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Ein Ziegelstein für Dörte
Ein Ziegelstein für Dörte
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eBook200 Seiten2 Stunden

Ein Ziegelstein für Dörte

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Über dieses E-Book

Volker Strübing liest und singt. Auf Lesebühnen, Poetry Slams, Literaturfestivals sowie in Kabaretts und Comedy Clubs. Seine Texte sind rasant, skurril und lustig auch wenn sie Tragödien erzählen. Mit schwarzem Humor und einem genauen Blick für das Abseitige berichtet er von Reisenden und Nachbarn, Helden und Antihelden, von frisch Verliebten und liebenswerten Paranoikern. Sein Alter Ego kämpft mit Herpes und böswilligen Doppelgängern, wird in einer Parallelwelt von der nie aufgelösten Stasi gejagt und fällt buchstäblich aus allen Wolken aber immer wieder auf die Füße.
SpracheDeutsch
HerausgeberVoland & Quist
Erscheinungsdatum1. Juli 2010
ISBN9783938424612
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    Buchvorschau

    Ein Ziegelstein für Dörte - Volker Strübing

    Cover.jpgSchrift.jpg

    Verlag Voland & Quist, Dresden und Leipzig, 2007

    Copyright: Verlag Voland & Quist – Greinus und Wolter GbR

    ISBN: 978-3-938424-61-2

    Covergestaltung: Marcel Theinert und Mario Helbing

    E-Book-Erstellung: nimatypografik

    Internet: www.voland-quist.de

    Inhalt

    Vorwort

    1. Teil

    Fleischsalat

    Café Prägnant

    Ich bin nicht paranoid. Ich kann beweisen, dass ihr mich fertig machen wollt!

    Am Fenster

    Der Benjamin

    Mein Leben nach dem Tode

    Berlin–Amsterdam. Ein Roadmovie

    2. Teil

    Die große Mauerparkorgie

    Komischer Tag

    Zwei Stunden bis Frankfurt

    Ein Engel auf Erden

    3. Teil

    Die Liebe in den Zeiten der S-Skoliose

    Die Liebe in den Zeiten der S-Skoliose II

    Ein deutsches Leben – 1. Treibgut auf dem Meer der Einsamkeit (1971–84)

    Ein deutsches Leben – 2. Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein (1984–85)

    Ein deutsches Leben – 3. Wie mein Herz gebrochen wurde (1985–86)

    4. Teil

    Das Geheimnis der Illuminaten

    Vorwärts zum 55. Jahrestag der DDR!

    Der Feind in meiner Haut

    Danke

    20070429_Volker_Berlin_(c) Stefanie Lamm.JPG

    Volker Strübing, 1971 geboren, ist in Sachsen-Anhalt und Berlin-Marzahn aufgewachsen. Über viele Jahre war er Mitglied der Lesebühnen „LSD – Liebe statt Drogen– sowie der „Chaussee der Enthusiasten–. Er gewann 2005 bei den deutschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaften den Einzelwettbewerb und 2006 gemeinsam mit Micha Ebeling den Team-Wettbewerb. Zusammen mit Kirsten Fuchs schrieb er das Buch zur 3sat-Doku „Nicht der Süden–. Zuletzt erschienen „Mr. & Missis.Sippi–, ein weiterer Reisebericht, und seine Trickfilme rund um „Kloß & Spinne– auf DVD.

    (Foto: Stefanie Lamm)

    Meiner Mutter, die in diesem Buch völlig zu Unrecht schlecht wegkommt.

    Meinem Vater, der in diesem Buch völlig zu Unrecht keine Rolle spielt.

    Vorwort

    Ende 1995, Anfang 1996 fragten mich immer wieder Bekannte und Freunde, ob ich nicht sonntags mit zur Reformbühne Heim & Welt kommen wolle. Sehr gut sei das und sehr lustig, sagten sie. Mag sein, entgegnete ich, aber es ist eine Lesung. Nichts, womit ich einen Sonntagabend zu verplempern gedachte.

    Ich frage mich, was aus mir geworden wäre, wenn ich standhaft geblieben und nicht eines Tages doch mitgegangen wäre … etwas »Vernünftiges« womöglich? Hm. Eher nicht, aber einiges in meinem Leben wäre ganz anders verlaufen. Seit ich das erste Mal im rappelvollen Schokoladen stand und Ahne, Bov Bjerg, Falko, Manfred Maurenbrecher, Michael Stein und Jürgen Witte, der Besetzung der Reformbühne an jenem Tag, lauschte, bin ich den Lesebühnen im Speziellen und der live vorgetragenen Literatur im Allgemeinen verfallen.

