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Ein begehrenswerter Mann?: Gefährlich verschlungene Wege zum Glück
Ein begehrenswerter Mann?: Gefährlich verschlungene Wege zum Glück
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eBook233 Seiten2 Stunden

Ein begehrenswerter Mann?: Gefährlich verschlungene Wege zum Glück

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Über dieses E-Book

Dieser Biografische Roman steckt voller verworrener, abenteuerlicher Geschehnisse und ebenso zweifelhafter wie menschlicher Größe. Spannend wird das Leben des Dr. Carl Victor von Chasseur, der ein äußerst charmanter, überdurchschnittlich intelligenter und auffallend gut aussehender Mann war, beschrieben. Als Jurist begann er bei der deutschen Kriegsmarine seine Kariere. Da ihm die Damenwelt zu Füßen lag, konnte er diesen oft nicht widerstehen, woraus sich entsprechende Komplikationen ergaben, die ihn sogar zum Bigamist werden ließen. Gleichzeitig setzte er sich im Krieg oft über Vorgaben des Nazi- Regimes geschickt hinweg, um dadurch Menschen vor der sicheren Todesstrafe zu bewahren. Von seinen drei Frauen wurde er vier mal Vater von Söhnen. 1945 flüchtete er als Mönch verkleidet recht abenteuerlich durch halb Europa, wurde verhaftet und gefoltert, aber ebenso unverhofft von 2 Frauen vernascht. In Madrid heiratete er seine dritte Frau, eine etwa zwanzig Jahre jüngere Spanierin. Erst nach seinem Tod mit 93 Jahren erfuhren alle seine vier Söhne aus seinen drei Ehen voneinander und lernten sich persönlich kennen.
Gleichzeitig werden Fragen zu den Entscheidungen der Alliierten nach den beiden Kriegen gestellt, auf die es bis heute keine wirklichen Antworten gibt.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum15. Juli 2015
ISBN9783739291840
Ein begehrenswerter Mann?: Gefährlich verschlungene Wege zum Glück
Autor

Heinz-Ewo von Brand

Heinz-Ewo von Brand wurde in der Neumark geboren. Nach seinem abgeschlossenen Studium als Diplom-Ingenieur arbeitete er in der Industrie. Er lebte in Altmorschen, Frankfurt, Bad Kreuznach und heute in Marnheim bei Kirchheim Bolanden. Aus seiner Ehe gingen zwei Kinder hervor, ein Sohn und eine Tochter. Nach seiner Verrentung begann er sowohl zu malen, als auch zu schreiben. Neben dem biografischen Roman "Ein begehrenswerter Mann? " folgt jetzt die überarbeitete Neuauflage des Romans "Sophie, Bella Dea". Ein weiterer Roman ist in Arbeit.

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    Buchvorschau

    Ein begehrenswerter Mann? - Heinz-Ewo von Brand

    Für Marc und Andrea

    INHALT

    Vorwort

    JUGENDZEIT

    Eine schöne Zeit in Schlesien

    Krieg (Erster Weltkrieg)

    Chaos, Schwarzmarkt und Währungsreform

    Abitur, Kajütboot und dann?

    AUSBILDUNG UND BERUF

    Berufsentscheidung des Carl Victor von Chasseur

    Beginn der Karriere des Dr. Carl Victor von Chasseur in der Deutschen Kriegsmarine

    Dienstgrade

    Kriegsschiffe

    Bürgerkrieg in Spanien sowie Beginn des Naziterrors und der Judenverfolgung im Deutschen Reich

    DAS SCHÖNE KOMPLIZIERTE LEBEN

    Erneut Krieg (II. Weltkrieg)

