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Nicht alles war einfach: Blicke zurück
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eBook205 Seiten2 Stunden

Nicht alles war einfach: Blicke zurück

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Über dieses E-Book

Der Autor schaut mit Beginn des Rentenalters auf sein Leben zurück.
Seine autobiografischen Geschichten beschreiben Ereignisse und Erlebnisse aus der Kindheit in der Nachkriegszeit, Meilensteine der beruflichen Entwicklung, Szenen aus dem Privatleben und der Ehe mit Frau und drei Kindern.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum18. Dez. 2015
ISBN9783739285085
Nicht alles war einfach: Blicke zurück
Autor

Bernhard Götz

Der Autor lebt in Aschaffenburg in Bayern. Er wurde mitten im Krieg in Leer/Ostfriesland an der Seeschleuse geboren. Schul- und Berufsausbildung erfolgte in der Heimatstadt. Nach dem Wehrdienst studierte er in Osnabrück Maschinenbau. 1968 nach Studienabschluss zog er nach Aschaffenburg und begann seine Tätigkeit in der Fahrzeugentwicklung mit einem beruflichen Aufstieg bis zum Entwicklungsleiter. Er ist seit 1970 verheiratet und hat drei Kinder.

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    Buchvorschau

    Nicht alles war einfach - Bernhard Götz

    1942 wurde ich in Leer/Ostfriesland geboren.

    1970 Heirat, drei Kinder

    Schul- und Berufsausbildung in Leer

    1968, nach Wehrdienst und Maschinenbaustudium

    Umzug nach Bayern und Eintritt in die Fahrzeugentwicklung. Beruflicher Aufstieg bis zum Entwicklungsleiter.

    2007 Eintritt ins Rentenalter

    Für Helene

    Inhalt

    Wie alles angefangen hat

    Die Brunnenstraße

    Christians Sondertour

    Die Milchflasche

    Glückliche Kindheitsjahre

    Schwimmen und mehr

    Fahrradfahren

    Ehrenwort

    Fische

    Anglerglück

    Eislaufen

    Eine neues Zuhause oder das Ende der Kindheit

    Ferienarbeit

    Alltagsleben

    Tante Berta

    Sport

    Lehrjahre

    Eine Chance zur Weiterbildung

    Eine willkommende Abwechslung

    Bundeswehr und andere Katastrophen

    Zwischenstopp in Leer

    Ingenieurball

    Umwege

    Erfolgreicher Neuanfang

    Gruppenleiter

    Neuland

    Kundendienstaufgabe

    Entwicklungsschritte

    Rentnerdasein

    Gemeinsam wohnen

    Ein Abend am Meer

    Abschied

    Jehovas Zeugen

    Klassentreffen

    Vertrauen

    Die Uhr

    Ein Katerleben

    Zeitempfinden

    Vierzig Jahre

    Ischia

    Nordsee

    Großeltern

    Vorwort

    Ich machte mit meiner Tochter Antje einen Spaziergang im Park Schönbusch. In Gedanken versunken sagte ich zu mir selbst: „Mitten in der Woche hast du jetzt Zeit. Daran wirst du dich gewöhnen müssen. Jetzt zählst du zu den Alten."

    Antje holte mich aus meiner Grübelei heraus: „Die Feier zu Deiner Verabschiedung bei Linde war beeindruckend. Ich habe sehr viel über deine Arbeit, deine Erfolge und dein Ansehen in der Firma erfahren. Nach einer kleinen Pause ergänzte sie: „Aber ich wüsste gerne mehr, mehr von dir, deiner Kindheit, deiner Jugend, mehr von deinem Leben. Ich war überrascht.

    Ihr Wunsch regte mich an zurückzuschauen. Manche Erinnerungen machten mich nicht nur nachdenklich, sondern auch neugierig und ich stellte mir Fragen: Wo komme ich her? Wie bin ich der geworden, der ich heute bin? Was hat mich geprägt? Ich beschloss dazu einige Geschichten aufzuschreiben.

    Wie alles angefangen hat

    Man schrieb den 26. Mai 1942, als ich in Leer/Ostfriesland an der Seeschleuse in einem Haus das direkt am Deich stand, geboren wurde. Meine Eltern hatten dieses Haus bezogen, nachdem mein Vater an der Seeschleuse eine Arbeitsstelle gefunden hatte. In der damaligen Zeit war es nicht leicht, eine langfristig sichere Anstellung zu bekommen. Außerdem waren gute Wohnungen zu erschwinglichen Preisen rar. So hatte mein Vater sich um diesen Posten beworben, denn der bot beides, einen sicheren Arbeitsplatz und ein Wohnhaus vor Ort.

