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Der 39 Millionen Euro Gewinn
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eBook217 Seiten2 Stunden

Der 39 Millionen Euro Gewinn

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Über dieses E-Book

Kaum gewinnt Papa Frank den Jackpot in 6 aus 49, kaum träumt seine Familie von Weltreisen, Kreuzfahrten, Luxushotels, Urlaub, Sonne, Strand und Meer, da fängt das Chaos an. Denn Frank kann nicht mit Geld umgehen, lehnt aber jede Hilfe ab. Zwei Jahre, vielleicht auch nur eins, und die 39 Millionen Euro sind alle. Verzweifelt versuchen seine Frau und seine Kinder das Schlimmste zu verhüten. Als er dann Arm in Arm mit der attraktiven Immobilienmaklerin Irma Ärmchen gesichtet wird, scheint Frank den Bogen wirklich überspannt zu haben.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum21. Mai 2019
ISBN9783730905142
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    Buchvorschau

    Der 39 Millionen Euro Gewinn - Jürgen Müller

    Erstes Kapitel

    „Geldgeschenke sind wirklich fantasielos. Besonders die kleinen." (Hans-Dieter Schütt)

    „Du musst mich mit dem Auto abholen, Daniel! Papa hat angerufen. Es ist etwas passiert. So aufgeregt, wie er war, sicher etwas ganz Furchtbares."

    Mutter sprach hektisch. Es dauerte lange, bis ich begriff, dass ich sie auf der Stelle abholen und heim nach Keillingen fahren sollte und nicht erst nach Büroschluss. Als ob ich kommen und gehen könnte, wie und wann es mir beliebte. Zum Glück war Monika Nier, meine Chefin, immer sehr verständnisvoll. Zehn Minuten nach dem Anruf war ich unterwegs.

    „Hierher, Junge! Mutter stand am Haupteingang der Privatklinik Rauhschindach und winkte verzweifelt mit dem Arm. „Hier bin ich. So mach doch, schnell.

    Ich half ihr beim Einsteigen. „Was ist passiert, Mama?"

    „Das weiß ich nicht. Papa sagte nur, ich solle sofort heim kommen. Und jetzt gib endlich Gas. Sicher geht es um Sekunden."

    Ich nickte ergeben und fuhr los. Bei Vater ging immer alles um Sekunden. Das kannte ich noch aus meiner Kindheit: Junge, du musst sofort aufstehen! Junge, du musst sofort den Ranzen packen! Junge, du musst sofort zur Schule! Junge, komm sofort zum Mittagessen! Junge, geh sofort zu Bett!

    „Stopp! Die Koffer!"

    Ich trat auf die Bremse, setzte die zwanzig Meter zurück, stieg aus und belud den Kofferraum, die Rücksitze und den Dachgepäckträger mit Mutters „allernötigsten" Sachen. Das Auto ging in die Knie, hielt der Belastung aber stand.

    „Du hast die Kur abgebrochen, Mama? Sechs Tage vor Schluss? Bloß wegen diesem Anruf?"

    „Beeil dich, Junge. Wie lange dauert das denn noch?" Mutter ignorierte meine Frage. Es war, als hätte ich sie nie gestellt. Zwecklos, sie zu wiederholen. Wenn Mutter nicht antworten wollte, dann wollte sie nicht antworten! Das kannte ich längst.

    Ich setzte mich wieder auf den Fahrersitz und griff betont ruhig nach dem Gurt. „Das mit den Koffern hätte ich mir aber überlegt. Sicher ist es gar nicht so schlimm. Wetten, dass die Sache mit Papa in fünf Minuten geklärt ist?"

