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Mit dem Kochlöffel durch die sächsische Geschichte: 25 berühmte Sachsen bitten zu Tisch
Mit dem Kochlöffel durch die sächsische Geschichte: 25 berühmte Sachsen bitten zu Tisch
Mit dem Kochlöffel durch die sächsische Geschichte: 25 berühmte Sachsen bitten zu Tisch
eBook355 Seiten6 Stunden

Mit dem Kochlöffel durch die sächsische Geschichte: 25 berühmte Sachsen bitten zu Tisch

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Über dieses E-Book

Hat der Thomaskantor Johann Sebastian Bach seine "Kaffeekantate" komponiert, um seine Töchter vor allzu viel Kaffeegenuss zu warnen? Welche
kulinarischen Vorlieben mögen Bachs Musikerkollegen Richard Wagner zum Lohengrin inspiriert haben? Welches Gericht liebte die Schriftstellerin Lene Voigt über alles? Mit dem Titel Mit dem Kochlöffel durch die sächsische Geschichte möchten wir Sie anhand von 25 berühmten sächsischen Persönlichkeiten aus Vergangenheit und Gegenwart zu einem anregenden Bummel durch die Vielfalt der sächsischen Küche und zu einer einmaligen Reise durch die sächsische Geschichte
einladen. Zahlreiche Anekdoten zeigen, dass alles ohne eine gehörige Portion Humor nicht denkbar ist, und verleihen dem Ganzen das "gewisse Etwas". Unsere kulinarische Zeitreise regt zum Lesen, Schauen und (Nach-) Kochen an!
SpracheDeutsch
HerausgeberBild und Heimat
Erscheinungsdatum25. Sept. 2017
ISBN9783959587488
Mit dem Kochlöffel durch die sächsische Geschichte: 25 berühmte Sachsen bitten zu Tisch

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    Buchvorschau

    Mit dem Kochlöffel durch die sächsische Geschichte - Daniel Bergner

    Heimat

    Vorwort

    Eine Auswahl sächsischer Persönlichkeiten zu treffen, sollte auf den ersten Blick gesehen eine leichte Aufgabe sein. Zu jeder Zeit gab es Menschen, die Herausragendes geleistet oder zumindest, bezogen auf ihre Lebensumstände, etwas Außergewöhnliches hervorgebracht haben. Viele davon waren gebürtige Sachsen, manche waren Zugereiste, die ein wohlwollendes (manchmal auch unberechenbares) Schicksal in die Gegend zwischen Vogtland und Zittauer Gebirge gebracht hat, damit sie hier ihr Glück versuchen und einen Platz zum Leben und Schaffen finden mögen. Doch genau hier liegt der kleine, aber feine Unterschied für eine Auswahl.

    Nach welchen Kriterien sollen die Persönlichkeiten ausgewählt werden? Für welche Epochen der sächsischen Historie und Kunst- und Kulturgeschichte sollen die Auserwählten stehen? Viele Sachsen in des Wortes bester Bedeutung sind zum Beispiel »nur« hier geboren worden, haben einen unverhältnismäßig kleinen Teil ihres Lebens, ihre Kinder- und Jugendjahre hier verbracht, bevor sie andernorts heimisch wurden und dort ihr Leben einrichteten und wirkten. Genauso gut gibt es historische Persönlichkeiten, denen es genau andersher­um erging, die ihr Glück in Sachsen finden wollten, wenn es ihnen in ihrer eigentlichen Heimat verwehrt wurde. Und eine zweite Schwierigkeit, die Kopfzerbrechen bereitet, ist die Tatsache, wie Sachsen geografisch begrenzt werden soll. Nach der Größe des Kurfürstentums? Nach der Größe des Königreichs Sachsen nach 1815? Oder nach den drei Bezirken, die nach 1949 gebildet wurden und in denen Sachsen zum größten Teil aufging?