    Der Staat stellte allerdings Anforderungen. Mein Vater musste verheiratet sein und sollte umgehend das Haus an der Seeschleuse beziehen. Damit sollte er auch außerhalb der normalen Arbeitszeit bei besonderen Anlässen oder Geschehnissen, wie zum Beispiel bei einer Sturmflut, zur Verfügung stehen. Also haben meine Eltern 1933 kurzfristig geheiratet. Meine Mutter, die erst zwanzig war, sagte später einmal: „Eigentlich hätte ich damals gerne noch zwei, drei Jahre mit der Ehe gewartet".

    Politisch machte der Staat ebenfalls Druck und Vorschriften. Mein Vater musste, um diesen Job zu bekommen, der NSDAP beitreten. Wie er mir später erklärte, war er politisch nicht überzeugt und er habe sich bemüht, in dieser Richtung möglichst passiv zu bleiben. Ich glaubte ihm das, da ich ihn aus eigener Erfahrung ganz anders kennen gelernt hatte. Sein Verhalten und seine Einstellung entsprachen absolut nicht dieser politischen Richtung mit dem Machtanspruch und dem faschistischen Menschenbild. Das zeigte sich auch in der Art, wie er meinen Bruder unterstützte, als dieser in der Gewerkschaftsjugend aktiv tätig wurde und auch einige Jahre später als mein Bruder dem Bundesvorstand der Gewerkschaft angehörte. Bei meiner Mutter bin ich mir nicht so sicher. Sie hatte offensichtlich anfänglich der Propaganda Glauben geschenkt. So frage ich mich heute, was oder wie viel haben meine Eltern damals von dem menschenverachtenden Geschehen mitbekommen, denn auch in Leer wurde eine Synagoge abgebrannt und das konnte ihnen nicht entgangen sein, aber fragen kann ich sie nicht mehr.

    Bei meiner Geburt konnte mein Vater nicht anwesend sein. Er war schon längst zur Wehrmacht eingezogen worden und befand sich im Einsatz an der Front. Die Front und damit der Krieg waren, wie von der Propaganda verbreitet, weit weg. Viele glaubten, dass der Krieg niemals nach Deutschland kommen würde. Meine Eltern waren sich schon damals aufgrund eigener Erfahrung nicht so sicher, wie sie uns später erzählten, als wir nach unseren Opas fragten. Beide hatten ihren Vater im ersten Weltkrieg verloren. So machten sie sich jetzt Sorgen um uns und die Zukunft.

    Zwei meiner Geschwister waren schon vor mir geboren worden. Meine Schwester Anna-Luise war damals sechseinhalb und mein Bruder Christian Dietrich zweieinhalb Jahre alt. Meine Geburt fand, wie in dieser Zeit üblich, zuhause mit Hilfe einer Hebamme statt. Meine Mutter hat mir später davon erzählt. Als Erstes habe die Hebamme versucht, meine Kopfform, die sie nicht als ganz normal angesehen habe, durch Drücken zu verändern, ohne Erfolg. Sie habe befürchtet, ich könnte eine schwere Krankheit haben, was glücklicher Weise nicht zutraf.

    Über die folgende Zeit, die schwierigen Umstände und meine ersten Jahre weiß ich sehr wenig und würde heute gerne viel mehr darüber wissen, aber es ist niemand mehr da, den ich fragen könnte. Klar ist, dass schon gut ein Jahr nach mir meine Schwester Berta Martina zur Welt kam, als Folge eines Heimaturlaubes unseres Vaters. „Unter normalen Bedingungen hätte ich nicht so schnell ein weiteres Kind bekommen", war später dazu der Kommentar meiner Mutter.

    Wie der Krieg so spielte, hat mein Vater damals von der Schwangerschaft und der Geburt seines vierten Kindes nichts erfahren. Meine Mutter konnte ihn nicht benachrichtigen, da er zu diesem Zeitpunkt als verschollen galt. Erst als der Krieg längst zu Ende war, erhielt meine Mutter die gute Nachricht, dass er noch lebte und sich in englischer Gefangenschaft befand. In die war er schon 1944, während der Invasion der alliierten Truppen in die Normandie, geraten. Diese frühe Gefangenschaft schützte ihn letztlich vor einem Einsatz an der Ostfront, aber das erkannte er erst Jahre später.

