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Liebesrettung in den Bergen: Zwei Heimatromane
Liebesrettung in den Bergen: Zwei Heimatromane
Liebesrettung in den Bergen: Zwei Heimatromane
eBook239 Seiten3 Stunden

Liebesrettung in den Bergen: Zwei Heimatromane

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Über dieses E-Book

Dieser Band enthält folgende Romane:



Ihr edles Herz (Sandy Palmer)

Florian der Bergretter (Sandy Palmer)





"Nun mach doch net so ein Aufhebens um den Florian", maulte Andrea Dobler und sah kopfschüttelnd zu, wie Josefa, die grauhaarige Wirtschafterin, den zweiten Kuchen aus dem Ofen zog. "Er war grad mal ein vier Monate lang in München zum Lehrgang, aber ihr tut alle, als hätt er eine Weltreise hinter sich."

"Ach geh!" Josefa Schmiedel, gute sechzig Jahre alt und seit zwanzig Jahren im Haushalt der Doblers beschäftigt, winkte ab. "Der Bub mag meinen Kirschkuchen halt besonders gern, also soll er ihn zum Willkommen auch haben."

"Ja, ja, und den Guglhupf dazu, ebenfalls den Entenbraten und Palatschinken als Nachtisch."

"Bist gar neidisch?" Josefa sah die blonde Andrea kopfschüttelnd an. "Das braucht's nun wahrlich net. Ich sorg doch immerzu für dich und deine Pensionsgäste."

"Schon gut." Andrea, die seit zwei Jahren die Familienpension "Isarblick" allein verantwortlich leitete, sah ein, dass es nicht gut war, Josefa zu verärgern. Sie tat ja wirklich viel mehr für sie und den kleinen Betrieb, als es ihre Aufgabe gewesen wäre.
SpracheDeutsch
HerausgeberAlfredbooks
Erscheinungsdatum17. Okt. 2023
ISBN9783745234268
Liebesrettung in den Bergen: Zwei Heimatromane

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    Buchvorschau

    Liebesrettung in den Bergen - Sandy Palmer

    Sandy Palmer

    Liebesrettung in den Bergen: Zwei Heimatromane

    UUID: 69787ddf-2d78-499e-905e-96d9a3e8ac84

    Dieses eBook wurde mit StreetLib Write (https://writeapp.io) erstellt.

    Inhaltsverzeichnis

    Liebesrettung in den Bergen: Zwei Heimatromane

    Copyright

    Ihr edles Herz: Heimatroman

    1

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    19

    Florian, der Bergretter

    Liebesrettung in den Bergen: Zwei Heimatromane

    Sandy Palmer

    Dieser Band enthält folgende Romane:

    Ihr edles Herz (Sandy Palmer)

    Florian der Bergretter (Sandy Palmer)

    „Nun mach doch net so ein Aufhebens um den Florian, maulte Andrea Dobler und sah kopfschüttelnd zu, wie Josefa, die grauhaarige Wirtschafterin, den zweiten Kuchen aus dem Ofen zog. „Er war grad mal ein vier Monate lang in München zum Lehrgang, aber ihr tut alle, als hätt er eine Weltreise hinter sich.

    „Ach geh! Josefa Schmiedel, gute sechzig Jahre alt und seit zwanzig Jahren im Haushalt der Doblers beschäftigt, winkte ab. „Der Bub mag meinen Kirschkuchen halt besonders gern, also soll er ihn zum Willkommen auch haben.

    „Ja, ja, und den Guglhupf dazu, ebenfalls den Entenbraten und Palatschinken als Nachtisch."

    „Bist gar neidisch? Josefa sah die blonde Andrea kopfschüttelnd an. „Das braucht’s nun wahrlich net. Ich sorg doch immerzu für dich und deine Pensionsgäste.

    „Schon gut. Andrea, die seit zwei Jahren die Familienpension „Isarblick allein verantwortlich leitete, sah ein, dass es nicht gut war, Josefa zu verärgern. Sie tat ja wirklich viel mehr für sie und den kleinen Betrieb, als es ihre Aufgabe gewesen wäre.

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author

    © dieser Ausgabe 2023 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

    Alle Rechte vorbehalten.

    www.AlfredBekker.de

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    Ihr edles Herz: Heimatroman

    Heimatroman von Sandy Palmer

    Der Umfang dieses Buchs entspricht 126 Taschenbuchseiten.

