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Rebels - Die Legende
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eBook454 Seiten6 Stunden

Rebels - Die Legende

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Über dieses E-Book

Dystopischer Fortsetzungsroman der Reihe "Rebels" von Jan Steinmacher für Jugendliche und Erwachsene. Eine mitreißende Geschichte über das Schicksal zweier Brüder, die im Jahre 2097 unfreiwillig in einen Krieg um Freiheit, Leben und Tod geraten.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum4. Juni 2018
ISBN9783746942315
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    Buchvorschau

    Rebels - Die Legende - Jan Steinmacher

    1

    Irgendwo in Sektor 7

    Als Jason Adams erwacht, brummt sein Schädel gewaltig. Nach einer Weile öffnet er die Augen und schaut sich vor Schmerz ächzend um, was seinem völlig steifen Nacken verschuldet ist. Er erkennt den Raum, in dem er sich befindet, nicht wieder und erinnert sich nicht daran, diese vier Wände schon jemals zuvor gesehen zu haben. Nach einiger Zeit allerdings fühlen sich seine grauen Zellen wieder relativ normal an und sein Kopf wirkt angenehm leicht. Aus irgendeinem Grund weiß er überhaupt nichts mehr von dem, was noch vor wenigen Stunden passiert ist. Er erinnert sich nur noch dunkel an einen anstrengenden Albtraum, den er heute Nacht gehabt hat. In seinem Traum hörte er Schreie und dieses verschwommene Grauen endete damit, dass ein gewaltiges Inferno alles um ihn herum verschlang. Den Kopf schüttelnd verschwendet er keinen weiteren Gedanken an den Albtraum und blickt in dem Zimmer umher. Der Raum wirkt kalt, steril und ist nahezu komplett in weiß gehalten. Hier befinden sich neben seiner eigenen noch drei weitere enge Schlafkojen. Zumindest die Gesichter erkennt Jason alle wieder. Direkt unter ihm windet sich sein Bruder Derek mit verschrammtem Gesicht im Schlaf. Auf der anderen Seite sind zwei identische Schlafkojen in die Wand eingelassen, in denen zwei Mädchen liegen und friedlicher schlafen. Doch auch die beiden sehen mitgenommen aus. Ihre Gesichter sind gerötet, als wären sie erst kürzlich intensiv abgeschrubbt worden, und mit etlichen Kratzern übersät. In einer Koje liegt Celine, Jasons Freundin und unter ihr die Freundin seines Bruders, Fiona.

    Die Tatsache, dass er sich noch genauestens an alle drei erinnern kann, aber sein gesamtes Leben nur noch lückenhaft in seinem Gedächtnis herumgeistert, stiftet in seinem Inneren große Unruhe und noch größeres Misstrauen. Er schaut sich nochmals um, dehnt seine Glieder und steigt dann leise aus seiner Koje. Sein Blick fällt auf die massive weiße Tür, in die ein kleines rundes Fenster eingelassen ist. Jason drückt die Klinke nach unten, doch es tut sich rein gar nichts. Nervös probiert er es noch einmal, dieses Mal energischer. Nichts. Er schaut durch das kleine Türfenster und die Option „laut losbrüllen, bis irgendjemand kommt" erscheint ihm mit jeder Sekunde sinnvoller, doch dann reißt er sich zusammen. Stinksauer rüttelt er weiter an der Tür, wohl wissend, dass es absolut nichts bringen wird. Das Wichtigste für Jason Adams ist seine Freiheit und wenn man ihm diese nimmt, dann muss er etwas dagegen unternehmen, das ist seine Natur, sein Kodex. Und Kodizes sind schließlich da, um befolgt zu werden.

    Fakt ist jedoch, dass ihm im Moment die Hände gebunden sind. Jason trottet lustlos zurück zu seinem „Schlafsarg, wie er die Nische „liebevoll nennt, und starrt aufgebracht die Türe an. Inzwischen sind durch den Lärm auch die anderen aufgewacht. Celine reibt sich die Augen, Derek klagt wehleidig über Rückenschmerzen und Fiona betastet ungläubig ihr verletztes Gesicht. Die Blicke der Drei lassen sehr eindeutig darauf schließen, dass Jason nicht der Einzige ist, der starke Erinnerungslücken zu beklagen hat. Celine scheint jedoch gerade einen kleinen Geistesblitz zu haben; sie springt auf, durchmisst den Raum mit drei langen Schritten und schaut ihren Freund wütend an. Ehe der sich verwirrt erkundigen kann, wieso sie ihn so wütend anschaut, schlägt sie ihm schallend ins Gesicht. Jason zuckt zusammen und schaut sie mit vollkommen entgeistertem Blick an. Derek schaut nicht minder entsetzt und fragt sie entgeistert, was plötzlich in sie gefahren sei. Fiona beobachtet die Szene indes mit einem gewissen Abstand, da sie all das scheinbar noch nicht ganz einordnen kann. „DU HAST MICH MIT DIESER CARA BETROGEN, DU SCHWEIN!!!", brüllt Celine jetzt voller Wut und schubst Jason, so stark es ihre zierliche Statur erlaubt, gegen die Wand und brüllt als wäre sie eine wilde Furie.