    Mit diesen kniffligen Fragen im Hinterkopf hat sich der Autor an die Arbeit gemacht. Und er hat sich für eine eigene Herangehensweise, seinen Weg und seine Wahrheit entschieden. So werden Sie auf den folgenden Seiten interessante Personen kennenlernen, die trotz zeitlicher, politischer oder kultureller Unterschiede etwas vereint: ihre Liebe zu Sachsen. Und ist es nicht im Grunde egal, wo jemand sein Herkommen hat, wo seine Wurzeln liegen? Sachsen war immer ein Land, das neuen Einflüssen gegenüber aufgeschlossen war und das durch die gebündelte Kraft aller Beteiligten – ob Kurfürst, Dichter, Musiker oder Maler – zu dem geworden ist, was es bis heute auch geblieben ist: Ein besonderes Land, das in seiner reichen kulturellen und geografischen Vielfalt einmalig ist.

    Manch eine der vorgestellten Persönlichkeiten war nur für kurze Zeit in Sachsen oder blieb, trotz widrigster Umstände, eine andere hat tatsächlich ihr Lebensglück hier gefunden. Die getroffene Auswahl ist nicht repräsentativ. Sie kann und will es auch nicht sein. Vielleicht werden Sie beim Lesen einen alten Bekannten wiedertreffen, vielleicht jemand Neues kennen- und schätzen lernen. Vielleicht werden Sie erstaunt sein, dass eine historische Persönlichkeit fehlt, von der Sie glauben, sie gehöre unbedingt dazu. Wenn die Leser dieses Buches sich mit dem Geschriebenen auseinandersetzen, ihr angelesenes Wissen neugierig durch andere Lektüre vertiefen oder auch konstruktiv Kritik üben, dann wäre das das schönste Lob für den Autor.

    Die Rezeptvorschläge laden Sie ein, die historischen Persönlichkeiten auch kulinarisch kennenzulernen. Die Rezepte sind zum größten Teil historisch verbürgt oder stammen zumindest aus der Zeit, in der die jeweilige Persönlichkeit lebte. Manchmal ist es gelungen, eines der Lieblingsrezepte des Vorgestellten aufzuspüren. Die Mengenangaben beziehen sich, wenn nicht anders angegeben, auf vier Personen.

    Nehmen Sie also das Buch zur Hand, lesen Sie darin, stellen Sie es nicht ins Regal mit den historischen Biografien oder Nachschlagewerken! Dort gehört es nicht hin. Es versteht sich nicht als kulturgeschichtlicher Nachaufguss unzähliger Bücher, die es zu den unterschiedlichen Persönlichkeiten bereits gibt. Nehmen Sie das Buch stattdessen lieber mit in die Küche. Probieren Sie die Rezepte aus und plauschen Sie beim anschließenden Essen mit Familie und Freunden über Ihren Küchenerfolg und das, was Sie über die Beteiligten gelesen haben.

    Viel Freude beim Lesen und Nachkochen!

    »Sein größtes Vergnügen war die Liebe«

    August der Starke

    Neben der Liebe erfuhr er sicherlich auch manche kulinarischen Höhepunkte. Nicht zuletzt aufgrund dessen dürfte Kurfürst Friedrich August I. von Sachsen, als August II. König von Polen, zu enormer Leibesfülle gekommen sein, die ihm den Beinamen »der Starke« eintrug.

    Bildungsbeflissene Eltern und Großeltern zeigen heute noch gern ihren Kindern und Enkeln den (vermeintlichen) Daumenabdruck des starken August im Eisengeländer der Brühlschen Terrasse in Dresden. Eine schöne Mär, die eben nur eine Mär ist, weil das heutige Geländer der Brühlschen Terrasse gar nicht aus der Zeit Augusts des Starken stammt. Daran wird deutlich, was alles die Nachwelt dem sächsischen Herkules an honorablen Leistungen zuschreibt und zutraut. Auch ein von ihm verbogenes Hufeisen, das sich in den Dresdner Kunstsammlungen erhalten hat, lässt sich in diesen Kontext einordnen: Das Hufeisen wurde zwar vom Kurfürsten zerbrochen und mit einem Begleitschreiben versehen, das diese Leistung gebührend und vollmundig in schönster Manier und sprachlicher Zier zu erörtern weiß, jedoch wollen Stimmen nicht verstummen, die behaupten, das Hufeisen sei vorher präpariert worden … Wir schweigen betreten und wollen es lieber nicht so genau wissen. Hatte hier vielleicht ein kluger Kopf des Dresdner Hofes, der im Falle eines Scheiterns des starken August um seinen fürchtete, »medienwirksam« die Hände im Spiel? Heute staunt man ob solcher »Marketingmaßnahme« im frühen 18. Jahrhundert.