    Als die Bäuerin vom Schranz-Hof starb, hatte sie ihrer Tochter Marei das Versprechen abgenommen, auf dem Hof zu bleiben. Und Marei hielt ihr Versprechen. So vergingen die Jahre, und aus dem Dirndl war eine fesche junge Frau geworden, die nur die Sorgen um den Hof und die beiden kleineren Brüder kannte. Nur sie allein kannte die Sehnsucht, die sie manchmal erfasste, wenn sie ihre Altersgenossinnen lachen und tanzen sah, unbeschwert das Glück der Jugend genießend. Zweimal schon hatte Marei geglaubt, dem Mann fürs Leben begegnet zu sein, aber beide Male hatte der hartherzige Bauer die Freier vom Hof gejagt. Das Glück seiner Tochter war ihm weniger wert als der Hof.

    1

    Das kleine Menschenkind lag brüllend auf dem Kissen und strampelte mit den Beinen.

    „Um den Buben brauchst du dir keine Sorgen zu machen, Pflüger-Bäuerin, der ist gesund", sagte Apollonia Zurbriggen, die Hebamme von Karchenwald.

    Die Bäuerin nickte verständnisvoll. Dann seufzte sie:

    „Ja mei, Loni, wenn das schon so lang her ist seit dem letzten Kind, dann verlernt man halt alles."

    Die Hebamme lachte.

    „So lang ist das gar net her, Bäuerin! Die Walburga ist sechs und geht g‘rad in die Schule. Beim Schranz-Bauern haben wir denselben Fall. Da ist der Gustl sechs, und nun kommt noch was Kleines."

    Sie legte den kleinen Buben resolut in die Wiege und sah sich in der Stube um.

    Die Pflüger-Bäuerin verstand den Blick.

    „Bring den Kaffee rein, Liesi!, rief sie. „Du setzt dich noch, Loni, und trinkst einen Schluck?

    „Eigentlich hab ich gar keine Zeit net, sagte die Apollonia und ließ sich schon auf den Stuhl neben dem Tisch fallen, „aber man muss ab und zu auch ein bissel das Leben genießen.

    Die älteste Tochter trat ein und trug eine Kaffeekanne und zwei Tassen auf dem Tablett. Auf einem Teller lag ein Stück Napfkuchen.

    „Grüß Gott, Liesi!, rief die Hebamme gerührt aus. „Was bist du für ein stattliches Madel geworden! Ja, ja, die Zeit vergeht. Vor achtzehn Jahren hatte ich dich hier auf dem Kissen liegen.

    Sie tätschelte dem Madel den nackten, runden Arm.

    „Rundlich warst du schon immer, Liesi. Das schadet aber nix, du bekommst doch einen Mann. Wie steht denn die Sach‘ mit dem Schranz-Toni?"

    Die Liesi wurde bis unter die blonden Kraushaare rot und schaute zur Seite.

    „Ach, Loni …"

    „Sie schämt sich, sagte die Bäuerin und legte der Hebamme den Kuchen vor. „Nimmst du Zucker in den Kaffee, Loni? Dem Toni scheint‘s ernst zu sein. Er ist sehr oft bei uns!

    „Gut so!, ermunterte die Apollonia. „Der Schranz-Hof ist der größte im Dorf, und der Toni wird Hoferbe, Madel!

    „Und der Hof ist voller Kinder wie bei uns!, maulte die Liesi und schob die Lippen vor. „Bis ich da Herrin werd‘, bin ich alt!

    „Das ist nun mal net anders, wies sie die Mutter zurecht und sah nach der Uhr. „Halb sechs, Liesi, setz‘ die Abendsuppe auf! Unsere Leut‘ kommen bald heim.

    Das Madel ging.

    „Sie machen die Rüben aus, sagte die Bäuerin. „Diesmal herbstet es früh. Wir haben Oktober, und es ist kalt wie im Dezember. Hast du auf dem Rad net gefroren?

    „Dafür ist Speck gut und wollene Unterhosen!, lachte die Apollonia über das ganze rote Gesicht und schlug sich auf die breiten Schenkel. „Aber was ich noch sagen wollt‘, auf dem Schranz-Hof ist man noch weniger entzückt von dem Nachwuchs als bei euch. Viere sind schon da, und jetzt kommt das fünfte.

    „Auf dem Hof waren immer viele Kinder und viel Streit, meinte die Pflüger-Bäuerin. „Da haben alle einen harten Schädel und alle sind schweigsam und verschlossen. Der Toni ist auch so einer. Stark ist er ja und gesund und groß, ein Prachtbursche. Aber ob meine Liesi es bei ihm gut haben wird, das ist noch die Frage.

    „Du bist zu weich, Bäuerin, tadelte die Apollonia. „Das kommt aus deines Vaters Familie, die waren alle weich. Dein Mann ist anders.

