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Mukateph: eine unheimliche Erzählung
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Mukateph: eine unheimliche Erzählung
eBook151 Seiten1 Stunde

Mukateph: eine unheimliche Erzählung

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Über dieses E-Book

Eine Schiffspassage nach Java wird für den jungen Kaufmannssohn Hans Heinrich Jacobsen und seinen treuen chinesischen Begleiter Chang Lee zu einer Fahrt in die Hölle. Ist etwa die seltsame Truhe, die er in Hongkong erworben hat, Schuld an alledem?
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum17. Nov. 2022
ISBN9783347727175
Mukateph: eine unheimliche Erzählung
Autor

Dietmar Traulsen

Dietmar Traulsen wurde 1970 an einem Freitag den 13. als Sohn eines Zauberers und einer (verrückten) Hutmacherin geboren. Aufgewachsen in Kappeln an der Schlei, zeigte sich schon sehr früh sein Faible für unheimliche, phantastische Literatur. Noch bevor er überhaupt lesen konnte, sammelte er die Comic-Reihe „Gespenster Geschichten“, die er sich selbst anhand der Bilder erzählte. Mit zwölf Jahren schrieb er seine ersten Kurzgeschichten, entdeckte dann Autoren wie Tolkien, Lovecraft, Howard und King. Schließlich entschied er sich dafür, in einer Bibliothek arbeiten zu wollen. Parallel dazu sammelt der Großmeister der Tagträume seit Dekaden schon Geschichten, die er aus den bekannten – und aus weiteren Regionen der Traumlanden mitbringt. Von dort, wo die Nachtschatten hausen. Diese spannenden, unheimlichen, skurrilen und manchmal auch komischen Geschichten möchte er nun mit uns teilen.

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    Buchvorschau

    Mukateph - Dietmar Traulsen

    1. Aufbruch in das Reich der Mitte

    Ich bin so alt wie dieses Jahrhundert und allein dieser Umstand macht mich zu einem Überlebenden. Zu einem Überlebenden zweier blutiger Weltkriege.

    Für den Ersten war ich zu Beginn mit damals vierzehn Jahren noch zu jung. Für den Zweiten Weltkrieg fehlte mir schlichtweg das Interesse. Ende der dreißiger Jahre weilte ich gerade in Tibet, sodass mich tatsächlich die Nachricht vom Kriegsausbruch erst Wochen später erreichte. Ich zog es danach vor, sogenannte zivilisierte Gegenden eine Zeit zu meiden und reiste lange inkognito durch Asien und Südamerika. Nicht, dass ich grundsätzlich feige war oder keine patriotischen Gefühle hegte, aber der braune Mob, der in Berlin das Sagen hatte, widersprach meiner liberalen Einstellung und es gab brennendere Sorgen, die mich voll und ganz in Anspruch nahmen. Mir lag nichts weniger als die Sicherheit und die Zukunft der gesamten Menschheit am Herzen. Sie vor einer großen Gefahr zu schützen oder zumindest zu warnen war meine Mission. Denn ich habe den dämonischen Schatten gesehen und lebe seitdem in Angst. Mein halbes Leben suchte ich daraufhin weltweit nach Antworten, gab meine Reisen allerdings 1945 wieder auf. Der Grund war der Abwurf zweier Atombomben auf bewohntes Gebiet. Das ließ mich umdenken. Will die Menschheit überhaupt gerettet werden? Vieles spricht dagegen. Aber, vielleicht ist es falsch, und die gewaltigen Waffen, die der Mensch erschaffen hat, sind der Schlüssel zum Überleben unserer Spezies im Kampf gegen die Gefahr, welche da draußen lauert und in unsere Welt einzubrechen droht! Doch, nützen Bomben gegen Schatten?

    Ich bin dieser Bedrohung begegnet, damals als junger Mann, Anfang der zwanziger Jahre.

    Und nun, da ich alt und müde geworden bin, habe ich das Bedürfnis mir alles von der Seele zu schreiben. Die grauenvollen Ereignisse zu schildern, die mein Leben auf den Kopf gestellt und mehrere Menschenleben gekostet haben. Doch wo soll ich beginnen?

    Ich sitze hier bequem in meiner kleinen Kieler Wohnung, einer der wenigen Altbauten, die den Bombenhagel überstanden haben, rauche Pfeife und schaue auf die noch weiße Seite in der Schreibmaschine. Eine der Katzen streift mein Bein und der Kater lümmelt sich faul auf der Fensterbank. Der Dolch liegt neben mir auf dem Schreibtisch. Ich benutze ihn heute nur noch als Brieföffner, aber er ist noch genauso scharf und gefährlich wie damals, als er mir buchstäblich zugeflogen kam. Sein Gewicht in meiner Hand vermittelt ein Gefühl von Schutz und Sicherheit. Seine Magie ist nicht verflogen. Aber bevor ich mit der Geschichte beginnen kann, muss ich ein paar einleitende Worte über meine Familie und die Umstände meiner abenteuerlichen Reise vorausschicken und über Chang. Den guten alten Chang.

