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Die schlafende Agentin: Aus dem Leben einer Ordensfrau
Die schlafende Agentin: Aus dem Leben einer Ordensfrau
Die schlafende Agentin: Aus dem Leben einer Ordensfrau
eBook236 Seiten2 Stunden

Die schlafende Agentin: Aus dem Leben einer Ordensfrau

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Über dieses E-Book

Als junger Priester macht Franc Prosenjak ein Aufbaustudium. In der vorlesungsfreien Zeit bot sich ihm die Gelegenheit, in einem Frauenkloster in der Schweiz als Geistlicher auszuhelfen. Dort lernte er Schwester Dorothea kennen, die ihm ihre Lebensgeschichte erzählte. Sie berührte ihn so sehr, dass er im Nachhinein das Bedürfnis verspürte, sie in literarischer Form festzuhalten.

Es ist die Geschichte einer Frau, deren Schicksal sie unverhofft ins Kloster führte. Franc Prosenjak schreibt auf anrührende und spannende Art und Weise von einer Liebe, die nicht sein sollte und einer Frau, die zuletzt doch noch einen Sinn an dem Ort fand, an dem sie eigentlich nicht sein wollte.

Nur so viel sei gesagt: Die Aufgabe der jungen Schwester Dorothea sollte sich nicht auf das beschauliche Leben des Klosters beschränken, sondern brachte sie in Berührung mit der aufregenden Welt der Justiz und einem Menschen aus einem fernen Land, den sie vor einem furchtbaren Schicksal bewahren sollte.
SpracheDeutsch
Herausgebermainbook Verlag
Erscheinungsdatum1. Dez. 2023
ISBN9783948987978
Die schlafende Agentin: Aus dem Leben einer Ordensfrau

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    Buchvorschau

    Die schlafende Agentin - Franc Prosenjak

    Prolog

    Begegnung in einem Frauenkloster

    Ich nahm den Zug nach Sankt Gallen und von dort fuhr ich mit dem Bähnli zum Klösterli, wo ich mit skeptischen Blicken empfangen wurde, denn ich entsprach wohl nicht dem Bild eines Geistlichen, das sich in den Köpfen der frommen Schwestern festgesetzt haben mochte: schwarzgekleidet, gut genährt, frömmlerischer Blick, schmalzige Stimme. Von all dem konnte man an mir rein gar nichts finden.

    Um das Vertrauen der Schwestern zu gewinnen, erzählte ich ihnen vom Canisianum, wo ich als Priester lebte, um ein Aufbaustudium zu absolvieren, beschrieb die Innsbrucker Professoren, die ich zum Teil persönlich kannte und erwähnte nebenbei, dass ich kürzlich in Rom an einer Privataudienz beim Papst teilgenommen hätte. Die Pförtnerin fragte daraufhin, ob ich auch aus Polen stammte, denn der Klang meiner melodischen Sprache würde sie stark an den Heiligen Vater erinnern, der bekanntlich von dort käme. Ich bejahte es. Damit war das Misstrauen der Nonnen endgültig überwunden und mein jugendliches Aussehen sowie meine legere Bekleidung spielten keine Rolle mehr.

    Wegen der strengen Klausur wurde ich in einem Haus neben dem Kloster untergebracht, in der Wohnung des Hausgeistlichen, dessen Urlaubsvertretung ich übernommen hatte.

    Vor dem Wohnungseingang hing ein Schälchen mit Weihwasser, jeder Raum wurde mit einem Kreuz und mit Bildern der Heiligen dekoriert; das vom Hl. Antonius, dem Schutzpatron der männlichen Jungfräulichkeit, war gleich zweimal vertreten. Mir wurde klar, worauf man hier als Mann besonders zu achten hatte.

    Mahlzeiten nahm ich in einem Zimmer neben der Pforte ein. Daneben gab es ein zweites Zimmer, in dem Stühle und Bänke standen; beide Räume waren durch eine meterhohe Absperrung getrennt, ähnlich wie man sie in manchen Kirchen zwischen Kirchenschiff und Altarraum vorfindet. Die Zweckbestimmung des bestuhlten Raumes, der sich also innerhalb der Klausur befand, wurde mir nach dem ersten Abendessen klar. Kaum hatte ich meine Mahlzeit beendet, kamen Schwestern schweigend in den abgetrennten Nebenraum und ließen sich geräuschlos nieder.

