Du kommst mir gerade richtig!: Mordsfidele Geschichten für quietschvergnügte Leser
Von Bernd Mannhardt
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Über dieses E-Book
"Schaurig schöne, bitterböse Kurzgeschichten, wunderbar geschrieben: Was blauäugig beginnt, wird schwarzhumorig gewandelt - und am Ende ist meist jemand tot." (Birgit Kleffmann/wir-besprechen-spannendes.de)
"Nicht immer geht es um Mord. Aber alle Erzählungen führen zu einem überraschenden Ende." | "Wortgewandtheit und Biss. Empfehlenswert." | "Bitterböse Shortstorys" - Fünf Sterne auf lovelybooks.de
Bestimmten Leuten kommt man besser gar nicht erst in die Quere – denn denen kommt man gerade richtig!
Spätestens nach der Lektüre dieser „mordsfidelen“ Geschichten ist man gewarnt vor windigen Werbeprofis, nachtragenden Stararchitekten und anderen manipulativen Zeitgenossen. Denn je charmanter desto hinterhältiger, aber – dem Autor sei Dank – immer zum großen Vergnügen für den Leser. Am Ende obsiegt nicht das Gute über das Böse oder umgekehrt, sondern stets die Pointe über die Moral.
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Buchvorschau
Du kommst mir gerade richtig! - Bernd Mannhardt
Motto
„Wohlerzogen zu sein,
ist heutzutage ein großer Nachteil.
Es schließt einem
von so vielem aus."
Oscar Wilde
Vorwort
Als Sie auf dem Umschlag Mordsfidele Geschichten lasen, schlussfolgerten Sie, Gemeines in den Händen zu halten? Bingo! Obwohl ich anmerken muss – und zwar in memoriam Dr. H., meines Deutschlehrers a.D., der verstarb, nachdem er sich an einer Buchstabensuppe verschluckt hatte, also ein gut Teil des in Lettern daherkommenden Teigs ihm in die falsche Röhre gerutscht und er daraufhin so erschrocken war, dass sein siebenundachtzig Jahre altes Herz erst zu stottern, dann auszusetzen begann (und dann wie ein überhitzter Motor nicht mehr ansprang); in Erinnerung an Dr. H., der mir viel über die deutsche Sprache und ihren korrekten Gebrauch beibrachte, will ich also vorab anmerken, dass das Präfix „Mords- von Hause aus weder Gutes noch Böses intendiert. Er stellt lediglich eine an sich wertfreie Vorsilbe dar, die das Adjektiv „-fidel
im Sinne von „sehr verstärken soll. Dr. H. würde in diesem Kontext wohl auch erläutern, dass präfixen – ’Tschuldigung, dieses Verb gibt es gar nicht, es sieht aber auf Papier einfach zu gut aus –, also dass der Gebrauch des Präfixes selbstverständlich auch bei Substantiven funktioniert und vermutlich würde Dr. H. den substantivischen Präfix „Mordsweib
zur Verdeutlichung anführen. Dies wiederum hätte nicht notwendigerweise etwas zu tun mit seiner 45 Jahre jüngeren ehemaligen Geliebten, die sich – so gehen zumindest die Gerüchte – des anhänglichen alten Sacks entledigen gewollt und daher zum Verwechseln ähnliche Plastikbuchstaben in die Suppe geschmuggelt hatte. Meiner Einschätzung nach hätte Dr. H. mit „Mordsweib" wahrscheinlich gar nicht seine Geliebte gemeint, sondern vielmehr seine bewundernswerte Ehefrau Hildegard, die gut informierten Kreisen zufolge ihn, Dr. H., so tapfer ertragen hatte.
Wie dem auch gewesen sein mag – in dem vorliegenden Büchlein ist von Zeitgenossen die Rede, mit denen wohl auch Dr. H. im richtigen Leben nicht die Bohne etwas zu tun hätte gehabt haben wollen. Von daher trifft es sich natürlich gut, dass die Charaktere und Handlungen allesamt frei erfunden sind, um nicht zu sagen erstunken und erlogen. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig.