    Vielleicht ist es bei August dem Starken ebenso wie bei Königin Luise von Preußen, über die Fontane schrieb, sie hätte nachträglich mehr unter ihren Verehrern als unter ihren Kritikern zu leiden gehabt. Wer also war August der Starke? Wie kam er zur Macht? Stimmt es wirklich, dass er 365 Kinder gezeugt haben soll? Warum ist er auch heute noch eine der populärsten sächsischen Persönlichkeiten?

    Die Geschichtsschreibung hat es mit dem sächsischen Kurfürsten und polnischen König nicht gut gemeint. Während er zu Lebzeiten als sächsischer »Sonnenkönig« verehrt worden war, wandelte sich das Bild bereits in der Mitte des 18. Jahrhunderts schlagartig. Die Zeiten hatten sich geändert. Sachsens »Erzfeind« Preußen strebte eine Vormachtstellung in Europa an. Für das absolutistische Herrscherverständnis, wie es August der Starke personifizierte, war in dieser kriegerischen Phase kein Platz mehr. Der Siebenjährige Krieg, der zwischen 1756 und 1763 zu einem großen Teil auf dem Rücken Sachsens ausgetragen wurde, führte in die Katastrophe: Sachsen war bei Kriegsende bankrott und bedurfte einer grundlegenden Reformierung. Die Ideen der Aufklärung, das Erstarken des sächsischen Bürgertums und neue politische Strömungen führten schnell zu einer Neubewertung der barocken Pracht und des politischen Wirkens Augusts des Starken. Im 19. Jahrhundert wollte man, übrigens in Sachsen wie in Polen, nichts mehr von ihm wissen. August der Starke verkam zum »dummen August«, der als potenter Potentat ständig Kinder gezeugt, geschmacklose Bauwerke geschaffen, Tausende Taler durch- und Tausende Landeskinder in scheinbar sinnlosen Kriegen ums Leben gebracht hatte. Die Kunstschätze im Grünen Gewölbe präsentierte man gern, empfand sie aber im Innersten doch als teuren »Kitsch«, den man kunstgeschichtlich nicht einordnen konnte.

    Erst mit der großen Ausstellung »August der Starke und seine Zeit«, die 1933 in Dresden präsentiert wurde, und zahlreichen neuen Forschungsansätzen und wissenschaftlichen Publikationen zu Leben und Werk wurde es allmählich möglich, August dem Starken die Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, die seinem historischen Stellenwert entspricht. Und trotz alledem bleibt August der Starke der populärste sächsische Herrscher, der kulinarische König, Hufeisen- und Herzensbrecher. Damit lebt er, sagenhaft überhöht, ein Eigenleben, wie es wohl nur noch auf ähnliche Weise im bayerischen Märchenkönig Ludwig II. seine Entsprechung findet.

