Der junge Mann guckte fragend den Anwalt an, schüttelte plötzlich den Kopf, rannte in diese Erdvertiefung, hob seinen Lendenschurz und entleerte sich. Nun wussten wir, dass es die Dorftoilette war.

    Unsere Frau Doktor war wieder einmal von ihrem Syndrom genarrt worden, denn eine Yoni war das Gebilde wirklich nicht und der Hinduismus hatte dieses megalithische Dorf mit seinem Ahnenglauben nicht erreicht.

    Vor diesem Notdurftereignis sahen wir einen Kriegstanz. Acht Kerle, spärlichst bekleidet, es war ja auch tropisch heiß, mit Messern und Schilden, bezogen mit der Haut der Wasserbüffel, tanzten im Kreis zu dumpfen, donnernden Trommeln mit einfachem Singsang auf dem Dorfplatz. Uns gruselte es. Wussten wir doch, dass in diesem Kulturkreis der unterlegene Feind von den Siegern wegen dem Mana verspeist wurde.

    Dankestanz der Kopfjäger nach erfolgreicher Jagd

    Am Abend erhielten wir einen neuen Raum, ein Zimmer im zweiten Stock unseres internationalen Hotels. Was soll ich sagen? Die Treppe nach oben war sehr, sehr steil. Die einzelnen Stufen hatten eine Höhe von ungefähr sechzig Zentimeter. Auf dem Absatz vom ersten Stock saß ein älterer Mann in weißen Tüchern vor seiner Zimmertür, daneben eine Frau, bunt gewandet. Sallam, Sallam alleikum, grüßte er.

    Oben, in der zweiten Etage angekommen, schoss Grete gleich in das Zimmer, es war falsch, der Schlüssel passte in jedes Schloss! Ich konnte sie gerade noch daran hindern in ein zerwühltes Bett zu steigen, sie war so müde. Ich sah fremdes Gepäck. Nun, wir fanden noch unsere Bleibe. Ein Raum, von der Sonne durchflutet, heiß, das Bettzeug ziemlich schmuddelig. Als ich mich auf das Linnen warf, stank die ganze Schlafstatt nach altem, abgestandenen Schweiß. Pfui Teufel! Danach zog ich mich an und krabbelte in voller Montur auf die Liege. Ich ekelte mich ungeheuerlich.

    Nach dem Essen, am Abend, erhielten wir noch Besuch von Frau Zimmermann auf unserem Zimmer. Sie brachte einen Flachmann, so eine Flasche, die in eine Gesäßtasche passte, voller Rum. Sie und ich soffen die Pulle aus, Grete röchelte ohne Alkohol in ihrem Bett. Die Witwe Zimmermann erzählte mir ihre Geschichte. Ihr Mann hatte einen Herzinfarkt beim Schwimmen in der Cookbucht auf Moorea. Er wurde auch dort begraben, seit fast zwei Jahren, reise sie nun pausenlos hin und her. Ein Mietshaus in Düsseldorf war schon draufgegangen, zwei hätte sie noch, in Köln. Irgendwann schlief ich im Stinkebett ein, ich war müde und es war so heiß. Wann die Witwe uns verließ, weiß ich nicht mehr. Jedenfalls schaute sie mich am nächsten Tag nicht mehr an, sie schien sauer zu sein, vielleicht weil ich sie nicht in meine schweißnassen Laken eingeladen hatte.

    Am nächsten Tag reisten wir ab. Flug in zwei Stoppelhopsern nach Bali. Vorher gab es noch ein Problem. Arbeiter beluden die beiden Vögel mit unseren Gepäckstücken. Erst hob einer der Flieger seine Nase in den Himmel, dann der Andere. Es dauerte bestimmt eine Stunde, bis das Gewicht in den Maschinen so vereilt war, dass wir nach dem System, ein Dicker neben einem Dünnen einsteigen durften. Der Flug zurück in die Zivilisation dauerte nur 45 Minuten.