    „Daniel, Junge, hör zu! Ich kenne Papa seit über dreißig Jahren, und er hat noch nie jemanden um Hilfe gebeten. Er kann nicht viel, ich weiß, aber wenn ihn niemand daran hindert, dann macht er alles, auch das, was er nicht kann! Papa ist ein Allesnichtskönner. Wenn er also sagt, es ist etwas passiert, dann ist etwas passiert. Und zwar etwas, an das selbst er sich nicht herantraut. Vielleicht haben wir einen Rohrbruch und er bekommt die Leitung nicht dicht und ist zu stolz, den Klempner zu rufen? Vielleicht ist –

    Himmel, der Teppich, die schönen Möbel, und erst das Parkett! Das kann man nach einem Wasserschaden doch alles wegwerfen. Ich darf gar nicht daran denken, was zuhause passiert sein kann. Und jetzt drück endlich auf die Tube; da hätte ich ja auch laufen können, so lahm wie du fährst. Ich hoffe nur, es ist nicht das Gas. Wenn dann noch jemand klingelt ..." Mutter biss sich auf die Unterlippe und schwieg in stiller Sorge um ihr Hab und Gut.

    Ich fuhr bereits neunzig, bei erlaubten siebzig, drückte aber gehorsam „auf die Tube".

    Der Tacho schnellte auf hundertzwanzig. Die Felsen an den Straßenrändern sausten nur so vorüber, ein vorbeihuschender Schatten musste ein Motorrad gewesen sein. Sicher war ich mir dabei nicht, so unvermittelt, wie es aus der Kurve geschossen und hinter der nächsten verschwunden war. Wir steckten mitten im Graunzer Rücken, durch den sich tiefeingeschnitten die Straße wand. Dahinter würden sie und das Land wieder flach und übersichtlich wie eine Schiefertafel werden.

    „Junge, rase nicht so! Verzweifelt klammerte Mutter sich am Sitz fest, ihre Fingerkuppen und selbst die Knöchel wurden weiß. „Reicht es nicht, dass unser Haus abgebrannt ist? Müssen wir unbedingt noch ins Krankenhaus.

    „Wer sagt, dass euer Haus abgebrannt ist? Papa?"

    „Nein, niemand. Aber was soll es sonst sein? Wegen ein bisschen Wasser hat er bestimmt nicht angerufen, wenn ich es mir recht überlege. Da war ich vorhin auf dem Holzweg. Und bei Gas macht man, glaube ich, einfach nur die Fenster auf und dreht den Gashahn zu; das schafft sogar Papa. Und sollte er ... Huch! Nicht so doll." Die Fliehkraft drückte sie trotz Sicherheitsgurt gegen die Türscheibe. Ich lächelte still in mich hinein.

    Ich nahm den Fuß vom Gas, es ging bergan, der Wagen drohte auszurollen. Jemand hinter uns hupte zornig. „Besser so, Mama?"

    In Gedanken beglückwünschte ich mich, nicht Taxifahrer geworden zu sein und meistens ohne Mitfahrer fahren zu dürfen.

    Sie sah mich entnervt an. „Und ich dachte, du hättest den Führerschein ohne Tricks gemacht. Hast du den Fahrlehrer bestochen?"

    Ich entschied mich für den Mittelwert und fuhr mit hundertfünf Sachen weiter, egal ob es durch freie Strecke, Geschwindigkeitsbegrenzungen oder durch enge Kurven ging. Der Wagen scherte ein paar Mal aus, aber ich hatte ein Sicherheitsfahrtraining absolviert und bekam ihn immer wieder rasch in Griff. Michael Schumacher hätte es nicht besser gekonnt. Trotzdem schlingerten wir mitunter ganz schön dahin. Mutter schluckte, schloss die Augen und sagte nichts mehr. Ich atmete auf.

    Mit Mutter war heute einfach nicht zu reden. Vater hatte sich vielleicht nur heftig beim Rasieren geschnitten oder wusste nicht, ob man die Spagetti nun nach dem Kochen nicht abschrecken sollte oder vielleicht doch, und sie machte ein Theater, dass es weh tat. Aber so sind halt manche Ehefrauen. Erst lassen sie ihre Männer ganze sechs Wochen allein, und dann bringen sie sich vor Sorge um sie fast um. Ich hoffte nur, dass meine Frau Ronja später nicht auch so wurde.

    Endlich waren wir da. Das Haus meiner Eltern stand noch. „Na bitte. Nichts passiert."

    Mutter wühlte in ihrer Handtasche. „Das besagt noch gar nichts. Wer weiß, wie es drinnen aussieht. Vielleicht liegt Papa leblos am Boden und hat einen Zuckerschock."

    „Mama, Papa hat keinen Diabetes."