    Im April 1945, kurz vor Ende des Krieges, wollten alliierte Truppen die Ems bei Leer überschreiten. Leer wurde jedoch stark verteidigt. Zu diesem Zweck sprengte man sogar noch am 24. April die Emsbrücke bei Leerort. Die Alliierten verstärkten ihren Angriff und nahmen das gegenüberliegende Ufer, die Stadt Leer und auch die Seeschleuse unter heftigen Granatbeschuss. In der Stadt wurden dadurch über zweihundert Häuser zerstört und noch mehr beschädigt. Hinzu kamen vierhundert Tote. Auch das Haus in dem wir wohnten, war getroffen worden. Alles, was über den Deich ragte, war beschädigt und die Wohnung kaum mehr bewohnbar. Schließlich gewannen die alliierten Truppen die Oberhand und besetzten am 28./29. April das Stadtgebiet, das dann für drei Tage zur Plünderung freigeben wurde.

    Meine Mutter hat von diesem Moment, als die fremden Soldaten plötzlich vor ihr standen, oft erzählt. Das Geschehen und die damit verbundene Angst haben sich tief bei ihr eingebrannt. Die Soldaten richteten ihre Gewehre auf sie und auch auf uns Kinder und drohten mit Erschießung. Sie hatten in unserem Keller, in dem meine Mutter mit uns Schutz gesucht hatte, auch einen deutschen Soldaten gefunden. Diesen hatte meine Mutter wegen seiner schweren Bauchschussverletzung aufgenommen und ihm damit letztlich das Leben gerettet. Ich bin mir sicher, trotz ihrer dramatischen Erfahrung, hätte sie so jeder Zeit wieder gehandelt.

    Über das, was in den folgenden Stunden und Tagen geschah, was meine Mutter alles aushalten und ertragen musste, hat sie sich jedoch uns Kindern gegenüber nie geäußert. Eine für uns sichtbare Folge, als kleines Beispiel für den erdrückenden Wahnsinn der stattgefunden hatte, hat uns viele Jahre begleitet. Es war unser Wohnzimmerschrank. Ich sehe ihn noch vor mir, mit den kleinen Rauten auf den Türen. Diese hatte mein Vater darauf geklebt, um Löcher zu verdecken. Den Schrank hatte meine Mutter, in der Hoffnung, das Geschirr retten zu können, verschlossen. In ihrem Zorn hatten die Soldaten auf die Türen geschossen. Als Ergebnis hatten wir bei uns zuhause für Jahre weder genügend heile Tassen noch Teller. Dafür aber ein silbernes Besteck, denn das hatte meine Mutter vergraben und so vor dem Zugriff der Besatzung gerettet.

    Einige Wochen später, mit der Kapitulation der deutschen Streitkräfte am 8. Mai 1945, war der Krieg in ganz Deutschland zu Ende. Die Folgen waren für die ganze Welt, wie wir alle wissen, immens. Deutschland musste, wie in der Berliner Viermächteerklärung vom 5. Juni 1945 dokumentiert, die Ostgebiete abtreten und wurde in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Wir gehörten zur englischen Zone.

    Zu dieser Zeit galt unser Vater noch immer als vermisst. Unsere Mutter hatte über zwei Jahre keine Nachricht mehr von ihm erhalten. Auf Anordnung der britischen Armee, die den Schleusen- und damit Hafenbetrieb überwachen wollte und wahrscheinlich auch wegen der zerstörten Wohnung, mussten wir die Seeschleuse verlassen. Unsere Mutter wurde mit ihren vier kleinen Kindern zwangsweise in einer notdürftig hergerichteten Dachwohnung an der Brunnenstraße in der Innenstadt einquartiert. Verständnis für ihre, unsere Situation hatte man dort offensichtlich sehr wenig.

    Ich versuche es, aber ich kann mir heute nicht wirklich vorstellen, wie schwierig die Lage und die Umstände für meine Mutter damals gewesen sein müssen. Persönliche Erinnerungen habe ich keine daran, dazu war ich mit meinen drei Jahren noch zu klein. Das kann ich als Glück oder sogar als Gnade ansehen. Meine eigenen Erinnerungen beginnen später und hängen eng mit dieser notdürftigen Wohnung in der Brunnenstraße zusammen. Einige Eindrücke und Ereignisse aus dieser Zeit sind mir präsent geblieben, ich sehe sie manchmal lebhaft vor meinen Augen und frage mich dann: Stimmen die Bilder? Habe ich alles wirklich so erlebt? Ich glaube, es kann nicht viel anders gewesen sein.