    Sie dachte an den Pflüger-Bauern mit den schmalen Lippen und den kalten grauen Augen.

    „Die Liesi hat die Augen von deinem Mann, Bäuerin. Und ihre stattliche Mitgift wird dem Schranz-Anton schon gefallen. Die haben nur reiche Frauen geheiratet, die Leut‘ vom Schranz-Hof,

    Frauen, die rechnen und arbeiten konnten, und die haben sie dann auch anständig behandelt. Von Liebe ist da freilich net viel die Red‘. Aber das macht solchen Menschen nix aus."

    Plötzlich schob die Liesi den windzersausten Schranz-Xaver zur Tür herein.

    „Da! Er will zur Apollonia! Auf dem Schranz-Hof hat‘s ein Unglück gegeben."

    „Was für ein Unglück?", fragte die Apollonia seelenruhig und trank den letzten Schluck Kaffee.

    „Das Mutterl ist vom Heuboden gefallen – ganz hoch runter!, stotterte der Bub. „Dann könnt‘ sie net wieder auf und schrie. Der Vater und der Toni haben‘s dann ins Bett getragen, und nun jammert‘s immer noch. Sie sagt, ‘s geht los, Apollonia, du sollst kommen.

    Der Zwölfjährige zog die Nase hoch, fuhr sich mit den gespreizten Fingern durch den blonden Schopf und schwieg.

    „Schöne Geschichten!, sagte Apollonia Zurbriggen gottergeben. „Dann lass uns sofort gehen, Bub, es wird dringend sein. Schad‘ um deinen Kaffee, Bäuerin. Und glaub‘ mir‘s, der Bub ist gesund.

    Sie nahm ihr großes Wolltuch mit den Fransen von der Stuhllehne. Dann ergriff sie ihre Tasche.

    „Los, Xaver! Und putz dir mal die Nase!"

    Die Hebamme Apollonia Zurbriggen verlor in keiner Lebenslage die Nerven. Das war Voraussetzung für ihren Beruf.

    Sie fuhren hintereinander auf dem Feldweg. Die Apollonia voraus und Xaver respektvoll hinterdrein. Rechts und links dehnten sich Felder und Viehweiden. Nach dem Dorf Karchenwald zu wurde der Boden besser; der Hof des Pflüger-Bauern lag jenseits des Baches hinter einem Waldstück und war sozusagen ein Außenseiter unter den Höfen, die sich sonst in einem Kreis um die Kirche und die Schule scharten.

    Als die beiden den Wald hinter sich hatten und über die Brücke, die über den Bach gebaut war, hinübergefahren waren, konnten sie den Schranz-Hof schon liegen sehen.

    Ein paar hundert Fichten standen ein wenig abseits der Straße, und unter ihnen erhoben sich gut

    zwölf bis fünfzehn Gebäude, die zum Hof gehörten.

    Das Wohnhaus trug über der Tür die Jahreszahl 1649.

    Anton Schranz, der jetzige Bauer, stand unter der Tür des Wohnhauses und sah der Apollonia sorgenvoll entgegen.

    „Kommst endlich? Es ist höchste Zeit!"

    Und dann ging er ihr voraus durch alle Zimmer zur Schlafkammer.

    Die Apollonia war vom Rad herunter wie der Wind und ließ es dem Xaver entgegenfallen, der selber eilig abgestiegen war. Im Gehen nestelte sie das Wolltuch los. In der Wohnstube hörte sie schon das Stöhnen der Bäuerin.

    Der Schranz-Bauer umklammerte in der Schlafkammer mit eisenharten Fäusten die Bettkante und wies zu seiner Frau hin.

    Die sah freilich traurig genug aus. Die Bäuerin lag auf dem Rücken und hatte die Knie hochgestellt. Ihr Kopf und die Schultern warfen sich in wilden Krämpfen herum, und ihre Lippen waren zusammengepresst.

    Apollonia Zurbriggen hatte im Nu ihre Tasche abgestellt und schickte den Bauern hinaus. Dann untersuchte sie die Frau.

    Schließlich kam sie wieder in die Küche und verlangte warmes Wasser, Tücher und Schüsseln.

    Marei, die sechzehnjährige Tochter, gab ihr alles. Am Herd kochte die Magd. Die Jungmagd und die Kinder saßen mit ängstlichen Augen um den Tisch. Der Bauer lehnte am Schrank, und seine Wangenknochen mahlten.