    Sie wühlte noch tiefer in der Handtasche. „Zur letzten Untersuchung hatte er keinen. Außerdem war es nur ein Beispiel. Bei Männern in seinem Alter muss man mit allem rechnen."

    „Mama, Papa ist einundfünfzig. Du sprichst von ihm, als wäre er neunzig. Außerdem geht er jedes Jahr zur Vorsorge."

    „Auch Ärzte können etwas übersehen! Ihre Hand irrte von einer Ecke der Handtasche zur nächsten. „Daniel, wenn du wüsstest, was die anderen Kur-Teilnehmerinnen in dieser Hinsicht alles erlebt haben. Ich sage dir, du würdest ohne Arzneischrank und persönliche Krankenschwester keinen Schritt mehr aus dem Haus wagen.

    „Was suchst du da?"

    „Die Wohnungsschlüssel. Wo stecken sie nur? Sie müssen doch da sein."

    Ich seufzte und drückte auf die Klingel.

    „Nicht, Junge, das Gas!" Die Arme über dem Kopf gekreuzt, stolperte Mutter rückwärts davon.

    Ich erwischte gerade noch den Riemen ihrer Handtasche und zog beide wieder zu mir heran. „Es gibt keine Überschwemmung, keinen Gasausbruch und keinen Alterszucker, begreif das doch! Ich werde mit Papa schimpfen müssen, dass er dir einen solchen Schrecken eingejagt hat. Ich hoffe nur für ihn, er hatte einen halbwegs guten Grund."

    Einen Moment später öffnete Vater. Er wedelte wie verrückt mit einem Lotto-Spielschein vor unseren Nasen herum und zerrte uns ins Haus. Erst als die Tür geschlossen war, öffnete er den Mund.

    „39 Millionen 632 Tausend und 712 Euro und 80 Cent! Sechs Richtige mit Superzahl! Ich konnte es dir nicht am Telefon sagen, Ute. Ich wollte dein Gesicht sehen, wenn du es hörst. Vielen Dank, dass du sie hergefahren hast, Daniel. Ich hätte vor Aufregung einen Unfall gebaut."

    Geduldig wartete Vater die halbe Minute ab, die Mutter und ich mit Räuspern und krampfhaftem Schlucken und fassungslosem Kopfschütteln vertaten.

    Endlich waren wir wieder in der Lage, halbwegs vernünftig zu denken und unsere Gedanken zu artikulieren.

    „Hast du die Zahlen genauestens überprüft, Papa?" Ich wollte Vater den Spielschein aus der Hand nehmen, doch Mutter trat zwischen uns.

    „39 Millionen Euro! Ich – wir – wenn – Wahnsinn ..."

    Ich wollte sie beruhigen, brachte aber trotz allen Räusperns schon wieder keinen Ton heraus.

    Also schleppte ich lieber Mutters „allernötigste Sachen" aus meinem Auto und vom Dachgepäckträger ins Haus. Manchmal retten einen nur ganz banale Dinge vor dem Durchdrehen.

    Inzwischen schaffte Mutter es, drei Dinge gleichzeitig zu tun. Erstens murmelte sie wieder und wieder: „39 Millionen Euro, ich fasse es nicht!" Zweitens blickte sie alle paar Sekunden zum Fenster hinaus und hielt Ausschau, ob Ronja und meine Zwillingsschwester Daniela nicht endlich kamen, die Vater ebenfalls angerufen und hierher bestellt hatte. Drittens wühlte sie nebenbei in ihren Koffern und Reisetaschen nach dem verschwundenen Wohnungsschlüssel.

    Die Anzahl der noch nicht durchsuchten Gepäckstücke nahm Besorgnis erregend ab. Ich betete im Stillen, der Schlüsselbund würde sich noch im verbliebenen Rest finden. Ansonsten stand fest, dass Mutter ihn in ihrem Zimmer der Privatklinik Rauhschindach liegen gelassen hatte und ich noch mal mit ihr hinfahren durfte.

    Ich atmete auf, als ich Mutter wieder in ganzen Sätzen reden hörte.

