Ein Kleiner wird groß: Ansichten und Erfahrungen, die mich geprägt haben und die ein Bild auf die Nachkriegsgeneration werfen
Von Lothar Binz
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Über dieses E-Book
Lothar Binz
Lothar Binz, geboren 1943, wird in einem württembergischen Dorf in den Krieg hineingeboren. Sein Vater ist an der Front und kommt 1947 krank von dort zurück. Als ältestem Sohn wird von dem politisch interessierten und journalistisch begabten Lothar erwartet, dass er die Schule mit 13 Jahren verlässt und als Lehrling in den elterlichen Dreimannbetrieb einsteigt. So absolviert Lothar seine Ausbildung zum Zimmermann, während der der Vater so schwer erkrankt, dass er das Bett nicht mehr verlassen kann. Lothar ist Auszubildender und Chef zugleich. Er schafft es, die kleine Zimmerei mit Sägewerk im Laufe von fünf Jahrzehnten in ein modernes mittelständisches Unternehmen umzuwandeln, das 60 Arbeitsplätze bietet. Leider stirbt Lothar Binz, noch bevor er seine Lebensaufzeichnungen vollendet hat, im Alter von 74 Jahren an Weihnachten 2017.
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Buchvorschau
Ein Kleiner wird groß - Lothar Binz
Inhalt
Vorwort
Kindheit
Einmarsch
Mein Vater, ein Unbekannter
Der Umsturz
Schulzeit
Lehrzeit
Der Unfall
Erste Maschinenschuppen
Neue Maschinen
Meisterprüfung
Gertrud
Hausbau
Hilfen für andere
Abbildungsverzeichnis
Anhang:
Lothars Erfindungen
Unser Gatter - Wiederauflage des Erstdrucks von 1955
Vorwort
„Tradition bedeutet nicht die Anbetung der Asche,
sondern die Weitergabe des Feuers." (Thomas Morus)
Als ich dieses Zitat zum ersten Mal gehört habe, dachte ich sofort an meinen Vater! Wohlwissend, wie wichtig ihm die Weitergabe seines Feuers war, habe ich ihm zu seinem 74. Geburtstag ein leeres Buch geschenkt, mit dem Angebot, alles, was er dort als seine Memoiren aufschreiben würde, abzutippen und binden zu lassen. Damals ahnte keiner von uns (außer wahrscheinlich er selbst), dass die ihm geschenkte Lebenszeit nicht reichen würde, dieses Projekt zu vollenden. Schon krank nutzte er die ersten Monate nach diesem Geburtstag, der sein letzter sein sollte, noch zum Schreiben, hatte aber nicht mehr die Kraft und die Zeit, das Ganze mit mir zu redigieren. Nach seinem Tod am Heiligabend 2017 nahm ich das Manuskript und verschriftlichte es mit Hilfe meiner Mutter Gertrud Binz und meines Onkels Karl Binz, der uns darin bestätigte, den Wortlaut Lothars genauso zu übernehmen, wie er es aufgeschrieben hat. Entstanden ist ein kleines Büchlein, das – wie ich hoffe – Lothars Feuer weitergeben kann, auch wenn es „nur" die Zeit von seiner Geburt bis zur Verlobung mit Gertrud lebendig werden lässt.
Mein Vater hatte zeit seines Lebens ein Feuer in sich, dessen Energie er für uns, seine Familie, eingesetzt hat; aber ganz besonders auch für den Betrieb, der – so hat es mein Bruder Ingbert ausgedrückt - sein viertes oder wohl vielmehr sein erstes Kind war. Ihm hat er viel geopfert, wie es in „Ein Kleiner wird groß" deutlich wird. Doch mein Vater hat das nicht als Opfer verstanden, denn aus seinem Betrieb und dessen sichtbarem Wachsen hat er auch Freude und Kraft gezogen.
Ab der Zeit, in der das Büchlein endet, hatte mein Vater dann eine Kraft im Hintergrund, die für ihn wichtiger als alles andere war:
Seine Gertrud. Diese Liebe hat uns Kinder geprägt und wird uns immer stützen. Sein Feuer brennt in unseren Herzen und in seinem Betrieb weiter, dessen Führung Lothar schon zu Lebzeiten meinen Brüdern übertragen hat,– ebenso wie in seinen eigenen Worten in „Ein Kleiner wird groß".