    „Ich erinnere mich an rein gar nichts mehr, also kann es dir auch nicht anders gehen, verdammt. Beschuldige meinen Bruder nicht solcher Dinge", geht Derek wütend dazwischen, stemmt seinen rechten Arm gegen die Brust Jasons und versucht mit dem anderen, Celine fernzuhalten.

    „Halt du dich da raus, Derek!", zischt ihm Celine sofort entgegen und Dereks Blick wird merklich unsicherer. Zum ersten Mal greift Fiona ein und versucht mit ihrer ruhigen Art, die Situation zu entschärfen.

    „Leute, beruhigt euch. Alle!", sagt sie mit einem Blick auf ihre Freundin, dann fixiert sie Jason und dessen Bruder. Sie spricht schnell weiter, ehe Celine wieder gegen Jason wettern kann.

    „Sorry, aber ganz ehrlich, um Beziehungskram können wir uns später noch kümmern. Celine, ich verstehe auch nicht, warum du das noch weißt, aber noch weniger verstehe ich, wieso wir an diesem seltsamen Ort hier sind und warum wir uns an nichts mehr erinnern, und ehrlich gesagt interessiert mich das brennend. Am wichtigsten ist jetzt herauszufinden, wo wir hier sind und was wir hier machen. Also kommt schon, wir müssen das jetzt klären …" Wutentbrannt und mit hochrotem Kopf will Celine ihr widersprechen, dann wird sie aber von einer plötzlich einsetzenden Durchsage über einen Lautsprecher an der Decke unterbrochen.

    An alle Neuankömmlinge und die derzeitigen Bewohner in unserem wunderbaren Komplex. Bitte findet euch alle in zehn Minuten in unserer Versammlungshalle ein. Auf jedem Zimmer befinden sich Pläne unseres Komplexes, mit denen ihr den Weg zu allen wichtigen Orten findet. Dort werden wir euch die Fragen beantworten, die euch vermutlich allen auf der Zunge brennen. Ende der Durchsage."

    Die Jugendlichen schauen sich verwundert an und für den Moment scheint es, als hätte Celine den Streit mit Jason vergessen. Kurz nach Ende der Durchsage ist es dann allerdings wieder, als wäre diese niemals gewesen und die Diskussion kommt erneut zum Kochen. Nach einem für beide Seiten sehr beleidigenden Schlagabtausch beruhigen sich die Gemüter etwas und Derek murmelt leise vor sich hin.

    „Na, da bin ich jetzt aber mal gespannt, was die auf unsere Fragen sagen werden…"

    „Ich auch, Bruderherz. Ich war vorhin an der Tür, sie lässt sich auf Teufel komm raus nicht öffnen." Just in dem Moment ertönt ein lautes Summen und die Türe springt automatisch einen Spalt weit auf. Wütend und ungläubig blickt Jason an die Decke, auf der Suche nach Überwachungskameras, Wanzen oder dergleichen.

    „Wollt ihr mich eigentlich verarschen?!", sagt er jetzt lauter werdend zu niemand Bestimmten und schaut erneut an die Decke, als könnte er dort die Lösung auf alles Unheil finden. Immer mehr erscheint es ihm als würden sie beobachtet oder abgehört werden. Das war inzwischen bereits die zweite Situation, in der es wirkte, als schickten die mysteriösen Hausherren eine regelrechte Antwort zu den Jugendlichen, auf Dinge die sie gerade getan oder gesagt haben. Doch die anderen scheint dies nicht weiter zu bekümmern. Außerdem scheint es, als sei der Streit mit Celine nichts gewesen, was innerhalb der nächsten Stunden wieder beigelegt wäre. Ganz im Gegenteil, es scheint sich da um was wirklich Ernstes zu handeln. Die sollten mir besser was echt Interessantes erzählen, denn bisher macht dieser Ort hier einen sehr, sehr negativen und mysteriösen Eindruck auf mich, denkt sich Jason und schüttelt den Kopf.