Sie können die folgenden Seiten entspannt angehen und amüsiert oder gar quietschvergnügt in sie eintauchen. Verlag und Autor wünschen Ihnen präfixträchtig eine Mordsunterhaltung – auch wenn es gar nicht in allen Geschichten blutrünstig zur Sache geht (was aber nun gar kein Widerspruch sein muss, wie wir mit dem Vorwort hier hoffentlich haben klären können). Bernd Mannhardt
Die Performance
Es lässt sich wohl mit Fug und Recht behaupten, dass Manipulatoren immens wichtig sind, jedenfalls im technischen Bereich: Als Geräte beeinflussen sie nämlich Chemikalien auf eine bestimmte Wirkung hin oder formen Bauteile für Mikrochips – alles in allem mit sagenhafter Präzision.
Allerdings kommt allgemein eher weniger Freude auf, wenn wir an ihre Namensvetter aus Fleisch und Blut denken, also über Zeitgenossen sinnieren, die Herrschaft über Denken und Handeln Dritter erlangen wollen. Täuschungsmanöver dienen ihnen als hinterhältige Mittel zu profitablem Zweck, wenngleich der Nutzen nicht notwendigerweise materieller Natur sein muss: Allein das Glücksgefühl, jemanden wie einen Bären am Nasenring herumgeführt zu haben, ist solchen Manipulatoren oft Zweck genug – so verhielt es sich zumindest bei unserem Helden Manfred Köhler.
Köhler war CEO – Chief Executive Officer – einer Hamburger Werbeagentur. Leute, die ihn näher kannten, meinten, dass er einem gewissen manipulativen Tun schon von Berufs wegen nahe stände, seine eigentliche Tragik jedoch darin bestehe, diesbezüglich vor Privatem nicht Halt machen zu können – da sei ihm, so die einhellige Meinung seiner Freunde, Bekannten und Verwandten, möglicherweise nicht mehr zu helfen.
Aus Gründen publizistischer Redlichkeit sollte an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, dass sich die Lobbyisten der besagten Branche vom Begriff der „Manipulation seit jeher distanziert haben und stets wortgewandt zu erklären wissen, dass es in ihrem Business lediglich um „zwangfreie Beeinflussung
ginge, was wiederum mit dem „Reizwort Manipulation" nicht die Bohne etwas zu tun habe. Beeinflussung sei ja per se nichts Schlechtes, führen sie an: Beispielsweise würden Eltern ihre Kinder beeinflussen, damit aus ihnen etwas Anständiges werde.
Nach Köhlers Sichtweise waren diese Verlautbarungen allerdings nichts weiter als euphemistisch. Er vertrat da die entgegengesetzte Auffassung: Werber, die glaubten, um „Manipulation als Methode der Absatzpolitik herumzukommen, sollten „besser auf Moralprediger umsatteln
.
„Was soll es denn anderes sein als manipulativ, hatte Köhler unter Kollegen einmal rhetorisch gefragt, „wenn ich Äpfel mit transparentem Lack verziere und suggeriere, sie seien so vom Baum gefallen?
Köhlers Zugang zum Gegenstand der Betrachtung war ein rein pragmatischer. Im Foyer der Agentur hatte er ein provokatives Transparent an die Wand gehängt, worauf in schneeweißen Lettern auf feuerwehrrotem Untergrund zu lesen war: „Manipulieren, aber richtig!"
Köhlers Geschäft war das Produzieren von Werbespots und sein oben erwähnter Vergleich mit dem Obst war insofern nicht von ungefähr gekommen, als seine Agentur ihre Dienste vorwiegend im Food-Sektor offerierte. Zuletzt war es darum gegangen, das Publikum glauben zu machen, dass es durch den Verzehr eines bestimmten Instant-Foods das eigene Körpergewicht nachhaltig reduzieren könne.
