Willkommen in Dornbeck: Mordseegeschichten 1
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Neue Freundschaften und ein sehr netter Wirt machen es Nelly leichter als gedacht, in Dornbeck heimisch zu werden. Aber da wartet schon der nächste Fall darauf, von Nelly und ihren Kollegen gelöst zu werden.
Natalia saß in ihrer kleinen und etwas heruntergekommenen Wohnung und kaute nachdenklich an ihren roten langen Fingernägeln. Sie schaute wieder einmal auf das Display ihres Handys, aber da war keine Nachricht für sie angekommen. Immer noch nicht. "Wo steckt der Kerl denn nur? " überlegte sie und ihre Stimmung schwankte zwischen Wut und Sorge. Erneut griff sie zum Handy und wählte ein weiteres Mal mehr Pawels Nummer. Und wieder sprang nur die Mailbox an. Natalia runzelte nachdenklich die Stirn. Nun waren es schon drei Tage her, seit sie Pawel das letzte Mal gesehen hatte. Nicht, dass es für Pawel ungewöhnlich war, wenn er mal für eine Weile abtauchte. Er war eben nicht der zuverlässigste Mensch und in der Regel fragte Natalia auch nicht nach, wo er gewesen war. Sie hätte ja auch keine zufriedenstellende Antwort bekommen. Natalia wusste auch, dass er manchmal nicht ganz koschere Geschäfte machte oder auch mal mit seinen Kumpels unterwegs war. Aber nun wurde sie doch langsam unruhig. Denn seitdem Pawel seinen neuen Job bei dieser Import- und Export-Spedition hatte, war doch endlich einmal so etwas wie Stabilität in ihr Leben gekommen und auch die ständigen Geldsorgen hatten abgenommen. Sie hatten sich sogar das eine oder andere leisten können und die Rechnungen stapelten sich nicht mehr so hoch wie früher. Am Montagabend waren sie zum Essen verabredet gewesen. Pawel hatte tatsächlich versprochen, sie zum Essen auszuführen. Darauf hatte Natalia sich sehr gefreut. Aber dann war er einfach nicht gekommen und hatte sie alleine in der Ankerklause sitzen lassen.
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Mordseegeschichten
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Buchvorschau
Willkommen in Dornbeck - Susanne Schwertfeger
Mordseegeschichten
– 1 –
Willkommen in Dornbeck
Kommissarin Nelly Peters ermittelt
Susanne Schwertfeger
Natalia saß in ihrer kleinen und etwas heruntergekommenen Wohnung und kaute nachdenklich an ihren roten langen Fingernägeln.
Sie schaute wieder einmal auf das Display ihres Handys, aber da war keine Nachricht für sie angekommen. Immer noch nicht.
„Wo steckt der Kerl denn nur?" überlegte sie und ihre Stimmung schwankte zwischen Wut und Sorge. Erneut griff sie zum Handy und wählte ein weiteres Mal mehr Pawels Nummer. Und wieder sprang nur die Mailbox an.
Natalia runzelte nachdenklich die Stirn.
Nun waren es schon drei Tage her, seit sie Pawel das letzte Mal gesehen hatte. Nicht, dass es für Pawel ungewöhnlich war, wenn er mal für eine Weile abtauchte. Er war eben nicht der zuverlässigste Mensch und in der Regel fragte Natalia auch nicht nach, wo er gewesen war. Sie hätte ja auch keine zufriedenstellende Antwort bekommen. Natalia wusste auch, dass er manchmal nicht ganz koschere Geschäfte machte oder auch mal mit seinen Kumpels unterwegs war. Aber nun wurde sie doch langsam unruhig. Denn seitdem Pawel seinen neuen Job bei dieser Import- und Export-Spedition hatte, war doch endlich einmal so etwas wie Stabilität in ihr Leben gekommen und auch die ständigen Geldsorgen hatten abgenommen. Sie hatten sich sogar das eine oder andere leisten können und die Rechnungen stapelten sich nicht mehr so hoch wie früher.
Am Montagabend waren sie zum Essen verabredet gewesen. Pawel hatte tatsächlich versprochen, sie zum Essen auszuführen. Darauf hatte Natalia sich sehr gefreut. Aber dann war er einfach nicht gekommen und hatte sie alleine in der Ankerklause sitzen lassen. Seither war Pawel wie vom Erdboden verschluckt.
Natalia beschloss, noch bis zum Abend zu warten und dann zur Wache zu gehen, um Pawel als vermisst zu melden. Auch wenn sie wusste, dass Pawel es gar nicht gutheißen würde, wenn sie mit der Polizei sprach...