    Friedrich August I. wurde am 12. Mai 1670 als zweiter Sohn des sächsischen Kurfürsten Johann Georg III. und seiner Frau, der dänischen Königstochter Anna Sophie, geboren. Bei seiner Geburt war nicht abzusehen, dass er jemals die sächsische Herrscherkrone tragen würde, denn der erstgeborene Sohn des sächsischen Kurfürstenpaares, Johann Georg, war dazu erkoren und wurde dementsprechend erzogen. Mit dem kleinen Friedrich August scheint man sich nicht viel beschäftigt zu haben. Er spielte im dynastischen Verständnis nur die Rolle einer Rückversicherung im Falle des Ablebens seines älteren Bruders. Da damit niemand rechnete, konnte der junge Kurfürstensohn seinen Neigungen nachgehen. Die Hofmeister, denen man die Erziehung antrug, hatten alle Hände voll zu tun, um aus diesem rüpelhaften, unberechenbaren, aber auch willensstarken jungen Mann ein ehrenvolles Mitglied des sächsischen Herrscherhauses zu machen. Die Kriegskunst interessierte ihn mehr als das Schöngeistige. Die deutsche Sprache blieb ihm ein Leben lang ein Buch mit sieben Siegeln, und er schrieb so, wie er sprach, nämlich im breitesten Sächsisch. Lieber wollte er an den Kriegsfronten Europas Ruhm und Ehre gewinnen.

    Friedrich August wurde damit zum Lieblingssohn seines Vaters, den man auch den »sächsischen Mars« nannte. Zu seiner Mutter hatte August der Starke sein Leben lang ein schwieriges Verhältnis. Um die sittenstrenge Dame machte er einen Bogen, wo er nur konnte, und hütete sich noch als sächsischer Kurfürst und König von Polen, sie zu verärgern. Als der junge Kurfürstensohn pubertierte und erste Amouren pflegte, noch dazu mit einer Hofdame der Kurfürstin, schob seine energische Mutter dieser Entwicklung einen Riegel vor: Der junge Mann wurde auf eine Bildungsreise quer durch Europa geschickt. Ob das allerdings etwas nützte, sei dahingestellt. Denn statt wie erhofft Bildung und höfische Manier auf dieser Reise zu festigen, lernte Friedrich August I. den Prunk und die Pracht der absolutistischen Königshöfe Europas kennen und schätzen und stürzte sich lieber in galante Abenteuer. In Paris entkam er nur knapp einem eifersüchtigen Ehemann mit dem Leben, in Madrid riss er einem Stier die Zunge aus dem Hals. In Venedig hob er aus Kraftmeierei eine schwere Marmorplatte hoch. Die Erinnerung daran wird ihn ein Leben lang begleiten, denn die Marmorplatte stürzte und zerquetschte ihm einen Zeh.

    Zurück in Dresden wartete seine Mutter mit der nächsten Überraschung auf ihn: Friedrich August sollte heiraten. Man muss leider sagen, dass die sächsische Kurfürstin bei der Wahl ihrer Schwiegertöchter kein glückliches Händchen bewies. Für ihren Zweitgeborenen sah sie Prinzessin Christiane Eberhardine aus dem Hause Brandenburg-Bayreuth vor. Die in sich gekehrte Landpomeranze und der lebenslustige und in jeder Hinsicht vitale Kurfürstensohn passten so gar nicht zusammen. Mit der Geburt des gemeinsamen Sohnes Friedrich August 1696, vier Jahre nach der Hochzeit 1693, waren für August den Starken die ehelichen Pflichten erfüllt. Das Paar ging von nun an getrennte Wege.

    1694 war das Unerwartete geschehen! Friedrich August wurde sächsischer Kurfürst. Wie kam das? 1691 starb Kurfürst Johann Georg III., und sein erstgeborener Sohn kam als Johann Georg IV. an die Regierung. Schon vor der Regierungsübernahme geriet Johann Georg IV. in die Fänge einer sehr einflussreichen Adels-Clique, die ihn steuerte und alles in die Wege leitete, um durch ihn Einfluss auf die Regierungsgeschäfte zu nehmen. Die frühreife Tochter dieser Familie, Sybille von Neitschütz, die schon dem alten Kurfürsten sexuelle Dienste angeboten hatte, wie die Fama zu berichten weiß, versuchte gemeinsam mit ihrer Mutter, den neuen Kurfürsten permanent an sich zu binden. Jedes Mittel war recht, um dieses Ziel zu erreichen, selbst alchemistische Künste wurden hierfür zurate gezogen. Dieses Abhängigkeitsverhältnis endete abrupt und unerwartet. Sybille von Neitschütz erkrankte an den Blattern und starb 1694 19-jährig. Johann Georg IV., der sie aufopferungsvoll gepflegt hatte, war dabei selbst erkrankt und starb ebenfalls nach kurzem Krankenlager. Was niemand vermutet hatte, wurde wahr: Friedrich August wurde Kurfürst. Gerüchte, sein Bruder sei nicht an den Blattern gestorben, sondern einem Giftmord zum Opfer gefallen, halten sich bis heute.

