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900 km Angst - 900 km Hoffnung: Die Geschichte einer jungen Frau vor dem Hintergrund des 2. Weltkriegs.
900 km Angst - 900 km Hoffnung: Die Geschichte einer jungen Frau vor dem Hintergrund des 2. Weltkriegs.
900 km Angst - 900 km Hoffnung: Die Geschichte einer jungen Frau vor dem Hintergrund des 2. Weltkriegs.
eBook164 Seiten2 Stunden

900 km Angst - 900 km Hoffnung: Die Geschichte einer jungen Frau vor dem Hintergrund des 2. Weltkriegs.

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Über dieses E-Book

Anna ist 17 Jahre, als sie Wilhelm kennenlernt, 21 Jahre, als sie heiraten und 25 Jahre, als sie mit zwei kleinen Kindern aus ihrer Heimatstadt Glogau fliehen muss.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum1. Feb. 2024
ISBN9783347854086
900 km Angst - 900 km Hoffnung: Die Geschichte einer jungen Frau vor dem Hintergrund des 2. Weltkriegs.
Autor

Ricarda Leopold

Weiblich, mittleres Alter. Da dies mein erstes Buch ist, möchte ich derzeit noch nicht allzu viel über mich erzählen. Nur soviel: Es handelt sich um ein semi-biographisches Buch, d.h. die Hauptperson ist/war real. Die Dialoge sind größtenteils fiktiv.

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    Buchvorschau

    900 km Angst - 900 km Hoffnung - Ricarda Leopold

    1. Kapitel:

    1937:

    Sie lag auf ihrem Bett und schaute die Zimmerdecke an. Müsste mal wieder gestrichen werden, dachte sie und hatte es im selben Augenblick auch schon wieder vergessen. Unwichtig. Ihr Vater würde sich darum kümmern, irgendwann später.

    Viel wichtiger war die Zukunft. Ihre Zukunft. Wie würde sie aussehen? Wie würde es verlaufen, ihr Leben? Würde sie etwas erleben, rauskommen oder ihr Leben hier verbringen, in Glogau?

    Anna war 19 Jahre alt. Ein hochaufgeschossenes, sehr schlankes Mädchen mit rotbraunen lockigen Haaren und grauen Augen. Sie war nicht wirklich schön, zumindest nicht im landläufigen Sinn, aber doch auf eine gewisse Art attraktiv. Apart, das traf es vielleicht eher. Viel später würde einmal jemand über sie sagen, dass sie auch einen Kartoffelsack tragen könnte, sie wäre trotzdem eine Dame.

    Glücklicherweise legte sie auf Komplimente keinen Wert. Es war eher so, dass sie eigentlich gar nicht wusste, wie sie auf andere wirkte. Woher auch? Sie war halt einfach Anna. Ein Mädchen aus Glogau, so wie Tausende Andere auch. Das Einzige, von dem sie durchaus wusste, dass es anders war als bei Anderen, waren ihre Haare. Pferdehaare, wie sie sie nannte. Dick, hart und oft struppig. Sehr oft struppig.

    Früher, als sie noch ein Kind war, wurden sie und ihr zwei Jahre jüngerer Bruder Paul für Fotoaufnahmen immer besonders fein gemacht.

    Ihre Mähne wurde gebürstet, was natürlich bei den wilden Locken nur mit viel Geschrei, Geziepe und Geheul vonstatten ging. Dann kam eine große - eine sehr große - Schleife in die rotbraunen Haare, die wie ein Propeller auf ihrem Kopf wirkte, und sie musste ein braunes Plisseekleidchen anziehen. Sie wusste es noch genau. Die Falten flatterten wild um sie herum, wenn sie sich drehte und fühlten sich federleicht an.

    Ihr kleiner Bruder wurde in seinen Matrosenanzug gesteckt und stand mit brav gescheiteltem Haar neben ihr. Schließlich brachte man sie beide in eine Art kleiner Szenerie, in der sich Anna wie beiläufig an ein Chaiselongue lehnte und Paul vor ihr stand.

