Mordsmordfälle: Das Ölbild
Von Lutz LEOPOLD
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Über dieses E-Book
Um einen abgelegenen Bauernhof des Waldviertels ranken sich viele Gerüchte und Legenden. Der Hausherr hat sich erhängt. Die Frau ist im Kindbett gestorben und spukt. Das Kind ist verschwunden und geistert im Wald.
In dem verlassenen Haus entdeckt Gerhard ein Ölbild, mit einer schönen jungen Frau. Sie fasziniert ihn. Im Gasthof des nahegelegenen Städtchens lernt er Hanna, die der Frau auf dem Ölbild gleicht, kennen. In sie verliebt er sich.
Hannas Eltern werden ermordet. Die Ermittlungen führen zu dem 18 Jahre zurückliegenden Verbrechen.
Inspektor Hilde Mörth kann Hauptmann Moser die Hinweise liefern, die zur Aufklärung der Mordfälle führen.
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Mordsmordfälle - Lutz LEOPOLD
1 Juni Samstag
Das junge Paar wandert am Nachmittag im Waldviertel bei Gföhl in Richtung Jaidhof durch die Waldlandschaft. Es ist warm, sonnig und ruhig. Die Vögel zwitschern, die Bienen summen, eine beruhigende Stimmung.
„Schau Gerhard, wie romantisch. Ein Gehöft am Waldrand. Weit und breit keine Nachbarn."
„Wirklich Flora, hier könnte man leben, bestätigt Gerhard. „Lass es uns näher besichtigen.
Sie kommen näher ran. Zwischen den üppig wuchernden Sträuchern wird das bröckelnde Mauerwerk sichtbar. Das Holz der Fensterrahmen ist grau und verwittert. Einzelne Scheiben sind zerbrochen.
Flora stellt enttäuscht fest, „das ist ja eine Ruine."
Gerhard lässt seinen Blick über das Anwesen gleiten, „unbewohnt sicher, doch gut erhalten." Er prüft an den Türen und findet eine offen. Die Angel quietscht, als er sie aufstößt.
„Du, da dürfen wir nicht hinein", wehrt Flora ab.
Gerhard lässt sich nicht abhalten und dringt ein. Vorsichtig, dicht an ihn gepresst, folgt ihm Flora. Sie gehen in dem halbdunklen Flur nach vor. An der Stirnfront des L-förmigen Gebäudes endet der Gang in einer schlossartigen Halle. Große Glastüren gehen auf eine davor liegende breite Terrasse. Schwach dringt das Sonnenlicht durch die unbeschädigten trüben Scheiben in den nach Südwesten ausgerichteten Raum. Es ist hell und wirkt trotzdem düster.
„Wow, das ist kein einfacher Bauernhof, staunt Gerhard. „Schau, dieser Stiegenaufgang, die Butzenfenster und der Marmorboden. Hier haben reiche Leute gewohnt.
Flora staunt. Die schweren mit einer dicken Staubschicht bedeckten Eichenmöbel, die kaum beschädigt sind, beeindrucken sie. Neugierig geworden meint sie, „lass uns rauf schauen."
Sie steigen vorsichtig die massive Stiege hoch. Die Akustik der Halle verstärkt das Knarren des Holzes. Etwas huscht vor ihnen davon. Oben finden sie die eingerichteten Schlafzimmer vor. Auch hier ist alles verstaubt, die Stoffe sind zerschlissen, und doch ist noch alles vorhanden. Die Vorhänge gehen mit den Spinnweben ineinander. Es herrscht halbdunkel. Durch die schmutzigen Fenster und staubigen Vorhänge dringt nur wenig Licht von außen herein.
„Wie lange das wohl leer steht. Unheimlich, als ob die Bewohner es nur für einen Sprung verlassen haben."
„Lass uns wieder gehen", bettelt Flora.
„Schauen wir uns noch die unteren Räume an." Gerhard will alles sehen. Ihm gefällt das Haus. Er will sich nach dem Besitzer erkundigen.
Flora gibt nach und sie stöbern auch in den unteren Räumen. Sie finden Salon, Küche, Badezimmer und Weiteres. In einer Kammer, eher ein Abstellraum, hängt gegenüber dem Fenster, ein riesiges Ölgemälde. Die untergehende Sonne wirft ihre Strahlen durch die matten Scheiben des Fensters, sodass das Bild geheimnisvoll zu strahlen beginnt.
Das Gemälde, eine junge Frau mit Kind, fasziniert Gerhard. Eine Madonna? Mit offenem Mund geht er rückwärts an die Seitenwand. Da spürt er im Rücken einen spitzen Druck. Entsetzt hebt er die Hände. „Was wollen Sie?"
Flora ebenfalls in das Bild versunken, schreckt auf. „Weshalb hältst du die Hände hoch, meint sie mit einem verwunderten Blick auf Gerhard. „Du stehst vor der Mauer.