    Mein Vater war der anerkannte und erfolgreiche Kieler Kaufmann Georg Friedrich Jacobsen. Er war zeitlebens bekannt für seine Abenteuerlust, und so verwunderte es niemanden, dass er für mehrere Jahre in den Orient und den Fernen Osten aufbrach. In den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts war China noch ein Kaiserreich. Auf einer seiner weitläufigen Reisen durch das Reich der Mitte rettete er einem Mann, der etwa in seinem Alter war, das Leben vor der Wut eines Provinzfürsten. Offensichtlich wurde der Mann beschuldigt, etwas gestohlen zu haben. Lebensmittel? Ein Huhn vielleicht? Schon Kleinigkeiten konnten einen armen Wicht damals das Leben kosten. Mein Vater setzte sich nun für ihn ein, beglich die Schuld des Mannes und versprach ab sofort für diesen die Verantwortung zu übernehmen. Der Provinzfürst willigte ein - ein Prozess, der sich über mehrere Tage hinzog. Mein Vater zog weiter, einige Goldstücke ärmer, aber bereichert durch die Anwesenheit eines beflissenen Chinesen, der jetzt eine Lebensschuld einzulösen hatte. Das war Chang. Da Vater den anhänglichen Mann sowieso nicht mehr loswurde, machte er ihn kurzerhand zu seinem Kammerdiener und gab ihm Unterricht in Deutsch, das er allerdings nie fehlerfrei erlernte. So reisten beide die nächsten paar Jahre gemeinsam durch China, durch Siam, nach Java und schließlich sogar bis Australien. Dank Vaters Geschäftstüchtigkeit und seines Geschicks Menschen für sich einzunehmen, gelang es ihm allerorts Freundschaften sowie Geschäftsbeziehungen zu knüpfen. Als er schließlich 1892 wieder nach Kiel zurückkehrte und sein Geschäft eröffnete, war er schnell sehr erfolgreich und legte den Grundstock zu unserem Familienvermögen. Chang folgte meinem Vater nach Deutschland und blieb weiterhin in seinem Dienst. Zwar gab es jenseits der Reisen nicht viel zu tun für einen Kammerdiener, da wir in Kiel schon Personal hatten, aber Vater versuchte stets wohlwollend eine Aufgabe für ihn zu finden, da er inzwischen mehr Freund als Diener war.

    Im Jahre 1895 wurde dann mein älterer Bruder Karl Wilhelm geboren und im Jahre 1900 erblickte ich schließlich das Licht der Welt. Die ersten Jahre meines Lebens sind mir komplett ungetrübt in Erinnerung, bis dann im Jahre 1906 noch die kleine Elisabeth geboren wurde. Es gab Komplikationen bei der Geburt und unsere arme Mutter verstarb im Kindbett. Vater verfiel in eine große Trauer und ließ uns Kinder quasi alleine mit unserem Verlust. Es war Chang, der meinem Bruder und mir über die schlimmste Zeit hinweghalf und so wurde aus dem einfachen Kammerdiener und guten Geist des Hauses kurzerhand unser Onkel Chang, der immer für uns da war und mit daoistischem Gleichmut unsere Sorgen und Nöte aufzufangen wusste.

    Nach einem Trauerjahr erklang wieder Lachen in unserem Haus, das wie in einem Dornröschenschlaf geruht hatte. Das lustige Lachen gehörte unserer Schwester Elisabeth, die jetzt ein Jahr alt war und zu sprechen anfing. Doch meistens lachte sie. Lachte ihr typisches glockenhelles Engelslachen, das sie auch ein Leben lang beibehalten sollte. Wir verliebten uns alle in die Kleine und auch unser Vater fand endlich ins Leben zurück. Er ließ der Kleinen alles durchgehen und war ihr nie wegen irgendwas böse. Die folgenden Jahre verliefen wieder sehr glücklich, wenn auch ereignislos.

    Die nächste Verwerfung im Leben unserer Familie ereignete sich erst mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs. Mein Bruder war inzwischen fast neunzehn Jahre alt und sah es als seine Pflicht an, für Kaiser und Vaterland zu kämpfen. Er meldete sich sofort zur kaiserlichen Marine und wurde aufgrund unserer gesellschaftlichen Stellung und unseres guten Rufes auf die Kadettenanstalt nach Mürwik geschickt, um die Offizierslaufbahn einzuschlagen. Er diente dann später als Leutnant auf einem kaiserlichen Schiff und erlebte dabei wie viele tausend junge Männer dieser Zeit seine eigenen „Abenteuer". Aber immerhin überlebte er den Krieg und kehrte mit nur wenig körperlichen Blessuren, aber stiller und ernster nach Hause zurück. Er quittierte den Dienst und stieg dafür in das Geschäft meines Vaters ein, so wie dieser es sich gewünscht hatte. Ich selbst hatte inzwischen gerade meine Reifeprüfung abgelegt und lernte jetzt kaufmännisches Rechnen sowie Handelsrecht an einer renommierten Schule. Auch ich würde danach wohl in unseren Familienbetrieb einsteigen, wenngleich mein älterer Bruder natürlich als legitimer Nachfolger unseres Vaters galt. Doch die Dinge liefen wieder mal anders als erwartet.