Für diese Produktion hatte Köhler Sara Richter engagiert, sie sollte eine „Verbraucherin" mimen. Selbstverständlich war Sara im richtigen Leben Schauspielerin – mit makelloser Figur, die sie mit viel Sport und ausgewogener Ernährung auch halten konnte. Mit Leggins und Top betont luftig bekleidet, wurde Sara von der Regie auf den Rand eines muschelartigen Korbsessels platziert, wo sie wie angewiesen ihre wohlgeformten Beine dekorativ übereinanderschlug. Dann fiel auch schon die erste Klappe – Sara lächelte.
„Schnitt! Eine Schüssel mit einer breiartigen Substanz, in der ein Silberlöffel liegt, steht auf Saras flacher Hand. „Schnitt!
Sie hebt den Löffel voll Brei auf die Höhe ihres Kinns. „Schnitt! Sie hebt den Löffel noch ein Stückchen höher und befördert den Brei in ihren Mund. „Schnitt!
Ihre Zungenspitze schnellt hervor und leckt über die Lippen. „Schnitt! Sara lächelt, noch immer – dann aber: „Gestorben!
Dieser makaber anmutende Befehl, der aus dem Regieraum erklang, bedeutete, dass die Szenen „im Kasten", also gelungen waren.
Augenweide und Ansporn zugleich, dachte Köhler, als Sara in die Garderobe entschwand. Er musterte die Szenen und attestierte der jungen Schauspielerin im Geiste: Attraktiv wie begehrenswert.
Wenig später betrat Sara umgekleidet den Regieraum – Köhler lobte sogleich überschwänglich: „Lecker! Seine Augen glänzten sonderbar. „Jeden Tag in Wasser aufgerührtes Pulver …
Er grinste. „Mit dir zusammen könnt’ ich da vielleicht auf den Geschmack kommen."
„Na, wenn du das so sagst", sagte Sara gedehnt. Sie war sich ihrer Wirkung auf Männer durchaus bewusst und dass bei einigen von ihnen der Testosteron-Spiegel wie auf Knopfdruck ansteigen konnte, war ihr nicht unbekannt.
„Aber im Ernst, sagte Köhler, „wollen wir jetzt nicht was Richtiges essen gehen? – Du bist natürlich eingeladen.
Sara überlegte kurz und nahm das Angebot dann an. Testosteron hin oder her, dachte sie, wenn der Auftraggeber schon mal einlädt … Auch Sara war kein Kind von Traurigkeit.
Bloß nichts anbrennen lassen, dachte Köhler, der vor einem Jahr geschieden worden war – zum dritten Mal. Wahrscheinlich hatte seine allgemeine Einstellung zu Beziehungen nicht unwesentlich dazu beigetragen: „Das Leben ist zu kurz, um treu zu sein", war von ihm oft zu hören. Seine Ehefrauen hatten das offenbar gar nicht komisch gefunden.
Schöne Aussichten, sinnierte Köhler, als ihm Sara in einem Gourmetrestaurant an der Elbchaussee gegenübersaß. Und während sie überlegte, ob sie sich für gebackene Kabeljauzungen in Graupen-Safran-Sud oder für den Maibock-Rücken mit Spitzkohl und Kirschen oder doch lieber für das Sharonfrucht-Süppchen mit Rhabarbersorbet entscheiden sollte, attestierte Köhler bei ihrem Anblick: Erotische Ausstrahlung.
Er selbst war kein Adonis, das war ihm durchaus bewusst. Köhler schritt eher schmächtig und etwas schief gebaut durchs Leben. Er versuchte zwar, dies mit einer Art Künstler-Outfit zu kaschieren – sein schulterlanges Haar trug er zum Pferdeschweif gebunden und ein rotes Brillengestell aus Horn saß ihm markant im Gesicht –, aber ob’s wirklich nutzte, war ihm nicht bekannt. Bekannt war allerdings, dass sich einige seiner Kollegen