    Die Zeit in Oslo und Brit

    Versetzt nach Kopenhagen – Dörte

    Die neue Dienststelle in Aix-en-Provence - Geneviève

    FLUCHT AUS DEM CHAOS

    Kriegsende, Vertreibung und die eigene Flucht als verkleideter Mönch

    Die Überquerung der dänischen Grenze nach Deutschland

    Der Grenzübertritt von Deutschland nach Belgien

    Der folgenschwere Grenzübertritt nach Frankreich

    Als ich, der Pater von zwei selbstbewussten Freundinnen vernascht wurde

    Die erstaunlich leicht zu überwindende Grenze von Frankreich nach Spanien

    EIN NEUER START INS LEBEN

    Angekommen

    Leben in Madrid

    Endlich - Christina Elena

    Nachwort

    Auflagen nach dem I. Weltkrieg (der Versailler Vertrags)

    Auflagen nach dem II. Weltkrieg

    Die politischen Veränderungen nach dem II. Weltkrieg

    Textquellenverzeichnis

    Vorwort

    Nachdem der fürchterliche, zweite Weltkrieg vorbei war und ich in meinem Leben endlich glaube angekommen zu sein, habe ich mich entschlossen, mein bisheriges Leben in einem Tagebuch festzuhalten. Dies denke ich ist eine gewisse Notwendigkeit, da meine bisherige Biografie, mehr als verworren verlief. Ebenso verstehe ich, dass einige Vorgänge darin berechtigt kritisiert werden können. Obendrein kann ich nicht ausschließen, dass mich meine Vergangenheit, in welcher Form auch immer, irgendwann doch noch einholt. Letztlich gebe ich zu, dass ich in meinem bisherigen Leben nicht immer der Mutigste war und ebenso einiges getan habe, was ich besser gelassen hätte, wodurch ich mich selber in so manche, letztlich eher unschöne Situation hinein manövrierte. Aus diesem Grund habe ich mich entschlossen und fasse den Mut, bevor ich womöglich völlig missverstanden, oder gar verurteilt und gemieden werde, meine Sicht zu alledem darzulegen und den Verlauf meines Lebens aufzuschreiben. Ebenso werde ich versuchen einzelne Schritte etwas genauer zu erklären. So hoffe ich auch, dass manche Vorgänge durch meine hier gezeigte Offenheit etwas verständlicher werden. Dennoch, so denke ich, wird nicht jeder alle meine Handlungen verstehen. Hier kann ich nur sagen, dass in extremen Situationen, menschliches Verhalten oft mehr als unverständlich erscheint.

    Darüber hinaus habe ich mich entschlossen, meine Gedanken und Gefühle zu den Geschehnissen in jener Zeit, auf die ich keinen Einfluss nehmen konnte, mich allerdings dennoch bewegten, festzuhalten. Selbst heute sind zum Teil viele dieser Fragen von damals nach wie vor nicht geklärt und unbeantwortet.

    Carl Victor von Chasseur

    ****

    Eher zufällig wurde folgende recht bemerkenswerte Lebensgeschichte des Dr. Carl Victor von Chasseur, der Hauptperson dieses biografischen Romans, bekannt.

    Carl Victor von Chasseur, ein äußerst charmanter, überdurch-schnittlich intelligenter und auffallend gut aussehender Mann mit einer hervorragenden Erziehung, genoss es, dass ihm die Damenwelt zu Füßen lag.

    Der Vater von Carl Victor von Chasseur entdeckte während des Ersten Weltkriegs als Major an der Front seine homosexuelle Neigung, was in der Folge zu dessen Scheidung führte. Aus diesem Grund musste Carl Victor weitestgehend ohne Vater aufwachsen.

    Anders als heute in der modernen vernetzten Welt mit ihren normalerweise genau arbeitenden Behörden, sind die teilweise doch mehr als fragwürdigen Vorgänge im Leben des Dr. Carl Victor von Chasseur offiziell nie bekannt geworden.

    Auf seinen Wunsch hin wurde ihm bis zu seinem Ableben Stillschweigen über sein Leben, seine Handlungen und Erlebnisse zugesichert.