    Verschollen in Nusa Tenggara

    Die Fahrt mit dem Fischerboot

    Das Schiff trug den Namen Komodo Plus . Es war weiß lackiert, aus Holz gebaut, vom Bug bis zum Heck, ohne ein Stück Eisen. Backbords hing ein alter Rettungsring am Steuerhaus. Bugis, Ureinwohner der Insel Flores, waren die Erbauer des Wasserfahrzeuges. Das Schifflein schleppte eine lange Kunststoffschnur mit einem Haiköder hinter sich her. Der Eigner, ein Seefahrer von der Insel Sumbawe, saß hinter dem Steuer. Sichtbar war sein braundunkles Gesicht, umrahmt von schwarzen, ungekämmten Haaren. Zwei Reihen weißer Naturzähne leuchteten zwischen rotem Zahnfleisch über dem Ruder. Der Kapitän steuerte Komodo Plus ohne nautische Instrumente durch die Inselwelt von Nusa Tenggara. Keine Uhr, kein Kompass, einfach ohne alles, nur so, pie mal Daumen über die Kimm. Schnurgerade nach Osten, sich etwas nördlich vom Äquator haltend, versuchte der Indonesier, die Insel der Drachen mit dem Namen Komodo zu erreichen.

    Im kleinen Ruderhaus drängten sich zusätzlich drei weitere Einheimische. Es waren Mahmut Waterman, ein Mann in den besten Jahren von holländischer Abstammung, Roy, ein Christ, der als Reiseleiter tätig war, er stammte aus Java und Hadschi Omar von Sumbawa, ein örtlicher Kontakter. Diese Herren machten schlaue Gesichter, mümmelten auf ihren Kaugummis und schauten über den Bug in die Ferne. Es schien, als ob sie das Ziel herbeizuhexen versuchten. Damals, im Mai des Jahres 1998, war von dem heißen und trockenen Süd-Ost-Monsun noch wenig zu spüren. Es war die Zeit, in der die Winde umlaufen, bevor sie sich entschließen, stetig aus einer Richtung zu blasen. Die Luft war wie Seide und der Fahrtwind fächelte Kühle über das Deck. Joachim Kolbenmeier schlich mit seiner Kamera auf dem Schiff umher. Er fotografierte den Kommandanten hinter seinem Steuerrad und die anderen Herren mit dem Weitwinkel. Mahmut Waterman grinste mit breitem Mund in die Kamera. Dem Kolbenmeier war dieser Waterman unheimlich, er dachte, das ist bestimmt der Agent von Herrn Suharto. Sicherlich ist er eingesetzt worden, um uns Touristen zu überwachen. Roy behauptete, dass Waterman kein Englisch spreche, kein Deutsch, dafür aber Niederländisch. Der Fotograf hatte es mehrmals in seiner Muttersprache versucht, Kontakt mit dem Unheimlichen zu bekommen, doch Waterman zuckte nur mit den Schultern und murmelte etwas von „kann nit verstaan" vor sich hin. Er war sehr hilfreich und immer wieder hatte man den Eindruck, dass er die deutsche Sprache sehr gut verstand. Angeblich war er nur dabei um den Weg zu erkunden.

    Schließlich war es die erste europäische Gruppe, die nach vier Jahren dieses abgelegene Gebiet bereiste. Wenn die Fremden kamen, liefen die Kinder schreiend weg. Alte Frauen erzählten hier, dass diese Menschen kleine Kinder fräßen. Hier waren diese Weißen der schwarze Mann.

    Auf der Insel Komodo, im Meer zwischen dem Stillen und dem Indischen Ozean, leben große Echsen, Warane, wissenschaftlich Varanus komodonensis benannt. Zehn Weltenbummler waren auf dem Fischerboot dorthin unterwegs. Eigentlich gruselte es ihnen vor diesen Drachen. Ihre Reiseleiterin, Frau Doktor Klugin, hatte schon im Bus auf der Insel Sumbawa die tollsten Geschichten von diesen fleischfressenden Viechern erzählt. Davon, wie sich die Biester wissenschaftlich paaren, wie sie Ziegen, Rehe und Hirsche zerfleischen, und dass sie derart schlechte Zähne hätten, dass die Opfer nach dem leichtesten Biss durch Blutvergiftung sterben.

