Dr. Daniel 58 – Arztroman: Der Schlüssel zu meinem Herzen
Von Marie Francoise
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Die erste Patientin, die an diesem Morgen das Sprechzimmer von Dr. Robert Daniel betrat, war die pummelig wirkende Martina Greiff. Wie immer versuchte sie, ihr Übergewicht unter weiten Pullis zu verstecken, was sie aber nur noch unförmiger aussehen ließ. Heute floß ihr Gesicht auch noch vor Tränen über.
Erschrocken kam Dr. Daniel ihr entgegen und begleitete sie fürsorglich zu einem der beiden Sessel, die vor seinem Schreibtisch standen.
»Martina, was ist denn passiert?« fragte er.
Das junge Mädchen zog ein Taschentuch hervor und versuchte die Tränen abzuwischen, doch das war ein sinnloses Unterfangen. Es strömten immer wieder neue nach.
»Ich bin so häßlich!« stieß sie hervor.
Dr. Daniel betrachtete das runde Gesicht, das eigentlich recht hübsch war, wenn es nicht gerade – wie jetzt – vom Weinen völlig rot und verquollen war.
»Das stimmt nicht, Martina«, widersprach Dr. Daniel ruhig. »Du bist nicht häßlich.«
»Sehen Sie mich doch an!« verlangte Martina. »Ich bin sechzehn und muß Kleidergröße 42 kaufen.« Wieder begann sie zu schluchzen und sank auf dem Sessel in sich zusammen. »Die anderen sind alle so hübsch, nur ich…« Vor lauter Weinen konnte sie nicht mehr weitersprechen.
»Eines gleich mal vorweg, Martina, eine gute Figur hat mit Schönheit nichts zu tun«, entgegnete Dr. Daniel. »Allerdings verstehe ich sehr gut, daß du schlanker sein möchtest.« Er ging vor Martina in die Hocke, um ihr ins Gesicht sehen zu können. »Du weißt selbst, wie oft ich dich schon bei einer Diät unterstützen wollte.«
Martina nickte traurig. »Ich habe nie durchgehalten.« Ihre Stimme war dabei kaum mehr als ein Flüstern. »Ich
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Dr. Daniel 58 – Arztroman - Marie Francoise
Dr. Daniel
– 58 –
Der Schlüssel zu meinem Herzen
Marie Francoise
Die erste Patientin, die an diesem Morgen das Sprechzimmer von Dr. Robert Daniel betrat, war die pummelig wirkende Martina Greiff. Wie immer versuchte sie, ihr Übergewicht unter weiten Pullis zu verstecken, was sie aber nur noch unförmiger aussehen ließ. Heute floß ihr Gesicht auch noch vor Tränen über.
Erschrocken kam Dr. Daniel ihr entgegen und begleitete sie fürsorglich zu einem der beiden Sessel, die vor seinem Schreibtisch standen.
»Martina, was ist denn passiert?« fragte er.
Das junge Mädchen zog ein Taschentuch hervor und versuchte die Tränen abzuwischen, doch das war ein sinnloses Unterfangen. Es strömten immer wieder neue nach.
»Ich bin so häßlich!« stieß sie hervor.
Dr. Daniel betrachtete das runde Gesicht, das eigentlich recht hübsch war, wenn es nicht gerade – wie jetzt – vom Weinen völlig rot und verquollen war.
»Das stimmt nicht, Martina«, widersprach Dr. Daniel ruhig. »Du bist nicht häßlich.«
»Sehen Sie mich doch an!« verlangte Martina. »Ich bin sechzehn und muß Kleidergröße 42 kaufen.« Wieder begann sie zu schluchzen und sank auf dem Sessel in sich zusammen. »Die anderen sind alle so hübsch, nur ich…« Vor lauter Weinen konnte sie nicht mehr weitersprechen.
»Eines gleich mal vorweg, Martina, eine gute Figur hat mit Schönheit nichts zu tun«, entgegnete Dr. Daniel. »Allerdings verstehe ich sehr gut, daß du schlanker sein möchtest.« Er ging vor Martina in die Hocke, um ihr ins Gesicht sehen zu können. »Du weißt selbst, wie oft ich dich schon bei einer Diät unterstützen wollte.«
Martina nickte traurig. »Ich habe nie durchgehalten.« Ihre Stimme war dabei kaum mehr als ein Flüstern. »Ich esse nun mal so gern, und wenn ich Kummer habe…« Sie zuckte die Schultern. »Dann esse ich meistens noch viel mehr.« Einen Augenblick schwieg sie. »Oma kocht ja auch so gut.«
Dr. Daniel überlegte eine Weile, dann meinte er: »Was hältst du davon, in den Ferien für ein paar Wochen in die Waldsee-Klinik zu gehen? Da ich Klinik-
direktor bin, würde es keine Schwierigkeiten machen, dich zum Abnehmen dort unterzubringen. Das hätte den Vorteil, daß du nicht in Versuchung kommen würdest, etwas Falsches zu essen.«
Martina nickte ein wenig halbherzig. »Ja, das… das wäre vielleicht wirklich nicht schlecht.« Dann seufzte sie. »Aber bis zu den Sommerferien ist es noch so lange und…« Sie errötete ein wenig. »Es gibt da einen jungen Mann… er ist im Karate-Verein.« Die Röte auf ihrem Gesicht vertiefte sich noch. »Seinetwegen bin ich auch dahingegangen… schon vor einem Jahr, aber… er sieht mich überhaupt nicht an.«
»Liebe läßt sich nicht erzwingen, Martina«, erwiderte Dr. Daniel. »Dieser junge Mann kann deine Gefühle vielleicht nicht erwidern, aber das muß nicht daran liegen, daß du ein bißchen übergewichtig bist.«
»Bestimmt liegt es daran«, flüsterte Martina. »Jan sieht blendend aus. Er würde sich mit mir niemals in der Öffentlichkeit sehen lassen.«
»Ich will dich nicht beeinflussen, aber wenn du meine Meinung dazu hören willst…« Er zögerte ein wenig, doch als er Martinas erwartungsvolles Gesicht sah, fuhr er fort: »Wenn dich dieser junge Mann nur mit einer guten Figur mag, dann ist das nicht die wahre Liebe. Weißt du, Martina, Liebe fragt nicht nach Äußerlichkeiten. Man schenkt sein Herz einem Menschen, nicht einer Fassade, oder hast du dich in diesen Jan nur verliebt, weil er gut aussieht?«
Martina zögerte. Darüber hatte sie noch nicht nachgedacht. »Ja… ich weiß nicht… er gefällt mir… er sieht gut aus, er bewegt sich auf eine ganz bestimmte Art, und wenn er lacht…« Ein zärtliches Lächeln erschien auf ihrem Gesicht und ließ es von innen heraus leuchten.