    Menschliches Verhalten ist, insbesondere in außergewöhnlichen Situationen, wie sie beispielsweise im Krieg vorkommen, oft kaum zu verstehen und kann demzufolge nur selten mit logischen Argumenten nachvollzogen werden. Aus diesem Grunde werden solche Handlungen im Allgemeinen schlicht als regelwidrig oder mitunter als nicht gesetzeskonform bezeichnet. Es gibt allerdings ebenso Situationen, bei denen menschliches Verhalten, obwohl nicht gesetzeskonform, dennoch nachvollziehbar ist. Beides kam in der Biografie des Dr. Carl Victor von Chasseur vor.

    Eine mehr als beispiellose Lebensgeschichte, die in der deutschen Kaiserzeit begann und nur in solch extremen Zeiten, wie in den beiden Weltkriegen und deren Folgezeit, sich ereignen konnte. Die Wünsche und Gelüste des Dr. Carl Victor von Chasseur wurden bewusst nicht übergangen, denn sie tragen zur Vervollständigung und zum Verständnis seiner Biografie bei. Es wird darüber hinaus der Karriereverlauf des Dr. Carl Victor von Chasseur und wichtige Ereignisse des Kriegsverlaufs in seinem Umfeld beschrieben. Letztlich wird aufgezeigt, welche zum Teil extremen Wege er beschritt, um nach dem fürchterlichen Zweiten Weltkrieg ein neues Leben beginnen zu können. Sie führten ihn als Mönch verkleidet durch halb Europa.

    Die von ihm erwähnten Ansichten, die ihn in jener schlimmen Zeit beschäftigten und mit denen er sich auseinander zu setzen versuchte, sind selbst heute noch höchst interessant und relevant. So zeigen diese spezielle Einblicke in das Zeitgeschehen jener Zeit inmitten Europas, stellen jedoch ebenso Fragen zu den Folgen der damaligen chaotischen Zeit, auf die es bis heute keine wirklichen Antworten gibt.

    Die Geschehnisse dieser Lebensgeschichte wurden bewusst in Form eines Romans erzählt, haben jedoch tatsächlich stattgefunden. Fast alle Ereignisse konnten detailliert, nachgewiesen werden. Um den Lesefluss zu erhalten, wurden nur einzelne Vorgänge und Abläufe leicht verändert oder ergänzt. Aus Rücksicht zu seiner Familie wurden allerdings die Namen sämtlicher Personen in dieser Biografie verändert.

    Mit diesem biografischen Roman sollte beispielhaft gezeigt werden, welche verworrenen Einzelschicksale trotz ursprünglich idealer Voraussetzungen durch die beiden Weltkriege, sowie in den Zeiten danach, entstehen konnten, wie Familien auseinander gerissen wurden und wie selbst Kinder der damaligen Zeit noch heute unter den Folgen zu leiden haben.

    Für die Unterstützung und die diversen Informationen geht mein Dank an folgende Behörden und Archive: Deutsches Archiv der Offiziersschule der Marine Flensburg; WASt (Wehrmacht Auskunft Stelle) in Berlin; Bundesarchiv bzw. Militärarchiv Wehrmacht; Wehrgeschichtliche Ausbildungszentrum der Marineschule Mürwik.

    Weiterhin bedanke ich mich bei Frau Claudine Brohon-Cahour, Conservatrice des Archives, Aix-en-Provence, Frankreich, bei Frau Nele Mengler, Herrn Dr. Thomas Pohl und Frau Gabriele Scherrer für deren freundliche Hilfe und Unterstützung.

    JUGENDZEIT

    Eine schöne Zeit in Schlesien

    Aus der Erinnerung weiß ich, was mir meine liebe Mutter, Frau Luise Emanuele von Chasseur, ich nannte sie jedoch stets nur Mami, aus der Zeit vor und nach meiner Geburt erzählt hatte.

