Dr. Daniel 75 – Arztroman: Maria vor den Scherben ihres Glücks
Von Marie Francoise
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Die Generalprobe war das reinste Fiasko. Bühnenbilder standen nicht rechtzeitig bereit, im Orchester verpaßte ein Geiger mehrmals den Einsatz, was zu gut hörbaren Disharmonien führte, und angesteckt vom allgemeinen Chaos lief auch bei den meisten Sängern und Sängerinnen so ziemlich alles schief. Einzig die Sopranistin Maria Antonius schaffte es, ihre Parts perfekt vorzubringen. Bei ihrer großen Arie ließ sie sich nicht einmal von den Fehlern des Orchesters irritieren.
»Katastrophal!« tobte der Intendant im Zuschauerraum. »Habe ich denn lauter Anfänger auf der Bühne stehen?« Er raufte sich die Haare. »Wenn das morgen bei der Premiere passiert, bin ich ruiniert!« Dann wandte er sich Maria zu. Allein ihr Anblick schien den aufgebrachten Mann ein wenig zu beruhigen. »Wie, um Himmels willen, hast du es eigentlich fertiggebracht, in diesem Chaos so gut zu sein? Maria, deine Stimme, deine Ausstrahlung…«
Ein eigenartiges Knistern unterbrach ihn, und im nächsten Moment schrie einer der Requisiteure: »Runter von der Bühne! Schnell!«
Doch die Warnung kam bereits zu spät. Mit donnerndem Getöse löste sich ein Balken aus der Verankerung und krachte auf die Bühne. Ihm folgten kleinere Holzteile wie prasselnder Regen. Sekundenlang herrschte tödliche Stille, dann hörte man schmerzvolles Jammern und Stöhnen.
»Oh, mein Gott!« schrie der Intendant, als er das ganze Ausmaß dieses Unfalls vor sich sah, dann rannte er zum Ausgang, schlug ohne Zögern das Fenster des im Moment unbesetzten Kassenhäuschens ein und riß den Telefonhörer an sein Ohr, um den Notarzt zu rufen.
Es dauerte keine fünf Minuten, bis der erste Krankenwagen vor dem Theater hielt und die Sanitäter mit
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Dr. Daniel 75 – Arztroman - Marie Francoise
Dr. Daniel
– 75 –
Maria vor den Scherben ihres Glücks
Marie Francoise
Die Generalprobe war das reinste Fiasko. Bühnenbilder standen nicht rechtzeitig bereit, im Orchester verpaßte ein Geiger mehrmals den Einsatz, was zu gut hörbaren Disharmonien führte, und angesteckt vom allgemeinen Chaos lief auch bei den meisten Sängern und Sängerinnen so ziemlich alles schief. Einzig die Sopranistin Maria Antonius schaffte es, ihre Parts perfekt vorzubringen. Bei ihrer großen Arie ließ sie sich nicht einmal von den Fehlern des Orchesters irritieren.
»Katastrophal!« tobte der Intendant im Zuschauerraum. »Habe ich denn lauter Anfänger auf der Bühne stehen?« Er raufte sich die Haare. »Wenn das morgen bei der Premiere passiert, bin ich ruiniert!« Dann wandte er sich Maria zu. Allein ihr Anblick schien den aufgebrachten Mann ein wenig zu beruhigen. »Wie, um Himmels willen, hast du es eigentlich fertiggebracht, in diesem Chaos so gut zu sein? Maria, deine Stimme, deine Ausstrahlung…«
Ein eigenartiges Knistern unterbrach ihn, und im nächsten Moment schrie einer der Requisiteure: »Runter von der Bühne! Schnell!«
Doch die Warnung kam bereits zu spät. Mit donnerndem Getöse löste sich ein Balken aus der Verankerung und krachte auf die Bühne. Ihm folgten kleinere Holzteile wie prasselnder Regen. Sekundenlang herrschte tödliche Stille, dann hörte man schmerzvolles Jammern und Stöhnen.