»Siehst du, Martina, das ist es, was ich meine. Du liebst nicht nur sein schönes Gesicht, sondern alles an ihm: Sein Lachen, seine Art sich zu bewegen. Wenn du ihn anschaust, siehst du nicht den gutaussehenden Mann, sondern einfach nur den Menschen, den du liebst – mit all seinen Fehlern. Genauso müßte auch er empfinden. Wenn er sich in ein paar Wochen nur in deine gute Figur verlieben würde, dann könnte diese Liebe nie Bestand haben, weil sie nicht dem gelten würde, was du bist.«
Martina wurde nachdenklich, und unwillkürlich mußte sie an den jungen Manfred Steiner denken, der seit kurzem auch im Karate-Verein war und ihr eindeutige Blicke zuwarf. Bei jeder Gelegenheit suchte er ihre Nähe…
Vermutlich war es das, was Dr. Daniel unter wahrer Liebe verstand. Doch was half ihr eine Liebe, die sie nicht erwidern konnte? Manfred war nett, aber Jan… in seiner Nähe schlug ihr Herz einen wahren Trommelwirbel… ein Blick von ihm ließ sie dahinschmelzen. Leider schenkte er ihr höchstens mal versehentlich einen solchen Blick.
»Ich werde darüber nachdenken«, versprach sie, dann stand sie auf. »Auch über die Diät in der Klinik.«
*
»Also, diese fette Kuh ist eine Schande für den ganzen Verein«, knurrte Jan Heintze, während er zusah, wie sich einer der beiden Trainer geduldig mit Martina Greiff beschäftigte, ihr die Bewegungsfolge immer wieder zeigte und sie schließlich lobte, obwohl sie es immer noch nicht richtig machte.
»Mit ihrem Gewicht sollte sie lieber Kugelstoßen«, fuhr Jan fort, dann grinste er. »Was glaubt ihr, was die für eine tolle Kugel abgeben würde.«
Seine Freunde lachten, während Martina verlegene Röte ins Gesicht schoß. Jan hatte zu laut gesprochen, als daß sie seine Worte hätte überhören können.
»Mach dir nichts draus«, riet Manfred Steiner ihr. »Der will doch nur vor seinen Freunden angeben.«
Unwirsch winkte Martina ab. »Was weißt du denn schon!«
Dr. Jeffrey Parker, der als Anästhesist an der Steinhausener Waldsee-Klinik arbeitete, heute im Verein aber für einen erkrankten Trainer eingesprungen war, hatte alles beobachtet. Jetzt wandte er sich Jan zu, der mit seinen Freunden noch immer über den bösartigen Scherz lachte, den er über Martinas Figur gemacht hatte.
»Jan!« rief er. »Wenn du in Karate nur halb so gut bist wie mit deinem Mundwerk, dann komm mal her zu mir!«
Mit betont lässigem Schritt ging Jan auf den Aushilfstrainer zu und zog dabei provozierend seinen grünen Gürtel enger. Dr. Parker schmunzelte, als er es sah.
»Glauben Sie tatsächlich, daß Sie nach Ihrem Autounfall schon wieder so fit sind, um sich mit mir anzulegen?« fragte Jan mit einem mitleidigen Lächeln. »Ich meine… immerhin hatten Sie ein paar gebrochene Rippen, Schädelbruch und etliche andere Kleinigkeiten.« Er sah seine Freunde an, bevor er noch eins draufsetzte. »Vielleicht sollten Sie lieber mit Martina anfangen. Ich glaube, die kleine Dicke wäre im Moment der geeignetere Gegner für Sie.«
Dr. Parker lächelte, doch bei ihm wirkte es nicht überheblich.
»Mach dir um mich mal keine Sorgen«, entgegnete er gelassen und fügte mit einer aufmunternden Handbewegung hinzu: »Na komm, zeig mir mal, was du kannst.«
Jan stellte sich in die Ausgangsposition und startete mit einem markerschütternden Schrei seine erste Attacke gegen Dr. Parker. Für einen Moment sah es so aus, als würde dieser gar nicht reagieren, doch dann lag Jan auch schon