    1696 starb der polnische König Jan Sobieski. Die polnische Königskrone wurde frei. Trotz aller Zweifel und flehenden Bitten seiner Minister, die Hände von dieser »Dornenkrone« zu lassen, bewarb sich Friedrich August I. um sie. Er sah in der Verbindung von Sachsen und Polen einen ungeheuren Vorteil für sich und einen Machtzuwachs für das Haus Wettin. Was er unterschätzte war die Tatsache, dass Polen ein Wahlkönigtum mit einem unabhängigen und starken Adel war. Der König war eher eine Marionette denn ein absolutistischer Herrscher, der uneingeschränkt regieren konnte. Alles hing vom Willen oder Unwillen des polnischen Adels ab. Dazu kam, dass nur ein katholischer Bewerber überhaupt Chancen hatte, gewählt zu werden. August der Starke sah das ganz pragmatisch. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion trat er am 1. Juni 1697 in Baden bei Wien, mit aller nötigen Diskretion, vom protestantischen zum katholischen Glauben über.

    Die Nachricht vom Konfessionswechsel des Kurfürsten schlug nach ihrem Bekanntwerden im Kurfürstentum wie eine Bombe ein. Sachsen, das Kernland der lutherischen Reformation, fühlte sich verraten. Lautstark wurde von den Kanzeln verkündigt, es wäre besser gewesen, man hätte den Kurfürsten als Kind im Bade ersäuft. Der Kurfürst ließ die Redner nicht bestrafen … Dreieinhalb Monate später war es dann endlich so weit. Nach einer ungeheuren Bestechungsaktion, die den Stoff für einen Kriminalfilm bieten würde, wurde Friedrich August I. als August II. zum König von Polen gewählt.

    Weder als sächsischer Kurfürst noch als polnischer König hatte August der Starke ein glückliches Händchen, was die Durchsetzung seiner politischen Interessen betraf. Das Vermögen, realistisch die Ziele und Möglichkeiten seiner Politik einzuschätzen und Konfliktpotential in der Innen- und Außenpolitik zu erkennen, war ihm nicht gegeben. So steuerte Sachsen-Polen in die kata­strophale Auseinandersetzung des »Nordischen Krieges«. Seinem Gegner, Karl XII. von Schweden, war August der Starke nicht gewachsen, und es rächte sich bitter, dass er nicht auf den Rückhalt der Polen und Sachsen rechnen konnte. Dazu kam, dass sein Verbündeter Zar Peter I. von Russland eigene Interessen verfolgte und nur so weit in den Konflikt eingriff, wie es ihm nutzte. Ein starkes Polen war ihm ein Dorn im Auge. Es kam, wie es kommen musste: August der Starke verlor 1704 die polnische Königskrone, Sachsen wurde von den Schweden okkupiert und musste das schwedische Heer versorgen. Das Kurfürstentum wurde um Jahrzehnte in seiner Entwicklung zurückgeworfen. Erst 1709 gelang es August dem Starken mit Hilfe und in Abhängigkeit Russlands, wieder König von Polen zu werden. Zeit seiner Regierung ist es ihm nie geglückt, den Traum von einem sächsisch-polnischen Reich, einer Erbmonarchie im Namen der Wettiner, zu verwirklichen. Der Aufstieg Preußens zur europäischen Großmacht ist wohl auch in der politischen Schwäche und Abhängigkeit Sachsens und Polens zu sehen. Die spätere Bündnispolitik des allmächtigen Ministers Heinrich von Brühl trug das ihre dazu bei. Was Brühl hatte erlisten wollen, nahm sich später Preußen auf Kosten Sachsens mit Gewalt. Der Sturz Sachsens in die politische Bedeutungslosigkeit war damit nicht mehr aufzuhalten. Das alles hat August der Starke jedoch nicht mehr erlebt. Als er am 1. Februar 1733 in Warschau starb, ging eine Ära zu Ende.

