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Jeder ist sich selbst der Nächste: Ein Pete Hackett Western
Jeder ist sich selbst der Nächste: Ein Pete Hackett Western
Jeder ist sich selbst der Nächste: Ein Pete Hackett Western
eBook132 Seiten1 Stunde

Jeder ist sich selbst der Nächste: Ein Pete Hackett Western

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Über dieses E-Book

Brian Latimer kam von Süden. Als er aus einer Seitenstraße in die Main Street von Bozeman einbog, war sein erster Eindruck die riesige Ansammlung von Menschen, und dann sah er unter dem waagerechten, dicken Ast einer alten Burreiche den Reiter, vor dessen Gesicht eine kunstvoll geknüpfte Schlinge baumelte. An den Ast war eine Leiter gelehnt. Auf ihr stand ein Mann, und der griff in diesem Moment nach der Schlinge.
Brian schluckte trocken und ritt näher. Er hörte einen Mann schreien: „Macht endlich Schluss mit dem elenden Goldräuber und Mörder! Wir wollen ihn zappeln sehen!“
Im Gesicht des Delinquenten wühlte die Angst. Der Schweiß rann ihm in Bächen über die Wangen, tropfte von seinem Kinn, lief seinen Hals hinunter.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum11. Juni 2019
ISBN9783730998717
Jeder ist sich selbst der Nächste: Ein Pete Hackett Western

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    Buchvorschau

    Jeder ist sich selbst der Nächste - Pete Hackett

    Jeder ist sich selbst der Nächste

    Western von Pete Hackett

    Brian Latimer kam von Süden. Als er aus einer Seitenstraße in die Main Street von Bozeman einbog, war sein erster Eindruck die riesige Ansammlung von Menschen, und dann sah er unter dem waagerechten, dicken Ast einer alten Burreiche den Reiter, vor dessen Gesicht eine kunstvoll geknüpfte Schlinge baumelte. An den Ast war eine Leiter gelehnt. Auf ihr stand ein Mann, und der griff in diesem Moment nach der Schlinge.

    Brian schluckte trocken und ritt näher. Er hörte einen Mann schreien: „Macht endlich Schluss mit dem elenden Goldräuber und Mörder! Wir wollen ihn zappeln sehen!"

    Im Gesicht des Delinquenten wühlte die Angst. Der Schweiß rann ihm in Bächen über die Wangen, tropfte von seinem Kinn, lief seinen Hals hinunter.

    Brian schaute sich um. Etwa hundert Yards entfernt las er ein Schild mit der Aufschrift ‚Marshal Office‘. Auf dem Vorbau stand ein Mann. An seiner linken Brustseite funkelte der Sechszack.

    Als Brian seinen Blick wieder über die Menge schwenkte, sah er, dass die Schlinge jetzt um den Hals des unglücklichen Burschen auf dem Pferd lag. Brian schätzte ihn auf Anfang fünfzig. Der Mister auf der Leiter trug die derbe Arbeitskleidung eines Goldgräbers. Auch jener Bursche, der jetzt den Arm hob, um dem Pferd einen Schlag zu versetzen, war nicht gekleidet wie ein Vollzugsbeamter. Auch er steckte in einem verschmutzten, zerschlissenen Drillich.

    Brian war schockiert. Lynchjustiz!, durchfuhr es ihn siedend und er spürte Gänsehaut. Da sind Lyncher am Werk, und der Marshal schaut tatenlos zu.

    Einen Augenblick war er überwältigt von dieser Erkenntnis, dann schnappte er ohne lange nachzudenken seinen Colt aus dem Holster und jagte einen Schuss aus dem Lauf. Brian hätte in dieser Sekunde wohl selbst nicht sagen können, was ihn bewog, sich einzumischen.

    Die Detonation prallte auseinander, stieß in die Seitenstraßen und Gassen, und ließ den Burschen, der das Pferd unter dem Galgenbaum wegtreiben wollte, innehalten.

    Die Augen aller richteten sich auf Brian. Bedrohliches Gemurmel und Geraune wurde laut. Das Tier unter dem Mann, der gehängt werden sollte, tänzelte nervös.

    Brian setzte sein Pferd mit einem Schenkeldruck in Bewegung. Er ritt auf die Rotte zu. Jemand brüllte: „Wer ist der Verrückte? Holt ihn von seinem Gaul herunter und erteilt ihm eine Lektion, die er sein Leben lang nicht vergisst!"

    Brian hob den Colt und ließ die Mündung über die Front aus Menschenleibern pendeln. Er hatte wieder angehalten, denn niemand machte Anstalten, zur Seite zu treten.

