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Gerald und Sonja: Eine Schülerfreundschaft
Gerald und Sonja: Eine Schülerfreundschaft
Gerald und Sonja: Eine Schülerfreundschaft
eBook192 Seiten2 Stunden

Gerald und Sonja: Eine Schülerfreundschaft

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Über dieses E-Book

Gerald und Sonja sind Schüler der Oberstufe. Sie leben zu einer Zeit, in welcher es noch keine Computerspiele und Handys gibt. Beim gemeinsamen Spiel im Sandkasten sind sie sich das erste Mal begegnet. Sie wohnen in demselben Haus und lernen in derselben Schulklasse. Ihre Freundschaft ist eine persönliche Beziehung, die auf gegenseitiger Sympathie, Vertrauen und Unterstützung beruht, nicht aber auf Verwandtschaft, oder auf einem sexuellen Verhältnis. Aus den früheren, vereinzelten Gemeinsamkeiten, ist ein regelmäßiges Verbringen ihrer Freizeit geworden. An ihrem Lieblingsplatz am Waldrand, können sie sich austauschen und gegenseitige, emotionale Unterstützung finden.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum17. Apr. 2019
ISBN9783748265030
Gerald und Sonja: Eine Schülerfreundschaft

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    Buchvorschau

    Gerald und Sonja - Bruno Etter

    Darf die Waldhütte stehen bleiben?

    Ein großartiges Wetter war es in den letzten Tagen nicht, das Gerald und Paul zwang, viel Zeit drinnen zu verbringen. Die Herbstferien hätten sich die beiden Brüder anders vorgestellt. Immer wieder zogen tiefliegende Wolken über das Lindenquartier und zeitweise regnete es in Strömen. Aber heute zeigt sich das Wetter wieder von einer freundlicheren Seite.

    Als Gerald die schweren Gardinen zur Seite schiebt, dringen Sonnenstrahlen durch die schmalen Schlitze der Fensterläden. Einen Moment hält er inne. Mit seinen Gedanken ist Gerald schon im nahen Wald, wo er mit Paul, Markus und Sonia mit dem Bau einer Hütte begonnen hat. Die Fensterläden öffnend sagt er zu Paul, der immer noch im Bett liegt:

    «Bei diesem Wetter können wir heute weiterfahren mit der Hütte. Wir brauchen noch Tannäste und auch andere, dickere Äste als Stützen.»

    Sich die Augen reibend antwortet Paul mit gedämpfter Stimme: «Ja, aber wir müssen sie an einem Ort bauen, wo sie nicht auffällt. Die Holzsammler nehmen alles, was ihnen in die Hände fällt.» Seufzend erhebt er sich und setzt sich auf den Bettrand.

    «Das Holz ist rationiert und teuer – die ärmeren Leute können es sich kaum leisten, Holz zu kaufen. Auch wenn das Sammeln im Wald verboten ist, probieren es die Leute immer wieder. Vorerst haben wir jetzt das Problem, Holz zu finden», sagt Gerald besorgt.

    «Haben nicht kürzlich beim Heidenstein die Forstarbeiter einige Tannen gefällt?», kommt es Paul in den Sinn.

    «Ja natürlich. Aber die Tannen wurden gefällt, weil sie vom Borkenkäfer befallen waren. Und wie mir bekannt ist, wird vom Käfer befallenes Holz verbrannt», antwortet Gerald, der immer noch am Fenster steht und nachdenklich in den vom Vater gepflegten Gemüsegarten blickt.

    «Wo soll denn das Holz für unsere Hütte herkommen? Der Wald ist groß und der Förster kann nicht überall gleichzeitig sein. Holen wir das Holz, wo wir es finden – auf gut Glück», erwidert Paul, der jetzt in seine kurze Hose schlüpft und den wollenen Pullover mit dem Zopfmuster über den Kopf zieht.

    «Vielleicht wäre es besser, wenn wir unser Vorhaben zuerst mit dem Förster absprechen», meint Gerald.

    «Nein, auf gar keinen Fall», erwidert Paul abwinkend. «Er würde nicht gestatten, dass wir eine Hütte bauen. Wir müssen sie gut im Dickicht verstecken – dort wo er …» Paul wird unterbrochen durch die aufgehende Zimmertür. Im Türrahmen steht die Mutter und sagt zu den Buben:

    «Na, habt ihr gut geschlafen nach der gestrigen Aufregung?»

