Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Das Leuna Konzept: Michael Korn & Liz Croll Band 6
Das Leuna Konzept: Michael Korn & Liz Croll Band 6
Das Leuna Konzept: Michael Korn & Liz Croll Band 6
eBook789 Seiten9 Stunden

Das Leuna Konzept: Michael Korn & Liz Croll Band 6

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Der Schreiner Ben Isherwood findet nach dem Tod seines Großvaters unter seinen Sachen versteckte Papiere. Scheinbar wurden sie während des Krieges von den britischen Truppen in Deutschland geraubt. Sie trugen den Namen »Konzept Leuna«, was auf synthetisch produziertes Benzin hinwies. Durch unglückliche Umstände werden diese Papiere in der ganzen Welt bekannt. Während die Mineralölkonzerne ein großes Interesse daran zeigten, fürchteten die Staaten der OPEC um ihr Geschäftsmodell. Interpol wird darauf aufmerksam und die Direktorin Rhonda Miller bittet ihr Team aus Nassau das Ehepaar zu beschützen. Bevor sie das Ehepaar erreichen, werden sie bereits ermordet und die sicher versteckten Papiere sorgen für einen tödlichen Wettstreit unter den Jägern der Technologie.
SpracheDeutsch
HerausgeberSelfpublishing
Erscheinungsdatum19. Nov. 2022
ISBN9783987564796
Das Leuna Konzept: Michael Korn & Liz Croll Band 6

Ähnlich wie Das Leuna Konzept

Titel in dieser Serie (4)

Mehr anzeigen

Ähnliche E-Books

Thriller für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Verwandte Kategorien

Rezensionen für Das Leuna Konzept

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Das Leuna Konzept - Matthias Boden

    Das Leuna Konzept

    Michael Korn und Liz Croll Band 6

    Thriller

    Matthias Boden

    Copyright © 2022

    Alle Rechte bei Matthias Boden

    Werrestraße 107b

    32049 Herford

    E-Mail: MatthiasBoden8@gmail.com

    9798361264131

    Der Schreiner Ben Isherwood findet nach dem Tod seines Großvaters unter seinen Sachen versteckte Papiere. Scheinbar wurden sie während des Krieges von den britischen Truppen in Deutschland geraubt. Sie trugen den Namen »Konzept Leuna«, was auf synthetisch produziertes Benzin hinwies. Durch unglückliche Umstände werden diese Papiere in der ganzen Welt bekannt. Während die Mineralölkonzerne ein großes Interesse daran zeigten, fürchteten die Staaten der OPEC um ihr Geschäftsmodell. Interpol wird darauf aufmerksam und die Direktorin Rhonda Miller bittet ihr Team aus Nassau das Ehepaar zu beschützen. Bevor sie das Ehepaar erreichen, werden sie bereits ermordet und die sicher versteckten Papiere sorgen für einen tödlichen Wettstreit unter den Jägern der Technologie.

    Für Kim N.,

    die mir meine fehlende große Liebe ersetzt und das Vermissen etwas erleichtert.

    Inhalt

    Prolog

    England, Leeds

    1. Kapitel

    Bahamas, Nassau

    2. Kapitel

    England, Birmingham

    England, Leeds

    3. Kapitel

    Bahmas, Nassau

    England, Birmingham

    4. Kapitel

    England, Birmingham

    Bahamas, Nassau

    5. Kapitel

    England, London

    England, Birmingham

    6. Kapitel

    England, Birmingham

    England, London

    Frankreich, Lyon

    7. Kapitel

    Bahamas, Nassau

    Jordanien, Gerasa

    8. Kapitel

    Bahamas, Nassau

    England, Birmingham

    9. Kapitel

    England, London

    England, Luftraum über Plymouth

    10. Kapitel

    England, Birmingham

    11. Kapitel

    Vereinigte Staaten, Langley (VA)

    Bahamas, Nassau

    12. Kapitel

    England, Birmingham

    Österreich, Wien

    England, London

    13. Kapitel

    England, Birmingham

    14. Kapitel

    England, Birmingham

    15. Kapitel

    England, Birmingham

    16. Kapitel

    England, London

    England, Birmingham

    17. Kapitel

    England, Birmingham

    18. Kapitel

    England, Birmingham

    19. Kapitel

    England, Birmingham

    20. Kapitel

    Österreich, Wien

    Vereinigte Staaten, Langley (VA)

    21. Kapitel

    England, Birmingham

    Italien, Modena

    22. Kapitel

    Schweiz, Luftraum über Bern

    England, London

    23. Kapitel

    England, Birmingham

    Frankreich, Lyon

    24. Kapitel

    Österreich, Wien

    England, Birmingham

    25. Kapitel

    England, London

    England, Birmingham

    26. Kapitel

    Österreich, Wien

    Vereinigte Staaten, Langley (VA)

    England, Birmingham

    27. Kapitel

    England, Birmingham

    England, Birmingham

    28. Kapitel

    England, Birmingham

    29. Kapitel

    England, London

    England, Birmingham

    30. Kapitel

    England, Birmingham

    31. Kapitel

    Frankreich, Lyon

    England, Birmingham

    32. Kapitel

    England, London

    Frankreich, Lyon

    33. Kapitel

    England, Birmingham

    34. Kapitel

    England, Birmingham

    35. Kapitel

    England, London

    England, Birmingham

    36. Kapitel

    England, Birmingham

    37. Kapitel

    England, London

    England, Birmingham

    Frankreich, Lyon

    38. Kapitel

    England, Birmingham

    Deutschland, Berlin

    39. Kapitel

    Frankreich, Lyon

    England, Stourbridge

    40. Kapitel

    England, Birmingham

    Bahamas, Nassau

    41. Kapitel

    Deutschland, Berlin

    England, Stourbridge

    Frankreich, Lyon

    42. Kapitel

    England, Stourbridge

    43. Kapitel

    Frankreich, Lyon

    England, London

    44. Kapitel

    Deutschland, Berlin

    England, Stourbridge

    45. Kapitel

    England, Birmingham

    46. Kapitel

    Deutschland, Berlin

    England, Birmingham

    47. Kapitel

    Deutschland, Berlin

    England, Birmingham

    48. Kapitel

    Deutschland, Berlin

    49. Kapitel

    England, London

    50. Kapitel

    England, London

    51. Kapitel

    Frankreich, Lyon

    Deutschland, Berlin

    52. Kapitel

    Deutschland, Berlin

    Österreich, Wien

    53. Kapitel

    England, London

    54. Kapitel

    Deutschland, Berlin

    Frankreich, Lyon

    55. Kapitel

    England, London

    56. Kapitel

    Deutschland, Berlin

    57. Kapitel

    England, London

    58. Kapitel

    England, London

    59. Kapitel

    Deutschland, Berlin

    Epilog

    Deutschland, Berlin

    Frankreich, Lyon

    Bahamas, Nassau

    Danksagung

    Die Reihe um Liz Croll und Michael Korn

    Projekt Lucien:

    Das Ikarus Puzzle:

    Spur der Todesengel:

    Ein tödliches Komplott:

    Eiskaltes Grab

    Prolog

    England, Leeds

    Schon seit ei­ni­gen Stun­den park­te ein blau­er Trans­por­ter vor dem al­ten Haus in der Saint Mar­tins Ro­ad im nörd­li­chen Teil von Leeds. Nach und nach tru­gen ei­ni­ge Män­ner Mö­bel und an­de­re Ein­rich­tungs­ge­gen­stän­de aus dem Haus. Bis vor Kur­zem wohn­te da­rin ein al­ter Herr. Sein Enkel muss­te jetzt nicht nur die Be­er­di­gung or­ga­ni­sie­ren, son­dern auch das al­te Wohn­haus sei­nes Groß­vaters aus­räu­men. Es war un­glau­blich, was sich im Lau­fe sei­nes lan­gen Lebens in dem Haus an­sam­mel­te.

    Am frü­hen Mor­gen hat­ten sie be­reits an­ge­fan­gen, die meis­ten Mö­bel in Ein­zel­tei­le zu zer­le­gen, und sie auf die La­de­flä­che des Trans­port­ers zu le­gen. Ty­pisch für Eng­land war das stark be­wölk­te Wet­ter. Der Nie­sel­re­gen hör­te erst kurz vor Son­nen­auf­gang auf. Die al­te Stra­ße mit dem neu­en Be­lag war fast so rut­schig wie im Win­ter. Da­bei war es erst Sep­tem­ber und noch nicht kalt. Die Tem­pe­ra­tur auf der In­sel hielt sich kons­tant bei an­ge­neh­men sieb­zehn Grad.

    Ge­gen Mit­tag ver­ließ der Sohn des ehe­ma­li­gen Be­woh­ners das Haus und fuhr in die In­nens­tadt von Leeds. Die Mä­gen knurr­ten schon und er woll­te ein Mit­tages­sen be­sor­gen, um sei­ne drei Hel­fer bei Lau­ne zu hal­ten. Die ver­blie­be­nen drei Män­ner tru­gen noch ei­ni­ge Kar­tons zu dem Trans­por­ter. Da­rin waren die letz­ten Hab­se­lig­kei­ten des kürz­lich Ver­stor­be­nen ver­bor­gen. Das Haus war schon na­he­zu leer ge­räumt.

    Sie hat­ten am Frei­tag Mit­tag schon be­gon­nen und das Wo­che­nen­de über ge­ar­bei­tet. Wäh­rend Ben Is­her­wood das Mit­tages­sen be­sorg­te, lie­ßen sich sei­ne drei Hel­fer zu ei­ner Pau­se im ehe­ma­li­gen Wohn­zim­mer nie­der. Dort lag noch ein ab­ge­nutz­ter al­ter Tep­pich, den sie als Un­ter­la­ge ver­wen­de­ten. Zwei der Män­ner stri­chen sich den Schweiß von der Stirn und fum­mel­ten ih­re Ziga­ret­ten aus der Ta­sche. Die an­stren­gen­de Ar­beit hin­ter­ließ deut­li­che Spu­ren.