    Später rief ihn die Apollonia in die Schlafkammer. Er musste helfen, die tobende Bäuerin festzuhalten. Und so wurde nach knapp drei Stunden, so gegen neun Uhr abends, ein Wesen auf dem Hof zur Welt gebracht, das einmal ein Mensch und zwar ein Bub hatte werden sollen; jetzt aber war es noch gar nichts, ein kleines, armseliges Nichts, das nicht mehr lebte, als es geboren war.

    Das Schlimmste aber war, dass die Kraft der Mutter in einem nicht zu dämmendem Blutstrom dahinfloss. Alle ihre Kunst und Erfahrung wandte die Hebamme an, aber nichts half. Schließlich sah sie den Bauern starr an;

    „Hol den Doktor, Schranz-Bauer!"

    Der wusste, was die Stunde geschlagen hatte. Niemals bisher war der Doktor auf den Hof gerufen worden – auch nicht, als die vier anderen Kinder das Licht der Welt erblickt hatten. Der Bauer ging hinaus und sagte laut in der Küche: „Der Doktor muss her – es steht schlecht."

    Der Toni, der Älteste, ging selbst und kam mit dem Arzt in dessen Wagen zurückgefahren. Und Dr. Gruber gab der Bäuerin eine Spritze, die einen momentanen Erfolg hatte.

    „Bleiben Sie hier, Frau Zurbriggen!, riet er ernst. „Wenn‘s wieder losgeht, muss sie sofort ins Krankenhaus.

    Dann fuhr er wieder fort.

    Marei, die Tochter, brachte den Xaver und den sechsjährigen Gustl zu Bett. Auch die Jungmagd des Hofes ging schlafen. Toni und die Großmagd saßen weiter am Tisch und starrten dumpf vor sich hin.

    Nach Mitternacht erschien der Bauer wieder auf der Schwelle der Schlafkammer.

    „Ruf einen Wagen, Toni!, sagte er. „Wir müssen sie fortbringen.

    Es war das erste Mal, dass die Bäuerin ihren Hof verließ. Und sie mochte wohl selber wissen, wie ernst es um sie stand, denn sie schickte die Apollonia hinaus und ließ die Marei zu sich rufen.

    „Deine Mutter will dich sprechen", sagte die Hebamme und wischte sich die Augen, denn die Sache ging selbst ihr nahe, obwohl sie von Berufs wegen gegen die Ereignisse von Geburt und Tod abgestumpft war.

    Scheu betrat das Madel das Krankenzimmer.

    Als es sich dem Bett näherte, öffnete die Bäuerin die Augen. Sie lag jetzt lang ausgestreckt, die Hände offen und matt neben dem sich unter der Bettdecke ab-zeichnenden Körper ausgestreckt. Ihr Gesicht war eingefallen und bleich, die Lippen darin waren wie ein blauer Strich.

    „Marei, flüsterte die Mutter, „ich muss jetzt fortgehen vom Hof. Ich hab Angst, was aus euch allen wird, wenn ich – wenn ich net zurückkommen sollt‘.

    „Aber du wirst doch zurückkommen, Mutterl!", rief Marei ein wenig zu laut, um die Mutter über die Angst täuschen zu können, die hinter der betonten Zuversicht lauerte.

    „Das weiß nur Gott, sagte die Bäuerin ruhig. „Ich muss mein Haus bestellen, wenn ich‘s verlasse. Ich hab niemanden als dich, Marei! Versprich mir, dass du für Xaver und Gustl sorgen wirst nach besten Kräften und Gewissen, wie ich‘s getan hab.

    „Nach besten Kräften und Gewissen!", wiederholte die Marei feierlich.

    „Du wirst auf Vater und Toni achtgeben. Du weißt, sie streiten oft. Die Wirtschaft kennst du schon, du bist ein ernstes und zuverlässiges Madel."

    Marei schwieg und starrte aus angstgeweiteten Augen die Mutter an. War das ein Abschied für immer?

    Die Mutter schien unendlich matt. Sie schöpfte zitternd Atem und verlangte noch einmal: „Versprich mir, dass du den Hof und die anderen net verlassen wirst, eh‘ net der Kleinste, eh‘ net der Gustl für sich selber sorgen kann! Du musst an meine Stelle treten, Marei."

    Ihre Stimme erstarb.

    „Ich verspreche es, Mutterl!", sagte Marei erschüttert und berührte die kalte Hand unter der Bettdecke.

    Dann kam der Wagen. Die Mutter wurde mit einer Trage behutsam hineingehoben. Der Vater fuhr mit. Als die Apollonia sich nach der Abfahrt des Autos verabschiedete und in Begleitung von Toni auf ihrem Rad heimwärts fuhr, dachte sie: Die Schranz-Marei, sie kann einem leid tun! Außerdem ist sie ganz anders. Das ist net der Schranz‘sche Schlag.