    Als ein halbes Jahr später die Lesebühne »Supernova« (heute »LSD«) gegründet wurde, war ich mit von der Partie. Anfangs mit selbstgemachten satirischen Schlagern, ab Ende 1996 auch mit Kurzgeschichten. Seither stand ich allein bei LSD über 500-mal auf der Bühne.

    Das vorliegende Buch und die CD zeigen einen Querschnitt meines Schaffens der vergangenen Jahre. Beginnend mit »Ein Ziegelstein für Dörte« – der ersten richtigen Kurzgeschichte, die ich überhaupt geschrieben habe, bis hin zu den »Kloß und Spinne«-Trickfilmen, mit denen ich gerade etwas Neues ausprobiere.

    Es war nicht einfach, eine Auswahl für dieses Buch zu treffen. Auch wenn ich weit davon entfernt bin, jede Woche zwei neue Geschichten zu schreiben, so haben sich doch inzwischen einige hundert angesammelt. (Und beim Durchlesen so mancher Texte trieb mir der Gedanke, dass ich das mal öffentlich vorgelesen habe, die Schamesröte ins Gesicht.) Ich hoffe, das Buch ist lustig, abwechslungsreich und an manchen Stellen vielleicht sogar ein bisschen spannend geworden.

    Viel Spaß beim Lesen

    Volker Strübing

    im August 2007

    1. Teil

    Ich bin nicht

    paranoid

    Mein neues Leben

    Es war der vierte Morgen des Programms Neues Leben . Schluss mit dem Rumsumpfen!, hatte ich vor ein paar Tagen beschlossen. Schluss damit, um drei betrunken ins Bett zu gehen, den halben Tag zu verschlafen und den andern halben Tag aus verquollenen Augen verständnislos in die Gegend zu gucken. Von nun an würde ich jeden Tag spätestens um neun aufstehen und aktiv in den Tag starten.

    Die ersten drei Tage waren die Hölle gewesen. Ich hatte es noch nicht geschafft, Bettgehzeit und Alkoholkonsum meinem neuen Leben anzupassen. Und in dieser Nacht hatte ich zu allem Überfluss kaum ein Auge zugetan. Erst hatten sich zwei Betrunkene vor meinem Parterre-Fenster geprügelt, ein Spektakel, das einschließlich Polizeieinsatz und dem Versuch die Schuldfrage zu klären, 90 Minuten in Anspruch nahm, dann hatten mich Alpträume vom Schlaf abgehalten.

    Und jetzt, mein Hirn hatte endlich ein nettes Thema zum davon Träumen gefunden, riss mich der Radiowecker mit einer dieser hysterischen Morgensendungen aus dem Schlaf, bei denen man nicht erwacht und denkt: »Scheiße, jetzt muss ich aufstehen«, sondern »Scheiße, jetzt muss ich aufstehen und Amoklaufen!«

    Der Radiowecker war das wichtigste Instrument der Aktion Neues Leben . Wenn ich ihn voll aufdrehte und in der gegenüberliegenden Zimmerecke deponierte, konnte ich unmöglich im Bett bleiben!

    Was für ein schrecklicher Morgen. Ich war müde, verschwitzt, hatte Kopfschmerzen und der Moderator kreischte mich an, dass ich bei ihm richtig sei und mich gefälligst über den nächsten größten Hit aus den 70er, 80er und 90er Jahren und das Beste von heute freuen solle.

    Nackt robbte ich durchs Zimmer und langte mit der Hand nach dem gerätgewordenen Morgengrauen. Das Gequake verstummte. Besser fühlte ich mich nicht.

    Misstrauisch betrachtete ich den Radiowecker. Kein Wunder, dass mein Kopf weh tat und ich die ganze Nacht unter Alpträumen gelitten hatte: Man musste sich nur mal überlegen, dass dieses Ding die schreckliche Musik und die gute Laune des geistesgestörten Ansagers quasi aus der Luft destillierte. Aus der Luft, die mich umgab, die ich die ganze Nacht eingeatmet hatte, die ich auch jetzt noch einatmete! Aber erst einmal musste ich richtig wach werden, dann konnte ich weiter darüber nachdenken.