    Die klein­eren Ver­let­zun­gen ig­no­rier­ten sie ein­fach. Trotz­dem war die Kraft schon fast auf­ge­braucht. Immer­hin war ein En­de schon ab­seh­bar. Es fehl­ten nur noch we­ni­ge Kar­tons, die sie in dem Trans­por­ter un­ter­brin­gen muss­ten. Den kom­plet­ten Kel­ler und das Erd­ge­schoss des Häus­chens hat­ten sie schon aus­ge­räumt und ent­sorgt. An­fangs hat­ten sie das Ge­fühl, dass es gar nicht we­ni­ger wur­de. Der al­te Ve­te­ran sam­mel­te in der Zeit doch ei­ni­gen Mist an.

    Ben ent­schied sich da­zu, das meis­te da­von zu ent­sor­gen. Die al­ten Mö­bel konn­te er kom­plett ver­bren­nen. Sie hat­ten schon viele Jah­re auf dem Bu­ckel, waren ab­ge­nutzt und nicht mehr hübsch an­zu­schau­en. Frü­her ver­such­te Ben sei­nem Groß­vater noch we­nigs­tens ab und zu ein neu­es Mö­bel­stück an­zu­dre­hen. Aller­dings stieß er da­bei immer auf tau­be Oh­ren. Der al­te Mann woll­te nichts neu­es mehr. Er fühl­te sich in sei­ner Ein­rich­tung wohl.

    Viele Er­in­ne­run­gen hin­gen an der Ein­rich­tung, die er sich so be­wahr­te. Ben war un­weit von hier auf­ge­wach­sen und groß ge­wor­den. Sein al­tes Kin­der­zim­mer was er im Haus des Groß­vaters be­wohn­te, wur­de nach sei­nem Aus­zug zu ei­ner Ab­stell­kam­mer. Sein Groß­vater la­ger­te dort ei­ni­ge Haus­halts­ge­rä­te, die er auf­grund sei­nes Alters nicht mehr be­nö­tig­te. Der al­te Hau­de­gen er­reich­te das stol­ze Al­ter von 103 Jah­ren, be­vor sein Herz den Dienst end­gül­tig ein­stell­te. Eigent­lich woll­te er sein Ar­beits­le­ben als Buch­ma­cher ver­brin­gen.

    Sein Schi­cksal ent­schied sich aber an­ders. Ge­ra­de als er in das Be­rufs­le­ben ein­tre­ten woll­te, rief man ihn zum Dienst an der Waf­fe auf. Der letz­te Welt­krieg mach­te aus ihm ei­nen Sol­da­ten im Dien­ste der Royal Air For­ce. Er war aber kein Flie­ger, son­dern nur Be­sat­zungs­mit­glied, die da­mals für die Bom­ber im Kampf ge­gen die Na­zis ge­braucht wur­den. Nach dem Krieg blieb er Sol­dat und brach­te es bis zum Chief Tech­ni­ci­an. Dann war sein Dienst aber vor­bei und er zog sich in das Häus­chen in Leeds zurück.

    Ben kam erst viele Jah­re nach dem Krieg zur Welt. Sei­ne Kind­heit ver­brach­te er mit sei­ner Mutter und dem Vater und dem Groß­vater in die­sem Haus, was er jetzt aus­räu­men muss­te. Schwe­ren Her­zens ver­kauf­te er sein Eltern­haus nach dem Tod sei­nes Groß­vaters. Er leb­te schon ei­ni­ge Jah­re in Bir­ming­ham mit sei­ner Frau. Kin­der hat­ten die bei­den nie ge­wollt. Ben war hand­werk­lich be­gabt und ar­beit­ete als Schrei­ner. Sei­ne Frau ver­brach­te ih­re Zeit als Leh­re­rin ei­ner Grund­schu­le.

    Nach dem Tod sei­ner Mutter be­such­ten die bei­den, Bens Vater so oft sie konn­ten. Er freu­te sich immer sehr, die bei­den bei sich zu ha­ben. Aber sein Vater war nie bei gu­ter Ge­sund­heit und er­lag schon im jun­gen Al­ter von 59 Jah­ren ei­nem Herz­in­farkt. Der Groß­vater hin­ge­gen war noch sehr lan­ge fit. Durch sei­nen lan­gen Mi­li­tär­dienst stell­te man ihm im Al­ter alle An­nehm­lich­kei­ten zur Ver­fü­gung. Die Ar­mee be­sorg­te ihm nicht nur ei­ne Pfle­ge­rin, son­dern auch noch ei­ne Haus­häl­te­rin, die sich um ihn küm­mer­te.

    Of­fi­ziell ge­hör­te das Haus jetzt Ben, aber er muss­te es doch ver­kau­fen. Sein Lebens­mittel­punkt lag zwei Stun­den weiter süd­lich auf der In­sel in Bir­ming­ham. Die­se stän­di­ge Pen­de­lei konn­te sich nie­mand er­lau­ben und das Haus selbst lag in ei­ner eher un­schein­ba­ren Ge­gend. Das meis­te, was sich hier fand, waren Kir­chen und der Groß­teil der Be­völ­ke­rung leb­te in an­de­ren Stadt­tei­len mit mehr Ar­beits­plät­zen. Leeds war in den ver­gan­ge­nen Jah­ren immer mehr ver­nach­läs­sigt wor­den.

    Die meis­ten Papie­re hat­te Ben be­reits nach Bir­ming­ham ge­bracht. Dort setz­te er sich nach Feie­ra­bend hin und kon­trol­lier­te, was noch alles zu er­le­di­gen war. Die Ver­si­che­run­gen waren zu kün­di­gen und der ganz nor­ma­le Irr­sinn nach je­dem To­des­fall in der Fa­mi­lie be­gann. Den letz­ten Teil wür­de er auch noch oh­ne sei­ne drei Hel­fer schaf­fen. Das Haus muss­te besen­rein über­ge­ben wer­den und auf dem klei­nen Dach­boden stan­den nur noch drei klei­ne Kof­fer he­rum.

    Da­rin la­ger­te sein Groß­vater die al­te Mi­li­tär­uni­form und we­ni­ge Er­in­ne­rungs­stü­cke an die Zeit des Krie­ges mit sei­nen Ka­me­ra­den. Ben woll­te sie aus sen­ti­men­ta­len Grün­den noch be­hal­ten. Sie wür­den auf sei­ner letz­ten Fahrt nur we­nig Platz im Kof­fer­raum ein­neh­men. Nun galt es erst ein­mal die drei Hel­fer mit Es­sen zu ver­sor­gen. Sie hat­ten die Ar­bei­ten schon ein­ge­stellt und war­te­ten auf Ben, der ge­ra­de wie­der vor dem Haus an­kam.

    Er be­sorg­te Ge­trän­ke und Piz­zen für sich und die Hel­fer. Am Nach­mit­tag woll­ten sie be­reits fer­tig sein und sie lagen deut­lich bes­ser in der Zeit, als sie es er­war­te­ten. Ei­ne län­ge­re Mit­tags­pau­se war für alle ei­ne ge­lun­ge­ne Ab­wech­slung. Auch Ben muss­te mor­gen wie­der bei der Ar­beit sein. Immer­hin war es dann Mon­tag und die neue Ar­beits­wo­che be­gann. Bis zum Abend wä­re er schon längst fer­tig. Dann muss­te er nur noch nach Hau­se zu sei­ner Frau, die si­cher schon mit dem Es­sen auf ihn war­ten wür­de.

    Nach der Stär­kung raff­ten sich die drei Män­ner wie­der auf und küm­mer­ten sich um die letz­ten Kis­ten, die noch ver­schwin­den muss­ten. Ir­gend­wie ging nach der Mit­tags­pau­se alles bes­ser von der Hand. Sie brauch­ten nur knapp zwei Stun­den bis auch der letz­te Kar­ton auf der La­de­flä­che des Trans­port­ers stand. Sei­ne Freun­de durf­ten den ver­dien­ten Feie­ra­bend an­tre­ten. Die La­dung des Trans­port­ers ent­sorg­te mor­gen ein be­freun­de­ter Mit­schüler. Er hat­te sich in Leeds ein Ent­sor­gungs­un­ter­neh­men auf­ge­baut und ihm den Trans­por­ter be­reit­ge­stellt.

    Sie ver­ab­schie­de­ten sich vo­nei­nan­der. Die drei Hel­fer hat­ten es ver­dient die letz­ten Stun­den des Wo­che­nen­des noch mit ih­ren Fa­mi­lien zu ver­brin­gen. Na­tür­lich wür­de sich Ben bei ih­nen re­van­gie­ren. Frü­her oder spä­ter gab es weite­re Eltern­häu­ser, die aus­ge­räumt wer­den muss­ten, wo er dann auch mit von der Par­tie war. Al­te Freun­de hal­fen sich un­ter­ein­an­der. Da­bei war es egal, wo man sich auf der bri­ti­schen In­sel auf­hielt.

    Die drei Hel­fer nah­men noch ih­re Hab­se­lig­kei­ten mit und lie­ßen Ben dann allei­ne. Erst stand er nach­denk­lich in dem Raum, in dem ge­stern noch die Kü­che stand. Was soll­te er zu­erst an­ge­hen. Aus­fe­gen oder die Kof­fer vom Dach­boden ho­len? Er ent­schied sich, erst zu fe­gen. Die Ar­me schmerz­ten noch ein we­nig von der ewi­gen Tra­ge­rei und so be­kam er ei­ne län­ge­re Ver­schnauf­pau­se. Da­mit der auf­ge­wir­bel­te Staub bes­ser ab­zie­hen konn­te, öff­ne­te er die Fens­ter.

    Quä­lend lang­sam kehr­te er ei­nen Raum nach dem an­de­ren aus. Den gan­zen Staub feg­te er zu klei­nen Häuf­chen zu­sam­men, die er spä­ter in ei­nem Müll­sack in der halb vol­len Müll­ton­ne ent­sorg­te. Nach­dem er die gan­zen Räu­me ge­rei­nigt hat­te, war es an der Zeit die Kof­fer vom Dach­boden zu ho­len. Schwer waren sie nicht, aber er muss­te sie über die schma­le Lei­ter zum Aus­klap­pen her­un­ter ba­lan­cie­ren. Nach den gan­zen An­stren­gun­gen des Tages war das nicht wirk­lich er­hol­sam und ihm fehl­te schon lang­sam die Kraft.