    Damals, im Jahr 1909 hatten wir in Glogau und überhaupt in ganz Schlesien einen ausgesprochen schönen Sommer. Erst unlängst setzte der Herbst ein. Er konnte jedoch beinahe als ebenso schön wie der vergangene Sommer angesehen werden. Im Herbst und insbesondere jetzt im Oktober zogen morgens dicke Nebelschwaden von der Oder herüber, so wie es heute der Fall war. Die vorbildlich geschnittenen Bäume in dem großen, fast einem Park ähnlichen Garten hinter der schönen Villa und ebenso die Obstbäume, die auf einer an den Garten angrenzenden großen Pferdekoppel standen, wurden noch von dem leuchtend bunten Herbstlaub geschmückt. So sehr lange konnte es wohl nicht mehr dauern, bis in der Frühe die Wiesen vom Raureif bedeckt und sämtliches Laub von den Bäumen herabgefallen war.

    Die Villa, in der meine Eltern wohnten, stand erst seit gut zwanzig Jahren. Sie wurde ausschließlich an Offiziere der kaiserlichen Armee vermietet, denn sie bot ihren Bewohnern, selbst für kleinere Gesellschaften, ausreichenden Platz.

    Eines Tages erzählte mir meine Mutter, dass zwei Jahre zuvor die kriegerischen Auseinandersetzungen im fernen Deutsch-Südwestafrika mit den Namas, Gott sei Dank beendet werden konnten. Viele Opfer – bei den deutschen Soldaten und ebenso bei den Schwarzen – hatte der Krieg gefordert.

    Erstaunlicherweise waren in Deutschland einige Leute sogar regelrecht euphorisch und stolz, wenn von den angeblichen Heldentaten unter der heißen Sonne Namibias erzählt und geschwärmt wurde. Dafür hatte aber meine Mutter überhaupt kein Verständnis. Glücklicherweise, musste mein Vater, der beim Militär aktiver Offizier war, an diesen Auseinandersetzungen nicht teilnehmen.

    Am Montag, dem 4. Oktober 1909, so erzählte mir meine Mutter, hatte die examinierte Säuglingsschwester Annemarie Brod ihren Dienst bei ihr begonnen, da in Kürze meine Geburt bevorstand. Später nannte ich unsere Säuglingsschwester stets nur Ami. Sie stammte aus der Kreisstadt Arnswalde, die in der brandenburgischen Neumark (östlich der Oder) lag. Ami erzählte mir eines Tages, dass Ihr Vater, ein Rechtsanwalt, darauf bestanden hatte, dass nicht nur alle seine Söhne, sondern ebenso alle seine Töchter einen anständigen Beruf erlernten. Da Ami insbesondere kleine Kinder so sehr mochte und liebte, hatte sie sich dazu entschieden Säuglingsschwester zu werden. Nun lebte sie also bei uns und kümmerte sich ausschließlich um mich.

    Ami fiel äußerlich durch ihre schlanke Figur und ihre geringe Körpergröße von gerade mal 1,55 Meter auf. Außerdem hatte sie einen auffallend, recht tief im Stirnbereich, beginnenden Haaransatz. Meistens lief sie mit ihrer hellblauen Schwesterntracht und der dazugehörenden weißen Schürze, sowie der weißen Haube mit dem Rote-Kreuz- Abzeichen herum. Ami zeigte mir gegenüber und später ebenso zu meiner Schwester, nicht nur sehr große Liebe und Zuneigung, sondern gleichzeitig Strenge, was unsere Liebe zu ihr jedoch keinesfalls schmälerte.

    Weiterhin arbeitete noch Hanne ständig im Haus, die sich mit großer Hingabe um den gesamten Haushalt kümmerte. Sie hieß Hannchen Leske, für mich aber stets nur Hanne. Sie war etwas größer als Ami, flink wie ein Wiesel und stets am Aufräumen oder Staubwischen, wenn sie nicht gerade kochte oder einkaufen ging. Alle ihre Aktivitäten waren natürlich mit meiner Mutter abgesprochen worden.