    Der Marshal war vom Vorbau gesprungen und näherte sich mit langen Schritten. Der hängelüsterne Mob musterte Brian feindselig und drohend.

    Brians Stimme klang heiser, als er rief: „Soviel ich weiß, schreibt das Gesetz vor, dass Todesurteile vom Marshal oder Sheriff zu vollstrecken sind. An den Kerlen, die den Mister dort vom Leben zum Tod befördern wollen, sehe ich aber keinen Stern. Also gehe ich davon aus, dass diese Hinrichtung nichts anderes als Lynchjustiz ist."

    „Das geht dich einen Dreck an, Stranger!, grölte jemand. „McStevens hat einen Digger beraubt und ermordet, und nach unserem Gesetz muss er dafür hängen.

    „Nach eurem Gesetz!, tönte Brian. „Was ist das für ein Gesetz?

    „Es ist das ungeschriebene Gesetz des Goldlandes!, kreischte eine grellgeschminkte Lady. „Und nun wende deinen Gaul und verschwinde, Mister, oder willst du neben McStevens baumeln?

    Der Marshal war heran. Er legte die Hand auf Brians Sattelknauf und sagte laut in das unheilvolle Stimmengebrodel hinein: „Eine Jury aus Goldgräbern hat ihn des Raubmordes für schuldig befunden, Fremder. Das Urteil sprach ein Mann, den die Goldgräber zum Richter ernannt haben. Es gibt nichts daran auszusetzen. So ist eben das Gesetz des Goldlandes. Die Antwort auf Raub und Mord lautet hängen."

    Brian war fassungslos. „Und Sie dulden das, Marshal?", entrang es sich ihm ungläubig.

    „Anders sind in Bozeman Ruhe und Frieden nicht aufrechtzuerhalten, erwiderte der Marshal ernst. „Gedenken Sie länger zu bleiben?

    „Ja, sagte Brian rau, und dann noch einmal: „Ja, Marshal.

    „Dann werden Sie lernen müssen, sich an die Spielregeln hier zu halten. Wie ist Ihr Name?"

    Die Frage erreichte nur den Rand von Brians Bewusstsein. Benommen von dem, was sich ihm hier bot und was er zu hören bekam, murmelte er: „Brian Latimer."

    Der Marshal kniff die Augen eng. „Sind Sie mit James Latimer verwandt?"

    Geistesabwesend nickte Brian. „Er ist mein Vater."

    Der Marshal zuckte zusammen. Sein Gesicht mutete unvermittelt wie versteinert an. „Kommen Sie mit, Latimer", stieß er hervor, griff nach dem Zaumzeug und zerrte das Pferd an der Front der Schaulustigen entlang hinter sich her.

    Ein gequälter Aufschrei erreichte Brians Gehör, ein Pferd wieherte, das Stimmendurcheinander versiegte von einem Moment zum anderen. Wie unter Zwang wandte Brian den Kopf und blickte über die Schulter nach hinten. Der Verurteilte hing schlaff am gestrafften Seil.

    Übelkeit stieg in Brian hoch und würgte ihn.

    *

    Im Office empfing sie wohlige Wärme. In dem kleinen Kanonenofen bullerte das Feuer. Es war Ende Februar, und obwohl tagsüber immer öfter die Sonne schien, war es draußen noch empfindlich kalt.

    Sie öffneten ihre dicken Mackinaw-Jacken und rieben ihre kalten Hände.

    Dann saß Brian dem Marshal gegenüber. Der Gesetzeshüter hatte sich ihm zwischenzeitlich vorgestellt. Er hieß Horace Dodson. Der Gesichtsausdruck Dodsons verriet nichts Gutes. Brian spürte, dass ihn eine Hiobsbotschaft erwartete. Die seltsame Veränderung, die mit dem Marshal vor sich gegangen war, als er den Namen Latimer nannte, war ihm nicht entgangen.

    „James Latimers Sohn also", murmelte Dodson versonnen und schien jeden Zug in Brians Gesicht zu studieren. Er zog die Unterlippe zwischen die Zähne und nagte daran.

    „Ja, sagte Brian, und es klang fast ungeduldig. „Sie kennen meinen Vater, Marshal. Von meiner Existenz hingegen scheinen Sie nichts zu wissen. Das habe ich daran erkannt, dass Sie fast aus allen Wolken fielen, als ich Ihnen meine Identität verriet. Was hat Sie so erschreckt?

    Zwingend starrte Brian den Gesetzeshüter an.

    „Ihr Vater ist tot, Latimer."