    Nach­dem die Kof­fer in sei­nem Kof­fer­raum ver­staut waren, schau­te er sich noch ein­mal in dem nun lee­ren Haus um. Die vielen ver­gan­ge­nen glü­ckli­chen Zeiten gin­gen ihm durch den Kopf. Ob­wohl die kom­plet­te Ein­rich­tung schon lan­ge ver­schwun­den war, konn­te er sie noch vor sich se­hen. Die­se Er­in­ne­run­gen hat­ten sich in sein Ge­dächt­nis ein­ge­brannt. Bil­der aus glü­ckli­chen Ta­gen mit sei­nem Vater und der Mutter und der be­tag­te Groß­vater mit dem zahn­lo­sen lä­cheln.

    Der al­te Ve­te­ran lieb­te sei­nen klei­nen Enkel und be­schäf­tig­te sich oft stun­den­lang mit ihm. Vor al­lem kann­te er Tausen­de Ge­schich­ten, die er ihm immer und immer wie­der er­zähl­te. Ben lieb­te das als klei­ner Jun­ge. Er konn­te sei­nem Groß­vater ta­ge­lang zu­hö­ren. Zu­sam­men sa­ßen sie mit ei­nem Tee und et­was Ge­bäck an dem al­ten Kü­chen­tisch. Das waren wun­der­vol­le Zeiten für den klei­nen Jun­gen. Die Bil­der da­von waren auf ewig in sei­nen Er­in­ne­run­gen ge­spei­chert.

    Zum letz­ten Mal ver­ließ er das al­te Haus, ver­schloss die Haus­tür und setz­te sich in sein Auto. Als er da­von­fuhr, be­ob­ach­te­te er das klei­ne Häus­chen im In­nen­spiegel, bis es end­gül­tig ver­schwand. Die zwei Stun­den Fahrt nach Bir­ming­ham ver­lie­fen oh­ne Zwi­schen­fäl­le. Die Schnell­stra­ßen des Ver­ei­nig­ten Kö­nig­reichs waren gut aus­ge­baut und an die­sem Sonn­tag nicht groß be­fah­ren. Auf­pas­sen muss­te Ben nur we­gen der Näs­se, die sich in dem As­phalt schein­bar noch ta­ge­lang hal­ten wür­de.

    * * *

    Aber die bri­ti­sche In­sel war auch nicht mit viel Son­ne ge­seg­net. Ir­gend­wo reg­ne­te es stän­dig und es wur­de auch nicht wirk­lich heiß im Som­mer. Da­ran konn­te man ein­fach nichts än­dern. Ben er­reich­te sei­ne Woh­nung in Bir­ming­ham. Durch das klei­ne Kü­chen­fens­ter sah er schon sei­ne ge­lieb­te Ma­ry, die in der Kü­che am Herd stand. Verg­nügt und sin­gend rühr­te sie in ei­nem Topf. Er lieb­te sei­ne Frau. Sie war ein­fach immer bei be­ster Lau­ne. Da wur­de ei­ne Run­de mit dem Staub­sau­ger auch ger­ne mal zu ei­ner Tanz­num­mer.

    Ma­ry Is­her­wood war ei­ne wah­re Froh­natur. Oh­ne lau­fen­des Ra­dio im Hin­ter­grund summ­te sie sich ih­re eige­ne Musik, zu der sie verg­nügt tanz­te. Ih­re gu­te Lau­ne ver­lor sie nie, da konn­te pas­sie­ren, was woll­te. Sie hat­te Ben bei ei­nem Kon­zert ken­nen­ge­lernt. Mitt­ler­wei­le waren sie schon seit acht Jah­ren ver­hei­ra­tet. Ben war immer glü­cklich, wenn er sie sah. Ih­re gu­te Lau­ne wirk­te immer an­ste­ckend auf ihn. Mit ihr zu­sam­men konn­te man nur gu­te Lau­ne ha­ben.

    Er schloss die Haus­tür auf und brach­te die Kof­fer oh­ne Um­weg in den klei­nen Flur. Dann lief er mit schwin­gen­den Hüf­ten zu sei­ner Frau, die ge­ra­de ih­ren Koch­löf­fel als Mi­kro­fon ver­wen­de­te und ei­ne Text­zei­le mit­sang. Ben leg­te zärt­lich sei­ne Ar­me um sei­ne Frau. Sie dreh­te sich um, hauch­te ihm ei­nen Kuss auf und dann stan­den sie auch schon zu­sam­men tan­zend in der Kü­che. Noch vor zwei Stun­den plag­ten ihn die Er­in­ne­run­gen an die glü­ckli­chen Zeiten mit sei­nen Vor­fah­ren. Jetzt er­leb­te er das ge­naue Ge­gen­teil da­von.

    Das Es­sen brauch­te noch ein paar Mi­nu­ten. Bis es fer­tig war, küm­mer­te sich Ben schon dem er­sten Kof­fer. Ma­ry sang im Hin­ter­grund, wäh­rend er die zu­sam­men­ge­leg­te Uni­form sei­nes Opas aus ih­rem lan­gen Schlaf weck­te. Es war die Aus­ge­hu­ni­form der bri­ti­schen Royal Air For­ce. An der lin­ken Brust klim­per­ten die Orden sei­nes Groß­vaters. Me­lan­cho­lisch strich er über das küh­le Me­tall. Auch die an­de­ren Stü­cke aus sei­ner Mi­li­tär­zeit lagen in dem Kof­fer.

    Bens Opa fand bei der Trup­pe viele gu­te Freun­de, die er aber schon vor Jah­ren ver­lor. Er war ei­ner der Letz­ten, des­sen Lebens­span­ne ab­lief. Ben staun­te, was sein Opa alles in die­sen Kof­fern la­ger­te. Der Letz­te der drei war schon lan­ge ver­staubt. Da schien nie­mand seit dem Krieg dran ge­we­sen zu sein. Schein­bar stand er schon seit 1945 un­be­rührt auf dem Dach­boden. Ben war ge­spannt, was ihn da­rin er­war­te­te. Vor­sich­tig öff­ne­te er die Schnal­len und starr­te auf ein cre­me­far­be­nes Tuch.

    Ein­ge­wi­ckelt in dem al­ten Stoff fand er al­te Bil­der und Papie­re die schon ver­gilb­ten. So­gar ein al­tes Bild aus Öl­far­ben lag da­rin ver­steckt. Ben hat­te kei­ne Ah­nung, ob es ei­nen ge­wis­sen Wert hat­te, aber es ge­fiel ihm. Wür­de sich si­cher sehr gut in ei­nem Rah­men über sei­nem Schreib­tisch ma­chen, fand er. Auch Ma­ry kann­te die­ses Bild nicht. Aller­dings mach­te sie sich direkt auf die Su­che da­nach im In­ter­net. Wie sie her­aus­fand, war es ein al­tes Ge­mäl­de aus ei­nem Mu­se­um in Ber­lin. Der ge­gen­wär­ti­ge Wert wur­de mit we­ni­ger als 2000 Pfund an­ge­ge­ben.

    Wert­voll war es ja nun nicht ge­ra­de. Ma­ry fand die Idee, es über dem Schreib­tisch auf­zu­hän­gen auch pas­send. Außer dem Öl­ge­mäl­de waren nur noch ei­ni­ge al­te Papie­re in dem Kof­fer. Ge­mein­sam mit Ma­ry sah sich Ben die Schrift­stü­cke an. Sie stamm­ten alle noch aus der Zeit kurz nach dem Krieg. Ei­ni­ge An­wei­sun­gen, die sein Opa auf­be­wahr­te. Der Sinn er­schloss sich dem Ehe­paar aber nicht. Viel­leicht waren es nur Er­in­ne­run­gen für sei­nen Groß­vater, die er be­wah­ren woll­te.

    Ge­ra­de als sie dach­ten, der Kof­fer wä­re leer, stie­ßen sie auf ei­ne Naht im hin­te­ren Be­reich des Leders. Da­hin­ter fühl­ten sie ei­ne Ver­stei­fung. Schein­bar war dort ein gan­zer Sta­pel Papie­re ein­ge­näht. Ma­ry nahm ei­ne Klin­ge zur Hand und trenn­te die Naht vor­sich­tig auf. Als sie of­fen stand zog Ben die Papie­re her­aus. Bei­de staun­ten über die dicht in Plas­tik ein­ge­pack­ten Blät­ter. Sie stamm­ten de­fi­ni­tiv aus dem Zwei­ten Welt­krieg. Das Datum da­rauf war an­ge­ge­ben mit Juni 1943 und sie waren auf Deutsch ge­schrie­ben. We­der Ben noch Ma­ry konn­ten Deutsch.

    Sie rie­fen ei­nen Über­set­zer im In­ter­net auf und tipp­ten die Über­schrift ab. Da­rüber stand nichts Be­son­de­res. Es nann­te sich ein­fach nur Kon­zept Leu­na. We­der Ben noch sei­ne Ma­ry wuss­ten, was da­mit ge­meint war. Da sie oh­ne­hin das In­ter­net zur Ver­fü­gung hat­ten, such­ten sie nach dem Be­griff ›Leu­na‹. Die Such­ma­schi­ne im In­ter­net lie­fer­te so­fort ein Er­geb­nis. Leu­na war der Marken­na­me ei­nes syn­the­tisch her­ge­stell­ten Ot­to­kraft­stoffs, der von der I.G. Far­ben seit 1927 ver­trie­ben wur­de.

    Der Kraft­stoff ba­sier­te auf ver­flüs­sig­ter Koh­le und wur­de über Tausen­de Tank­stel­len ver­trie­ben. Staat­lich ge­för­dert von der Na­zi­herr­schaft in Deutsch­land seit der Macht­über­nah­me. Das Ehe­paar saß zu­sam­men am Schreib­tisch und lie­ßen sich über das In­ter­net die ein­zel­nen Ab­sät­ze über­set­zen. Ih­re Augen wur­den immer grö­ßer. Es ging da­bei um ei­nen syn­the­tisch her­ge­stell­ten Kraft­stoff, der aus nor­ma­lem Sand herz­us­tel­len war. Die Papie­re waren 1944 aus Ber­lin ge­raubt wor­den und seit­her nie wie­der auf­ge­taucht.