    2

    Während sie auf den Gang treten, hören sie das monotone Summen der Türöffner von allen Seiten und immer mehr Jugendliche mit ebenso verwirrten Blicken schwärmen auf den Gang hinaus. Dort sieht es aus wie scheinbar überall hier: Alles ist stechend weiß und steril, doch Jason klammert sich noch an der letzten Hoffnung fest, dass es nur in den Schlaftrakten so aussieht, beziehungsweise, dass er diesen Ort nach der Ansprache komplett verlassen kann. Zu seiner Überraschung erkennt er einige der anderen Jugendlichen augenblicklich wieder, ohne darüber nachdenken zu müssen, wie er diejenigen einordnen kann; dieses Wissen ist einfach da. In dem Moment treten auch ihre Nachbarn von gegenüber auf den Gang hinaus, es sind zwei Asiaten. Ein zierliches Mädchen, das neben einem Jungen geht, der unverkennbar ihr Bruder ist, sieht sich erstaunt um und saugt alle Details der Umgebung gierig in sich auf. Doch Jason ist ganz auf den Jungen fixiert, auf den er jetzt vorsichtig und mit skeptischem Blick zugeht.

    „Lee, richtig?", fragt er und als der Junge tatsächlich nickt, ist Jason äußerst erstaunt, sogar diesen Namen noch zu kennen, vor allem deswegen, weil er jegliche andere Erinnerung an das vorherige Geschehen immer noch nicht wieder beisammenhat. Sein Gegenüber sagt daraufhin ebenso vorsichtig Jasons Namen und starrt angestrengt seine Hände an, als suche er dort nach einer Erklärung für ihren verwunderlichen Geisteszustand.

    „Da ich schätze, dass auch du keinen Schimmer hast, wo wir hier sind, lass uns lieber mal zu diesem Versammlungsraum gehen", sagt Jason. Der Asiate nickt und nur wenige Sekunden später stößt auch Derek zu dem Duo; nun laufen die drei Jungs gemeinsam den Gang entlang und starren gebannt alles an, was sie zu sehen bekommen. Nach einem knapp fünfminütigen Fußweg befindet sich die mit jeder Türe größer gewordene Gruppe vor einer silbern glänzenden Wand und die Vordersten der Meute schauen sich verwundert an. Von hinten dringen einige Rufe nach vorne, denn der plötzliche Stopp hat viele in der Mitte und in den hinteren Reihen stolpern und aufeinanderprallen lassen. Ohne Vorwarnung öffnet sich plötzlich die Wand vor ihnen und ein leises Raunen geht durch die Menge. Die auseinander gleitenden Wände legen einen Blick auf einen rundum glänzenden Raum frei, der sich bei genauerem Hinsehen als hochmoderner Aufzug entpuppt. Erneut lässt eine Lautsprecherdurchsage die Jugendlichen zusammenzucken.

    Ich bitte euch, jeweils zu siebt in den Aufzug zu treten. Der Aufzug ist vorprogrammiert, er wird euch zu eurem Ziel bringen. Wenn ihr angekommen seid, wird man euch empfangen. Ende der Durchsage." Bei dem Klang der Stimme läuft Jason ein kalter Schauer über den Rücken, so glatt, schaurig und emotionslos klingt sie. Langsam treten sieben Leute aus den vorderen Reihen in den hell erleuchteten Lift, dann schließen sich die Türen binnen Sekunden.

    Als der Aufzug nach oben schießt, breitet sich unter den vielen Verbliebenen ein angespanntes Gemurmel aus.

    „Was denkst du, was genau uns da oben erwartet?", fragt Jason erwartungsvoll und schaut an die Decke, als könne er dort sehen, wohin der Aufzug sie bringen würde. Lee will gerade antworten, als die Türen erneut aufgleiten. Die beiden schauen sich mit großen Augen an. Dieser Aufzug muss ganz schön viel Speed draufhaben, um in der kurzen Zeit hochund wieder runter zu fahren.

    Diesmal stürmen gleich mehrere Leute in den Aufzug und es dauert nur Sekunden, bis dieser maßlos überfüllt ist. Dreizehn Leute tummeln sich darin und weitere wollen hinein. Rufe werden laut und einige schubsen die Kleineren beiseite, um selbst einen Platz zu bekommen.

    „Hey Leute!", ruft da ein Mädchen mit stechend grünen Augen und rotem Haar, „Sie haben uns gesagt, wir sollen zu SIEBT da rein. Also haltet euch daran!" Erst langsam folgt die Menge der wütenden Anweisung des Mädchens und einige erbarmen sich und verlassen den Aufzug, damit die nächsten sieben nach oben können.