    Ich schlurfte in die Küche, setzte Kaffeewasser auf, dann schleppte ich mich gähnend und ächzend ins Bad, um die Zähne zu putzen.

    Die Zahnpasta war alle.

    Richtig alle. Ich quetschte und rollte und fluchte, doch nicht das winzigste Fitzelchen kam mehr aus der Tube. Das war unmöglich! Einen kleinen Rest kriegte man immer raus! Ich wickelte die Tube um die Zahnbürste und versuchte mit der Faust noch etwas herauszuquetschen. Alles vergeblich. Das hatte ich noch nie erlebt. Eine Katastrophe!

    Sind – von einer höheren Warte aus betrachtet – leere Zahnpastatuben nicht eine erschreckende Allegorie auf die Endlichkeit des Lebens, ein Vorbote des Todes? Die unansehnliche, sinnlose Hülle, die zurückbleibt, wenn Seele oder Zahncreme herausgequetscht wurden … Ich hauchte mir vorsichtig in die hohle Hand und verzog angewidert das Gesicht. Roch das vielleicht nicht nach Verwesung? Und kam dieser Geruch nicht direkt aus meinem Kopf? Und das am frühen Morgen, wo ich mich doch eigentlich wieder ganz dem Leben zuwenden sollte …

    Na gut, mit dem Mundgully würde ich erstmal leben müssen. Ich ging zur Wanne, um mir Wasser einzulassen, soviel Zeit musste sein, denn nichts ging über ein heißes Bad und einen Kaffee, um einen verkorksten Morgen zu retten.

    Ich drehte die Hähne auf, doch es kam nur kaltes Wasser. Ich blickte ungläubig zum Boiler, der über der Wanne hing. Der Boiler war aus. Häh? Wieso war denn jetzt der Boiler aus? Der war doch nie aus! Der war doch immer auf volle Pulle! Tag und Nacht warteten 80 Liter kochendheißes Trinkwasser darauf, meinen Körper zu reinigen!

    Ach nein … Ich hatte ja beschlossen, das ausgedehnte Morgenbad durch eine kalte Dusche zu ersetzen und den Boiler abgeschaltet, um nicht in Versuchung zu geraten. Das Resultat war, dass ich die Hygiene in den letzten drei Tagen stark vernachlässigt hatte. Jetzt roch ich so, dass ich am liebsten einen großen Bogen um mich selbst gemacht hätte.

    Trotzdem: Kalt duschen kam nicht in Frage. Nicht wo’s mir schon so schlecht ging! Aber ich konnte den Durchlauferhitzer in der Küche benutzen und mich am Waschbecken waschen. Nur einen Lappen würde ich improvisieren müssen. Der Geschirrlappen lag steif und stinkend neben dem Becken und einen Handwaschlappen besaß ich nicht. Ich ging zurück ins Schlafzimmer und nahm ein frisches T-Shirt aus der Wäschetruhe. Nein, das war zu schade, das hatte 20 Euro gekostet. Außerdem stand in großen freundlichen Buchstaben »I AM O.K.!« darauf. So, wie der Tag begonnen hatte, würde ich es wohl nachher zur Selbstsuggestion anziehen müssen. Aber hier, der olle schwarze Baumwollschlüpfer, den mochte ich sowieso nicht, der würde einen prima Lappen abgeben.

    Inzwischen kochte das Wasser auf dem Herd. Prima. Ich pfefferte den Schlüpfer ins dunkelbraune Spülbecken und suchte nach einer sauberen Tasse. Das war eher so eine Art Ritual, denn soweit ich mich erinnern konnte, hatte ich noch nie eine gefunden. Überall standen Tassen herum, in denen Kaffeesatz vor sich hinschimmelte. Ich entschied mich für eine der frischeren, in denen sich noch einzelne Schimmelinselchen befanden, statt eines einzigen, gut entwickelten Teppichs. Für eine Tasse also, bei der ich noch aus dem Kaffeesatz lesen und noch nicht mit ihm diskutieren konnte. Heißes Wasser rein und einen Schuss Fit und ab mit der Brühe ins Waschbecken – Scheiße! – da lag ja noch die schwarze Unterhose drin!