    Bens Groß­vater war in Ber­lin wäh­rend des Krie­ges. Es war all­ge­mein be­kannt dass die Sieger­mäch­te Tausen­de Paten­te der Na­zis ge­stoh­len. In der For­schung waren die Deut­schen da­mals füh­rend und die Ar­me­en plün­der­ten sys­te­ma­tisch alles, was ih­nen brauch­bar er­schien. Syn­the­tisch her­ge­stell­tes Ben­zin aus Sand wä­re ein deut­li­cher Vor­teil ge­we­sen. Nur wa­rum fan­den sich die Papie­re bei den Hin­ter­las­sen­schaf­ten von Bens Groß­vater?

    Die­se Papie­re muss­ten Mil­lio­nen wert sein. Syn­the­tisch her­ge­stell­ten Ot­to­kraft­stoff gab es zwar mitt­ler­wei­le schon, aber nicht aus über­all ver­füg­ba­rem Sand. Das war et­was völ­lig Neu­es und die Deut­schen schie­nen da­mals schon den Hei­li­gen Gral ge­fun­den zu ha­ben. Da­mit wä­ren sie deut­lich im Vor­teil ge­we­sen. Das Patent hät­te da­mals den Krieg noch um Jah­re ver­län­gern kön­nen.

    * * *

    1. Kapitel

    Bahamas, Nassau

    Der Himmel über Nas­sau war noch dun­kel ge­färbt. Nur lang­sam er­hob sich die Son­ne im Os­ten aus den tief­blau­en Flu­ten des Meeres. Auf ei­ner Lie­ge mit herr­li­chem Aus­blick auf die dich­te Ve­ge­ta­tion lag Do­lo­res Pa­re­des mit ei­nem Kaffee in der Hand. Sie konn­te nicht mehr schla­fen und war als Er­stes auf­ge­stan­den. Seit mehr als ei­ner Stun­de ver­brach­te sie ih­re Zeit auf der Lie­ge und ge­noss die er­wa­chen­de Natur.

    Ihr Kaffee war schon wie­der leer ge­trun­ken. Die Tas­se schien ein Loch zu ha­ben. Do­lo­res war ko­mi­scher­wei­se aus­ge­schla­fen und er­hob sich, um die Ma­schi­ne um ein wei­te­res Heiß­ge­tränk zu er­leich­tern. Der Som­mer­ur­laub war vor­bei und sie alle waren wie­der zurück in der Heimat. Die bei­den Mäd­chen waren jetzt schon sechs Jah­re alt und be­such­ten die er­ste Klas­se der Grund­schu­le. Va­le­ria und Emi­lia, die bei­den Kin­der fan­den die Schu­le noch rich­tig toll.

    Viel gab es für die bei­den nicht zu ler­nen. Le­sen konn­ten die bei­den schon ein biss­chen, nur das Schrei­ben be­rei­te­te ih­nen noch klein­ere Pro­blem­chen. Ih­re klei­nen Hän­de muss­ten sich erst da­ran ge­wöh­nen, nicht zu fest auf­zu­drü­cken. Mi­cha­el nahm sich ger­ne die Zeit, um mit den bei­den zu üben. Da­bei durf­te aber auch der Spaß nicht zu kurz kom­men. Der Ur­laub war noch nicht ver­ges­sen. Die drei Wo­chen die sie in Deutsch­land ver­brach­ten waren ein­fach zau­ber­haft.

    Sie muss­ten mit den bei­den Mäd­chen tausend­fach die ver­schie­de­nen Ach­ter­bah­nen fah­ren. Die bei­den waren kaum da­von zu tren­nen. Eigent­lich waren sie noch zu jung, um da­mit zu fah­ren, aber sie hat­ten ih­nen ein­ge­trich­tert, dass sie das ver­lang­te Min­dest­al­ter an­ge­ben soll­ten, falls man sie frag­te. Nur ein­mal wur­den die bei­den ge­fragt, wie alt sie waren. Wie aus der Pis­to­le ge­schos­sen sag­ten sie völ­lig über­zeu­gend, dass sie acht Jah­re alt waren.

    Meis­tens wur­den sie nicht ein­mal be­ach­tet. Mi­cha­el re­gel­te das meis­te mit ei­nem ver­nich­ten­den Blick zu den Auf­sichts­per­so­nen. Die Mäd­chen wur­den nur durch die stark be­an­spruch­ten Bei­ne be­hin­dert. Es dau­er­te nicht lan­ge, bis sie ih­nen schmerz­ten. Da­für durf­ten sie dann aber ab­wech­selnd auf Mi­cha­els Schul­ter sit­zen und wur­den durch den Park ge­tra­gen. Sie mach­ten sich ei­nen Spaß da­raus, ih­ren Vater wie ein Pferd an den Oh­ren zu hal­ten und ihn so zu steu­ern.

    Mi­cha­el mach­te den Spaß ein­fach mit und lief wie ein Pferd mit den Mäd­chen in die Rich­tung, in die sie ihn lenk­ten. Meis­tens en­de­ten die We­ge aber wie­der ziem­lich schnell im An­stell­be­reich der näch­sten Ach­ter­bahn. Durch den Fast Pass den sie schon im Vor­feld be­sorg­ten, konn­ten sie die War­te­zeit auf ein Mi­ni­mum ver­kür­zen. Ih­re bei­den Töch­ter woll­ten bei­nahe nicht mehr nach Hau­se. Am liebs­ten wür­den sie nur noch in den Frei­zeit­parks ih­re Ta­ge ver­brin­gen. Sie hat­ten in den drei Wo­chen ei­nen rie­si­gen Spaß.

    Da­mien be­such­te in den Som­mer­fe­rien mit Ja­son und Liz ih­re al­te Heimat Eng­land. Ihm ge­fiel Lon­don so gut wie über­haupt nicht. Die Stadt war ihm viel zu hek­tisch und die Men­schen­ma­ßen in den Stra­ßen schreck­ten ihn eher ab. Aller­dings durf­te er das al­te Re­vier be­su­chen, auf dem Liz vor ih­rer Zeit bei In­ter­pol ar­beit­ete. Das ge­fiel ihm schon deut­lich bes­ser. Die al­ten Kol­le­gen von Liz freu­ten sich über den Be­such und führ­ten Da­mien he­rum. Be­son­ders die Com­pu­ter­ab­tei­lung ließ sei­ne Augen leuch­ten.

    Nach­dem sie wie­der zu Hau­se waren, durf­ten sie ih­re neu­es­ten Spiel­zeu­ge aus­pro­bie­ren. Da­mien be­kam ei­nen neu­en Com­pu­ter von sei­nen Eltern. Mi­ke half ihm beim ein­rich­ten und häng­te direkt noch ei­ni­ge Lehr­stun­den für den Sohn der Che­fin an. Den hal­ben Ur­laub ver­brach­te Da­mien vor der Kis­te und pro­bier­te sich an Spie­len. Das mach­te ihm un­glau­bli­chen Spaß. Vor al­lem hat­te er jetzt ei­nen ei­ge­nen Com­pu­ter. Liz be­stand aller­dings da­rauf das Mi­ke den Zu­gang zum In­ter­net be­grenz­te. Oh­ne die­se Be­gren­zung war Da­mien kaum mehr ins Bett zu be­kom­men.

    Emi­lia durf­te den neu ge­bau­ten Schieß­stand im Gar­ten ein­wei­hen und be­kam zum er­sten Mal das un­ter­ir­di­sche Trainings­ge­län­de zu se­hen. Dort kleb­ten an der Wand schon ver­schie­de­ne Waf­fen, mit de­nen sie üben durf­te. Leo­nie be­sorg­te ihr die­se Aus­wahl. Do­lo­res und Mi­cha­el muss­ten mit der Klei­nen stun­den­lang durch den Kel­ler het­zen, wenn sie nicht ge­ra­de wie­der oben lag und mit den Ge­weh­ren auf die Schei­ben schoss.

    Va­le­ria hin­ge­gen wun­der­te sich über den Um­schlag, den sie statt­des­sen nur be­kam. Sie fühl­te sich be­nach­tei­ligt. Aller­dings war das gleich ver­ges­sen, nach­dem sie las was da­rauf stand. Sie be­kam ei­ne kom­plett neue Reit­aus­rüs­tung und durf­te Spring­rei­ten. Die Eltern muss­ten sie je­den Mor­gen oh­ne Um­weg zum Reiter­hof fah­ren und brauch­ten sie vor dem Abend­es­sen erst gar nicht wie­der ab­ho­len.

    Ih­re Ge­burts­ta­ge waren noch ein­mal et­was Be­son­de­res. Die bei­den waren ja nur zwei Wo­chen aus­ein­an­der. Va­le­ria durf­te ih­re Ge­burts­tags­par­ty aller­dings schon ei­ne Wo­che da­vor fei­ern. Emi­lia muss­te da­rauf ei­ne Wo­che län­ger war­ten. Die gro­ße Par­ty ver­leg­ten die Eltern ge­nau in die Mit­te zwi­schen ih­ren Ehren­ta­gen. Na­tür­lich be­ka­men sie an ih­ren je­wei­li­gen Ge­burts­ta­gen ih­re Ge­schen­ke. Nur an der gro­ßen Par­ty be­ka­men sie die grö­ße­ren Ge­schen­ke.

    Liz und Ja­son spen­dier­ten den bei­den Klei­nen ei­ne rie­si­ge Par­ty in der Bar. Alle ih­re Freun­de waren ein­ge­laden und sie durf­ten die gan­ze Strand­bar auf den Kopf stel­len. Nie­mand sonst war zu­ge­las­sen außer die ein­ge­la­de­nen Freun­de der bei­den Mäd­chen. Von Mi­ke und Ka­rya­ni be­ka­men sie selbst­fah­ren­de Autos ge­schenkt. Das waren so durch ei­nen Elek­tro­motor an­ge­trieb­ene Fahr­zeu­ge, die ge­ra­de ge­nug Platz für ei­nen bo­ten.

    Emi­lia und ih­re Halb­schwes­ter freu­ten sich wie ver­rückt. Nach der Par­ty durf­ten die bei­den mit ih­ren Autos selbst nach Hau­se kur­ven. Mi­cha fuhr mit dem gro­ßen SUV vor ih­nen her und blo­ckier­te die Stra­ße für sei­ne bei­den Töch­ter. Wäh­rend­des­sen schau­ten Do­lo­res und Leo­nie nach hin­ten und pass­ten auf sie auf. Die Mi­ni­au­tos fuh­ren ma­xi­mal 15 km/h, brach­ten den Mäd­chen aber viel Freu­de.