    Ich stand auf, um sie besser sehen zu können. Ihre Anzahl schätzte ich auf gut zwei Dutzend. Ihre Körper waren mit Ausnahme der Gesichter komplett verhüllt, so dass sich meiner Wahrnehmung weder ihr Alter noch ihre eventuellen weiblichen Reize erschließen konnte.

    Begleitet von einer Gitarristin sang dann die Gruppe mehrere Lieder, die teilweise alpenländisch und einige sogar ein wenig modern klangen.

    Mitten in diesem Hauskonzert, das ich als Willkommensgruß für mich deutete, trat eine Schwester herein und ließ sich neben mir nieder. Sie grüßte mich schweigend mit einem dezenten Lächeln. Ich schätzte sie als jung ein, jedenfalls viel jünger als jene, die im anderen Raum immer noch sangen.

    Zwischen zwei Lied Vorträgen wurde nach mir auch sie begrüßt, als „ehrwürdige Schwester Dorothea, die gastweise ihre Auszeit unter uns verbringt".

    Mir fiel ein, dass die kommenden Tage ziemlich einsam werden könnten und ich fragte mich, ob ich sie ansprechen sollte.

    Unsere Blicke begegneten sich einige Male, aber dabei blieb es auch.

    Meine Mahlzeiten nahm ich alleine ein. Zu festgesetzten Zeiten stand das Essen auf dem Tisch, die Schwestern, die mich versorgten, bekam ich nie zu Gesicht. Auch Dorothea lief mir nicht mehr über den Weg.

    Die Tage im Kloster vergingen in angenehmer Eintönigkeit. Ich hatte außer der Messfeier in der Früh überhaupt nichts zu tun, dafür ging ich aber täglich in die Umgebung wandern. Anfangs pflegte ich unterwegs die Leute anzusprechen, aber der komplizierte Schweizer Dialekt, mit dem ich konfrontiert wurde, bewegte mich bald dazu, meine Wege schweigend zurück zu legen.

    Während einer Wanderung auf den Berg Säntis kam ich zu einer Wasserquelle, an der sich gerade eine Frau erfrischte. Als ich näher kam, erkannte ich meine Bekannte aus dem Klösterli, diesmal in Zivil, nur ihre Kopfbedeckung war ein dezenter Hinweis auf ihren Status als Ordensschwester.

    Für eine Ordensschwester bist du ganz schön mutig, so mutterseelenallein unterwegs zu sein, sprach ich sie an.

    Über ihr Gesicht huschte ein spitzbübisches Lächeln.

    Jetzt bin ich ja nicht mehr allein. Vielleicht können wir den Weg gemeinsam fortsetzen.

    Nichts lieber als das, sagte ich erfreut über ihre Aufgeschlossenheit.

    Ich trank einen Schluck aus meiner Feldflasche und fragte die Schwester, ob sie auch Durst hätte.

    O ja, sehr gerne, sagte sie, nahm die Flasche entgegen und trank daraus.

    Sie scheint keine Berührungsängste zu haben, dachte ich.

    Bei der Kommunion würden wir auch aus demselben Kelch trinken, sagte sie, als ob sie meine Gedanken erraten hätte.

    Wir setzten den Aufstieg gemeinsam fort. Während kurzer Atempausen versuchte ich, sie mit Smalltalk aus der Reserve zu locken, aber sie blieb eine seltsam schweigsame Weggefährtin.

    Erst gegen Abend taute sie auf und begann aus ihrem Leben zu erzählen.

    Ihre Erlebnisse kamen aus einer Welt, die mir bis dahin unbekannt waren.

    Später, als wir uns angefreundet hatten, vertraute sie mir auch ihre Aufzeichnungen an.

    Schließlich fügte ich alles zusammen, entstanden ist die vorliegende romanhafte Erzählung. Das Wort „romanhaft" bedeutet in diesem Fall, dass die wirkliche Person, die hinter Schwester Dorothea steckt, für die Mehrheit der Leser unerkannt bleiben wird.