    Die Brunnenstraße

    Vor einigen Tagen besuchte ich meine Heimatstadt Leer. Ich spazierte durch die Altstadt und war in Gedanken mit den alten Wegen, die ich früher oft gegangen bin, beschäftigt. Schließlich landete ich in der Brunnenstraße. Jetzt war sie schön gepflastert und gut hergerichtet. Hier haben wir nach dem Krieg gewohnt. Hier beginnen meine persönlichen Erinnerungen. Das Haus, in dem wir damals untergekommen waren, gibt es nicht mehr. Die alte, ehrwürdig wirkende Apotheke auf der gegenüberliegenden Straßenseite, die im Krieg unversehrt geblieben war, stand noch an ihrem Platz. Ich blieb stehen. Meine Gedanken kreisten mehr und mehr, weckten Gefühle, überraschten mich mit deutlichen inneren Bildern.

    Ja, hier mussten sie gestanden haben, zwei dunkel wirkende Häuser, dicht aneinander gedrängt. Sie wurden vor vielen Jahren durch ein Geschäftshaus ersetzt. Doch ich sah vor meinen Augen noch den alten Eingang. Der Fußweg davor bot weniger Platz, da die alten Häuser viel dichter am Fahrweg standen. Unsere Unterkunft, ein Notquartier, war im rechten Gebäude.

    Das alles lag tatsächlich schon über 60 Jahre zurück, wunderte ich mich. Meine Erinnerungen ließen mich in die Kindheit zurückfallen.

    „Wir wohnen an der Brunnenstraße, gab ich zur Auskunft, wenn ich gefragt wurde, und damit meinte ich meine Mutter, meine Schwester Anna-Luise, meinen Bruder Christian und mich. Außerdem sprach meine Mutter, oder Mutti, wie wir Kinder sie riefen, oft von „Bertel, meiner kleinen Schwester, deren richtiger Name Berta-Martina war. Sie hatte mit uns hier gewohnt und war gestorben. Persönlich habe ich keine Erinnerung an sie.

    Ich sehe mich auf der Straße vor dem alten Haus stehen. Der Eingang ist unten links. Dicht daneben steht das nächste Haus. Die beiden Häuser werden durch einen schmalen dunklen Gang getrennt, der für uns durch eine hohe Pforte versperrt ist. Was sich hinter dieser Pforte befindet, habe ich noch nie gesehen. Das beunruhigt mich, und ich stelle mir düstere Bilder vor. Ich verdränge diese Gedanken und betrete das Haus. Die Haustür ist schwer; ich kann sie nur mit Mühe öffnen. Dahinter befindet sich ein schlecht beleuchteter, mit einem Steinboden versehener, hoher Flur. Rechts steht ein grober alter Schrank, um den ich einen Bogen mache. Weiter hinten führt die Treppe nach oben. Alles ist so dunkel und wirkt unheimlich auf mich.

    Unsere Wohnung liegt im dritten Stock. Unter uns, in der zweiten Etage, wohnt der alte Herr Rehbock. Der klopft oft an die Decke, wenn wir in der Wohnung spielen und herumlaufen, da der harte Holzboden jedes Geräusch überträgt. Matten und Teppiche haben wir nicht. Weiter unten, im ersten Stock, wohnt das jüngere Ehepaar Rehbock. Ich kann mich nicht daran erinnern, mit ihnen je ein Wort gesprochen zu haben. Im Erdgeschoß gibt es keinen Wohnraum.

    Nur ungern gehe ich in dieses Haus hinein, durch diesen dunklen Flur und die knarrende Treppe hinauf. Bemühe ich mich zu schleichen, geht trotzdem öfters im ersten Stock für einen Moment die Tür einen Spalt weit auf, dahinter erscheint ein für mich unfreundliches Gesicht, und die Tür schließt sich wieder. Um das zu vermeiden, renne ich manchmal die Stufen hinauf, doch dann kann es passieren, dass „der alte Rehbock seine Tür aufreißt und mich streng ermahnt: „Sei leise, hör` auf zu poltern! Ich wage dann nicht, ihn anzuschauen und gebe auch keine Antwort.

    Die Wohnung ist eng und klein, die Wände sind fast alle schräg. Bei schlechtem Wetter sind sie feucht, und oft ist es auch sehr kalt in der Wohnung. Im Winter kann es passieren, dass die schrägen Wände morgens weiß angefroren sind, weil unsere Mutter ohne Holz oder Kohle nicht heizen kann. Wir verkriechen uns dann auch tagsüber ins Bett.

    Am Ende der Wohnung führt

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