    Was August dem Starken in der Politik nicht gelang, vollbrachte er in wirtschaftlichen Belangen und auf dem Gebiet der Kunst. So führte er zum Beispiel eine Art Mehrwertsteuersystem ein, das alle Waren gleichmäßig besteuerte. Mit dieser Einnahme machte er den Staat etwas unabhängiger von der Einflussnahme der Landstände, einer Vereinigung des Adels, die das Geld des Landes verwaltete und eher auf ihren eigenen Vorteil denn auf die Stärkung des Kurfürstentums bedacht war. August der Starke bewirkte, dass die Korruption in den Landesbehörden abnahm, denn er ordnete jährliche Kontrollen an, die dazu führten, dass gewissenlose Beamte zwischen Plauen und Zittau zitterten und korrekter arbeiteten, sobald die Visitatoren sich anmeldeten.

    Auch seine Menschenkenntnis gereichte dem sächsischen Kurfürsten zum Vorteil. Im Kurfürstentum war jeder, unabhängig von Religion und Herkunft, gern gesehen, wenn er mit seiner Händearbeit dazu beitrug, den Reichtum des Landes und des Hauses Wettin zu mehren. Künstler und Handwerker wurden angezogen, die Werke schufen, die weit über ihre Zeit hinaus reichten. Nicht zuletzt mit der Schaffung dieser Grundlagen gelang es Johann Friedrich Böttger, gemeinsam mit Ehrenfried von Tschirnhaus, das erste europäische Porzellan nachzuempfinden. Das Meissener Porzellan spült noch heute Taler in die sächsische Staatskasse. Der Architekt Matthäus Daniel Pöppelmann und der Bildhauer Balthasar Permoser schufen mit ihren Werken und ihrem architektonischem Schmuck das Antlitz Dresdens, wie es sich über Jahrhunderte bewahrte und der Stadt an der Elbe einen einzigartigen barocken Reichtum bescherte.

    Was bleibt also von August dem Starken? Vielleicht das, was ihm am wichtigsten war: seine Legendenbildung und sein kulturelles Erbe. Zeit seines Lebens wirkte er an beiden tatkräftig mit und vermittelte somit späteren Generationen ein Bild, wie er gesehen werden wollte. Seine Mätressen, seine Bauten, seine Feste werden wohl so lange mit ihm in Verbindung gebracht werden, wie man sich seiner erinnert. In August dem Starken paart sich sächsische Gemütlichkeit mit weltmännischem Flair, Entdeckerfreude mit Wissensdurst. Vermutlich lässt ihn das heute noch so populär erscheinen. Prunk und Pracht, Liebe und Macht sind in ihm verschmolzen wie in keinem anderen barocken Herrscher des 18. Jahrhunderts.