    Und weil ich ein altmodischer Schreiber bin, beginne ich mit dem Anfang.

    1. Kapitel

    Es ist Krieg und Friederike erwartet ihr zweites Kind

    Während es im Zimmer dunkler wurde, blickte Friederike angstvoll durch das Fenster.

    Zünde am Abend kein Licht an!, ermahnte ihr Mann sie am Morgen, als er das Haus verließ.

    Für die kommenden Nächte muss mit Bombenangriffen gerechnet werden. Beleuchtete Häuser boten sich als günstige Zielscheiben für feindliche Flieger an.

    Wenn Frederike in Panik geriet, setzte ihre Atmung aus. Das Medikament gegen Asthma half nur mäßig. Meistens dauerte es ewig, bis sie normal atmen konnte. So auch an diesem Abend, als sie plötzlich einen ohrenbetäubenden Lärm von Flugzeugmotoren vernahm. Sie stieß Stoßgebete aus, die sie seit ihrer Kindheit kannte.

    Oh Gott, komm mir zu Hilfe, Herr, eile mir zu helfen!

    Zugleich umfasste sie mit den Armen ihren dicken Bauch, denn sie war hochschwanger.

    Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir, Herr, höre meine Stimme…

    Sie erinnerte sich an ihre erste Schwangerschaft. Damals herrschte bittere Armut, aber Krieg gab es noch keinen. Sie war noch gesund und brachte einen Knaben zur Welt, der inzwischen elf war. Wo war er eigentlich, ihr Charly, wie er liebevoll gerufen wurde, obwohl er traditionsgemäß nach seinem Vater Karl getauft worden war? Nach der Schule spielte er gewöhnlich mit den Nachbarskindern, kam nicht selten erst spät am Abend heim. Wenn der Vater schon da war, wurde er von ihm ausgeschimpft, aber niemals verprügelt.

    Vater Karl bedauerte, dass er sich so wenig seinem Sohn widmen konnte. Seine gut bezahlte Stellung in der Firma erforderte seinen vollen Einsatz. Fast täglich blieb er bis tief in die Nacht in der Panzerfabrik. Der neue deutsche Reichskanzler rüstete auf. Von ihm kamen immer neue Aufträge. Uns soll es recht sein, aber wozu braucht der ehemalige Maler und Lackierer aus Braunau so viele Panzer, rätselten die Mitarbeiter? Was hat er vor?

    Ihre Fragen wurden beantwortet, als Hitlers Kriegspläne bekannt und von vielen Menschen befürwortet wurden. Die Panzer der Nibelungenwerke rollten zuerst gen Osten und schon bald in alle Himmelsrichtungen. Eine große Begeisterung erfasste auch das kleine Alpenland, das sich als Teil des neuen Weltimperiums unter deutscher Führung wähnen durfte.

    Während Karl in seiner Arbeit aufging, sorgte Friederike liebevoll für ihren Charly. Der Krieg hatte Karl, der im Grunde ein herzensguter Mensch war, voll in seinen Sog gezogen.

    Nach Charly wünschten sie sich weitere Kinder, aber etliche Jahre blieb es beim Wunsch. Als der Krieg ausbrach, schienen beide nicht mehr an Familienzuwachs zu denken. Sie widmete sich dem Bub, der Mann aber ging voll in seiner Firma und in seiner Partei auf.

    Im Frühling konnte sie ihn aber unerwartet mit der frohen Nachricht überraschen, schwanger zu sein. Einen Augenblick lang zeigte er überschwängliche Freude. Doch die Euphorie verflog rasch. Der Alltag hatte ihn fest im Griff. Er verließ frühmorgens das Haus, um spätabends heimzukommen und müde ins Bett zu fallen. Als ihr Bauch sichtlich anschwoll, legte er manchmal geistesabwesend seine Hand darauf und sagte verschmitzt: Nun wird Charly bald nicht mehr einsam sein.

    Der Krieg dauerte bereits ein halbes Jahrzehnt, als die Stimmung im Lande sich spürbar verschlechterte. Am Himmel tauchten immer häufiger Flieger auf, die Bomben abwarfen und ganze Stadtteile verwüsteten. Karls Miene wurde von Tag zu Tag düsterer. Auch die baldige Ankunft des Kindes, das Friederike unter ihrem Herzen trug, schien ihn kaum noch zu interessieren. Er verkroch sich eher noch mehr in seine Arbeit.