    Fast jeden Abend wiederholt sich dasselbe Theater beim Zubettgehen. Schon um neunzehn Uhr müssen die beiden Brüder das Bett aufsuchen. So will es die Mutter haben – auch wenn sich Paul heftig dagegen sträubt. So wie gestern Abend, als Paul einfach keine Lust zum Schlafen hatte. Sobald die Mutter die Zimmertür hinter sich zugezogen hatte, verließ er das längsseitig an der Wand stehende Bett wieder. Dabei musste er über Gerald steigen und in der Dunkelheit tappend den Lichtschalter suchen. Aber der aufmerksamen Mutter entgeht nichts, sie hat Paul bemerkt und ihn, eine Strafe ankündigend, wieder ins Bett beordert.

    «Neben Paul zu schlafen ist manchmal eine Qual – so wie gestern Abend», sagt Gerald leicht gereizt. «Er ist unruhig und das stört mich. Ich möchte ein Bett haben für mich, Mama.»

    «Es ist einfach zu früh um neunzehn Uhr», wirft Paul dazwischen, noch bevor die Mutter etwas sagen kann. «Die anderen Kinder müssen erst um zwanzig Uhr ins Bett.»

    «Wir werden sehen», sagt die Mutter ruhig. «Kommt jetzt in die Küche – Papa ist schon am Frühstücken.»

    Der Vater, der jeweils der Erste auf den Beinen ist, ist es gewohnt, das Frühstück gleich für alle zuzubereiten.

    «Heute haben wir eine große Arbeit vor uns», sagt der Vater, als sich die Buben an den Tisch setzen. «Ich habe beim Förster einen Baum gekauft, den wir heute fällen werden. Herr Gerber von nebenan wird mir dabei helfen – und auch eure Mitarbeit brauche ich. Ihr wisst ja vom letzten Jahr wie das geht.»

    Einen Moment bleibt es still. Die Tasse an den Mund geführt, bläst Gerald auf das noch heiße Kakaogetränk. Dann sagt er mit leiser Stimme: «Papa, wir hatten schon lange vor, eine Waldhütte zu bauen. Werden von diesem Baum noch ein paar Äste übrigbleiben?»

    «Das lässt sich sicher einrichten. Wo habt ihr denn vor, eine Hütte zu bauen?»

    «Beim Scheibenstand», sagt Paul. «Dort haben wir schon einige Äste versteckt. Hoffentlich hat sie niemand gefunden.»

    «Beim Scheibenstand?» fragt der Vater verwundert. «Der zu fällende Baum steht … na ja, wir werden ja sehen.»

    «Warum nehmen wir nicht gerade zwei Bäume?», will Paul wissen.

    «Nein, das geht nicht. Ich habe den einen Baum zusammen mit dem Förster ausgesucht – und bereits bezahlt», sagt der Vater. «Der Förster sagt, welche Bäume gefällt werden können - nicht wir. Und übrigens: Einen solchen Baum zu fällen und ihn in Teilstücke zu zersägen, ist viel harte Arbeit. Einen zweiten Baum würden wir nicht schaffen.»

    «Ist Sonja auch dabei?», fragt Gerald, der nachdenklich eine Brotscheibe mit Johannisbeerenkonfitüre bestreicht.

    «Ja, Herr Gerber sagte mir, sie werde auch mithelfen», antwortet der Vater.

    «Dann können wir heute keine Hütte bauen», meint Paul mit grimmiger Miene zu Gerald.

    «Wir müssen zuerst einen geeigneten Platz finden», antwortet Gerald.

    Die Mutter, welche schon wieder mit Stricken beschäftigt ist, sagt nachdenklich: «Die Hütte müsst ihr dort bauen, wo Papa den Baum fällt. Oder wollt ihr die Äste noch weit im Wald herumtragen?»

    «Die Äste, welche wir beim Scheibenstand versteckt haben, kommen ja auch nicht alleine zu einem anderen Standort», meint Gerald. Sich an Paul wendend fährt er fort: «Wir fragen noch Markus und Dora, ob sie auch mithelfen.»

    «Ja, die werden sicher auch mit dabei sein», kommt es wie geschossen aus Pauls Mund. «Und auch Willi!»

    «Wenn ihr noch einige Helfer auftreiben könnt, ist das von Vorteil», sagt der Vater. «Es gibt viele Kleinarbeiten. Am besten geht ihr gleich los. Danach geht ihr alle zum alten Schützenhaus und wartet dort auf mich und Herrn Gerber.»

