Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...: Die Prinzessin auf der Erbse
Von Nina Jansen
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Rezensionen für Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...
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Buchvorschau
Wenn es dunkel wird im Märchenwald ... - Nina Jansen
erfunden.
Zu einer Zeit, als Prinzessinnen noch nicht von Paparazzi verfolgt wurden, lebte im Königreich Dreibergen die wunderschöne Königstochter Riana. In klaren Vollmondnächten fiel es ihr immer schwer, zur Ruhe zu finden. So auch in einer milden Mainacht. Die letzte Stunde des Tages war längst vorbei, da wälzte sie sich immer noch in den Laken, während eine hauchzarte Brise die Vorhänge bauschte und das Mondlicht ihren Körper streichelte.
Schließlich erhob sie sich, trat ans Fenster und genoss das Fließen der weichen Seide ihres Nachtgewands. Wie gern wäre sie barfuß hinausgegangen, um das Gras unter ihren Füßen zu spüren und ihre Nase in die ersten Rosenblüten des Sommers zu tauchen.
Und wieso tue ich es nicht einfach?
Es wäre nicht das erste Mal, dass sie ein Verbot übertreten hatte. Ja, hinter ihrem Rücken — das hatte ihre Zofe Emma berichtet — wurde sie gar die unbändige Prinzessin genannt. Riana verstand das nicht. Sie bemühte sich durchaus, so tugendsam zu sein wie ihre Schwestern. Was konnte sie denn dafür, dass ihr Gesang nicht so lieblich klang wie Corinnas? Dass sie die Laute nicht so melodisch zu zupfen verstand wie Andrea? Handarbeiten gelangen Riana immer leicht krumm und schief, egal, wie sehr sie sich anstrengte. Stillsitzen fiel ihr schwer.
War es denn schändlich, wenn man lieber durch den Garten streifte und mit den Blumen sprach? Und was hatte es Corinna und Andrea gebracht, dass sie so vortreffliche Prinzessinnen waren? Sie hatten langweilige Prinzen heiraten müssen.
Riana verließ ihr Schlafgemach. Im Vorzimmer schlief Emma. Riana lauschte einen Augenblick den tiefen, gleichmäßigen Atemzügen. Am liebsten hätte sie Emma geweckt und gefragt, ob sie mit ihr zusammen die Düfte und Geräusche der Nacht erkunden wolle. Doch falls sie entdeckt würden, musste Riana allenfalls mit einer Strafpredigt rechnen, während Emma womöglich vom Hofe gejagt würde. Das wollte Riana keinesfalls riskieren, denn die stets vergnügte Emma hatte Sonne in ihr Leben gebracht. Zu Emmas Aufgaben gehörte es, Riana zu baden, ihre langen, goldenen Haare zu bürsten und ihre Füße zu massieren. Und wenn es ein Gewitter gab, was Riana jedes Mal zu Tode ängstigte, kam Emma zu ihr ins Bett und beruhigte sie.
Riana schlich an Emmas Bett vorbei zur Tür. Sie lauschte, das Ohr fest an das reich verzierte Holz gepresst. Kein Geräusch war aus dem Gang zu hören.
Riana atmete tief durch, zog die Tür auf, schlüpfte in den Gang und schloss die Tür geräuschlos hinter sich. Im Vergleich zu ihren vom Mondlicht durchfluteten Gemächern war es hier stockfinster. Sie wartete, bis ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, dann folgte sie dem geknüpften Seidenteppich bis zur Treppe. Sie spähte übers Geländer, versicherte sich, dass niemand zu sehen oder zu hören war, nahm Stufe für Stufe und flog in Gedanken schon voraus in den Park. Sie war so in Vorfreude gefangen, dass sie fast zu spät die halb offene Tür zum kleinen Salon bemerkte, durch die eine Kerze einen fahlen, flackernden Lichtschein warf. Riana erstarrte auf der letzten Treppenstufe. Nun war ihr der Weg zum Garten abgeschnitten, denn genau durch diesen Salon hatte sie über die Terrassentüren hinausgehen wollen. Die große, schwere Eingangstür war nachts verschlossen. Riana überlegte noch, was sie tun sollte, da drang die Stimme ihres Vaters an ihre Ohren.
„… an der Zeit, auch unsere Jüngste zu vermählen."
„Wollen wir ihr nicht noch ein oder zwei Jahre geben?, hörte sie ihre Mutter fragen. „Sie ist noch so kindlich und unbedarft.
„Umso wichtiger ist es, dass sie das wahre Leben kennenlernt."
Ihre Mutter seufzte. „Aber welcher Prinz möchte eine Prinzessin, die in den schönen Künsten und in Handarbeiten so untalentiert ist? Die lieber durch den Garten streift und Tagträumen nachhängt, als das Personal zu beaufsichtigen? Die keine Angst vor Hunden hat? Die noch voll kindlichem Ungestüm ist und manchmal sogar ihre Röcke rafft und losrennt, weil ihr danach zumute ist. Kein Prinz wird jemals um die Hand unserer Riana anhalten, zumal für sie nur eine kleine Mitgift übrig ist."
Riana nickte bekräftigend in die Dunkelheit. Sie wollte noch lange keinen Prinz. Wozu überhaupt? Sie hatte doch Emma, die drei Jahre älter war und ihr so viel beibrachte. Sie hatte Riana gezeigt, wie man im Herrensattel ritt. Im nahen Wald hatten sie mit ihr heimlich fechten geübt. Sogar das Schwimmen hatte Riana von ihr gelernt. Zuweilen schlich Emma sich nachts davon und traf sich mit einem Diener oder Stallburschen. Riana fragte sich oft, was sie wohl miteinander taten und wieso Emma am nächsten Morgen immer so erschöpft, aber zufrieden wirkte. Sie hatte noch nicht gewagt, sie danach zu fragen.
Riana wollte umdrehen und zur Treppe zurücklaufen, da es ungehörig war, zu lauschen, doch da hörte sie etwas, dass sie sofort wieder erstarren ließ.
„Sei unbesorgt, sagte der König. „Es hat bereits jemand um ihre Hand angehalten. Und ich habe ihm Riana freudig versprochen.
„Ohne mich zu fragen?", wunderte sich ihre Mutter.
Ohne mich zu fragen!, schoss es Riana durch den Kopf.
„Um wen handelte es sich denn?, fragte ihre Mutter. „Ist er wenigstens ein Edelmann?
„Er ist ein König", hörte sie die triumphierende Stimme ihres Vaters.
Riana runzelte die Stirn. Ein König? In keinem der angrenzenden Königreiche gab es einen König, der jung genug war für eine Ehe mit ihr.
„Ein König?", staunte ihre Mutter.
„Ja, es ist kein geringerer als König Ottobart von Hochhauenstein."
Oh nein, bitte nicht!
Ottobart war schon über dreißig Jahre alt, und wenn er zu Besuch kam, mied Riana ihn so gut es ging, da sein Verhalten sie erschreckte. Wenn sie nur daran dachte, wie er beim letzten Festbankett ständig versucht hatte, ihren Oberschenkel zu tätscheln, wurde ihr ganz schlecht. Sie hatte ihm schließlich auf die Finger gehauen, womit sie ihn allerdings nicht lange im Zaum halten konnte. Schließlich kam