    Am näch­sten Mor­gen muss­ten so­gar die Kat­zen ei­ne Run­de mit ih­nen dre­hen. Den Stuben­ti­gern ge­fiel das über­haupt nicht. Sie waren nicht ge­ra­de ent­spannt wäh­rend der Fahrt. Be­sucht wur­den die bei­den auch noch von Ber­nand Rous­sel, der sich von den Kat­zen durch sei­ne Aller­gie fern­hielt. So­gar François Pier­lot und Rhon­da Mil­ler flo­gen aus Ly­on ein, um mit ih­nen ih­ren Ge­burts­tag zu fei­ern. Sie blie­ben aber nur zwei Ta­ge, dann muss­ten sie wie­der zurück.

    Mi­ka, der Sohn von Ka­rya­ni und Mi­ke ver­brach­te sei­ne Som­mer­fe­rien als Ein­zi­ger in Nas­sau. Der Drei­jäh­ri­ge hat­te gro­ße Freu­de da­ran von Mi­ke in ei­nem Wä­sche­korb ge­setzt zu wer­den. Dann hob er sei­nen Sohn auf die Hö­he des gro­ßen Fern­se­hers und ließ nach­ein­an­der die Fahrt ei­ner Ach­ter­bahn ab­lau­fen. Mi­ka konn­te alles se­hen, wie wenn er wirk­lich auf der Bahn saß. Sein Vater neig­te den Wä­sche­korb mit sei­nem Sohn, um die ver­schie­de­nen Flieh­kräf­te zu si­mu­lie­ren.

    Auf­hö­ren durf­te Mi­ke nicht mehr da­mit. Für den klei­nen Sohn war das ein gro­ßer Spaß und die Eltern muss­ten ihm ver­spre­chen, dass min­des­tens ein­mal am Abend, be­vor er ins Bett soll­te, ei­ne Fahrt für ihn statt­fand. Es wur­de zu ei­ner fes­ten Ein­rich­tung. Je­den Abend, vor dem schla­fen ge­hen, klet­ter­te er vol­ler Vor­freu­de in den Wä­sche­korb. Als er vol­ler stolz da­von er­zähl­te muss­te Mi­ke die Fil­me an Ja­son und Mi­cha­el weiter­ge­ben.

    Für Da­mien war das auch ein Er­leb­nis, als er von Ja­son vor den Fern­se­her ge­hal­ten wur­de und die Fahr­ten er­leb­te. Nur Emi­lia und ih­re Halb­schwes­ter waren alles an­de­re als be­geis­tert. Sie kann­ten das Fahr­ge­fühl ei­ner ech­ten Ach­ter­bahn und da­mit konn­te die­se Va­ri­an­te nicht mit­hal­ten. Leo­nie muss­te den bei­den ver­spre­chen in je­dem Ur­laub min­des­tens ei­nen Frei­zeit­park zu be­su­chen. Ganz egal, wo der auch war, aber das ge­hör­te da­zu. Sie stimm­te la­chend zu.

    Hin­ter Do­lo­res kam Mi­cha­el als Er­stes die Trep­pe nach un­ten. Sein er­ster Weg führ­te eigent­lich in die Kü­che. Heu­te aber führ­te ihn der Weg direkt auf die Ter­ras­se, wo Do­lo­res ih­ren Kaffee auf der Lie­ge ge­noss. Die Son­ne war ge­ra­de erst auf­ge­gan­gen und tauch­te die Welt des Gar­tens in ein zar­tes hel­les Licht. Mi­cha­el leg­te sich zu Do­lo­res, die so­fort ih­ren Kopf auf sei­ner Brust bet­te­te. Oh­ne ein Wort zu sa­gen, be­ob­ach­te­ten sie den Gar­ten, der durch ei­nen sanf­ten Wind ein fröh­li­ches Rau­schen ver­ur­sach­te.

    Der er­ste Kuss war dann auch gleich­be­deu­tend mit ei­ner Er­laub­nis et­was zu sa­gen. »Hat dich der Voll­mond ge­är­gert?«, frag­te Mi­cha­el fast flüs­ternd.

    »Nein, ich bin ein­fach auf­ge­wacht und konn­te nicht mehr schla­fen«, ant­wort­ete sie ihm lei­se. »Hast du gut ge­schla­fen Schatz?«, frag­te sie zurück.

    Über sein Ge­sicht husch­te ein klei­nes lä­cheln, »Wie ein Stein Lie­bling. Ich ha­be die schöns­ten Frau­en an mei­ner Sei­te, da schlaf ich wun­der­bar.«

    »Ja, es sei denn, Leo­nie steht mit­ten in der Nacht auf. Dann steht je­mand sen­krecht im Bett«, grins­te sie und gab ihm ei­nen zärt­li­chen Kuss.

    »Er­wischt«, gab er zu. »Ich ha­be immer noch un­glau­bli­che Angst, sie zu ver­lie­ren, ob­wohl wir ver­hei­ra­tet sind. Wenn sie nicht ne­ben mir liegt, fehlt mir ein­fach das wich­tigs­te.«

    »Ver­ste­he ich gut Mi­cha. Aber du brauchst kei­ne Angst zu ha­ben. Leo­nie wür­de dich nie ver­las­sen. Wir bei­den sind immer an dei­ner Sei­te, auch wenn ich nie den Stel­len­wert von Leo­nie er­rei­chen wer­de«, be­ru­hig­te sie ihn.

    »Du bist aber des­we­gen hof­fent­lich nicht sau­er.«

    »Un­sinn. Ich wuss­te ge­nau, wo­rauf ich mich ein­las­se, Mi­cha. Außer­dem warst du an­fangs auch nicht vor­ge­se­hen mein Schatz. Erst kam wie bei dir Leo­nie und jetzt will ich auf euch bei­den auch nicht mehr ver­zich­ten.«

    Dann gab sie ihm ei­nen lie­be­vol­len Kuss und sah wie­der in den Gar­ten hin­aus. We­ni­ge Se­kun­den spä­ter muss­te sich Mi­cha­el aber von der Lie­ge er­he­ben. Hin­ter ihm be­gan­nen die vier Kat­zen zu schrei­en. Es war kurz nach fünf Uhr früh und sie stan­den wie ge­wöhn­lich kurz vor dem ver­hun­gern. Man konn­te die Uhr da­nach stel­len, so pünkt­lich fin­gen sie an zu jam­mern. Punkt fünf Uhr mor­gens muss­te ih­nen je­mand et­was zu es­sen ge­ben. Wer das war in­te­res­sier­te die Vier nicht.

    Schon be­vor Mi­cha stand, war­te­ten die flau­schi­gen Raub­tie­re schon mit freu­dig we­deln­den Schwän­zen in der Kü­che. Er war eigent­lich der Er­ste mor­gens und über­nahm die­se Ar­beit für sei­ne Fa­mi­lie. Nach­dem die Kat­zen ver­sorgt waren, mach­te er sich auch ei­nen Kaffee und leg­te sich ne­ben Do­lo­res. Noch be­vor er sei­ne Tas­se leer hat­te, tanz­te auch schon Leo­nie gut ge­launt die Trep­pe nach un­ten. Sie ent­deck­te ih­re bei­den Ehe­part­ner auf der Ter­ras­se und leg­te sich direkt da­zu.

    Die drei Er­wachs­enen moch­ten die­se Zärt­lich­kei­ten am Mor­gen, be­vor der ganz nor­ma­le Wahn­sinn wie­der das Kom­man­do über­nahm. Die­ser Wahn­sinn hat­te im Haus Korn/Pa­re­des den wun­der­vol­len Na­men Emi­lia. Direkt nach dem Auf­ste­hen rann­te sie schon nach un­ten und ließ sich von ir­gend­je­man­dem den Schlüs­sel zu ih­rem Waf­fen­schrank ge­ben. Dann flitz­te sie wie­der in ihr Zim­mer, nahm sich ei­nes ih­rer Ge­weh­re zur Hand und be­kam für den Schlüs­sel ein vol­les Ma­ga­zin.

    Bei­des park­te die Schü­le­rin dann auf dem So­fa und schlürf­te ih­ren Ka­kao. Sie durf­te erst schie­ßen, wenn auch ih­re Halb­schwes­ter auf­ge­wacht war. Va­le­ria wür­de sonst je­den Mor­gen durch den er­sten Knall ge­weckt, was ihr über­haupt nicht pass­te. Sie brauch­te erst ein paar Mi­nu­ten Zeit, um auf Be­triebs­tem­pe­ra­tur zu kom­men. Die Schwes­tern hat­ten das un­ter­ein­an­der so ab­ge­spro­chen. Von klein auf muss­ten sie sich zu­sam­men ei­nig wer­den. Was bei­de be­traf, muss­te erst ab­ge­stimmt wer­den. So be­ka­men sie es auch von den Eltern vor­ge­lebt.

    Emi­lia konn­te am frü­hen Mor­gen noch vor der Schu­le ih­rem Hob­by nach­ge­hen und ein paar Schüs­se ab­feu­ern. Da­für wur­de Va­le­ria direkt nach dem Es­sen zu ih­ren ge­lieb­ten Pfer­den ge­bracht, wäh­rend ih­re Schwes­ter war­ten muss­te, bis sie wie­der zu Hau­se waren. Am Wo­che­nen­de brach­te man Va­le­ria schon nach dem Auf­ste­hen zu ih­ren Vier­bein­ern in den Stall. Da lag dann Emi­lia schon mit Leo­nie auf dem pri­va­ten Schieß­stand und trai­nier­te. Da­nach war dann Trai­ning mit Mi­cha­el und Do­lo­res an­ge­sagt.

    Die drei ab­sol­vier­ten ein Trai­ning in ih­rem neu ge­bau­ten Kel­ler. Hin­ter­her rei­nig­te Emi­lia die be­nutz­ten Waf­fen und Mi­cha­el küm­mer­te sich um das Mit­tages­sen. Ei­ne der bei­den Müt­ter hol­te dann auch Va­le­ria wie­der ab, die zum Aus­gleich auch den gro­ßen SUV steu­ern durf­te. Do­lo­res und die bei­den an­de­ren Er­wachs­enen hat­ten da kein Mit­sprach­erecht mehr. Das war fest aus­ge­macht und wur­de auch ein­ge­hal­ten.