    Friederike verbrachte die langen Herbstabende während der letzten Wochen ihrer Schwangerschaft in völliger Dunkelheit. Angst vor der Zukunft und die Sorge um das unbekannte Wesen in ihrem Bauch schnürten ihr zeitweise die Kehle zu. Manchmal konnte sie nur noch am offenen Fenster atmen.

    Eines Abends kam Karl wieder spät heim.

    Seine Frau saß am Fenster und atmete schwer. Offensichtlich war sie gerade dabei, einen Asthmaanfall zu bekämpfen.

    Mit einem verzweifelten Seufzer ließ Karl sich neben ihr auf der Bank nieder und nahm sie in die Arme. Sie lehnte ihren Kopf an seine Brust. Seine Anwesenheit beruhige sie und der Anfall flaute ab.

    Es sieht schlecht für uns aus, sagte er leise. Von Osten die Russen, von Westen die Amerikaner, der Glaube an den Endsieg bröckelt.

    Sie ahnte es schon länger. Eine endgültige Niederlage schien kurz bevorzustehen.

    Er legte seine Hand auf ihren Bauch und ertastete etwas Rundes, das sich bewegte.

    Was für ein Wunder!, rief er und küsste sie.

    Im Raum war es dunkel und still geworden. Friederike atmete jetzt langsam und gleichmäßig. Dass sich inzwischen ihre Anspannung gelöst hatte, merkte Karl auch an ihren Tränen, die auf seinen entblößten Unterarm tropften.

    Charly kam heim. Er brachte Brot, Speck und Wurst mit.

    Seit seine Mutter krank war und der Vater die ganzen Tage auf der Arbeit, fühlte er sich daheim unwohl.

    Er hielt sich die meiste Zeit auf dem benachbarten Bauernhof auf, wo er mitarbeitete. Er tat es nicht nur wegen der Lebensmittel, mit denen er regelmäßig belohnt wurde. Ihm war der Familienanschluss wichtig. Er spürte, dass die Bauersleute ihn mochten.

    Plötzlich heulten die Sirenen auf. Das geschah in letzter Zeit immer häufiger. Karl löschte die Kerzen. Die Behörden hatten eine totale Verdunkelung angeordnet.

    Zum Glück blieb es meistens beim entfernten Donnern. Vor Mitternacht trat völlige Stille ein.

    Die Stimmung im Wohnzimmer entspannte sich. Charly schmiegte sich an seine Mutter und schlief ein. Karl trug ihn in die Schlafkammer. Als er zurückkam, fiel er todmüde neben Friederike ins Bett. Früher konnte er die Augen schließen und sofort einschlafen. Jetzt quälten ihn zermürbende Sorgen und er versank erst gegen Morgen in einen unruhigen Schlaf voller Albträume.

    2. Kapitel

    Charly in Gefahr und die Geburt im Schutzbunker

    Die beiden Besucher kamen unerwartet.

    Den Mann mit der braunen Lederjacke kannte Friederike nicht. Der andere, der eine Strickweste trug, war ein Mitarbeiter von Karl aus der Panzerfabrik.

    Wir sind Freunde Ihres Gemahls, sagte die Lederjacke. Sie sind in guter Hoffnung, was nicht zu übersehen ist. Hoffentlich ist Ihr Befinden noch erträglich?

    Friederike lächelte verlegen und schaute den anderen, den sie kannte, fragend an.

    Der Bekannte räusperte sich, wie einer, dem es ziemlich peinlich ist.

    Wir sind mit Ihrem Gatten in derselben Partei. Wir lassen niemanden allein, besonders in dieser schwierigen Lage nicht. Wenn Probleme auftreten, sind wir zur Stelle. Wo wir helfen können, tun wir es gerne.

    Wo ist eigentlich ihr Charly?, fragte der andere.

    Sie kennen unseren Sohn? Was ist mit ihm?, erschrak sie.

    Ihr Mann erzählt gelegentlich von ihm. Und gesehen haben wir ihn auch schon auf dem Schulhof.