    Die Worte fielen wie Bleitropfen von den Lippen Dodsons. Sie trafen Brian wie Hammerschläge. Ihn erfasste ein Taumel, und nur mühsam brachte er den jähen Aufruhr seiner Empfindungen unter Kontrolle. „Tot ...", ächzte er, indes die Eröffnung des Marshals durch sein Gehirn echote.

    „Ja. Er starb am Spieltisch. Eine Revolverkugel ..."

    Ein Schwall verbrauchter Atemluft brach aus Brians Mund. Er wischte sich mit fahriger Geste über die Augen. Es wollte ihm nicht in den Kopf. Zu viel stürmte auf ihn ein, als dass er es sofort verstandesmäßig zu verarbeiten vermochte. Schließlich stammelte er: „Wie - kam - es - dazu?"

    Dodson seufzte und lehnte sich zurück. Er verschränkte die Hände über dem Bauch und begann: „Es geschah vor zwei Wochen. Wie jeden Samstag kam Ihr Vater in die Stadt. Wie es schien, hatte er wieder etwas Gold aus seinem Claim herausgeschürft. Er verkaufte es in der Bank und setzte sich mit etwas über tausend Dollar an den Spieltisch. Innerhalb einer Stunde war er blank. Da er auch schon einige Gläser zu viel getrunken hatte, wurde er unvorsichtig und nannte Cold Chuck Warnock einen verdammten Falschspieler. Sekunden später griffen sie nach den Colts. Dodson zuckte mit den Achseln. „Ihr Vater bekam die Kugel mitten ins Herz. Wir begruben ihn auf dem Boothill vor der Stadt.

    „Cold Chuck Warnock, wiederholte Brian und spürte, wie ihn ein fiebriger Schauer durchlief. „Ist es ein Digger?

    Dodson verzog den Mund. „In dieser Stadt und im Umland, bis hinauf in die Big Belt Mountains und hinüber nach Anaconda, gibt es zwei Kategorien von Menschen. Das sind zum einen die Redlichen, die Rechtschaffenen und zumeist Harmlosen, die das Gold hergelockt hat und die die Erde aufwühlen wie Maulwürfe, oder jene, die nach Bozeman gekommen sind, um hier als Handwerker und Geschäftsleute fußzufassen und die von einem städtischen Gemeinwesen und von Gesetzmäßigkeit und Ordnung träumen. Zum anderen sind es die Goldlandhyänen, jene also, die ebenfalls das verdammte Gold hergelockt hat, die aber nicht daran denken, sich die Hände mit Arbeit schmutzig zu machen. Zu ihnen zähle ich die betrügerischen Geschäftemacher und Spieler, die Saloonbesitzer und Abenteurer, die Sattelstrolche und Flittchen, die sich in Bozeman und auf den Goldfeldern ein Stelldichein geben. Und zu dieser Sorte gehört auch Cold Chuck Warnock. Er arbeitet für John Spencer."

    Brian, der sich langsam wieder fasste, fragte: „Wer ist John Spencer?"

    Der Marshal lächelte bitter. „Spencer ist auf dem besten Wege, der ungekrönte King in Bozeman zu werden. Er weiß wahrscheinlich selbst schon nicht mehr, wie viele Claims ihm mittlerweile gehören und wie viele Männer für ihn arbeiten. Alleine in der Stadt besitzt er vier Saloons, eine Tanzhalle und zwei Spielhöhlen. Auch diese Etablissements sind Goldgruben. Er verdient so viel, dass er Kredite an die Digger vergeben kann, wenn sie finanziell am Ende sind. Aber denken Sie nur nicht, dass ihn die Nächstenliebe leitet. Er erkauft sich mit seinem Geld sozusagen eine leicht zu gängelnde Anhängerschaft. Spencer ist der Hecht im Karpfenteich. Auf seiner Lohnliste stehen ein ganzes Rudel Schnellschießer und Schläger."

    Brians Interesse erwachte. „Das heißt, dieser John Spencer gehört zur rücksichtslosen Sorte, bemerkte er. „Wie kommt er zu den Claims? Es dürfte im Land wohl keinen freien Fleck mehr geben, den man sich als Claim eintragen lassen könnte.

    „Ganz einfach. Er erwirbt sie. Im Goldland zählt ein Menschenleben nicht viel. So mancher, der fündig wird und mit den Taschen voller Gold in die Stadt kommt, landet - ausgeraubt bis auf den letzten Nugget - auf dem Friedhof. Andere geben auf, weil sie resignieren, oder weil sie fürchten,

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