    Am Nach­mit­tag konn­ten sie dann Zeit mit ih­ren Kat­zen ver­brin­gen oder im neu­en Pool plan­schen. Bei­de hat­ten mitt­ler­wei­le auch das Schwim­men ge­lernt. Mi­cha­el ach­te­te trotz­dem da­rauf, dass in dem Pool nur so viel Was­ser war, dass bei­de ste­hend den Kopf über der Was­ser­ober­flä­che hat­ten. Eigent­lich war das un­nö­tig ge­wor­den, aber er hat­te trotz­dem Angst um sei­ne bei­den Töch­ter. Kurz nach halb sieben stand dann auch Emi­lia schon in ih­rem Nach­themd auf der Ter­ras­se.

    Nach dem Kuss für die Eltern be­kam sie auch end­lich den er­sehn­ten Schlüs­sel zu ih­rem Schrank. Va­le­ria war in­zwi­schen auch schon auf­ge­wacht und stürm­te mit ih­rer Schwes­ter die Trep­pe nach un­ten. Sie durf­te sich zwi­schen die Müt­ter le­gen und be­kam von Mi­cha­el ih­ren Ka­kao ser­viert. Un­ter­des­sen rich­te­te sich Emi­lia schon auf ih­rem Platz ein, um ein paar Schüs­se ab­zu­feu­ern. Die gan­ze Fa­mi­lie schau­te ihr zu, wie sie rou­ti­niert ihr Ge­wehr in An­schlag brach­te, und dann an­fing, das ein­ge­steck­te Ma­ga­zin zu lee­ren.

    Das täg­li­che Trai­ning zahl­te sich aus. Die jüngs­te Schüt­zin ver­zog kaum noch ei­nen Schuss. Leo­nie war sicht­lich stolz auf ih­re Tochter. Da­nach mach­ten sich alle fünf fer­tig, um das Haus zu ver­las­sen. Die bei­den Kin­der muss­ten in die Schu­le und die drei Agen­ten wur­den im Büro er­war­tet. An die­sem Mor­gen durf­te Va­le­ria auf den Schen­keln von Mi­cha­el Platz neh­men und den SUV zur Schu­le steu­ern. Fröh­lich mach­ten sie sich auf den Weg in ih­re Klas­se. Erst als sie in der Schu­le ver­schwun­den waren, star­te­te Mi­cha­el die Fahrt zum Büro.

    Dort an­ge­kom­men be­gab er sich direkt in die Kü­che. Wenn die rest­li­chen drei Mit­glie­der des Te­ams an­ka­men, war­te­te be­reits der Kaffee auf sie. Je­der Mor­gen be­gann mit ei­nem klei­nen Früh­stück der Freun­de. Liz hat­te da­rauf be­stan­den ge­mein­sam ei­nen Kaffee zu trin­ken und sich zu un­ter­hal­ten. Da­bei ging es grund­sätz­lich nie um die Ar­beit. Sie hat­ten oh­ne­hin nicht viel zu tun. Rhon­da Mil­ler, die Direkt­orin von In­ter­pol und ih­re Che­fin ließ sie in Ru­he. Schreib­kram war et­was was nie­mand von ih­nen ger­ne er­le­dig­te. Statt­des­sen soll­ten sie sich weiter­bil­den, bis sie wie­der ei­nen Auf­trag über­neh­men muss­ten.

    Als Liz ins Büro kam brach­te ihr Mi­cha­el schon auto­ma­tisch ih­ren Kaffee. Sie hat­te noch nicht ein­mal Zeit Leo­nie und Do­lo­res in den Arm zu neh­men. Es war zwar Mon­tag aber die Lau­ne der Te­am­che­fin konn­te nicht bes­ser sein. Sie strahl­te mit der Son­ne um die Wet­te. We­nig spä­ter ka­men auch Ka­rya­ni und Mi­ke zur Tür her­ein. Die Agen­ten zo­gen sich in ih­re So­fae­cke zurück und be­gan­nen sich über das Wo­che­nen­de zu un­ter­hal­ten. Es herrsch­te ei­ne sehr gu­te Stim­mung.

    * * *

    2. Kapitel

    England, Birmingham

    Die Papie­re die bei den Hin­ter­las­sen­schaf­ten von Bens Groß­vater waren in­zwi­schen voll­stän­dig über­setzt. Ben und Ma­ry Is­her­wood be­rie­ten, was sie da­mit an­fan­gen soll­ten. Soll­ten sie eben­so wie der Vor­be­sit­zer das Kon­zept ein­fach nur auf­be­wah­ren oder soll­ten sie ver­su­chen, den Kraft­stoff herz­us­tel­len. We­der Ben noch Ma­ry hat­ten Ah­nung da­von. Sie waren sich be­wusst, dass sie da­mit ei­ne Men­ge Geld ver­die­nen konn­ten. Sand gab es hau­fen­wei­se in Groß­bri­tan­nien, wie über­all auf der Welt.

    Aber um das syn­the­tisch her­ge­stell­te Ben­zin zu pro­du­zie­ren, fehl­te ih­nen das nö­ti­ge Ka­pi­tal. Sie hat­ten ge­sucht, wel­che Ap­pa­ra­tu­ren sie da­für brauch­ten. Die waren aber so teu­er, dass sie ei­nen Kredit auf­neh­men muss­ten, um sich ei­nen klei­nen Teil da­von leis­ten zu kön­nen. Das war ein­fach nicht rea­li­sier­bar. Ent­we­der brauch­ten sie ei­nen Spon­sor oder muss­ten wirk­lich ganz klein an­fan­gen. Aller­dings hat­ten sie nur die Papie­re. Es konn­te auch sein, dass die er­fun­de­ne Tech­no­lo­gie ein­fach nicht funk­tio­nier­te. Mög­lich war alles.

    Im schlech­tes­ten Fall brach­ten sie ei­ne Men­ge Geld auf für et­was, was ein­fach nicht mög­lich war. Auch die Be­schrei­bung auf den Pa­pie­ren war alles an­de­re als ein­fach ver­ständ­lich. Die Details fehl­ten gleich kom­plett. Ma­ry durch­such­te das In­ter­net, wo­raus syn­the­ti­sche Kraft­stof­fe eigent­lich her­ge­stellt wur­den. Mehr­heit­lich be­stan­den sie aus ver­flüs­sig­ter Koh­le, oder Gas bis hin zu Bio­mas­se. Sie waren bis heu­te nicht wirk­lich praxis­taug­lich.

    Die Her­stel­lung war ex­trem ener­gi­ein­ten­siv und durch den Öl­preis nicht wirt­schaft­lich zu be­trei­ben. Außer­dem leg­te man heu­te mehr ein Augen­merk auf den Schad­stoff­aus­stoß. Ins­be­son­de­re das Koh­len­stoff­di­oxid stand im Fo­kus. Beim Ver­brauch des Kraft­stoffs ent­stand le­dig­lich ei­ne ge­rin­ge Men­ge, nur das Her­stel­lungs­ver­fah­ren er­zeug­te viel zu viel da­von. Das war der Be­völ­ke­rung nicht zu ver­mitteln. An allen er­denk­li­chen Ecken hieß es, die­ses Edel­gas wä­re schäd­lich und sorg­te für stei­gen­de Tem­pe­ra­tu­ren.

    Na­tür­lich war das völ­li­ger Un­sinn. Nie­mand konn­te ernst­haft be­haup­ten, zu wis­sen, wie sich die Tem­pe­ra­tur auf der Er­de än­der­te. Die Wis­sen­schaft­ler be­haup­te­ten zwar, dass der ho­he Aus­stoß die­ses Ga­ses zu ei­ner Er­hö­hung der durch­schnitt­li­chen Tem­pe­ra­tur füh­ren wür­de. Aller­dings be­haup­te­ten die Wis­sen­schaft­ler vor 50 Jah­ren schon, die Er­de wür­de auf ei­ne neue Eis­zeit zu­steu­ern. Die­se vor­her­ge­sag­te Eis­zeit blieb aller­dings aus.

    Man konn­te da­von aus­ge­hen, dass sie es ein­fach nicht wuss­ten. Be­wei­sen konn­ten sie es oh­ne­hin nicht. Ein­mal hieß es, die ho­he Tem­pe­ra­tur im Som­mer wä­ren die er­sten Vor­bo­ten der Apo­ka­lyp­se. Nicht mal ein Jahr spä­ter blieb der Som­mer, bis auf ein oder zwei Wo­chen, viel zu kalt, was eben­falls da­mit er­klärt wur­de. Die glei­chen Wis­sen­schaft­ler be­haup­te­ten auch, dass erst seit der in­dus­tri­el­len Re­vo­lu­tion so viel Spu­ren­gas emit­tiert wur­de. Die Bohr­ker­ne, die man aus dem ewi­gen Eis an den Po­len hol­te, be­wie­sen aller­dings das der mitt­le­re Wert von CO² schon vor Hun­der­ten von Jah­ren deut­lich hö­her lag als heu­te.

    Kurz ge­sagt sie ver­mu­te­ten nur, aber kei­ner wuss­te, was wirk­lich pas­sie­ren wür­de. Das war aber auch völ­lig un­wich­tig. In er­ster Li­nie dien­te die­se end­lo­se Dis­kuss­ion, nur da­für den Men­schen Angst zu ma­chen. Das war po­li­tisch so ge­wollt. Men­schen die man mit Hor­rors­ze­na­rien in Angst ver­setz­te, waren deut­lich ein­fa­cher un­ter Kon­trol­le zu hal­ten. Man be­haup­te­te auch schon, dass es spä­tes­tens ab 1970 auch kein Erd­öl mehr ge­ben wür­de. Das war jetzt auch schon über 50 Jah­re her und ob­wohl der Ro­höl­ver­brauch je­des Jahr kon­ti­nui­er­lich stieg, för­der­te man es noch immer.