Gerhard dreht sich um und sieht, dass er an einem an der Wand aufgehängten Holzrechen lehnte. „Oh, ich glaube, auch ich sehe bereits Gespenster."
Die Sonne ist hinter den Bäumen versunken. In der Kammer ist es schlagartig dunkel geworden. Die Frau auf dem Bild ist kaum mehr zu erkennen.
„Ich glaube, wir haben die Frau heute schon gesehen", meint Flora als sie das Haus verlassen.
„Du spinnst, dem Rahmen nach, ist das Bild sicher hundert Jahre alt."
„Die unteren Räume waren mir unheimlich, bohrt Flora weiter. „So schummrig, voller Schatten.
Gerhard lacht, „es ist finster geworden, das ist alles. Schade, dass ich kein Geld habe, das Haus würde mir gefallen."
„Auch wenn wir Geld hätten, könnten wir hier in der Einschicht nicht leben. Vergiss es."
„Das werde ich schon. Lass uns im Gasthof etwas Ordentliches essen."
„Du denkst immer nur an das Eine", schmollt Flora.
„Richtig, doch das machen wir erst nach dem Essen", lacht Gerhard.
Geduscht und umgezogen nehmen sie in der Gaststube Platz. Der mittelgroße Raum, ein Gewölbe, ist fast voll. Von den Gästezimmern sind nur vier belegt. Die übrigen Speisegäste stammen aus dem Ort oder der Umgebung.
Nachdem sie bestellt haben und bereits die Suppe essen, setzt sich ein älterer Mann in einem blauen Arbeitsgewand zu ihnen an den Tisch. „Ihr habt doch nichts dagegen? Ich habe gesehen, wie ihr unser kleines Städtchen besichtigt habt."
„Ja, wir haben uns kurz die Kirche angesehen, sind dann aber ins Umland gewandert." Gerhard ist zwar etwas verstimmt, weil er mit Flora alleine sein will, doch bleibt er höflich.
„Später sah ich euch zum Hornberghof gehen. Mir gehört der Hof ungefähr einen Kilometer entfernt. Mein Hof liegt fast auf der Grenze zwischen den Gemeinden Jaidhof und Gföhleramt."
„Meinen Sie das unbewohnte Gebäude? Wissen Sie, wem es gehört?" Gerhard erregt sich. Der Mann kennt vielleicht die Geschichte des Hauses.
Der Mann kichert, „gehört? Das weiß niemand. Seit fast zwanzig Jahren steht es leer. Es heißt, eine Frau ist dort im Kindbett gestorben. Das Kind, ein Bub lebt angeblich noch und soll rächend durch den Wald ziehen. Die Leiche der Mutter ist verschwunden. Sie soll noch immer durchs Haus wandern."
Flora muss lachen, „wir waren drin und uns hat sie nicht begrüßt."
Der Mann bekreuzigt sich. „Wenn dann, stammelt er, „würden Sie nicht mehr hier sitzen. Sie schickt alle jungen Frauen zur Hölle.
„Ach und was macht sie mit den Männern", grinst Gerhard.
„Die treibt sie in den Wahn. Früher war in dem Haus neben der Kirche, gleich gegenüber dem Pfarrhaus, ein Pflegeheim untergebracht."
„Für Wahnsinnige?" Gerhard muss sich auf die Zunge beißen und dreht sein Gesicht zur Seite.
„Ja, immer wieder haben sich leichtsinnige Burschen in das Haus begeben. Furchtbar, wie sie endeten." Er bekreuzigt sich zum zweiten Mal.
„Jetzt nicht mehr?"
„Jeder vernünftige Mensch meidet das Haus, auch das Land rundherum. Deshalb wurde das Gebiet auch an die Gemeinde Jaidhof abgegeben. Die Priesterbrüder dort wissen, wie sie damit umgehen müssen."
„Dann sind die Brüder, die Eigentümer?"
„Nein, ich meinte, die Gemeindegrenze wurde neu gezogen. Eben rund um den Grund des Hornberghofs. Gehören tut es einem Amerikaner. Ich habe die Wiesen über eine Anwaltskanzlei gepachtet."
„Und keine Angst, dass die geheimnisvolle Mutter Sie in den Wahnsinn treibt?"
„Ich arbeite nur am helllichten Tag auf den Feldern. Glaubt mir, ihr seid in großer Gefahr."
„Was ist mit dem Buben, der im Wald sein Opfer sucht?"
Inzwischen bekommen sie ihren Schweinsbraten mit Knödel.
„Scherzt nur. Ihr werdet es bereuen." Der Mann begibt sich mit seinem halb vollen Bier an einen anderen Tisch. Dort wird er grinsend von zwei anderen Männern begrüßt.
Flora und Gerhard machen sich noch kurz über den seltsamen Bauern lustig. Als