Nelly Peters starrte angestrengt in den Herbstnebel, der von der Küste her herüberzog und versuchte, sich auf die Fahrbahn zu konzentrieren. Aber es war nicht nur der Nebel, der es ihr schwer machte, das Auto sicher in Richtung Dornbeck zu lenken. Denn neben der schlechten Sicht waren es auch ihre düsteren Gedanken, die sich im Kreis drehten. Nelly schlug mit der flachen Hand auf das Lenkrad, wie um diesen Kreislauf zu durchbrechen. Aber immer noch hatte sie die Stimme ihrer Freundin und Kollegin Gesa deutlich im Ohr:
„Nelly, du hast doch gewusst, worauf du dich einlässt. Du wusstest doch ganz genau, dass es niemals klug ist, sich auf eine Affäre mit einem Vorgesetzten einzulassen – und ganz besonders nicht, wenn dieser Vorgesetzte verheiratet ist und zwei kleine Kinder hat. Das Schlimme an der ganzen Geschichte war, dass sie sich mit dieser unglückseligen Angelegenheit nicht nur um ihre berufliche Zukunft bei der Polizei Hamburg gebracht hatte, sondern auch ihr Ruf war einfach ruiniert. Immer noch stieg Nelly die Schamesröte ins Gesicht, wenn sie daran dachte, wie die Frau ihres Chefs in die Polizeistube marschiert war und ihr vor allen Kollegen eine Szene gemacht hatte. Die eifersüchtige Ehefrau hatte sie als „rücksichtsloses Luder
dargestellt, das ohne Skrupel eine junge Familie ruinierte. „Oh Mann, was bin ich doch für eine dumme Kuh gewesen" stöhnte Nelly und kam sich töricht und gedankenlos vor. Noch dümmer und noch feiger war ihr in diesem Moment der Eskalation allerdings der Ehemann der tobenden Frau, ihr Vorgesetzter Benno erschienen, der es vorgezogen hatte, die Rollos zu seinem Büro komplett herunterzulassen und so zu tun, als wäre er gar nicht da. Benno ließ sich erst wieder blicken, nachdem seine Frau wieder gegangen war und die Luft wieder rein war.
Jedenfalls waren Nelly die folgenden Tage nach diesem denkwürdigen Ereignis auf der Wache wie ein nicht endendes Spießrutenlaufen erschienen und schließlich hatte sie ihre Versetzung eingereicht. Und nun war sie auf dem Weg zu ihrer neuen Wirkungsstätte in Dornbeck, diesem kleinen Nest, von dem sie vor einigen Wochen noch nicht einmal gewusst hatte, dass es diesen Ort überhaupt gab. Aber hier war eine Stelle verfügbar und so hatte sie nicht lange gezögert und sich in diese Einöde versetzen lassen.
Benno war sichtlich erleichtert gewesen, als sie ihm ihren Entschluss mitteilte.
„Manchmal ist eine Luftveränderung ja auch sehr gut," hatte er unverbindlich gemurmelt und Nelly hatte förmlich gesehen, wie eine zentnerschwere Last von ihm genommen wurde.
„Ich hoffe, du kommst damit klar, dass wir uns jetzt nicht mehr sehen können", hatte er zum Abschied noch gesäuselt und Nelly hätte ihn am liebsten geohrfeigt.
Was bildete dieser Typ sich eigentlich ein? Dass sie ohne ihn nicht leben konnte? Dabei war es Nelly von Anfang an klar gewesen, dass es sich nur um eine Affäre handelte - auch wenn diese Affäre viel länger gedauert hatte, als sie es geplant hatte. Und am Ende war es ja ziemlich aus dem Ruder gelaufen.
Zudem hatte Nelly ihren anderen Kollegen gegenüber ein sehr schlechtes Gewissen, weil sie ihre Truppe in einem Moment verließ, in dem doch jeder gebraucht wurde. Denn seit einigen Monaten überschwemmten chemische Drogen ihren Kiez und es hatte schon einige Tote deswegen gegeben. Sie hatten sogar schon eine Soko mit dem Namen „Blue" wegen der bläulichen Färbung der Drogen gegründet.
Aber darauf konnte Nelly nun leider keine Rücksicht nehmen.
Da kam endlich das Ortschild von Dornbeck in Sicht.
*
Langsam fuhr Nelly durch die engen Gässchen des kleinen Ferienortes am Wattenmeer und war erleichtert, trotz des immer undurchdringlicher werdenden Nebels unbeschadet hier angekommen zu sein. Fast schien es, als wäre die Zeit hier stehengeblieben. Nur ein großer Supermarkt am Ortseingang, eine Dönerbude daneben und ein paar Souvenirgeschäfte zeugten davon, dass die Zukunft zumindest ein bisschen hier Einzug gehalten hatte. Die alten Fischerkaten duckten sich wie seit ewigen Zeiten gegen den Wind,