Ehegeschichten: Eine kleine Liebeserklärung … mit anderen Worten
Von Hermann Gutmann und Peter Fischer
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Ehegeschichten - Hermann Gutmann
Hermann Gutmann
Ehegeschichten
oder:
Eine kleine Liebeserklärung …
… mit anderen Worten
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Dieser Band erschien erstmals 1989 im Luisental-Verlag, Bremen
Titelillustration: Peter Fischer
© Edition Temmen 2013
Hohenlohestraße 21
28209 Bremen
Tel. 0421-34843-0
Fax 0421-348094
info@edition-temmen.de
www.edition-temmen.de
Alle Rechte vorbehalten
Gesamtherstellung: Edition Temmen
E-Book ISBN 978-3-8378-8006-9
ISBN der Printausgabe 978-3-86108-152-4
Kleiderprobleme
Ein älterer Herr stand wartend vor einem Laden in der Innenstadt, und er sah eigentlich ganz plietsch aus. Aber dann trat seine Frau aus dem Laden, drückte ihm eine Einkaufstüte in die Hand, guckte ihn prüfend und gleichzeitig mißbilligend an und sagte: »Komm mal her, Vadder und laß dich erstmal richtig anzieh’n«.
Und damit begann sie, an dem armen Kerl zu zerren und zu zupfen. Sein Schal saß nicht richtig und der Schlips auch nicht. Und der Kragen seiner Jacke unter dem Mantel war umgeklappt.
Und während sie damit beschäftigt war, ihren Mann richtig anzuziehen, stand der völlig teilnahmslos dabei und guckte dösig. So ungefähr hab’ ich früher bei Schocken in der Kinderabteilung auf dem Tresen gestanden, wenn sie mir’n Matrosenanzug anpaßten und mich hin und her drehten, ob auch alles richtig sitzt.
In diesem Augenblick, als ich Zeuge wurde, wie sich ein an sich plietscher älterer Herr in einen dösigen Vadder verwandelte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
Denn wir woll’n mal ehrlich sein – wie ist das, wenn wir irgendwo im Smoking auf einem Empfang rumstehen oder im guten Anzug auf einer Geburtstagsgesellschaft sind? Immer haben die Frauen an uns was zu fummeln. Hier’n Fussel auf dem Ärmel, und da ’n Staubkorn auf der Schulter, und die Fliege sitzt schief, und immer gucken sie, ob sie nicht noch irgendeine Nachlässigkeit entdecken. Wissen Sie, da kann man doch in eine richtige Panik geraten, die ich allerdings schon morgens hab’, wenn ich vor meinem Kleiderschrank stehe und krampfhaft überlege, was ich anzieh’n soll.
Doch sobald ich mich verkrampfe, kann ich nicht mehr richtig denken und greif’ immer nach den verkehrten Klamotten.
Blaue Socken zur roten Krawatte, dazu ’n gelbes Hemd und die grüne Hose – das wirkt im ersten Augenblick ganz logisch. Und ich zieh’ das auch an und renn’ runter und frag’ meine Frau: »Sag mal, kann ich so geh’n?« Und die guckt gar nicht hin. Die fragt ganz automatisch: »Wie siehst du denn wieder aus?« Ich trete vor den Spiegel, und da seh’ ich das auch, daß ich etwas merkwürdig angezogen bin. Ich steige also wieder hinauf zu meinem Kleiderschrank und rufe hinunter: »Was würdest du denn an meiner Stelle anzieh’n?«
»Erstmal würde ich alles wieder auszieh’n!« ruft meine Frau zurück. Und nun müssen Sie sich das vorstellen, wie ich da vor dem Kleiderschrank stehe und hineingucke. Und ich seh’ nichts.
Sie werden es nicht glauben, aber ich habe nichts Vernünftiges anzuziehen. Höchstens den roten Pullover mit den Kaffeeflecken und die Hose, auf die mir mal beim Essen ’ne halbe Ente geflogen ist. Und dann, natürlich – die blauen Socken, die rote Krawatte, das gelbe Hemd und die grüne Hose. Doch die darf ich nicht.
»Ich weiß wirklich nicht, was ich anziehen soll!« teile ich meiner Frau mit. Und meine Frau sagt mir, was sie an meiner Stelle anzöge. Und ich wundere mich, daß ich nicht selber darauf gekommen bin.
Ich also rein in die Klamotten, wieder runter, und meine Frau guckt mich an und sagt: »Komm erstmal her, wie läufst du denn rum.« Sie zerrt an meinem Kragen, rupft an meinem Pullover, findet auch noch ’n Fussel auf meiner Schulter, und als ich endlich richtig angezogen bin, dreh’ ich mich um und will geh’n. Da ruft sie hinter mir her: »Sag mal, deine Socken! Rechts ’n gelber und links ’n roter – ist das Absicht?«
Nachdenken
Es ist ja so, daß man als Mann auch nach vielen Jahren einer Ehe nach dem Mittagessen immer das Gefühl hat, man sei in der Küche eigentlich ziemlich überflüssig.
Ich meine, sie hat es mir noch nie so direkt gesagt, meine Frau. Das käme für sie auch gar nicht in Frage, denn stellen Sie sich mal diese Herzlosigkeit vor, einem Menschen, der nach einem guten Essen zufrieden am Tisch sitzt und nichts Böses ahnt, gerade heraus vor den Kopf zu sagen, er sei überflüssig.
Nein, das macht sie nicht.
Aber als langjähriger Ehemann spürt man ja an Kleinigkeiten, was los ist. Zum Beispiel, wenn meine Frau einen tiefen Seufzer von sich gibt und zu sich selber sagt, daß sie nun die Küche in Ordnung bringen müsse, und wenn sie danach anfängt, geräuschvoll mit dem Geschirr zu klappern – wissen Sie, dann denke ich, es könnte ihr peinlich sein, wenn ich zugucke. Und dann steh’ ich vom Tisch auf und geh’ ganz leise hinaus.
»Wo willst du denn hin?« fragt mich meine Frau. Und ich sage: »Ich komm’ gleich wieder.«
»Das kenn ich schon«, sagt sie. »Immer gehst du weg und läßt mich mit dem Dreck sitzen…«
Sie sagt noch einiges mehr. Aber das verstehe ich