    Apropos barocke Lebensfreude – hat August der Starke nun tatsächlich 365 Kinder gezeugt? Auch hier ist die Antwort leider ernüchternd. Zwar hatte er zahlreiche »Herzensfreundinnen«, von denen die Gräfin Königsmarck und die Gräfin Cosel wohl die bekanntesten sind, zwar hatte er auch eine zahlreiche Nachkommenschaft aus seinen erotischen Beziehungen, aber so viele Kinder, wie das Jahr Tage hat, hatte er nicht. Diese Unterstellung stammt von Wilhelmine von Bayreuth, der Schwester Friedrichs II. von Preußen. Vielleicht war sie nicht gut auf August den Starken zu sprechen, denn ihr Vater hätte sie gern mit ihm verheiratet. Vielleicht war es aber auch nur höfischer Tratsch, der der Unterhaltung im, nun ja, im Vergleich zu Dresden recht stillen Bayreuth dienen sollte. Georg Piltz, ein Biograf Augusts des Starken, beschließt seine Lebensbeschreibung mit rührender Ironie: Das Herz Augusts wurde nach seinem Tod in einer silbernen Kapsel in der Dresdner Hofkirche beigesetzt. Dass es wieder zu schlagen beginnt, wenn ein junges Mädchen vor­übergeht, ist eine Legende, die dem alten Kavalier sicher gefallen hätte.

    Rezepte

    Die prunkvollen höfischen Feste am Hofe Augusts des Starken verlangten nach einer einfallsreichen Küche, denn auch hier wollte der sächsische Hof zeigen, was er kann. Schaut man sich die Hofjournale, Bestelllisten und Küchenverzeichnisse an, so staunt man über die Vielfalt der sächsisch-polnischen Küche. Fleisch und Fisch, Gemüse und Obst wurden stets reichlich aufgetragen. Erlesene Süßspeisen, Eis und andere Naschereien gehörten zu jedem Tafelgang dazu. Besonders zwei Festivitäten wollen wir an dieser Stelle hervorheben. Zum einen das Fest oder besser die Festwochen anlässlich der Hochzeit seines Sohnes, des Kurprinzen Friedrich August II., mit der österreichischen Kaisertochter Maria Josepha im September 1719, zum anderen das »Zeithainer Lustlager«, ein riesiges Manöverspektakel, dass im Herbst 1730 bei Riesa stattfand.

    Das aus aller Herren Länder stammende Personal, das in Küche und Keller Augusts des Starken arbeitete, brachte einen Abwechslungsreichtum in die sächsische Küche, der sich durch besondere Gewürzkombinationen, unterschiedlichstes Obst und Gemüse, aber auch durch neuartiges Back- und Nasch­werk auszeichnete. Viele Rezepte, die heute wie selbstverständlich in die Haushalte zwischen Leipzig und Görlitz Einzug gehalten haben, basieren auf dieser »Internationalität«. Vor allem die Verbindung zu Polen führte dazu, dass kulinarische Besonderheiten aus dem Land zwischen Oder und Weichsel in Sachsen Verbreitung fanden. Und auch durch die schwedische Besetzung Sachsens wandelten sich die Ess- und Trinkgewohnheiten. August der Starke bevorzugte privat jedoch einfache, regionale Speisen.

    Rinderschwanz mit Petersiliensoße

    Zutaten:

    1 Rinderschwanz, ¼ l Weißwein, 1 Handvoll Kapern, 1 Handvoll Fenchelwurzel, 1 Handvoll kleingehackte Gewürzgurken, Muskat, Salz

    Für die Soße:

    gehackte Petersilie, Schmand, Knoblauchsalz, Butter, Salz, Pfeffer, Zucker

    Den Rinderschwanz ca. 1 Stunde in Salzwasser garkochen. Den Rinderschwanz herausnehmen und in einen Topf mit ¼ Liter des Kochwassers und ¼ Liter Weißwein geben. Die Kapern, den kleingeschnittenen Fenchel, die Gewürzgurken hinzufügen und mit Muskatnuss, Salz und Pfeffer den Sud abschmecken. Alles zugedeckt so lange kochen, bis Fenchel und Gewürzgurken weich sind. Anschließend den Rinderschwanz aus dem Sud nehmen und auf einer warmen Platte, in Scheiben geschnitten, anrichten.

    Für die Soße wird erst etwas Butter, anschließend der Schmand erhitzt. Alles mit Petersilie verrühren und heiß über das Fleisch gießen.