    Als der Fotograf, der geschäftig mit seinen Fotoutensilien hantiert hatte, dann hinter seinem schwarzen Vorhang verschwand, eine Hand in die Höhe hielt und unter dem Umhang gedämpft murmelte: Aufmerken!, starrten beide Kinder eingeschüchtert den monströsen Kasten an und atmeten erleichtert aus, als der Fotograf endlich wieder hinter seinem schwarzen Vorhang hervorkam.

    Allerdings wurden Fotos dieser Art höchstens zu besonderen Anlässen erstellt. Sie selbst konnte sich überhaupt nur an zweimal erinnern. Einmal mit 3 Jahren und einmal mit 9.

    Die meiste übrige Zeit, also normalerweise immer, lebten ihre Haare ein Eigenleben, was sie bzw. eher ihre Mutter, dazu bewogen hatte, sie auf Kinnlänge zu kürzen, so dass zumindest die Wäsche und das anschließende Kämmen nicht mehr allzu lange Zeit in Anspruch nahmen.

    Das Essen ist fertig!. Ihre Mutter rief aus der Küche. Anna stand widerstrebend auf und lief hinüber.

    Sie bewohnten eine 3-Zimmer-Wohnung mit einem Wohnzimmer, einem Elternschlafzimmer und einem Kinder-Zimmer, das sich ihr Bruder und sie teilten. Paul, der seit kurzem seine Lehrzeit in einer Molkerei absolvierte, war jedoch häufig unterwegs, so dass sie oft in den Luxus kam, das Zimmer für sich allein zu haben. Sie liebte es, sich dann einfach auf's Bett zu legen und an die Decke zu träumen.

    Ihr Vater Karl war Lokomotivführer. Er hatte häufig Schichtdienst, was bedeutete, dass er manchmal am Spätnachmittag das Haus verließ und erst am nächsten Morgen verdreckt und müde wieder zurückkam. Dann mussten die Kinder ruhig sein. Keinen Mucks, Papa schläft, das hörten sie nur allzu oft von ihrer Mutter.

    Ihre Mutter Trude war Hausfrau und kümmerte sich um die Kinder und den Haushalt. Sie war eine eher ängstliche Person mit dunklen Haaren, die sie zu einem Dutt im Nacken zusammengefasst trug. Sie liebte ihr Leben so wie es war. Besondere Abenteuerlust oder gar Mut waren nie ihre Stärke gewesen. Es war gut, so wie es war.

    Glogau war zu diesem Zeitpunkt eine blühende Stadt mit schönen Bauten, wie z.B. dem sog. Schifflein Christi oder der Garnisonskirche.

    An diesem Abend war die gesamte Familie versammelt. Ihr Vater saß sichtlich abgekämpft auf seinem Stuhl und sah nicht so aus, als ob er Lust auf Konversation hatte. Paul dagegen wirkte - wie meist - unternehmungslustig und war dabei, sich über seine Arbeit in der Molkerei auszulassen. Trude, ihre Mutter, schaufelte still den frisch gestampften Kartoffelbrei auf die Teller.

    Paul unterbrach seinen Redeschwall nur kurz, um einen Löffel zu nehmen, zu schlucken und dann stolz zu verkünden: Ich habe heute Speisequark hergestellt!

    Du allein? Anna sah ihn ungläubig an. Na ja, nicht ganz allein, gab er zu. Herr Müller hat mir gezeigt, wie es geht und ich habe ihm geholfen.

    Und wie geht es?

    Es folgte eine längere Abhandlung, in denen von Molke, Rahm, Frischkäse und Gärung die Rede war. Anna fand die Herstellung von Speisequark nicht gerade spannend und kommentierte den begeisterten Monolog ihres Bruders nur mit einem verständnislosen Aha, ihre Mutter jedoch zeigte sich durchaus beeindruckt.