»Oh, mein Gott!« schrie der Intendant, als er das ganze Ausmaß dieses Unfalls vor sich sah, dann rannte er zum Ausgang, schlug ohne Zögern das Fenster des im Moment unbesetzten Kassenhäuschens ein und riß den Telefonhörer an sein Ohr, um den Notarzt zu rufen.
Es dauerte keine fünf Minuten, bis der erste Krankenwagen vor dem Theater hielt und die Sanitäter mit Tragbahren ins Innere eilten.
»Meine Güte, das war ganze Arbeit«, stellte einer von ihnen fest, während er sich schon einen ersten Überblick verschaffte und mit sicherem Gespür die Verletzten erkannte, die es am schlimmsten erwischt hatte.
Inzwischen waren weitere Krankenwagen eingetroffen, im Theater wimmelte es nur so von Notärzten und Sanitätern. Die ersten Verletzten wurden bereits weggebracht, als man aus den Trümmern eine junge Frau barg.
»Sie atmet nicht!« schrie der Sanitäter aufgeregt.
Augenblicklich war einer der Notärzte zur Stelle, um zu intubieren. Seine Hände zitterten. Es war sein erster wirklich großer Einsatz mit vielen, zum Teil lebensgefährlich Verletzten, und bei dem jungen Mann, den er zuvor hatte behandeln wollen, hatte er nur noch den Tod feststellen können.
Vorsichtig führte er den Tubus durch den Mund der jungen Frau in den Rachen hinein und versuchte, ihn durch die Stimmritze zu schieben, doch es gelang nicht.
»Verdammt, beeilen Sie sich!« entfuhr es dem Sanitäter. »Die Frau stirbt uns hier weg!«
Der junge Arzt atmete tief durch, dann stieß er den Tubus gewaltsam durch die Stimmritze. Jetzt endlich konnte die Patientin künstlich beatmet werden.
»Sie muß sofort in die Klinik«, befahl der Arzt.
»War mir auch schon klar«, grummelte der Sanitäter unwillig, brüllte nach einem Kollegen und brachte die Patientin mit dessen Hilfe zum Krankenwagen. »Wer die Folgen des Unglücks überlebt, den bringt am Ende Krögers Behandlung um.«
»Alter Miesmacher«, entgegnete sein Kollege, während er half, die fahrbare Trage in den Krankenwagen zu heben. »Kröger ist eben einfach noch jung und unerfahren. Warte, bis er mal zehn oder zwanzig solcher Einsätze hinter sich hat.«
Der Sanitäter knurrte etwas Unverständliches, während er die Hecktüren hinter sich zuschlug. Sein Kollege setzte sich ans Steuer, schaltete Blaulicht und Martinshorn ein und raste zur nächsten Klinik. Hier wartete das Operationsteam bereits.
»Sie hat Blut im Gehörgang«, stellte der Chirurg Dr. Simon Pfeiffer fest. »Wir brauchen sofort ein Schädel-CT.«
Ein junger Assistenzarzt holte den Röntgenapparat.
»Rufen Sie den Neurochirurgen herunter, und zeigen Sie ihm die fertigen Aufnahmen«, fügte Dr. Pfeiffer hinzu.
»Intraabdominale Blutungen«, meldete ein zweiter Arzt. »Vermutlich ist die Milz gerissen.«
Dr. Pfeiffer nickte. »Wir machen sie auf.«
Er trat zum OP-Tisch, ließ sich wieder keimfreie Handschuhe überstreifen und streckte dann die rechte Hand aus.
»Skalpell!« Routiniert setzte er den Bauchschnitt.
»Meine Güte«, stöhnte er auf. »Ein Wunder, daß sie überhaupt noch lebt.«
Auch in den Augen des anderen Arztes, der ungefragt die Erste Assistenz übernommen hatte, zeigte sich Entsetzen. Dr. Pfeiffer entfernte die gerissene Milz. In diesem Moment trat auch der Neurochirurg in den Operationssaal.