    Endlich, ich wollte geboren werden. Dies motivierte mich anscheinend diesbezüglich entsprechend zu drängeln und mich bemerkbar zu machen. Bei meiner Mutter begannen deshalb, seit heute in der Frühe, ziemlich stark die Wehen. Sie bat Ami deshalb, Frau Kunert, die Hebamme, bald möglichst zu benachrichtigen. Diese kam alsbald und entschied, am frühen Nachmittag erneut wiederzukommen, zumal sie heute noch anderen Kindern dabei helfen sollte, das Licht der Welt zu erblicken. Für alle Fälle hatte sie Ami noch einige Instruktionen gegeben, nur für den Fall, dass ich nun doch früher als gedacht auf die Welt kommen wollte.

    Genau genommen benötigte Ami überhaupt keine Hebamme, da sie, wie sie mir ein paar Jahre später erzählte, da sie selber eine Ausgebildete Geburtshelferin war. Außerdem hatte einige Tage zuvor der Arzt Dr. Simon meine Mutter untersucht und keinerlei Bedenken für meine bevorstehende Geburt diagnostiziert.

    Gegen halb drei kam die Hebamme wieder, und wie es schien, genau zum richtigen Zeitpunkt. Ami durfte der Hebamme behilflich sein, und nach gut zwei Stunden plärrte ich vergnügt meine ersten Lebenszeichen von mir. Als nun kurze Zeit später mein Vater von seinem Dienst als Hauptmann der kaiserlichen Armee nach Hause kam, bewunderte er zunächst mich, seinen Sprössling. Mein Vater entschied, mir den Namen Carl Victor zu geben. Gewiss, diesen Namen hatte er zuvor mit meiner Mutter abgesprochen, nur offiziell verkündete eben der Herr des Hauses, also mein Vater, den Namen des Kindes. Genauso hatte der Hausherr meine Geburt behördlich anzuzeigen und im Geburtsregister eintragen zu lassen – dies entsprach der üblichen Vorgehensweise.

    Mein Familienname „von Chasseur" hatte ihren Ursprung in Frankreich. Unsere Familie gehörte zu den Nachkommen der Hugenotten, die in der Zeit der Französischen Revolution aus Frankreich geflohen waren und in Preußen eine neue Heimat gefunden hatten. Zu jener Zeit herrschte in Frankreich eine allgemeine und pauschale Verfolgung all derjenigen, die eine andere Meinung als die der aktuellen Machthaber äußerten. Ebenso reichte die Zugehörigkeit zu einer anderen Religion als dem Katholizismus oder die Abstammung aus einer reichen oder aristokratischen Familie aus, um verfolgt werden zu können. So endete leider auch, meine direkte Urururgroßmutter unschuldig auf einer Guillotine. Im sehr toleranten Preußen hingegen konnte jeder nach seinem Geschmack glücklich werden, durfte seine eigene Religion ausüben und so leben, wie er wollte. Er hatte lediglich seinen bürgerlichen Pflichten und der bürgerlichen Ordnung nachzukommen. Jedenfalls war meine Familie aus diesem Grund ehemals nach Preußen gekommen.

    ****

    Das Frühjahr 1910 hatte begonnen, als mein Vater Hauptmann Ferdinand Victor von Chasseur von Schlesien nach Berlin versetzt wurde. Versetzungen beim Militär waren nichts Ungewöhnliches, sondern allgemein üblich. Da mit dieser Versetzung für meinen Vater gleichzeitig eine Beförderung zum Major verbunden war, kam ihm diese Versetzung verständlicherweise sehr gelegen. Letztlich beinhaltete sie neben einem besseren Ansehen etwas mehr Verantwortung und ein höheres Gehalt, worüber wir uns natürlich besonders freuten.