    Noch waren alle Seefahrer in guter Stimmung. Der Diesel tuckerte das Schifflein aus dem Hafen von Labuhan Sape. Die Sonne schien fast senkrecht von einem tiefblauen Himmel. Es war noch sehr früh, erst acht Uhr am Morgen. Der Herr Drollinger versuchte mit Frau Doktor zu flirten, doch heute hatte sie keine Zeit, denn sie kümmerte sich um die Sicherheit ihrer Schäfchen.

    Fischerboot „Komodo plus"

    Herrn Wiesenbock war schlecht, er wurde so leicht seekrank. Auch Frau Kolbenmeier ging es nicht so gut. Vorsorglich war sie von ihrem Mann neben dem Seekranken in der Mitte des Schiffes, genau vor dem Ruderhaus, platziert worden. Die Leutchen saßen auf wackligen Stühlchen, die bei jeder Schiffsbewegung schlingerten.

    Frau Doktor begann mit einem langen Seil die Stühle an der Reling festzuzurren. Zufrieden stellte sie fest, dass die Sitze nicht mehr umherrutschten. Zusätzlich ermahnte sie die Hockenden, ihre Beine fest auf den Schiffsboden zu stemmen, das helfe sehr gut gegen das Angstgefühl. Frau Kolbenmeier begann schon nach kurzer Zeit zu weinen. Ihre Oberschenkel schmerzten, sie machten nicht mehr mit. Sie waren derart verkrampft, dass der Herr Liessen, Doktor der Pharmazie, diese nur mit einer energischen Massage der Beininnenseiten lösen konnte. Seine Frau Erika war darüber nicht besonders erfreut. Frau Lautermann tröstete sie, es sei doch nur eine medizinische Hilfe, die der Herr Apotheker geleistet habe. Schließlich sei er ja dazu verpflichtet. Wie immer tutete Doktor Lautermann, der Jurist aus Süddeutschland, in das Horn seiner Ehefrau. Anneliese hätte da ganz recht und er könne bei der Oberschenkelreflexmassage von Frau Kolbenmeier nichts Böses denken. Dem Reinen sei eben alles rein und dem Unreinen alles unrein.

    Nachdem sich alle etwas entspannt hatten, begann die Reiseleiterin mit lauter Stimme die Fahrtroute anhand einer kleinen Karte zu erklären:

    „Wir habe nun das Hafengebiet der Insel Sumbawa verlassen und das Schifflein würde seinen Kurs genau nach Osten nehmen. Es könne ungefähr sieben Stunden dauern, bis man bei den Drachen von Komodo wäre. Das Camp, Loh Liang, liegt auf der östlichen Seite der Insel. Nur dort könne man anlegen. Also müsste das Fischerboot die Südspitze der Echseninsel umrunden.

    Der Kapitän habe ihr gesagt, dass es zwar starke Strömungen, vor allem bei der Insel Pulau Langkoi gebe, er aber sicher wäre, dass seine kräftigen Dieselmotoren dagegen ankommen würden. Diese südliche Strecke wäre bedeutend kürzer. Die Fahrzeit verringere sich um drei Stunden. Der Nordkurs, den man auch nehmen könne, benötige mindestens zehn Stunden, aber dieser Weg wäre gefährlicher. Dort liegen einige Sandbänke. „Außerdem möchte sie noch einmal, so fuhr die Frau Doktor fort, „die Hinweise für diesen Reisetag in das Gedächtnis zurückrufen. In den Unterlagen ist ausdrücklich aufgeführt: Das einfache Schiff, dass mit rauer See gerechnet werden müsse und die Übernachtung in einer sehr einfachen Lodge stattfände. Gott sei Dank ist das Meer bis jetzt ruhig und es ist ihr gelungen, den Eigner davon zu überzeugen, dass er einen Koch mitnehmen müsse. Roy habe bestätigt, dass dieser an Bord sei und frische Ware von dem Markt in Labuhan Sape mitgebracht habe. Hier nickte Kolbenmeier zustimmend, denn er hatte den Smutje, einen Chinesen, schon beim Schneiden von großen Salatgurken abgelichtet. Also, Frau Doktor fuhr in ihrer Rede fort: „Verpflegung aus der Konservendose", wie es in den Reiseunterlagen stehe, das wäre diesmal

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