    Verärgert spülte ich den Schlüpfer unter fließendem Wasser ab, holte mein Duschbad aus dem Bad, drückte einen ordentlichen Flatsch in den Slip und seifte mir beherzt Brust, Bauch, Achseln und Schritt ein.

    Dann schaute ich verwundert auf die Duschbadflasche. Da stand »Creme Shower. Extra zart«. Von Peeling kein Wort. Ich blickte an mir herunter und sah viele kleine schwarze Punkte auf meinem Körper. Aber ich hatte den Schlüpfer doch ausgespült!!!

    Ich untersuchte das Unterwäschestück und stellte fest, dass es wesentlich mehr Geduld erfordert hätte, einen rauen, mit Eingriff versehenen Schlüpfer von Kaffeesatz zu befreien, als ich momentan aufbringen konnte. Resigniert schmiss ich ihn in eine Ecke und holte mir einen neuen aus der Wäschetruhe. Mit wutverzerrtem Gesicht friemelte ich die zahllosen Kaffeeflöhe aus Achsel- und Schamhaar.

    Als ich endlich das Duschbad in den neuen Schlüpfer drückte, verdunkelte sich die Küche. Verwundert schaute ich zum Fenster, an das die alte Frau Schlibrowski aus dem Nachbarhaus ihre Nase drückte, die Augen entsetzt aufgerissen, dabei das von der Seite einfallende Sonnenlicht mit beiden Händen abschirmend. Parterrewohnungen bringen gewisse Nachteile mit sich.

    Ich warf den Schlüpfer ins Waschbecken zurück, steckte der Alten die Zunge raus und floh in mein Zimmer, wo die Rollos noch unten waren. Okay, ich gab auf. Ich hatte es probiert, aber jetzt gab ich auf. Ich würde mich anziehen und stinken.

    Als Erstes zog ich das T-Shirt über, dessen »I AM O.K.!« mir jetzt sehr hämisch vorkam. Dann wühlte ich mich auf der Suche nach einem trockenen Schlüpfer einmal durch die komplette Wäschetruhe. Ich fand keinen. Die beiden Schlüpfer, die ich zum Waschen verwendet hatte, waren die letzten sauberen gewesen.

    Meine Fähigkeit mich zu ärgern, war so gut wie aufgebraucht. Ich zuckte mit den Achseln, stieg direkt in meine Jeans, zog den Reißverschluss hoch und brüllte auf.

    Der Schmerz war unvorstellbar: Zwischen den Zähnen des Reißverschlusses, der sich keinen Millimeter mehr nach oben oder unten bewegte, hing ein Stück Haut, welches üppig mit klitzeklitzekleinen, sehr empfindlichen Nervenenden ausgestattet war, eine Tatsache, aus der ich bei anderer Gelegenheit schon einiges Vergnügen geschöpft hatte; Vergnügen, das ich jetzt mit Zinseszins zurückzahlte. Plus Vorauszahlung für die nächsten zehn Jahre.

    Ganz sachte, ganz vorsichtig zuppelte ich am Reißverschluss herum. Jetzt nur nichts falsch machen, dachte ich, nur keine unüberlegten Bewegungen.

    »GUTEN MORGEN MIT DEN GRÖßTEN HITS DER 70ER, 80ER UND 90ER JAHRE UND DEN BESTEN VON HEUTE!« brüllte mich in diesem Moment jemand von der Seite an. Ich zuckte zusammen und riss den Reißverschluss bis zum Anschlag hoch. Blut spritzte. »Ein Gruß von uns an alle Morgenmuffel. Das nächste Lied wird ihre schlechte Laune bestimmt vertreiben!«

    Ich hatte vorhin nur die Snooze-Taste des Weckers erwischt und gerade waren die zehn Minuten Schlummerzeit abgelaufen. Wimmernd trat ich nach dem Folterinstrument, ein Stück der Plasteverkleidung platzte ab und bohrte sich in meinen Fuß.

    »Bumm, bumm, bumm« hämte eine Rummelrave-Bassdrum und eine Mädchenstimme trällerte »Gimme your dick, cause I’m horny«. Ich hob den schwarzen Kasten auf und versuchte, ihn gegen die Wand zu schleudern, aber eine scharfes hervorstehendes Stück der gebrochenen Verkleidung verfing sich

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