    Angst war in je­dem die­ser Fäl­le die eigent­li­che An­triebs­fe­der, um et­was durch­zu­set­zen. Meist ziel­te es da­rauf ab, den Men­schen mehr Geld aus der Ta­sche zu zie­hen. Das war bis­her bei je­der vor­her­ge­sag­ten Ka­ta­stro­phe der Fall und wür­de sich ver­mut­lich auch in Hun­der­ten Jah­ren nicht än­dern. So­lan­ge es funk­tio­nier­te, ritt die Poli­tik auf die­sem Pferd. Stell­te sich dann her­aus das die Wis­sen­schaft­ler wie immer falsch lagen, zo­gen sie ei­ne neue Hor­ror­vor­stel­lung aus dem Hut. Dann be­gann das Spiel wie­der von vor­ne.

    Das Ehe­paar muss­te sich ent­schei­den, was sie mit den Pa­pie­ren end­gül­tig an­fan­gen woll­ten. Die Mög­lich­kei­ten waren viel­fäl­tig. Ma­ry und Ben fin­gen an, sich ih­re Ge­dan­ken da­rüber ge­gen­sei­tig mit­zu­tei­len. Bei­de waren eigent­lich mit ih­rem Ein­kom­men zu­frie­den. Das Häus­chen ge­hör­te ih­nen, ein biss­chen Er­be blieb eben­falls üb­rig und Kin­der, für die ei­ne Vor­sor­ge nö­tig wä­re, woll­ten sie nicht. Es wä­re al­so sinn­los, mit den Pa­pie­ren Mil­lio­nen zu ver­die­nen.

    Wo­zu al­so ein Ri­si­ko ein­ge­hen? Sie konn­ten eigent­lich ganz ent­spannt da­mit um­ge­hen. Das ein­zi­ge Pro­blem waren die ein­zel­nen Grup­pen mit den ge­gen­läu­fi­gen In­te­res­sen. Aber was wür­de wohl pas­sie­ren, wenn man die Papie­re ei­nem Mu­se­um spen­det? Da waren sie öf­fent­lich und wirk­lich je­der hat­te da­rauf Zu­griff. Außer­dem fehl­ten die gan­zen Details. Im be­sten Fall wür­de das ei­ne neu­er­li­che For­schung an­stoßen. Spä­tes­tens dann wür­de es sich her­aus­stel­len, ob der Treib­stoff auch wirt­schaft­lich ist.

    Ma­ry und ih­rem Mann schien das ein gu­ter Kom­pro­miss zu sein. Auf die­se Wei­se wür­de für das Ehe­paar viel­leicht so­gar noch ei­ne klei­ne Be­loh­nung her­aus­sprin­gen. Die bei­den woll­ten sich in der lau­fen­den Wo­che noch ein­mal in­ten­si­ve Ge­dan­ken da­rüber ma­chen. Ih­nen war es nicht wich­tig, als Helden ge­fei­ert zu wer­den. Sie woll­ten das für alle Men­schen ma­chen und nicht um sich da­ran zu be­rei­chern. Bens Opa hät­te si­cher nichts an­de­res ge­wollt. Viel­leicht hat­te er die Papie­re aber auch ge­nau aus die­ser Über­le­gung her­aus die gan­zen Jah­re ver­steckt.

    * * *

    England, Leeds

    Schon seit Frei­tag mor­gen park­te in ei­ner un­ein­seh­ba­ren Ein­fahrt schräg ge­gen­über des Eltern­hau­ses von Ben Is­her­wood ein dun­kel­grau­er SUV. Hin­ter den ver­dun­kel­ten Schei­ben lagen zwei Män­ner auf Be­ob­ach­tungs­pos­ten. Sie konn­ten lei­der nicht so of­fen­siv vor­ge­hen, wie sie das im Sinn hat­ten. Aus­ge­rech­net an die­sem Wo­che­nen­de be­gan­nen die Ar­bei­ten der vier Freun­de. Schon seit Jah­ren ver­such­ten sie in das Ge­bäu­de zu ge­lan­gen und sich auf die Su­che zu ma­chen.

    Der al­te Hau­de­gen, der bis vor Kur­zem noch dort leb­te, war aller­dings nicht so wehr­los, wie sie sich das wünsch­ten. Immer wie­der hat­ten sie ver­sucht, in das Haus zu ge­lan­gen und es zu durch­su­chen. Je­des Mal wur­den sie aller­dings durch den al­ten Be­woh­ner ge­stört, der das Haus mit Waf­fen­ge­walt ver­tei­dig­te wie ei­ne Fes­tung. Sie such­ten nach ei­nem an­de­ren Weg und konn­ten ih­re Schwes­ter dort drin als Haus­häl­te­rin un­ter­brin­gen.

    Ne­ben ih­rer Tä­tig­keit für den Al­ten nahm sie sich das kom­plet­te Haus vor. Sie durch­such­te je­den ein­zel­nen Schrank und die ge­sam­te Ein­rich­tung. Ir­gend­wo muss­te der Al­te die Papie­re ja ver­steckt ha­ben. Den­noch blieb ih­re Su­che er­folg­los. Nach dem Ab­le­ben des Al­ten woll­ten sie das Haus er­neut auf den Kopf stel­len. Ein Ein­drin­gen war aber auch jetzt nicht mehr mög­lich. Der Enkel und sei­ne Freun­de be­gan­nen so­fort da­mit alles aus­ein­an­der­zu­neh­men. Wuss­ten sie ir­gend­et­was?

    Das gan­ze Wo­che­nen­de ver­folg­ten sie die Ar­bei­ten der vier Män­ner. Die Papie­re des Al­ten wur­den na­tür­lich mit­ge­nom­men, aber die hat­te ih­re Schwes­ter schon bei ih­rer Ar­beit früh­zei­tig un­ter die Lu­pe ge­nom­men. Es blie­ben eigent­lich nur noch die gan­zen un­zu­gäng­li­chen Wän­de üb­rig. Im Schutz der Dun­kel­heit ver­schaff­ten sie sich Zu­tritt zu dem al­ten Haus. Mit den hel­len Leuch­ten, die sie an Stirn­bän­dern bei sich tru­gen, un­ter­such­ten sie je­de ein­zel­ne Wand.

    Über­all wo sich Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten in der Ober­flä­che zeig­ten, be­gan­nen sie den Putz ab­zu­neh­men. Sie ver­mu­te­ten ir­gend­wo ei­nen Hohl­raum, in dem der Al­te die Papie­re la­ger­te. Er hat­te sie da­mals wäh­rend sei­nes Ein­sat­zes in Deutsch­land mit­ge­hen las­sen. Auf den Lis­ten der er­beu­te­ten Daten waren sie zu­erst ver­zeich­net. Der­je­ni­ge, der sie da­mals führ­te, über­gab dem Ober­kom­man­do aller­dings ei­ne Lis­te, auf der de­ren Exis­tenz nicht mehr ver­zeich­net waren.

    Nie­mand frag­te da­nach. Nur durch Zu­fall ge­lang­te ei­ne Ab­schrift der Lis­te zu ih­rem Groß­vater. Seit­her ver­such­ten sie, in den Be­sitz die­ser Auf­zeich­nun­gen zu ge­lan­gen. Doch egal was sie auch ver­such­ten, waren sie nicht auf­zu­fin­den ge­we­sen. In den ver­gan­ge­nen Jah­ren hat­ten sie Bank­schließ­fä­cher auf­ge­bro­chen und waren je­dem, noch so klei­nem Hin­weis nach­ge­gan­gen. Den­noch blie­ben die Papie­re ver­schwun­den.

    Hat­te er sie ir­gend­wann ver­nich­tet? Nein, das war nicht vor­stell­bar. Der Al­te hat­te ir­gend­et­was da­mit vor. Schein­bar ver­sprach er sich da­von ei­ne Men­ge Geld oder Ruhm. Es muss­te ei­nen Grund ge­ben, wa­rum die Daten nie beim Ober­kom­man­do ge­mel­det wur­den. Da­mit wä­re das bri­ti­sche Emp­ire nach dem Krieg zu ei­ner Welt­macht auf­ge­stie­gen. Statt­des­sen konn­ten sich die­se Ame­ri­ka­ner pro­fi­lie­ren. Die Bri­ten waren durch die Na­zis schwer ge­trof­fen wor­den, er­hiel­ten aber nicht die An­er­ken­nung, die ih­nen eigent­lich zu­stand.

    Na­tür­lich war der di­cke Chur­chill da­ran schuld. Bis zum 26. Juli 1945 war die­ser ver­damm­te Idi­ot da­für zu­stän­dig. Seit 1940 lei­te­te er zu­erst als bri­ti­scher Pre­mier­mi­nis­ter die Ge­schi­cke des Lan­des. Erst in der Kriegs­re­gie­rung, und nach dem 23. Mai, dem of­fi­ziel­len Krieg­sen­de bis Juli in der Über­gangs­re­gie­rung. Es muss­te ir­gend­ei­nen Hin­weis ge­ge­ben ha­ben, aber nie­mand hielt es für nö­tig dem nach­zu­ge­hen. Die gan­ze Re­gie­rung wur­de durch ei­nen Chief Tech­ni­ci­an be­tro­gen und nie­mand in­te­res­sier­te sich da­für.

    Ge­ra­de jetzt war es not­wen­dig, dem bri­ti­schen Emp­ire wie­der auf die Bei­ne zu hel­fen. Die ge­raub­ten Papie­re wür­den da ei­nen gro­ßen Un­ter­schied ma­chen. Syn­the­ti­sches Ben­zin, was sich güns­tig in gro­ßen Men­gen her­stel­len ließ, wür­de das Emp­ire in ei­ni­gen Ta­gen an die Spit­ze der Tech­no­lo­gies­taa­ten ka­ta­pul­tie­ren. Na­tür­lich wür­de die An­er­ken­nung für die­sen Fund auch ih­rer Fa­mi­lie zu­gu­te­kom­men. Auch der Geld­se­gen wä­re ih­nen sehr will­kom­men und mit dem Patent wür­den sie Mil­li­ar­den ge­ne­rie­ren oh­ne ei­nen Fin­ger­streich da­für zu tun.