    Gerald trinkt noch seine Tasse leer, dann schlüpft er in seine Schuhe und sagt: «Komm Paul, wir gehen zu Markus!»

    Markus, der ein Jahr älter ist als Gerald, wohnt gleich im Haus gegenüber. Er ist leicht behindert. Irgendwie scheint etwas nicht zu stimmen mit seinem Kopf, den er nicht gut drehen kann, weil der Nacken ein wenig versteift ist. Beim Spielen mit den anderen Kindern scheint ihn das nicht heftig zu stören, er macht überall mit. In der Schule ist er ein Jahr zurückgeblieben. Seine Schwester Dora kommt zwar in der Schule besser voran, bringt aber öfters wegen schlechten Benehmens Strafaufgaben nach Hause. Markus und Dora haben nicht viel miteinander zu tun, sie gehen einander eher aus dem Weg.

    Als ob er gewusst hätte, dass Gerald und Paul schon am frühen Morgen etwas vorhaben, steht Markus beim Hauseingang und empfängt die beiden Brüder mit einem spöttischen Grinsen:

    «Ihr wollt doch nicht etwa zum Lindenhof gehen, um Nüsse zu sammeln?»

    «Walnüsse kann man dort nicht mehr holen – Frau Hoch hat jetzt einen neuen Wachhund», antwortet Paul mit einem abwinkenden Handzeichen. «Willi hat es auch schon probiert und hat dabei Bekanntschaft gemacht mit dem jungen Sennenhund.»

    Der etwas abseits, hinter den letzten Quartierhäusern liegende Bauernhof, wirkt jedes Jahr im Herbst wie ein Magnet auf die Quartierbewohner. Das Objekt der Begierde ist zwei Walnussbäume, sowie zahlreiche andere Obstbäume. Der alte Sennenhund konnte den Hof nicht mehr ordentlich bewachen, was besonders Willi ausgenützt hat.

    «Unser Vater und Herr Gerber werden heute im Wald einen Baum fällen und wir müssen ihm dabei helfen», sagt Gerald zu Markus, der einen Apfel aus seinem Hosensack zieht und kräftig hineinbeißt. «Kommst du auch mit?»

    «Ja, ich bin dabei.»

    «Kommt Dora auch?»

    «Ich glaube nicht. Sie muss heute Morgen der Mutter bei Hausarbeiten helfen – vielleicht am Nachmittag.»

    Auf dem Weg zum Schützenhaus kommen die drei noch bei Willi vorbei. Er wohnt im letzten Haus an der Quartierstrasse. Unmittelbar neben dem Haus dehnt sich eine durch einen Lattenzaun abgegrenzte Wiese aus. Danach kommt der Zwahlenhof.

    Willi ist gleich alt wie Gerald, geht aber in eine andere Schulklasse. Für sein Alter ist Willi eher zu klein. Aus seinem rundlichen Gesicht gucken zwei spitzbübische Äugelein. Wie die anderen Buben trägt er immer kurze Hosen, die bis zu den Knien reichen und Kniesocken, die meistens durchlöchert sind. Willi ist im Quartier bekannt für seine Streiche und deswegen auch nicht gerade beliebt. Mit anderen Kindern liegt er oft im Streit und wenn ihn einer herausfordert, muss er gewandt sein, um seinen Schlägen auszuweichen.

    Als die drei Jungs bei Willi ankommen, ruft Paul laut seinen Namen: «Williii!», nichts regt sich. «Williii!», ruft Paul noch einmal. Dann geht das Fenster auf. Willi guckt erstaunt heraus.

    «Was habt ihr heute vor?»

    «Du weißt ja – die Hütte im Wald», sagt Gerald mit dem Blick zum oberen Stockwerk gerichtet.

    «Ja, was ist damit?»

    «Mein Vater fällt heute ein Baum und wir müssen ihm dabei helfen», antwortet Gerald. «Dafür bekommen wir die Äste, dann können wir unsere Hütte bauen. Kommst du auch gleich mit?»

    «Ich komme, wartet auf mich!», tönt es von oben. «Ich muss nur noch schnell …», dann ist er weg vom Fenster.

    Die Buben müssen nicht lange warten, dann kommt er die Treppe heruntergerannt. In der einen Hand ein großes Stück Brot und in der anderen Hand einige Walnüsse.