»Was sagen die Aufnahmen?« wollte Dr. Pfeiffer wissen.
»Schädelfraktur mit Epiduralhämatom«, antwortete der Neurochirurg knapp. »Ich muß eine Kraniotomie vornehmen, um das Blut abzusaugen.« Er schwieg kurz. »Dabei kann ich nur hoffen, daß das Gehirn nicht geschädigt worden ist.«
Eine OP-Schwester eilte unaufgefordert zu ihm, um ihm zu assistieren. Vorsichtig öffnete der Neurochirurg die Schädeldecke der Patientin.
»Es tritt immer noch Blut in den Bauchraum«, murmelte Dr. Pfeiffer. »Wenn ich nur wüßte…«
»Sie kollabiert!« rief in diesem Moment der Anästhesist.
»Mist«, knurrte Dr. Pfeiffer, dann sah er den anderen Arzt an. »Müller, legen Sie sofort einen arteriellen Zugang.« Sein Blick erfaßte den jungen Assistenzarzt. »Schöninger, bereiten Sie eine Bluttransfusion vor… nein, geben Sie ihr das Blut im Druckbeutel.«
Der Assistenzarzt kam der Aufforderung unverzüglich nach, doch der Zustand der Patientin blieb weiterhin bedenklich.
Dr. Pfeiffer spritzte ihr einen Milliliter Atrophin, dann bereitete er eine Dopamin-Infusion vor, doch er kam gar nicht mehr dazu, sie anzuschließen.
»Multifokale Extrasystolen!« meldete der Anästhesist.
»Hundert Milligramm Lidocain intravenös!« ordnete Dr. Pfeiffer an. Im selben Moment ertönte vom Monitor ein schriller Piepton, und die gerade Linie zeigte, daß das Herz den Belastungen der Operation nicht mehr standhielt.
Mit einem Schritt war Dr. Pfeiffer bei der Patientin und begann mit der Herzmassage, während der Assistenzarzt den Defibrillator holte. Dr. Pfeiffer nahm ihm die beiden Defribrillatorpaddel ab.
»Auf 200 laden«, kommandierte er, dann preßte er die Defribrillatorpaddel auf die Brust der Patientin. »Zurücktreten!« Er drückte auf den Knopf, der einen kurzen Stromstoß durch ihren Körper jagte. Noch immer schrillte der entsetzliche Piepton durch den Raum.
»260!« ordnete Dr. Pfeiffer an und drückte die Defribrillatorpaddel zum zweiten Mal auf die Brust der Patientin. »Zurücktreten!« Wieder fuhr der Stromstoß durch den Körper der jungen Frau. Der schrille Pfeifton verstummte und machte dem regelmäßigen Piepen Platz, das anzeigte, daß das Herz seine Arbeit wieder aufgenommen hatte.
»Wir haben sie«, stieß Dr. Pfeiffer hervor, und die Erleichterung darüber war ihm deutlich anzuhören, dann kehrte er unverzüglich zum Operationsfeld zurück und stellte mit Entsetzen fest, daß noch immer Blut in den Bauchraum sickerte.
»Wenn ich bloß wüßte…«, knurrte er, doch in diesem Moment entdeckte er endlich die unscheinbare Verletzung, die zu den ständigen Blutungen führte.
»Na also«, murmelte er. »Jetzt sollte sich auch der Blutdruck stabilisieren.«
»Hundert zu fünfzig«, meldete der Anästhesist.
Dr. Pfeiffer nickte, dann sah er zu dem jungen Neurochirurgen hinüber. »Wie sieht’s bei Ihnen aus?«
»Nicht schlecht«, urteilte dieser. »Ich muß nur noch die Schädeldecke schließen. Wegen der Infektionsgefahr muß sie allerdings noch Antibiotika bekommen.«
Dr. Pfeiffer nickte.
»Sie kommt auf Intensiv«, erklärte er und wandte sich an eine der OP-Schwestern. »Stellen