    So geht es weiter, der Aufzug verrichtet seine Arbeit und die verbliebene Gruppe wird nach und nach dezimiert. Jason ist in der vorletzten Gruppe, die nach oben geschickt wird. Er betritt das faszinierende Geschoss jetzt zusammen mit Derek, Celine, Fiona, dem Asiaten Lee, dessen Schwester Akira und zwei weiteren Mädchen, die Jason schnell wiedererkennt. Es handelt sich bei den beiden um Bella und Michelle, die beide gute Freundinnen von ihm waren und es seinem Wissen nach immer noch sind- obwohl man sich seit Celines großem Drama bei nichts mehr sicher sein kann, denkt sich Jason missmutig. Die Fahrt ist heftig und beschert den Jugendlichen ein mulmiges Gefühl im Bauch, vergleichbar mit einer Loop-Bahn-Fahrt. Jason hatte ursprünglich den Plan gehabt, mit den beiden zu reden, doch als der Aufzug dann losfährt, hat sich diese Idee sehr schnell in Luft aufgelöst. Bella und Akira lehnen mit blassen Gesichtern an der Wand, auch Lee sucht sich eine Stütze. Sie sind alle froh, als sie den Aufzug verlassen können. Die Jugendlichen schauen sich um und bald sind auch die letzten oben angekommen.

    Sie stehen in einem Gang, dessen Boden mit Marmor verkleidet ist und in dessen Wand etliche Türen eingelassen sind, die ebenso undurchsichtig wie ihre Zimmertüren sind. Nur haben hier nicht alle Türen kleine Fenster wie im Schlaftrakt. Vor ihnen stehen jetzt zwei Männer in Uniformen. Einer von ihnen ist unverkennbar ein Amerikaner aus Sektor 7, er hat einen leichten Bauchansatz, grau melierte Koteletten und in seinem Mund steckt ein Zahnstocher. Er verkörpert nicht gerade das typische Bild eines Soldaten, dafür umso stärker das klischeehafte Bild eines Siebeners. Dieser Anblick entlockt scheinbar nicht nur Jason und Derek ein leichtes Grinsen, überall aus der Menge wandern Blicke auf den Umfang dieses Mannes. Die Nationalität des anderen ist dagegen schon schwieriger zu identifizieren. Jason tippt auf das frühere Guatemala, wohingegen Lee mit dem früheren Mexiko dagegenhält und Derek, allein um mitgemacht zu haben, auf das ehemalige Kolumbien wettet. Dieser Mann sieht im starken Kontrast zu seinem Kollegen wie ein Soldat aus einem Actionfilm aus. Er hat einen schwarzen Irokesen-Haarschnitt auf seinem sonst kahl rasierten Kopf, auf dem Schweißperlen glänzen. Er ist muskulös, groß und seine Haut hat einen bronzenen Teint, im großen Ganzen ein ziemlich eindrucksvolles Bild. Beide Männer tragen einen Knopf im Ohr und haben eine schusssichere Weste an, die hier im Moment ziemlich fehl am Platze wirkt. Diese gehört scheinbar zu der Uniform dazu, denn beide Monturen sehen absolut identisch aus. Sie sind khakifarben und haben ein Logo auf der linken Brustseite, das ziemlich schwer zu erkennen ist. Fiona, die eine unglaubliche Liebe zum Detail hat, und zu ihrer eigenen Unzufriedenheit auch einen Hang zum Perfektionismus, betrachtet das Bild eingehend und erkennt nach einer Weile, was das Emblem darstellen soll. Ein flammender Kranz umschließt die ineinander verschlungenen Buchstaben W und T. Auf der anderen Brustseite steht auf einem rechteckigen Schildchen GenTech und darunter auf einem etwas kleineren der jeweilige Name des Uniformierten. Der Siebener, der eher kein Soldat hätte werden sollen, heißt Lieutenant Harper und der angsteinflößende Südamerikaner ist laut seinem Schild Cpt. Martinez, in der Hierarchie also höher als sein fülliger Kollege. Der größere von beiden, Captain Martinez, richtet seine scharfen Worte jetzt an die Jugendlichen.

    „Guten Tag. Ich bin Captain Martinez. Das da ist mein Kollege Lieutenant Tom Harper. Wir bringen euch jetzt zur Versammlungshalle, dort wird man eure Fragen beantworten." Die beiden Männer führen die Prozession an vielen Türen vorbei und ab und zu erhaschen die Freunde Blicke in Räumlichkeiten, die mit Fenstern ausgestattet sind. Am Ende des Gangs stehen sie vor einer großen, hydraulisch betriebenen weißen Flügeltüre. Vor dieser stehen zwei weitere Uniformierte, stramm in Haltung und die Gewehre im Anschlag. Beide sind, wie auch der Captain, keine wirklich Einheimischen. Ihre Namensschilder kennzeichnen sie als Perez und Gutierrez, Männer des Captains wie es scheint. Bevor die Jugendlichen die beiden böse starrenden Männer passieren können, hält Martinez sie auf und baut sich zwischen der Türe und ihnen auf.