    „Über ein Vierteljahrhundert spielen Papa und ich Lotto und haben nie etwas gewonnen. Und jetzt: Den Jackpot geknackt! Und niemand sonst hat unsere Zahlen getippt, es geht alles an uns." Blind vor Freudentränen tastete sie nach dem nächsten Papiertaschentuch. Drei hatten sich bereits in ihren zitternden Händen in durchweichte Klümpchen verwandelt. Lange konnte die Packung nicht mehr reichen. Mutter sah aus wie meine Kollegin Pauline bei ihrem schlimmsten Heuschnupfen.

    Benommen blickte sie zu Vater, der strahlend neben ihr stand, den Spielschein mit ebenfalls zitternder Hand als Beweis ihres Glücks so hoch es ging in die Luft gehalten.

    Der Computer war an. Die Homepage, auf der Vater heute am Montag nach der Gewinnhöhe und der Anzahl der Gewinner der Samstagabendziehung von 6 aus 49 geforscht hatte, flimmerte noch auf dem 22-Zoll-Flachbildschirm, aber keiner schaute mehr hin. Der Betrag hatte sich uns dreien ins Gehirn eingebrannt.

    Vater hielt weiterhin wortlos den Spielschein empor, als bestünde sein Arm aus Gips und sänke ihm niemals wieder herab.

    Ich zückte mein Handy und fotografierte Vater, wie er so dastand. Ein Denkmal der Glückseligkeit. Meine Kinder und Enkel würden es noch staunend betrachten.

    Sofern es mir gelang, Ronja zu wenigstens einem Kind überreden zu können, natürlich nur. Ein Thema, dem sie seit Jahren konsequent aus dem Wege ging. Brachte ich doch die Rede darauf, gab es meistens Streit. Aber vielleicht kam sie später selbst damit an. Viele Frauen bekommen einen Kinderwunsch erst mit Mitte Dreißig, und Ronja war ja erst sechsundzwanzig. Allerdings hatte ich mit fünfunddreißig schon Vater einer Schar von Pubertierenden sein wollen. Es sah nicht gut aus mit der Erfüllung meines Kinderwunsches. Mein Blick wurde starr.

    Mutter hatte mit sich zu tun und merkte nichts von meinem Stimmungsumschwung. Sie lag mehr in ihrem Lieblingssessel, als dass sie saß. Sie konnte seit einer Weile nicht mehr stehen.

    Mutter wischte sich die Augen erneut aus. „39 Millionen 632 Tausend und 712 Euro und 80 Cent! Kinder, wir haben ausgesorgt, ab jetzt und für alle Zeiten! Nie mehr den ganzen Tag lang im Salon stehen und Haare waschen und färben und Spitzen schneiden und mit den grantigsten Kundinnen schöntun, bloß wegen dem bisschen Trinkgeld. Himmel, ich hätte schon bei 632 Tausend einen Freudensprung gemacht. Wird das Leben jetzt doll! Ich fasse es nicht. Wahnsinn."

    Sie war Friseurin, musste den ganzen Tag lang stehen und hatte sich erst letztes Jahr jede Menge unschöne Besenreißer aus Kniekehlen und Oberschenkeln entfernen lassen. Dennoch litt sie noch immer unter einer unsagbaren Angst vor Krampfadern, von denen sie annahm, dass sie sich früher oder später einfach bei ihr einstellen mussten. So richtig dicke blaue Schlangen, von den Knöcheln hinauf bis zur Hüfte. Hässliche, hervortretende, knotige blaue Schlangen, die man vor aller Welt verstecken musste, um sich nicht zu schämen. Nie mehr einen Rock tragen können, immer lange Hosen an, selbst bei der größten Hitze. Sich vor sich selbst ekeln. Das war ihr schlimmster Albtraum.

    Nicht mehr den ganzen Tag stehen müssen, die Füße hochlegen können, wann immer ihr danach war, schien für Mutter das Größte zu sein, was es zu erwerben gab. Selbst während der Kur, die sie eines anderen Leidens wegen von ihrer Krankenkasse zugesprochen bekommen hatte, war sie zusätzlich zu den medizinischen Maßnahmen jeden Tag gewandert und hatte Wasser getreten. Damit die Wadenpumpe die Venenklappen wieder in Form brachte, wie sie uns bei jeder Gelegenheit erklärte.