Dass mein Vater schon als Kind gerne geschrieben und sich Gedanken um sich und die Welt gemacht hat, belegen zahlreiche Hefte und Aufsätze von ihm, die er zum Teil auch abgetippt hat, nachdem der das Maschinenschreiben gelernt hatte. Besonders eindrücklich beschreibt sein erstes im „Selbstverlag herausgegebenes Werk „Unser Gatter
die Entstehung des Sägewerks in Pfahlheim und die Bedeutung, die diese Investition für meinen Vater und seine Familie hatte. In dieser Auflage finden Sie in einem Anhang ab Seite → das Werk des zwölfjährigen Lothar Binz nochmals abgedruckt. Ebenso habe ich handschriftliche Aufzeichnungen über Lothars „Erfindungen" eingefügt. Meinem Vater war es immer ein wichtiges Anliegen, Betriebsabläufe zu optimieren, Technik einzusetzen, um Arbeit zu erleichtern. Er selbst hat dafür viel Zeit, viele Gedanken, aber auch Geld investiert. Einige Ideen, die ihm wichtig waren, stehen auf den Seiten → und →.
Aalen, an Lothars 76. Geburtstag, dem 03. Mai 2019
Verena Stoll
Kindheit
Am 3. Mai 1943 wurde ich als zweiter Sohn meiner verehelichten Eltern geboren. Mein Vater wurde, ob er wollte oder nicht, 1939 „eingezogen und tat seine „Pflicht
bei der Wehrmacht. Neun Monate vor meiner Geburt hatte er Heimaturlaub und diesem Umstand verdanke ich mein Leben. Die Patin bei meiner Taufe, die ohne Eltern direkt nach der Geburt vollzogen wurde, war die Schwester meiner Mutter, meine „Dote, Tante Agnes. Das geschah direkt nach der Geburt in der Klinik, im sogenannten „Annaheim
, das von Ordensschwestern geführt wurde. Bei einem Tod gleich nach der Geburt wäre ich nicht in die Hölle, sondern ins Paradies gekommen, ich war durch die Taufe von der „Erbsünde" befreit.
Mein älterer Bruder war bald nach der Geburt verstorben und so hatte man zur schnellen Taufe in meinem Fall vielleicht allen Grund.
Bild 1: Mutter und Dote
Bild 2: Lothar und Marga Wehowsky
Ich wuchs bei meiner Mutter im neuen Haus auf, das Vater noch vor seiner Einberufung fertig gestellt hatte. Heute hat es die Adresse Am Limes 20. Bei uns wohnte noch Frau Lappe aus Duisburg. Sie war „evakuiert" und bei meiner Mutter eingewiesen worden. Frau Lappe entwickelte zu meiner Mutter ein gutes Verhältnis und veränderte unsere schwäbischen Essgewohnheiten. Der grüne Salat wurde zum Beispiel mit Zucker angemacht, es gab Schwarzbrot mit Zucker.
Mit mir wuchs ein um ein paar Jahre älteres Mädchen auf: Die Marga war wie eine große Schwester für mich und meine Mutter war für sie wie eine Ersatzmutter.
Auch Marga Wehowsky, wie sie hieß, war, wie ich später erfuhr, aus dem Ruhrgebiet „verschickt" worden.
Drei Frauen und ein ganz Kleiner, aber ein Mann, so sah die verbliebene Familie aus. Dementsprechend wurde ich behandelt und wahrscheinlich genoss ich diesen Umstand. Meine Mutter war Damenschneidermeisterin. Sie war in Konstanz am Bodensee in einer Klosterschule zur Ausbildung gewesen. Gewohnt hatte sie bei ihrem ältesten Bruder Josef Feil in Allensbach. Dieser war Karosseriebaumeister bei Maybach. Josef Feil muss bei dem Autobauer eine ganz gute Position gehabt haben, weil er in Allensbach am Bodensee in einem Haus der Firma Maybach wohnte.
Bild 3: Haus des Onkels Josef Feil in Allensbach
Das Kinderbett für mich bekam Mutter von ihrer Schwester, Tante Resi. Die Tante Resi war in „Stellung" bei der Familie Helmle. Herr Helmle war Chef von BASF Ludwigshafen. Dessen Tochter wurde die dritte Frau des Ölmilliardärs Getty (Texaco). Das in der kurzen Ehe von 1928 bis 1932 1929 geborene Kind von Adolfine, geb.
Helmle, und Paul Getty, Ronald Getty, war als Kind in das Bett gelegt worden, in dem auch ich der Ruhe pflegte. Das Bett und andere Artikel kamen aus den USA über