    Das hörte sich für Friederike an, als ob ihr Bub von diesen Typen bereits beobachtet worden war.

    Warum fragen Sie nach unserem Kind? Friederikes Atem geriet ins Stocken, ein erstes Anzeichen für einen baldigen Asthmaanfall. Sie öffnete das Fenster und ließ sich auf der Bank nieder.

    Nun ja, sagte der mit der Lederjacke, der Bub scheint nicht ganz gesund zu sein. Er brach neulich beim Sportunterricht zusammen. Ein epileptischer Anfall wäre es gewesen, meinte die Lehrerin.

    Friederike spürte, wie ihre Luftwege sich verengten. Jetzt griff sie nach der Spraydose, hielt sie an den offenen Mund und drückte die Medizin in ihren Rachen.

    Während sich die Linderung langsam einstellte, fielen ihr die Gerüchte ein, wonach Kranke zu einer Sonderbehandlung verschickt wurden und nicht mehr zurückgekehrt waren. Ihr lief es kalt über den Rücken und sie fühlte sich schrecklich hilflos.

    Sie müssen sich keine Sorgen machen, sprach der mit der Lederjacke. Wir wollen ja nur helfen. Unser Volk soll an Leib und Seele gesünder werden. Auch für Epileptiker wird es eine Lösung geben.

    Beim Wort „Lösung" verspürte Friederike in der linken Brust einen stechenden Schmerz. Darüber kreisten schreckliche Gerüchte. Die Lösung wären heimliche Tötungen. In Mauthausen geschehe es am laufenden Band, dass Behinderte und Angehörige der minderwertigen Rassen vergast und verbrannt würden.

    Plötzlich hörte man im Flur trippelnde Schritte. Die Tür ging auf und Charly trat herein.

    Beim Anblick der fremden Männer erstarrte er.

    Wie geht es dir, junger Freund?, wurde er empfangen. Einer der beiden trat zu ihm und berührte mit seinem Zeigefinger die Narbe an seiner Schläfe, die an einen Autounfall vor Jahren erinnerte.

    Wie oft erleidet er einen Anfall? Nimmt er Medikamente ein? Wie fühlt er sich zurzeit?

    Die Fragen der fremden Männer erfüllten Friederike mit Angst. Charly suchte die Nähe seiner Mutter. Sie stellte sich schützend vor ihn.

    Sie bemühte sich nach außen ruhig zu bleiben, während sie die Fragen beantwortete. Charly erinnerte sich an Vaters Gebot, niemals mit Fremden über seine Krankheit zu reden, deshalb sagte er nur:

    Danke für die Nachfrage, mir geht es gut!

    So, so, dir geht es also gut!

    An der Stimme des Fremden ahnte Charly, dass er ihm nicht glaubte.

    Dem Jungen scheint nichts zu fehlen, stellte der Bekannte wohlwollend fest. Ein Schwächeanfall beim Sport muss ja nichts Schlimmes bedeuten.

    Der Blick des anderen aber blieb düster.

    Wir müssen ihn aber beobachten, sagte er an seinen Kollegen gewandt.

    Und zu Friederike: Sollte sich seine Gesundheit verschlechtern, so bitten wir Sie, uns Bescheid zu geben. Wie gesagt, wir helfen gerne.

    Mit steifer Höflichkeit und mit einem angedeuteten Handkuss verabschiedete er sich von Friederike. Der andere folgte ihm wie ein gehorsames Hündchen.

    Als die Haustür hinter ihnen zufiel, erinnerte sich Friederike.

    Charly war noch ein Kleinkind, als es passierte. Bei einem Autounfall erlitt er gefährliche Kopfverletzungen. Mit viel Glück sprang er damals dem Tod von der Schippe, meinten die Ärzte. Nach einem langen Aufenthalt konnte er die Klinik verlassen. Kurze Zeit später bekam er seinen ersten Epilepsie Anfall. Dann kamen die Anfälle in unregelmäßigen Abständen, mal stärker, mal schwächer. Erst als man begann, ihn mit einem neuen Medikament zu behandeln, gingen die Beschwerden deutlich zurück. Eine hundertprozentige Entwarnung bekam er aber von

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