    Jetzt hatte sie schon wieder neue Sorgen. Zum Hundertsten Male starrte sie forschend zum Fenster hinaus. „Wo bleiben Daniela und Ronja denn? Du hast ihnen doch gesagt, dass sie sofort kommen sollen, Frank?"

    „Aber ja doch, Ute. Genauso, wie ich es auch Jan und Sara gesagt habe."

    Jan war mein jüngerer Bruder, lebte mal in dieser und mal in jener Wohngemeinschaft und machte sich, seit er sie mit sechzehn das erste Mal im Fernsehen sah, an jedes Mädchen heran, das der fünf Jahre älteren Jungschauspielerin Annika Asmus ähnlich sah. Sobald er dann ein Mädchen traf, das Annika Asmus noch mehr glich, war die alte Flamme vergessen, und er trennte sich von einem Moment zum anderen von ihr. Da waren schon viele Tränen geflossen. Nicht wenige Leute hielten Jan für einen Schuft. Ansonsten weiß ich nicht viel über ihn, bekomme ihn nur dreizehn, vierzehn Mal pro Jahr für jeweils ein paar Stunden bei den üblichen Anstandsbesuchen zu Gesicht; Weihnachten, Geburtstage, Ostern, Beerdigungen und so. Manchen Freund, manchen Bekannten kenne ich besser.

    Sara, meine kleine Schwester, war während Mutters Kur bei den Hierheimer Großeltern untergekommen und fuhr von dort aus mit dem Bus zur Schule nach Keillingen. Alle vier würden kommen, aber erst morgen am späten Vormittag. Vielleicht würden es auch fünf sein, Jan brachte meistens seine derzeitige Eroberung mit. Nur selten war eins seiner Mädchen öfter als zweimal bei uns gewesen. Nach mir oder unserem Vater war er in Hinsicht Treue nicht geraten. Außer Ronja hatte ich nie eine andere Frau gehabt, und bei Vater war es mit Mutter das Gleiche. Trotzdem hatte ich Jan sehr gern. Vielleicht musste er sich auch nur erst die Hörner abstoßen, wie man so schön sagt, dieser kleine Casanova.

    „Trotzdem, sie müssten längst da sein!"

    „Mama, bis Engelstädt sind es neunzehn Kilometer und bis Moosdörfel fünfzehn. Luftlinie! Das dauert eine Weile mit dem Auto. Sie können nicht fliegen."

    „Noch nicht. Was kostet denn so ein Hubschrauber?"

    Ich nahm die Frage, als was sie gedacht war – nicht ernst. Allerdings – bei Mutter wusste man nie. Besorgt sah ich sie an. Schnappte sie etwa über? War der plötzliche schier unermessliche Reichtum über ihren Verstand gegangen? Gewundert hätte es mich nicht.

    Das war aber auch ein Tag! Und dabei war es noch nicht mal siebzehn Uhr. Geschafft lehnte ich mich in meinem Sessel zurück und dachte sogleich wieder an den Gewinn.

    39 Millionen Euro! Ein gehöriger Teil, ich schätzte so drei bis fünf Millionen, würde auch für mich und Ronja abfallen. Meine Eltern liebten ihre Kinder und würden alles für uns tun, natürlich auch das Geld mit uns teilen. Nie mehr arbeiten, nie mehr ins Büro, nie mehr grübeln, was man sich leisten kann und was nicht. Sorgenlos von den Zinsen leben können. Nie mehr Angst vor drohender Arbeitslosigkeit und zu niedrigen Renten, nie mehr Existenzangst, ich und meine Frau und der Rest der Familie. Weltreisen. Kreuzfahrten. Luxushotels. Von mir aus konnten die Eltern und Schwiegereltern sogar mitkommen. Urlaub, Sonne, Strand und Meer. Unser ganzes restliches Leben würde Urlaub, Frohsinn und Glück sein. Und dabei war ich erst neunundzwanzig Jahre alt und hatte mich auf noch zirka drei und ein halb Jahrzehnte dröge Arbeit im Büro eingestellt. So richtig konnte ich es immer noch nicht fassen, es

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