    „Benehmt euch da drin, verstanden?! Haltet die Klappe, stellt euch an den euch zugewiesenen Platz und macht einfach das, was man euch sagt. Ich hoffe, ihr habt mich gut verstanden." Ein Junge mit Adlernase und fettigem Haar ergreift das Wort, ehe Martinez mit eisernem Blick die Türen öffnen kann.

    „Sir, wo ist dieser Bereich, in den wir uns stellen müssen?, fragt er mit hochnäsiger Stimme und Harper verdreht die Augen, während der Captain herumfährt und ihn wütend anschaut. „Ich sagte doch, dass ihr es sehen werdet, verdammt! Und jetzt nervt mich nicht, ihr dreckigen Blagen!!, blafft Martinez mit böse blitzenden Augen zurück.

    Bevor sie den Raum betreten, flüstert Jason seinem Bruder noch ins Ohr:

    „Mit dem werden wir wohl sicher noch großen Spaß haben… „Ganz deiner Meinung, Bruderherz. Der ist eine echte Prinzessin, antwortet Derek und beide kichern leise, als sie zusammen mit den anderen die Halle betreten.

    Den Jugendlichen bleibt vor Erstaunen der Mund offen stehen, als sie die Halle zu Gesicht bekommen. Sie ist wahrlich gigantisch. Überall an den Wänden hängen Flachbildschirme, die alle dasselbe anzeigen: das Emblem, das auch auf den kleinen Schildchen an den Uniformen zu sehen ist, ein brennender Kranz, der die Buchstaben W und T umschließt. Jason ist für den Moment so überwältigt von all den Sinneseindrücken, dass er seine Fragen beinahe vergisst. Sieben andere Gruppen stehen bereits stillschweigend und geordnet in Blöcken vor einer großen, breiten Bühne. Zwischen der dritten und vierten Gruppe ist noch Platz und genau dort reihen sich jetzt die Frischlinge unter Martinez´ strengen Blicken ein. Vorne auf der beeindruckenden Bühne stehen drei Leute, die im Vergleich zu dem ganzen Raum nicht größer als Spielfiguren wirken. Ganz in der Mitte ein Mann mit schulterlangen Haaren, einem gestutzten Vollbart, glänzend bernsteinfarbenen Augen und einer Schutzweste, wie auch Martinez und Harper eine tragen. Rechts und links von ihm stehen eine Frau und ein Mann, die die absolute Perfektion zu verkörpern scheinen. Die Frau hat ein hautenges, kurzes Kleid an, das ihre vermutlich nicht ganz echten Brüste eindrucksvoll hervorhebt. Sie hat makellos wallendes, blondes Haar und unglaublich lange Beine. Ihr perfektes Make-Up lässt ihre Wangen glänzen, ihre vollen Lippen violett schimmern und ihre blauen Augen unverschämt gut zum Vorschein kommen.

    Fiona und Celine schauen die Frau genau an, dann schauen sich beide augenrollend an und kommen nach einer kurzen Diskussion zu dem Schluss, dass diese Frau einzig und allein ein Produkt aus gut gelungenen Schönheits-OPs ist. Der Mann zur rechten trägt einen maßgeschneiderten schwarzen Designer-Anzug, der seinen Körper attraktiv in Szene setzt. Darunter ein glänzend violettes Hemd, das zum Lippenstift seiner Frau passt und eine Krawatte, die die Farbe des Anzugs und des Hemdes perfekt ergänzt. An seinem linken Armgelenk blitzt eine sündhaft teure, protzige Designeruhr und zwei diamantene Ohrstecker zieren seine Ohren. Außerdem hat er seine graue Mähne auf sehr stylische Weise zurückgekämmt. Trotz allem jedoch sind Jason und die anderen der Meinung, dass dieser Mann ein wenig zu alt für die Frau ist. Hinter den drei imposanten Gestalten, die alle Blicke auf sich ziehen, stehen in einer Reihe sechs Sicherheitsleute, die das gleiche Outfit wie alle Angestellten hier tragen.

    Nach einer kurzen Wartezeit, in der er sich mit einem der Sicherheitsleute hinter ihm ausgetauscht hat, den ein Namensschild als Fernando kennzeichnet, schreitet der Mann in der Mitte zu einem Mikrofon, wobei er mit seinen federnden Schritten und dem längeren Haar noch jung und dynamisch wirkt. Würden die Jugendlichen jedoch näher am Geschehen sein, würden sein mit Falten durchzogenes Gesicht und die grauen Stellen in Haar und Bart etwas gänzlich anderes verraten.

    „Herzlich Willkommen. Mein Name ist Vector, für euch einfach Sir, und ich bin der Inhaber und Leiter des hiesigen und weiterer Komplexe des Konzerns WarTech und dessen Tochterfirmen." Dann zeigt er mit einer ausladenden Geste auf die zwei perfekt gekleideten Leute, die ihn fröhlich anlächeln.