    Wie schön, dass Herr Müller dir all diese Dinge so gut erklärt. Wirst sehen, bald kannst du sowas auch allein bewerkstelligen kommentierte ihre Mutter, um gleich darauf zu ihrer Tochter gewandt zu bemerken: Anna, nun iss aber auch mal ein bissel was, damit mal was aus dir wird.

    Aber ich esse doch! Sie hasste es, wenn auf ihrem Essverhalten rumgehack6t wurde. Aber noch mehr hasste sie es, wenn ihre Mutter in die schlesische Mundart verfiel. Bissel, das war die typische schlesische Art, die Wörter mit el enden zu lassen. Sie bemühte sich daher immer, möglichst hochdeutsch zu reden, was ihr allerdings auch nicht immer gelang.

    Seid mir nicht böse, aber ich bin müde und gehe jetzt ins Bett, sagte Karl und fuhr sich über das schwarze Haar. Ich muss morgen früh raus.

    Natürlich Papa, geh nur, meinte Trude. Auch so etwas, was Anna ärgerte, Papa zu seinem Ehemann zu sagen. Sie nahm sich vor, diesen Brauch später, wenn sie eine eigene Familie haben würde, niemals einzuführen. Papa war ein Ausdruck, den die Kinder gebrauchen sollten, aber nicht die Ehefrau.

    Trotz den sichtbaren Zeichen seiner Müdigkeit, stand Karl aufrecht vor dem Tisch. Groß und schlank wie er war, machte er einen Respekt einflößenden Eindruck. Ein gutaussehender Mann, dem der dunkle Schnurrbart ein leicht verwegenes Aussehen verpasste: Gute Nacht, Kinder. Nacht, wiederholten Anna und Paul wie im Chor.

    Am nächsten Morgen machte sich Anna wie immer um 7.30 Uhr auf den Weg zur Arbeit. Sie war Kontoristin bei der Nordschlesischen Tageszeitung, kurz Nota genannt. Die Arbeit machte ihr viel Spaß. Der Umgang mit Papier und Zahlen gefiel ihr, aber auch die Nähe zu den vielen Menschen, mit denen sie zu tun hatte, war ein sehr positiver Aspekt, wie sie fand. Sie war für die Lohnauszahlung zuständig und jeden Monat standen die Mitarbeiter der Zeitung bei ihr an, um ihre Lohntüte in Empfang zu nehmen, die Anna zuvor fein säuberlich mit dem Lohnzettel und dem abgezählten Bargeld ausgestattet hatte.

    Es war ein schöner, sonniger Tag und Anna spazierte mit großen Schritten durch die Stadt.

    Sie liebte ihre Stadt mit den vielen schönen Bauten und mittendrin dem Fluss Oder.

    Sie blieb stehen, um einem schimpfenden Spatz hinterher zu sehen und überlegte gerade, ob sie vielleicht einen Teil ihres Frühstücksbrotes opfern sollte, als plötzlich eine Stimme kurz hinter ihr sagte: Ja, die Spatzen sind manchmal ziemlich frech, nicht? Erschrocken drehte sie sich um. Da war er wieder! Der große, junge Mann mit den unglaublich dunklen Augen und dem glatten tiefschwarzen Haar. Annas Herz begann schneller zu schlagen. Sie begegneten sich häufig auf dem Weg zur Arbeit und jedes Mal sah er sie mit seinen wunderschönen Augen an, aber außer einem Nicken hatten sie noch nie miteinander gesprochen.

    Guten Morgen, Fräulein.... Jetzt laufen wir uns dauernd über den Weg, aber ich weiß Ihren Namen leider nicht. Ich heiße Wilhelm. Wilhelm Rasch.

    Anna, sagte sie leicht verdattert. Er redete mit ihr! Das war mehr, als sie je zu träumen gewagt hatte. Anna Brieger.