    Der Umzug nach Berlin wurde vorbereitet. Ich merkte davon nicht sehr viel, nur, dass deutlich mehr Unruhe herrschte und ein ziemliches durcheinander im gesamten Haus vorlag. Ami und Hanne wollten beide unbedingt bei meiner Mutter bleiben und mit nach Berlin umziehen. Ich liebte sie beide! Allerdings schien auch meine Mutter mit Ami und Hanne mehr als zufrieden zu sein, da sie, wie sich Mami damals ausdrückte, ausgesprochen fleißige und liebenswürdige Personen waren, die regelrecht zum Haus dazugehörten. Aus diesem Grund nahm meine Mutter sie beide, zu meiner großen Freude auch sehr gerne nach Berlin mit.

    Wenige Tage später standen die Umzugswagen nachmittags vor der Tür. Die Wagen waren relativ schnell mit dem Mobiliar und den Umzugskästen, die eine Vorhut bereits zuvor eingepackt hatte, beladen. Hanne ließ es sich nicht nehmen, wie konnte es auch anders sein, darüber zu wachen, dass alles unter ihrer Regie ablief. Sie wusste ganz genau, in welcher Kiste sich was befand. Die Bücher von meinem Vater hatte sie ebenfalls vor einigen Tagen, nach Vatis Anweisung, in Kartons gepackt. Mein Vater hielt in den Bücherborden seiner kleinen Bibliothek nicht nur allgemein Ordnung, sondern sortierte die Bücher nach einem bestimmten, eigenen System. So wusste er stets, an welchem Platz er jedes Buch finden konnte. Wurden die Bücher durch Hanne entstaubt, so achtete Hanne peinlichst darauf, dass diese ja wieder am richtigen Platz standen, andernfalls konnte mein Vater ziemlichen ärgerlich werden.

    Da es bereits dunkel wurde, stellten die Kutscher die gepackten Wagen über Nacht, mit Planen abgedeckt und bewacht, in die Hofeinfahrt der großen Villa. Die Pferde kamen in eine Pferde-Unterkunft, in der sie auch versorgt wurden. Anschließend kehrten die Kutscher und Möbelpacker im Gasthof zur Krone ein, um am nächsten Morgen frisch erholt wieder vor der Tür zu stehen und ihre Fahrt rechtzeitig nach Berlin zu beginnen.

    Meine Mutter mit Ami und natürlich mit mir, dem vergnügten kleinen Jungen, wollten erst etwas später mit einer gemieteten zweispännigen Kutsche abreisen. Die letzte Nacht verbrachten wir, da ja die Möbel bereits auf den Umzugswagen verpackt waren, als Gäste bei lieben Freunden meiner Eltern.

    Zuvor hatte meine Mutter, wie sie mir weiter erzählte, einige Überlegungen angestellt, auf welche Art und Weise sie selbst wohl am sichersten und einfachsten reisen sollte. Als beste Variante schien sich die Kutschfahrt anzubieten. Gewiss, sie konnten ebenso nur ein Stück mit der Kutsche in Richtung Cottbus und anschließend mit der Eisenbahn weiterfahren – nur bis Cottbus hatten sie sowieso schon ungefähr die halbe Strecke hinter sich gebracht. Jetzt alles wieder umzuladen lohnte sich ihrer Meinung nach nicht, zumal, in Berlin angekommen, erneut wieder alles auf eine Kutsche geladen werden musste. So hatte sie sich also entschieden, mit der Kutsche über Frankfurt an der Oder und Königswusterhausen nach Berlin zu reisen. Die Tour von gut zweihundertsiebzig Kilometer Entfernung wollten sie jedoch auf keinen Fall in einem Stück machen. Um die Strecke an einem Tag zu bewältigen, wäre sie doch etwas zu weit gewesen. Vor allem meinetwegen, meinte Ami, empfahl sich deshalb eine Zwischenübernachtung, entweder in Ziebingen oder Kunitz im Kreis Weststernberg in der brandenburgischen Neumark.

    Am kommenden Morgen wollten die Kutscher mit ihrem Transport bereits um fünf Uhr losfahren. Hanne machte dies anscheinend nichts aus, sie meinte, dass sie ja zwischendurch, falls

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