    „Und hier stelle ich euch unseren verehrten Präsidenten Mister Sonny DeLuca vor. Lang lebe der Präsident! Ebenfalls nur für euch zu Gast ist seine reizende Frau, unser aller First Lady Miss Sky DeLuca. Es ist uns eine unvorstellbare Ehre, dass uns der Mann an der Spitze dieses Landes in unserem bescheidenen Gebäude beehrt."

    Dann wendet er sich künstlich lächelnd den beiden zu und applaudiert symbolisch, sämtliche Sicherheitsleute, „Berg"-Mitarbeiter und auch Martinez folgen seinem Beispiel, woraufhin Präsident DeLuca zufrieden lächelt.

    „Vielen Dank für diese entzückenden Worte, Vector, mein Freund. Ich möchte euch alle auch im Namen der Regierung willkommen heißen. Wir unterstützen die Arbeit des ökonomisch unglaublich wertvollen Konzerns WarTech selbstverständlich zur Gänze. Leider müssen meine Frau und ich aufgrund vieler weiterer Termine bald wieder abreisen. Es war jedoch sehr schön, euch kennenzulernen und wir wünschen euch einen angenehmen Aufenthalt hier", sagt Sonny freundlich lächelnd und breitet die Arme aus, als wolle er die ganze Welt umarmen. In dem Moment hebt einer der Jugendlichen der sechsten Gruppe seine Hand. Mit einem genervten Gesichtsausdruck bittet Vector den Jungen zu sprechen, während zwei bewaffnete Sicherheitsmänner das Präsidentenpaar aus dem Raum eskortieren.

    Ein neuer Präsident? Das Präsidentenpaar hier, nur Symbolik? Wie lang zum Teufel waren wir weg?!, fragt sich Jason entgeistert und wartet, bis der Junge anfängt zu sprechen.

    „Mister Vector, Sir. Was ist mit dem alten Präsidenten Banks passiert, ich kann mich nicht mehr an alles erinnern, aber daran schon noch. Wir hatten hier jedoch bisher keinen Zugang zu irgendwelchen Medien, deswegen sind wir nicht informiert.

    Können Sie uns erklären, wie es zu der Einsetzung eines neuen Präsidenten kommen konnte? Vector lächelt dünn und erklärt ihm, dass Banks, „sehr zum Leidwesen aller, wie er betont, an einer schweren Blutvergiftung gestorben sei. Der Junge nickt, er wirkt mit dieser Antwort zufrieden und Vector kommt ohne Umschweife zum Thema zurück.