    Ro­höl war der Treib­stoff für je­de Volks­wirt­schaft auf der Welt. Seit 1998 wur­de die Erd­öl­pro­duk­tion je­des Jahr we­ni­ger. Waren es im Jahr 2000 noch gan­ze 126 Mil­lio­nen Ton­nen, lag die Pro­duk­tion nur 20 Jah­re spä­ter nur noch bei 48 Mil­lio­nen Ton­nen. Das schwar­ze Gold wur­de zwar immer teu­rer im Lau­fe der Jah­re, aber trotz­dem büß­te Eng­land ei­nen gro­ßen Teil der Ein­nah­men ein. Mit der Tech­no­lo­gie ei­nen Brenn­stoff aus ein­fa­chem Dreck zu er­zeugen oh­ne die Re­ser­ven an­zu­tas­ten ließ sich der jähr­li­che Ge­winn ins Un­er­mess­li­che stei­gern.

    Das allei­ne wä­re schon viele Mil­lio­nen wert und die Pro­duk­tions­men­ge dik­tier­te den Preis am Welt­markt. Sie konn­ten mit ei­ner ein­fa­chen Pro­duk­tion die Vor­macht­stel­lung der OPEC Staaten bre­chen. Die gan­zen rei­chen Wüs­ten­re­gio­nen könn­ten dann ihr Ge­schäfts­mo­dell ein­stamp­fen. Nie­mand wür­de das teu­re Zeug noch von dort kau­fen. Zwar ver­füg­ten sie über ei­ne Men­ge Sand, aber Eng­land wür­de allei­ne am Patent da­für über Jah­re hin­weg mit­ver­die­nen.

    Das gan­ze Haus sah mitt­ler­wei­le aus, als wä­re ei­ne gan­ze Hor­de Büf­fel auf die Wän­de los­ge­gan­gen. Über­all lag der Putz he­rum und in der Luft hing der fei­ne Staub. Nur ei­nen Hohl­raum fan­den sie nicht. Is­her­wood muss­te die Papie­re ge­fun­den und mit­ge­nom­men ha­ben. Der war aber ga­ran­tiert ein­fa­cher zu über­fal­len, als der al­te Mi­li­tär. Ein Schrei­ner konn­te sich nur mit ei­ner Sä­ge ver­tei­di­gen. Na­tür­lich hat­te er ei­ne gan­ze Rei­he an al­ten Waf­fen über­nom­men, aber um­ge­hen konn­te er da­mit nicht.

    Ben Is­her­wood war Pa­zi­fist durch und durch. Er wür­de nicht ein­mal ei­ne Stech­mü­cke ver­let­zen, die ihm den Schlaf kos­te­te. Man muss­te ihn nur ein biss­chen un­ter Druck set­zen, dann wür­de er schon da­mit her­aus­kom­men. Er und sei­ne Frau waren un­ge­fähr­li­che Trot­tel, die ge­ra­de­zu da­nach ver­lang­ten un­ter­drückt zu wer­den. Sie waren das ex­ak­te Ge­gen­teil ih­rer Vor­gän­ger. Der Opa war ein über­zeug­ter Mi­li­tär, der je­dem Kon­flikt mit Waf­fen­ge­walt be­geg­ne­te.

    Sein Sohn, der Vater von Ben Is­her­wood kam aus der glei­chen Ecke. Ben selbst und sei­ne Frau ver­ab­scheu­ten je­de Form von Ge­walt. Der Schrei­ner und sei­ne Leh­re­rin stamm­ten eher von Pri­ma­ten ab. Die bei­den wür­den ga­ran­tiert auch ih­ren Ur­laub in ei­nem Wald ver­brin­gen, und je­de ab­ge­platz­te Rin­de mit ei­nem Ver­band hei­len wol­len. Nichts weiter als öko­lo­gisch ver­blen­de­te Trot­tel. Je­den­falls wür­den sie bei die­sen bei­den viel ein­fa­cher an die Papie­re ge­lan­gen.

    Noch ahn­ten die bei­den Män­ner aller­dings nichts, von der wei­te­ren Ent­wi­cklung die ei­ni­ge Meilen weiter süd­lich statt­fand. Ih­re näch­ste Sta­tion war Bir­ming­ham. Da wür­den sie den bei­den mal rich­tig auf die Pel­le rü­cken und sie ganz zärt­lich be­fra­gen. Was man halt in ih­rem Sprach­ge­brauch un­ter ›zärt­lich‹ ver­stand. An­de­re wür­den eher Fol­ter da­zu sa­gen, aber das war ja ei­ne Sa­che der Aus­le­gung.

    Im Haus des Ver­bli­che­nen sah es in­zwi­schen aus, als wä­re ei­ne gan­ze Arm­ada an Spreng­meis­tern da­bei das Ge­bäu­de in Schutt zu ver­wan­deln. Als Ben es ver­las­sen hat­te, war es or­dent­lich aus­ge­fegt und be­reit zum Ver­kauf. Jetzt konn­te man Ver­mu­ten das ei­ne Rei­he Jugend­li­cher hier näch­te­lang ei­ne Par­ty fei­er­te und ver­such­te, die ein­zel­nen Räu­me in ei­ne ein­zi­ge Hal­le zu ver­wan­deln. Um die­sen Ein­druck noch zu ver­stär­ken, sorg­ten sie für ein biss­chen Far­be an den Wän­den.

    Je­der Po­li­zist wür­de das als Jugend­kri­mi­na­li­tät ein­stufen. Die Er­mitt­lun­gen wür­den sich zu­min­dest in die­se Rich­tung be­we­gen und sie ent­las­ten, falls sie tat­säch­lich ge­se­hen wur­den. Da aber bis­her kei­ne Poli­zei vor der Tür stand und in den Nach­bar­häu­sern die Stil­le der Nacht herrsch­te, waren sie un­ent­deckt ge­blie­ben. Sie schal­te­ten die Stirn­lam­pen aus und ver­lie­ßen das Haus über den Gar­ten. Tief ver­bor­gen im Schat­ten der Sträu­cher kehr­ten die bei­den zu ih­rem Fahr­zeug zurück.

    Oh­ne das Licht ein­zu­schal­ten, fuh­ren sie lang­sam da­von. Erst als sie die Haupt­stra­ße er­reich­ten, flamm­ten die Schein­wer­fer auf und das Fahr­zeug ver­schwand im dün­nen Ver­kehr von Leeds in der Nacht. Den Weg nach Bir­ming­ham leg­ten sie noch in der Nacht zurück. Es waren nur zwei Stun­den Fahrt. Sie konn­ten sich ei­ne lan­ge Pau­se er­lau­ben und kehr­ten in der Nä­he von Man­ches­ter in ei­ner Rast­stät­te ein. Zeit hat­ten sie ge­nug. Erst am frü­hen Mor­gen wür­de Ben in Bir­ming­ham das Haus ver­las­sen. Bis da­hin gab es nichts mehr zu tun.

    Dann wür­den die bei­den Män­ner erst ein­mal das Ehe­paar im Au­ge be­hal­ten. Sie brauch­ten ei­nen ge­nau­en Plan, wann sie die bei­den ver­hö­ren woll­ten. Die Papie­re waren das wich­tigs­te. Falls die bei­den sie ir­gend­wo ver­steck­ten, muss­ten sie ge­nau wis­sen, wo sie zu fin­den waren. Viel­leicht konn­ten sie auch oh­ne direk­te Kon­fron­ta­tion in den Be­sitz ge­lan­gen. Das wä­re ih­nen un­ter den ver­blei­ben­den Mög­lich­kei­ten das liebs­te.

    Oh­ne selbst in Er­schei­nung zu tre­ten, war im immer noch am si­chers­ten. Viele Mög­lich­kei­ten sie zu ver­ste­cken hat­te das Ehe­paar ja eigent­lich nicht. Sie war Grund­schul­leh­re­rin und er Schrei­ner. Die Kin­der ih­rer Klas­se wür­den nicht ein­mal ei­nen Satz be­grei­fen und Ben selbst konn­te sie ja kaum ir­gend­wo bun­kern. Sei­ne Schrei­ne­rei wä­re ein ganz ein­fa­ches Ziel. Sie war so gut wie über­haupt nicht ge­si­chert. Je­des Kin­der­gar­ten­kind konn­te dort mit ei­nem Lol­li in der Hand ein­stei­gen. Außer Holz und ei­ni­gen Plä­nen gab es dort ja nichts zu fin­den.

    Auf ei­nen Tag mehr oder we­ni­ger kam es nach all den Jah­ren nun wirk­lich nicht mehr an. Falls sie bei­den aller­dings Un­sinn im Kopf hat­ten, muss­te es doch ziem­lich schnell ge­hen. Die Papie­re durf­ten auf kei­nen Fall öf­fent­lich be­kannt wer­den. An­sons­ten wä­re es zu spät ge­we­sen. Aber auf dem Weg da­hin könn­te ih­nen ja immer noch et­was zu­stoßen. Wich­tig war nur, dass sie nicht an die Öf­fent­lich­keit ge­lang­ten, aber das be­durf­te doch ei­ni­ger Vor­be­rei­tung.

    * * *

    3. Kapitel

    Bahmas, Nassau

    Das Büro der Agen­ten von In­ter­pol lag in der Mit­tags­zeit kom­plett in der Son­ne. Leich­ter West­wind strich sanft durch die dich­ten Blät­ter der Pal­men vor dem fla­chen Ge­bäu­de. Den gan­zen Mor­gen über hat­ten die Mit­glie­der des Te­ams fast nichts zu tun. Es fühl­te sich bei­nahe wie Ur­laub an, ob­wohl sie im Büro ih­ren Spaß hat­ten. Mi­ke war ge­for­dert den Agen­ten die fran­zö­si­sche Spra­che nä­her zu brin­gen. Er konn­te ei­ni­ge Spra­chen und Liz hat­te ent­schie­den, ne­ben Spa­nisch und Eng­lisch ein biss­chen Fran­zö­sisch zu ler­nen.

    Mi­cha lehn­te das ka­te­go­risch ab. Er hielt nichts von die­ser ko­mi­schen Spra­che. Statt dem Vor­trag des Ha­ckers zu lau­schen ver­brach­te er sei­ne Zeit lie­ber in der Kü­che. Liz ver­such­te, ihn zwar da­zu zu be­we­gen, we­nigs­tens ein biss­chen da­ran teil­zu­neh­men, aber er lehn­te es immer wie­der ab. Fran­zö­sisch ran­gier­te für ihn noch weit un­ter­halb sämt­li­cher kreo­li­scher Spra­chen, die nur in ei­ni­gen Ge­gen­den der

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1