Spielverderber: Sechs böse Stücke
Von Bernd Mannhardt
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Über dieses E-Book
In »Zwicks Mühle« entzieht sich ein Programmierer einem perfiden Loyalitätstest, »Solowetz« wartet auf der Hütte in den Bergen vergeblich auf seine Verhaftung und ein sonderbarer Kunde bringt einen freundlichen Apotheker dann doch noch zur Verzweiflung - denn: »Liesbeth ist tot«. In Mannhardts Stücken verdirbt oftmals das vermeintliche oder tatsächliche Opfer das »Spiel« des Täters. Die von Radiosendern der ARD als Hörspiele gesendeten oder von Theatermachern auf die Bühne gebrachten Stücke haben auch im Falle größter Tragik immer eins gemeinsam: Es obsiegt die Pointe!
»Sechs wundervolle, ironische, spitzfindige Theaterstücke.« (lovelybooks.de)
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Buchvorschau
Spielverderber - Bernd Mannhardt
Die Stücke
Folgende Stücke wurden in den 90ern als ARD-Hörspiele produziert und gesendet: Liesbeth ist tot, Zwicks Mühle, Talk light (jeweils HR) und Solowetz (WDR). Das Stück Alpha liebt Gamma wurde 2006 unter dem Titel Wahnsinn eines Liebenden am Theater an der Rott uraufgeführt (Rechte 1987-2011: Grafenstein-Verlag, München). Spitzweg wurde unter dem Titel Ich und Spitzweg oder umgekehrt in der Darstellung und Inszenierung von Ulrich Radoy 1994 in Berlin uraufgeführt.
Transkriptionen der Hörspiele: Stefanie Saier, Birgit Voigt.
Lektorat der 2011 überarbeiteten Fassung von Spitzweg: Moritz Siegel.
Alle Rechte an den Texten, insbesondere für Aufführungen, Sendungen, Bearbeitungen und Adaptionen für Film und Fernsehen, liegen beim Autor.
Schul- und Amateurtheater können für unkommerzielle Aufführungen beim Autor die Genehmigung zur lizenzfreien Nutzung der Texte einholen. Anfragen über das Kontaktformular der offiziellen Autorenwebeite:
www.bernd-manhardt.de
Liesbeth ist tot
Handlung: Anruf in der Nachtapotheke.
Ein Beratungsgespräch, das aus einem ganz bestimmten Grund aus aus dem Ruder läuft.
Ort : Nacht-Apotheke, am Telefon.
Zeit: früher Abend.
Personen: Apotheker, Anrufer.
Das Telefon klingelt.
APOTHEKER. Luisen-Apotheke, guten Abend.
ANRUFER. Aha, Sie haben also doch geöffnet.
APOTHEKER. Bitte?
ANRUFER. Ich war mir nicht sicher, ob Sie noch ge-
öffnet haben, so kurz vor halb sieben.
APOTHEKER. Normalerweise bis 18 Uhr, aber heute haben wir Notdienst die ganze Nacht durch. Aber rufen Sie nur wegen der Öffnungszeiten an?
ANRUFER. Nein, nein. Eigentlich will ich was zum Medikament fragen.
APOTHEKER. Dann mal los.
ANRUFER. Vielleicht kommt’s Ihnen aber merkwürdig vor.
APOTHEKER. Mal hören.
ANRUFER. Tja, ähm ... also ...
APOTHEKER. Na, das kann doch nicht so schwierig sein.
ANRUFER. Eigentlich nicht.
APOTHEKER. Aber?
ANRUFER. Tja, also wie sag ich’s Ihnen nur am besten?
APOTHEKER. Am besten wird’s sein, Sie überlegen es sich in Ruhe und rufen dann später noch mal an.
ANRUFER. Dann ist es zu spät.
APOTHEKER. Die Leitung muss aber für Notfälle frei bleiben. Dafür haben Sie sicherlich Verständnis.
ANRUFER. Notfall, richtig.
APOTHEKER. Wie?
ANRUFER. Ich bin ein Notfall!