    Die Spanische Grippe kam. Erst als Gerücht, dann als Zeitungsnotiz und schließlich mit aller Härte auch zu uns. Mein Bruder und ich waren nicht betroffen, aber wir beide kannten ehemalige Klassen- oder Kriegskameraden, die der Grippe zum Opfer fielen. Als dann 1920 alles wieder abebbte und wir uns alle in Sicherheit wiegten, brach das Schicksal abermals über uns herein und nahm sich ausgerechnet unseren Sonnenschein, die kleine Elisabeth. Kurz vor ihrem fünfzehnten Geburtstag holte sie die Lungenpest und mit ihr starb die Freude und die Leichtigkeit in unserem Haus. Vater zerbrach an diesem Verlust. Wochenlang vergrub er sich in seinem Arbeitszimmer und wollte niemanden sehen oder sprechen. Nur Chang ließ er in seine Nähe. Immer wenn dieser dann wieder aus Vaters selbstgewähltem Gefängnis trat, machte er ein kummervolles Gesicht, seufzte und schüttelte den Kopf. Mein Bruder übernahm nun notgedrungen allein die Geschäfte der Firma und vergrub sich seinerseits noch mehr in die Arbeit als zuvor. Ich versuchte es ihm gleichzutun und gab mein Bestes, doch die Trauer über den Verlust der kleinen Elisabeth und die Sorge um die Gesundheit meines Vaters raubten mir den Antrieb.

    Fast auf den Tag genau zwei Monate nach der Beisetzung Elisabeths, traf meinen Vater der Schlag. Chang fand ihn spät am Abend regungslos in seinem Arbeitszimmer zwischen Landkarten und zahllosen Büchern, die überall verstreut herumlagen. Es wurde sofort ein Arzt geholt und mein Vater wurde daraufhin in das städtische Krankenhaus gebracht. Die Ärzte sprachen uns Mut zu und meinten, dass Vater überleben würde. Doch seine Genesung zog sich hin. Nach mehreren Wochen Aufenthalt im Sanatorium, kam er endlich nach Hause. Chang schob seinen Rollstuhl. Alleine zu gehen vermochte Vater nur noch für wenige unsichere Schritte. Auch sprach er jetzt langsam und schleppend. Von seiner vitalen Art war nichts mehr geblieben. Er war nur noch ein Schatten seiner selbst.

    Wenige Monate später bestellte mich Vater zu sich in sein Arbeitszimmer. Er hatte seine Arbeit oder seine Studien, von denen er uns nichts erzählte, offenbar wieder aufgenommen, denn wieder lagen viele Landkarten und Bücher herum. Allerdings nicht mehr auf dem Fußboden, sondern auf dem Schreibtisch und weiteren Anrichten und Ablagen, die für ihn, auch als Invaliden erreichbar waren.

    „Hans", sagte er und machte dabei ein betrübtes Gesicht.

    „Ich habe mich in der letzten Zeit viel zu wenig um dich und deinen Bruder gekümmert."

    „Wir wissen warum, Vater", setzte ich an, aber er unterbrach mich.

    „Meine Versäumnisse euch Kindern gegenüber reichen weit zurück, im Grunde sogar bis zum Tod eurer lieben Mutter. Dafür möchte ich dich um Verzeihung bitten. Ich bin ein alter Narr. Ein kranker alter Narr!"

    „Du musst dich nicht rechtfertigen", warf ich ein, doch wieder unterbrach er mich.

    „Ich bin in vielem recht egoistisch gewesen in der letzten Zeit."

    Der Blick meines Vaters ging in Richtung Decke. So, als suche der dort nach den richtigen Worten. „Nach dem Tod von Elisabeth, er schluckte kurz, „wurde mir hier alles zu viel und zu eng. Als hätte ich einen Strick um den Hals gelegt bekommen.

    „Vater!"

    „Nein, warte! Ich beschloss daraufhin, mein Leben zu ändern und nochmal neu zu beginnen, dort wo ich am glücklichsten war und mich am sorglosesten gefühlt habe."

    Ich blickte meinen Vater fragend an.

    „Wie du ja weißt, bin ich als junger Mann sehr viel gereist. Und besonders die Schönheit und die Fremdartigkeit des Fernen Ostens haben

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