    Ein schöner Name, Fräulein Brieger Danke. Sie kam sich etwas einfältig vor, ihr fiel aber absolut nicht ein, was sie sonst zu ihm hätte sagen können.

    Er hingegen schien in der Konversation geübter: Was für ein wunderbarer Tag heute, nicht? Sind Sie auch auf dem Weg zur Arbeit?

    Ja, ich hab's nicht mehr weit.

    Wo müssen Sie denn hin, wenn ich fragen darf?

    Nota.

    Ach, zur Zeitung. Sind Sie Journalistin?

    Nein, nein, nur Kontoristin.

    Das ist ja witzig! Ich auch! Na ja, jedenfalls habe ich Kontorist gelernt. Genauer gesagt Getreidekaufmann.

    Oh! Sie kam sich erneut reichlich dümmlich vor. Da stand dieser interessante Mann vor ihr, erzählte ihr aus seinem Leben - was mehr war, als sie je zu hoffen gewagt hatte -, und sie brachte nichts als ein Oh hervor. Ihn schien dies aber nicht zu stören. Sollte er sie tatsächlich etwas - nun ja - unreif finden, ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken.

    Er lächelte und redete einfach weiter. Sicher ist es sehr interessant, bei einer Zeitung zu arbeiten.

    Ja, sehr. Allerdings sitze ich nur im Büro. Ihr war die Anteilnahme an ihrer Person etwas unangenehm. Sie stand nicht gern im Mittelpunkt und versuchte daher, das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken: Und Sie? Ich meine, was machen Sie jetzt?

    Ich arbeite für die Benzol-Vereinigung und prüfe die Bücher von Tankstellen. Sie nickte. Zwar konnte sie sich nicht wirklich etwas darunter vorstellen, aber es klang recht spannend. Jedenfalls schien er viel unterwegs zu sein, was ihr imponierte.

    Sie hätte gern mehr über ihn erfahren, aber sie war mittlerweile spät dran und wusste nicht, wie sie die Unterhaltung beenden konnte, ohne unhöflich zu sein. Andererseits wäre sie sehr gern geblieben und hätte ihm weiter zugehört.

    Er schien es zu spüren, als er meinte: Aber ich will Sie nicht länger aufhalten, Fräulein Brieger. Sicher müssen Sie los und auch ich muss mich wieder auf den Weg machen. Es war nett, mit Ihnen zu plaudern. Vielleicht trifft man sich ja mal wieder? Es war halb eine Bitte und halb eine Feststellung. Jedenfalls sah er sie leise lächelnd mit seinen dunklen Augen an, so dass sie vielleicht etwas zu begeistert nickte: Ja, das wäre schön! Sofort ärgerte sie sich über ihren, wie sie fürchtete, zur Schau getragenen Enthusiasmus. Aber wieder schien er es nicht zu bemerken.

    Er nahm ihre Hand, drückte sie und deutete eine Verbeugung an: Auf Wiedersehen, Fräulein Brieger. Es hat mich gefreut, Sie kennenzulernen. Ganz meinerseits. Auf Wiedersehen, Herr Rasch.

    Als er gegangen war, bezwang sie den Drang, sich nach ihm umzudrehen. Erst als sie meinte, er wäre nun weit genug entfernt, schaute sie kurz nach hinten … und genau in seine Augen. Sie hätte es wissen müssen. Genau in diesem Moment hatte auch er sich nochmals umgedreht und winkte ihr nun fröhlich zu. Erschrocken wandte sie sich wieder nach vorn und wurde rot. Dann lächelte sie.

    2. Kapitel:

    Als sie die Zeitung erreicht hatte und ihr Büro betrat, das sie sich mit ihrer Kollegin Helga teilte, schaute diese kurz hoch und stutzte sofort: Ist was passiert? Du siehst so … so glücklich aus.

    Ich? Wieso?

    "Na, du

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