    „So. Ich werde euch jetzt erklären, warum ihr hier seid und nicht in dieser schlechten Welt da draußen. Ihr seid unsere Zukunft, Kinder, und deshalb wollen wir etwas aus euch machen! Der hiesige Komplex ist Teil des wichtigsten Programms dieses Sektors. Hier werdet ihr zu Botschaftern, Diplomaten und Anführern ausgebildet, um unser starkes Land später noch weiter zu stärken und zu verbessern, um unseren Sektor weiterzubringen. An anderen Akademien bildet man gerade Soldaten, Arbeiter und andere benötigte Kompetenzbereiche aus, die später eure Mitarbeiter, Assistenten und Untergebenen sein werden. Ihr seid also die starke Elite in unserem herausragenden Sektor, den wir durch dieses Programm noch weiter an die Spitze führen wollen und werden. Ab morgen werdet ihr täglich für eine Stunde in die Aufgaben für euren späteren Job, euren Wirkungsbereich eingeführt. Jeden Montag, Mittwoch und Freitag habt ihr Politikkunde, das ist am wichtigsten. Dienstags lernt ihr Fremdsprachen, um mit den Führern der anderen Sektoren direkt sprechen zu können und donnerstags gibt es jeweils individuelle Kurse. In diesen individuellen Kursen könnt ihr selbst Schwerpunkte setzen, um eure späteren Wirkungsbereiche mit zu beeinflussen. Je nachdem, was ihr werden möchtet, Botschafter oder inländischer Politiker, werdet ihr unterschiedliche Kurse besuchen. In welchen Kurs ihr geht, werdet ihr bald entscheiden können. Sollte jemand unbedingt in ein anderes Camp wechseln wollen, soll derjenige sich bitte bei seinem zuständigen Ansprechpartner melden. Wir sind also hier, um euch zu bilden. Ihr seid hier nicht eingesperrt, keine Sorge, sagt er und lacht kurz auf, ehe er fortfährt. „Seht das hier einfach als eure Schulpflicht an. Nun zu dem Gebäude, in dem ihr wohnen und lernen dürft. Diese Ebene hier ist tabu für euch, außer es gibt Versammlungen wie diese; dasselbe gilt für die zehnte Ebene. Ihr habt jeden Tag von acht Uhr morgens bis neun Uhr abends die Möglichkeit, euch im Gebäude frei zu bewegen, auch nicht anders als in anderen Internaten. In dieser Zeit könnt ihr mit dem Lift alle Ebenen erreichen, außer natürlich Ebene neun und zehn. Falls ihr dies doch tun solltet, wird das gemeldet und ihr werdet bestraft werden, also rate ich euch dringend, das zu unterlassen. Ohne Regeln funktioniert ein Zusammenleben eben nicht. Der Speisesaal ist auf der achten Ebene, die Unterrichtsräume und die Bibliothek auf der elften und die Räume für Freizeitaktivitäten sind auf der zwölften. Wie ihr vielleicht bereits bemerkt habt, sind wir hier unter der Erde. Jeden Tag könnt ihr für jeweils zwei Stunden, von dreizehn bis fünfzehn Uhr, an die Oberfläche. Bei diesen Worten verzieht sich Jasons Miene erneut zu einer wütenden Grimasse, doch die anderen scheinen nicht einmal den wirklichen Kern von Vectors Aussagen zu verstehen. Die Jugendlichen hören aufmerksam zu. Dann, als Vector seine Rede beendet hat, dauert es nicht lange, bis die ersten Fragen aufkommen. Vector flüstert den Wachen hinter sich etwas zu, dann setzt er erneut ein künstliches Lächeln auf, winkt der Menge zu, verbeugt sich und verschwindet auf dem gleichen Weg wie die DeLucas, ohne die vielen Hände zu beachten, die in der Luft sind. Die Wachen beantworten stellvertretend für den Boss bemüht die ersten Fragen. Sie erzählen, dass sie im Bezirk Philadelphia seien und dass man leider nicht beantworten könne, warum sie die Stadt nicht verlassen dürfen, beziehungsweise warum sie gezwungen seien, in diesem Komplex zu „lernen". Genauso wenig können sie eine Antwort zu der vielgestellten Frage geben, warum alle Jugendlichen so vieles vergessen haben und das scheint die große Menge an Zuhörern sehr unglücklich zu stimmen. Die Stadt mit ihren Möglichkeiten wird den Jugendlichen jedoch definitiv reichen, fügt ein europäisch aussehender Wachmann hinzu und beendet somit diese erste Versammlung. Die Jugendlichen wissen zwar etwas mehr als zuvor, doch die Menge an Fragen, die noch offen sind, sind riesig. Nach und nach werden alle wieder geordnet in die drei verfügbaren Aufzüge gedrängt und wegen der hohen Anzahl an Anwesenden dauert es fast eine Stunde, bis Jason und seine Freunde wieder in ihrem Trakt ankommen. Bevor sie ihr Zimmer betreten, flüstert Jason seinem Bruder ins Ohr:

    „Hey, wir werden vermutlich abgehört. Hast du das auch bemerkt? Derek, warte!" Derek läuft jedoch weiter und blickt Jason nur genervt an. Dann bleibt er doch noch stehen, verdreht die Augen und meint nur:

    „Sei froh über diese Situation. Schließlich haben wir hier fließend Wasser, Wärme, Essen und weiche Betten, also alles, was der Mensch begehrt. Wir müssen nicht mehr wegrennen, daran erinnerst du dich doch auch noch, oder?? Sollen sie uns doch abhören." Dann schenkt er seinem zweifelnd schauenden Bruder keine Aufmerksamkeit mehr.

    Vectors Büroräume

    Zur selben Zeit

    An einem großen runden Tisch sitzen elf Leute. Dieser steht in einem stark verdunkelten Raum, der ebenfalls von Bildschirmen umrundet wird; nur, dass man hier das Innere jeder einzelnen Schlafzelle in den Trakten sehen kann.