    Und vor ihrem geistigen Auge tauchten die Blondköpfe mit den hellen Blauaugen auf, zwischen denen Mareis Gesichtchen wie eine fremde Blume blühte.

    2

    Als der Bauer aus dem Städtchen zurückkam, war die Bäuerin schon tot. Auch im Krankenhaus hatte man der Blutungen nicht mehr Herr werden können. Nach zwölf Stunden war Maria Schranz eingeschlafen.

    Nun kamen die Beisetzung und die große Leichenfeier. Sie musste ja großartig sein, denn es war nun einmal die Bäuerin vom größten Hof des Dorfes, die da gestorben war.

    Die Marei arbeitete bis zum Umfallen, half beim Backen und Kochen, besorgte Blumen, ordnete die Stuben, kleidete die Geschwister und tat alles, was eine Erwachsene tut. Der Schmerz in ihr fand gar keinen Raum im Wirbel dieser Tätigkeit. Fast unwirklich schien es ihr, als die Erdschollen auf den Sargdeckel polterten und sie der Mutter die letzten Astern aus dem Garten ins Grab warf.

    Als schließlich der Pfarrer und die vielen Trauergäste gegangen waren, saßen nur noch die engeren Verwandten in der großen Stube beisammen. Der Toni, still wie immer, lehnte in der Ofenecke, Marei hatte den Platz am untersten Ende des Tisches, der Vater in der Mitte.

    „Nun sag mal, Anton, verlangte Onkel Franz zu wissen, der drunten im Städtchen Reutlingen lebte, „wie ist das denn eigentlich gekommen mit der Maria?

    Der Schranz-Bauer sah ihn unbefangen an und antwortete ihm wahrheitsgemäß: „Sie ist von der Leiter gefallen – auf dem Heuboden von der Leiter gefallen."

    „Was hat eine schwangere Frau auf der Leiter zu suchen?, räsonierte die Sixta, die Schwester des Bauern, die mit Franz Loibl verheiratet war, und sah ihren Bruder kopfschüttelnd an. „Warum musst‘ sie denn da hinaufsteigen?

    „Sie musst‘ ja net, sagte der Bauer verärgert. „Sie tat‘s eben. Sie wollt‘ Stroh und Kienäpfel vom Boden holen, denn das Feuer war ausgegangen.

    „Das könnt‘ doch die Magd tun!", ließ sich Cousine Lisbeth vernehmen.

    Sie war aus der Loibl‘schen Familie und hatte nicht geheiratet, aber dennoch wusste sie alles besser, und Frau Sixta ärgerte sich ständig, dass sie ein Zimmer in ihrem Hause hatte, ein testamentarisch bestimmtes Zimmer.

    „Die Magd war beim Melken", sagte der Schranz-Bauer kurz.

    „Und sonst war niemand im Hause?", fragte die Therese, die Schwester der Verstorbenen, spitz vom oberen Ende des Tisches her. Sie hatte ihren Schwager nie leiden können. Die tote Bäuerin hatte wohl manchmal nach ehelichen Streitigkeiten ihr Herz bei der einzigen Schwester ausgeschüttet.

    „Nein, wir haben die Rüben reingeholt, und alle waren beim Abladen", sagte der Bauer und sah sie finster an.

    „Alle net, fuhr ihm die Therese dazwischen, „denn du hast doch neulich gesagt, dass ihr Streit miteinander hattet, als die Maria stürzte.

    „Kruzitürken!"

    Der Bauer hieb mit der flachen Hand auf den Tisch, dass die Teller und Tassen tanzten. „Soll das ein Verhör sein? Werd‘ ich hier verdächtigt?"

    „Du musst zugeben, hüstelte Tante Ottilie aus dem benachbarten Dorf Feldenwang, die auch unverheiratet war und zu der Familie gehörte, der die Tote entstammte, „dass es sehr sonderbar ist! Ihr hattet in letzter Zeit viel Streit, mein‘ ich. Die Therese sagt‘s.

    Zustimmung heischend sah sie zu Therese hinüber und legte den kleinen, vertrockneten Vogelkopf schief.

    „Ja, viel Streit, echote Therese gehässig. „Die Maria war net begeistert über das fünfte Kind, net wahr?

    „Zum Teufel!", schrie der Bauer. „Glaubt ihr, dass ich sie von der Leiter geworfen hab? Der Hof hätt ‘auch noch

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