    Eierkuchen mit Parmesan

    Zutaten:

    ½ l Milch, 3 Eier, 8 EL Mehl, Parmesan, Butter oder Olivenöl, Salz

    Die Milch, die Eier, das Mehl und etwas Salz werden miteinander verquirlt und in eine Pfanne mit der heißen Butter oder dem Olivenöl gegossen. Den Eierkuchen von beiden Seiten goldbraun braten. Mit frischem Parmesan bestreuen, einrollen und heiß servieren.

    Pistazienbutter

    Zutaten:

    1 Handvoll Pistazien (frisch oder geröstet), 250 g Butter

    Die frischen Pistazien mit kochendem Wasser überbrühen und die Haut abziehen. Die Pistazien mit einem Wiegemesser kleinhacken oder im Mörser zerkleinern. Die kleingehackten Pistazien in einer Schüssel mit der weichen Butter mischen. Die Masse in einer Pfanne kurz anrösten und in eine feuerfeste Form (Butterform) geben. Die Pistazienbutter erkalten lassen und nach Bedarf verwenden.

    August der Starke aß Pistazienbutter gern auf frischen Brötchen.

    »Ei, wie schmeckt der Coffee süße«

    Johann Sebastian Bach

    … so der Titel einer Arie aus einer der bekanntesten und schönsten weltlichen Kantaten Johann Sebastian Bachs, der Kaffee-Kantate. Lassen Sie uns ein »Scheelchen Heeßen« aufbrühen. Genießen wir den Duft und Geschmack des »Türkentranks« und versetzen wir uns zurück ins Leipzig des 18. Jahrhunderts, als Johann Sebastian Bach Thomaskantor in der Stadt gewesen ist. Zwar war er gebürtiger Thüringer, und die Liebe zu seiner Heimat und zu deren Gebräuchen, die Pflege des von dort überkommenen musikalischen Erbes, waren ihm immer wichtig. Dennoch hat er die längste Zeit seines musikalischen Schaffens in Leipzig verbracht. 27 Jahre lang, von 1723 bis 1750, hat er in der Messestadt gewirkt, hat hier seine bedeutendsten Kantaten und Passionen aufgeführt und maßgeblich an Leipzigs Ruhm als Musikstadt mitgewirkt.

    Bach war gern in Leipzig zu Hause, wenn auch die Stadt, namentlich der Rat der Stadt, ihm das Leben nicht unbedingt leicht gemacht hat. Querelen über Querelen verleideten ihm mehr als einmal das Bleiben. Dennoch ging er nicht weg, reiste von hier aus zu Orgelproben und Orgelweihen in die Umgebung und empfing in seiner Wohnung in der Thomasschule die halbe musikalische Welt. Noch Wilhelm Friedemann Bach bezeugte nach des Komponisten Tod, dass sein Vaterhaus »einem Taubenschlage« geglichen habe. Und setzte er nicht mit seiner Kaffee-Kantate den lieben Sachsen ein unvergleichliches musikalisches Denkmal? Denn die Kaffeeleidenschaft der Leipziger Damen (und auch Herren) war weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt.

    Johann Sebastian Bachs musikalisches Talent wurde ihm buchstäblich in die Wiege gelegt. Die Bachs waren in Thüringen die Musikerfamilie. Es gab kaum eine Organisten- oder Kantorenstelle, die nicht von einem der zahlreichen Bachsprösslinge besetzt gewesen wäre.

    Am 21. März 1685 erblickte Johann Sebastian Bach als jüngster Sohn des Eisenacher Hof- und Stadtmusikus Johann Ambrosius Bach und seiner Frau Elisabeth das Licht der Welt. Protestantischer Glaube und protestantische Kirchenmusik waren tief verwurzelt in der Familie Bach. Diese frühkindliche Prägung wird Johann Sebastian Bach zeit seines Lebens in seinen Kompositio­nen widerspiegeln und in seinen großen Werken zur höchsten Blüte führen. Die Wartburgstadt war zudem Residenz des kleinen Herzogtums Sachsen-Eisenach und verfügte

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