    «Hast du die Nüsse beim Lindenhof geholt?», fragt Gerald neugierig.

    «Nein, dort traue ich mich nicht mehr hin. Der junge Sennenhund ist sehr wachsam. Er liegt immer auf einer Matte neben dem Hauseingang. Wenn sich jemand dem Hof nähert, rennt er laut bellend los.»

    Willi steckt seine Nüsse in den Hosensack, in welchem sich schon viel anderer Kram befindet, dann fragt er:

    «Wohin gehen wir jetzt?»

    «Zum Schützenhaus. Dort sollen wir aufwarten», sagt Gerald kurz. «Kommt, wir gehen!»

    Der Weg zum Schützenhaus führt beim Zwahlenhof vorbei. Als die Kinder neben dem Geräteschopf vorbeischreiten und die Sicht zum Schützenhaus frei wird, ruft der den anderen vorausschreitende Markus:

    «Sie sind schon dort vorne!»

    «Kommt!», sagt Gerald und beginnt zu rennen. Die anderen hinterher – nur Willi, der immer noch an seinem Brot beißt, trottet gemütlich weiter.

    «Gut, dass ihr kommt», sagt der Vater zu den Buben, als diese außer Atem ankommen. Nach einer kurzen Begrüßung stoßen die Kinder den Wagen, welcher vom Bauer zur Verfügung gestellt wird, eine leichte Anhöhe hinauf zum Wald. Nicht ganz zufällig stößt Sonja neben Gerald am Wagen. Die beiden verstehen sich gut. Sie besuchen dieselbe Schulklasse und legen den langen Schulweg meistens gemeinsam zurück. Bei den täglichen Schulaufgaben helfen sie sich gegenseitig – nur selten benötigen sie die Hilfe ihrer Eltern. Sonja ist mit einem kniedeckenden Rock und bunten Kniesocken, welche sie schon selber strickt, immer gut gekleidet. Wie viele andere Mädchen sind ihre langen Haare in zwei über die Schultern hängende Zöpfe geflochten.

    Am Waldrand angekommen, sagt Gerald zu seinem Vater:

    «Papa, können wir hier einen Moment auf Willi warten?»

    «Nein, die Zeit ist knapp, wir warten nicht auf Willi. Wenn er ja wollte, hätte er uns längst einholen können. Wir sind schon bald bei unserem Baum.»

    Die beiden Männer ziehen kräftig an der Lenkstange und erhöhen das Tempo. Kurz vor einer Rechtsbiegung machen sie Halt.

    «Wir lassen den Wagen hier stehen», sagt der Vater. «Ich zeige euch, wo der Baum steht, dann können wir sofort anfangen.»

    Vor einer Tanne mit einer roten, vom Förster angebrachten Markierung, bleibt er stehen und sagt:

    «Diese Tanne werden wir jetzt fällen. Während Herr Gerber und ich mit Sägen beschäftigt sind, könnt ihr Kinder euch um einen geeigneten Standort für eure Hütte kümmern. Am besten baut ihr sie in der Nähe.»

    Sonjas Vater, der beim Wagen zurückblieb, kommt jetzt mit der langen Handsäge. Kurz wird besprochen, in welche Richtung der Baum fallen soll. Dann knien sie sich auf den Waldboden, jeder auf eine Seite des Baumes. Die herumstehenden Kinder schauen interessiert zu – sie wollen sehen, wie der Baum fällt.

    Alle in Gedanken versunken merken nicht, dass plötzlich der Willi hinter ihnen steht.

    «Ich weiß, wo wir die Hütte bauen können», sagt er mit einem etwas spöttischen Lächeln. Dann klaubt er eine Walnuss aus seiner Hosentasche, hält sie gegen einen Baumstamm und schlägt mit einem Stein heftig darauf.

    «In der Nähe?», fragt Markus interessiert.

    Willi nickt.

    «So zeig es uns, dann können wir den Platz einrichten», sagt Paul, der Willi am nächsten steht. «Jetzt, wo die Werkzeuge hier sind, sollten wir die Gelegenheit nutzen.»

    «Dort zwischen den Jungbäumen», antwortet Willi mit einer Handgebärde zeigend. «Kommt!»

    Gerald, Paul und Markus folgen Willi, der zielstrebig auf eine Baumgruppe im Unterholz zugeht. Sonja überlässt die Standortsuche den Buben und schaut, wie die Männer

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