APOTHEKER. Sie brauchen ein Medikament?
ANRUFER. Valium.
APOTHEKER. Valium?
ANRUFER. Man stellt es sich immer so einfach vor, aber letzten Endes ist es komplizierter, als man denkt.
APOTHEKER. Wovon sprechen Sie eigentlich?
ANRUFER. Ich habe sie vor mir liegen?
APOTHEKER. Valium?
ANRUFER. Hat mir der Arzt seit vier Wochen verschrieben.
APOTHEKER. Und, wo ist das Problem?
ANRUFER. Ich habe die Tabletten nicht genommen.
APOTHEKER. Nun, das liegt in Ihrem Ermessen.
ANRUFER. Ich habe die Tabletten gesammelt.
APOTHEKER. Wozu denn das?
ANRUFER. Ich will sie alle auf einmal nehmen.
APOTHEKER. Soll das heißen, Sie wollen sich u-bringen?
ANRUFER. Ja.
APOTHEKER. Damit spaßt man nicht.
ANRUFER. Ist auch nicht meine Absicht.
APOTHEKER. Nun hören Sie mal gut zu: Valium kann fürchterlich ins Auge gehen. Wenn Sie davon zu viel nehmen, werden Sie wieder aufwachen, sich übergeben, weil ihr Magen nicht mitspielt, und
dann können Gehirnschäden oder Lähmungen zurückbleiben. Sie würdenzum Pflegefall werden, und das ist dann überhaupt nicht komisch.
ANRUFER. Deswegen rufe ich ja an.
APOTHEKER. Weswegen?
ANRUFER. Damit Sie mir sagen, wie viele Tabletten ich nehmen muss, um ohne Komplikationen aus dem Leben zu scheiden.
APOTHEKER. Na, das sage ich Ihnen bestimmt nicht. Aber sagen Sie mir lieber, warum Sie sich umbringen wollen.
ANRUFER. Verlust meiner Liebsten.
APOTHEKER. Ein Todesfall?
ANRUFER. Ja.
APOTHEKER. Verstehe. Das ist natürlich immer sehr schmerzlich. Aber Sie müssen versuchen, darüber hinwegzukommen.
ANRUFER. Zehn Jahre waren wir zusammen.
APOTHEKER. Mein Beileid.
ANRUFER. Wir waren ein Herz und eine Seele.
APOTHEKER. Ich verstehe. Aber dass das Leben deshalb keinen Sinn mehr hat, ist doch nicht richtig. Sprechen Sie doch mal mit einem Menschen Ihres Vertrauens darüber.
ANRUFER. Ich vertraue niemandem.
APOTHEKER. Ach, es gibt doch immer jemanden. Aus Ihrer Familie vielleicht?
ANRUFER. Ich habe keine Familie.
APOTHEKER. Keine Kinder?
ANRUFER. Nur theoretisch.
APOTHEKER. Wie, theoretisch?
ANRUFER. Einen Sohn.
APOTHEKER. Na also!
ANRUFER. Den können Sie aber vergessen. Missraten in jeder Beziehung.
APOTHEKER. Na, na.
ANRUFER. Doch! Für mich hat er keine Zeit. Rennt bloß wie blöd dem Geld hinterher und reiht sich brav ein in das Heer der Karrieristenschweine.
APOTHEKER. Er ist immerhin Ihr Sohn.
ANRUFER. Nur Liesbeth hat mich wirklich gemocht.
APOTHEKER. Wenn Ihr Sohn nicht in Frage kommt, können Sie sich vielleicht mit einem Bekannten, einem guten Freund zusammensetzen und ...
ANRUFER. Ich habe keine Freunde.
APOTHEKER. Sie sind sehr einsam, was?
ANRUFER. Ja, sehr. Seit Liesbeth tot ist.
APOTHEKER. Haben Sie es schon mal mit der Seelsorge probiert?
ANRUFER. Ja, noch am gleichen Tag. Aber die können einem auch nicht helfen.
APOTHEKER. Wann ist es