    Vector selbst sitzt am Kopfende des Glastisches, er hat seine Haare inzwischen zu einem Zopf zusammengebunden. Hinter ihm stehen zwei seiner Leibwächter, Fernando und Lewis. Rechts und links neben ihm sitzt das Ehepaar DeLuca, geduldig wartend auf die Eröffnung der Sitzung. Auf Sonnys Seite sitzen drei Männer und eine Frau, während auf Skys linker Seite zwei Frauen und zwei Männer sitzen. Die wichtigsten Regierungsmitglieder haben an dem Tisch Platz gefunden, vom Verteidigungsminister bis zum Außenminister ist alles vertreten. Zudem sitzen der etwas wahnsinnig wirkende Arzt des Komplexes, Doc Miller und Vectors persönlicher Analyst und Freund Hobbs am Tisch, um der Sitzung beizuwohnen. Gegenüber von Vector haben sich drei hochrangige Militärs eingefunden, die scheinbar eine ebenso wichtige Rolle in den Regierungsgeschäften spielen und von deren Rat Vector viel hält, vor allem in strategischen Belangen. Dazu zählt jener brutale und strenge Captain Martinez, der der Zuständige für die Gruppe der Zwillinge ist und zusammen mit dem ebenfalls anwesenden Colonel die komplette Armee des Sektors führt. Der Colonel, breite Schultern, grauer Dreitage-Bart und Glatze, heißt eigentlich Josh Harman, aber jeder nennt ihn nur Colonel, weil er es so will und was der Colonel will, wird gemacht. Der dritte Mann ist ein Ex-Marine der früheren Ära namens Isaac Terrence, der alle unkonventionellen Einsätze der War-Tech-Einheiten plant und anführt und zudem oberster Boss des Spartaner-Programms ist. Er führt skrupellos jeden Auftrag aus, den er erhält und aus dem Grund schätzt Vector ihn mehr als die meisten anderen. Er hat eine schwarze Augenklappe, eine Erinnerung an einen furchtbar brutal verlaufenen Einsatz im Süden des Sektors, bei dem sie versucht hatten, ein Rebellen-Ausbildungscamp auszuräuchern. Terrence ist jung und trägt einen Undercut, der seinen kantigen Schädel stark in den Vordergrund rücken lässt.

    „Alle Jugendlichen sind erst heute Nacht hier angekommen und es gilt jetzt zu besprechen, wie man weiter vorgeht. Miller, bitte beginnen Sie doch vom medizinischen Standpunkt aus."

    „Sir, ich habe mir mit meinem Assistenten und weiteren Beratern und Beraterinnen ausgerechnet, dass wir monatlich drei von den Jugendlichen für die von Ihnen erwünschten Tests brauchen werden. Die Substanz, mit der wir sie behandeln werden, haben wir über fünf Jahre hinweg entwickelt und ich habe meine besten Chemiker darauf angesetzt. Sie haben die normale Buttersäure und die Gammahydroxybuttersäure auf komplexeste Weise verändert und modifiziert. Bei diesem Prozess ist, wie sie wissen, unsere C-Vier-H-Acht-O-Zwei-Probe entstanden. Geläufig nennen wir sie nun Brainwasher-Engineer Zwei Punkt Null, kurz BE-Zwei. Die Jugendlichen wurden alle den Basisdosen von BE-Zwei ausgesetzt, als sie hier angekommen sind. Außerdem bekommen sie, wie besprochen, eine weitere verminderte Dosis mit jeder Mahlzeit, um einen langsam exponentiell steigenden Effekt zu erzielen. Damit sollten wir eigentlich alle von ihnen gefügig halten, so wie Sie wünschten. Ich bräuchte die jeweils drei Jugendlichen monatlich für bestimmte Testzwecke, da BE-Zwei noch nicht vollständig ausgereift ist. Die ersten beiden Testpersonen möchte ich wegen der jetzigen Auswirkung von C-Vier-H-Acht-O-Zwei auf ihre Körper untersuchen und die spezifischen Reaktionen testen. Das lässt sich dann durchschnittlich gesehen auf den Großteil der anderen Jugendlichen übertragen. Diese Testpersonen werden wieder zurück in ihre Gruppen geschickt und dank gewisser Gerätschaften kann ich sie ab jetzt auf Schritt und Tritt verfolgen, kontrollieren und alle Ergebnisse bezüglich BE-Zwei eins zu eins überprüfen. Damit haben wir eine permanente Analyse der Wirkung." Er hat in einer atemberaubenden Geschwindigkeit geredet und je mehr er sagte, umso tiefere Falten gruben sich in die Stirn der Stabsmitglieder.

    „Geht das soweit klar, Mister Vector?", fragt der Arzt nach seiner langen Ausführung schwer atmend und übergeht damit den Präsidenten und dessen Frau, die hier tatsächlich nur eine komplett untergeordnete Rolle zu haben scheinen. Die De-Lucas wirken ein wenig gekränkt, doch Vector betont erneut, dass tatsächlich er als CEO und Geschäftsführer von WarTech das alleinige Entscheidungsrecht bei diesen Belangen habe. Er behandelt den Präsidenten inzwischen eher wie einen Untergebenen als wie den politischen Führer seines Sektors. Deshalb ergreift jetzt Vector das Wort und kommentiert die Erklärung des Arztes.

    „Nun, Miller, das klang alles sehr kompliziert, also haben Sie scheinbar Ahnung von dem, was Sie tun. Prinzipiell haben Sie zu dieser Sache unser Ja und Amen, allerdings will ich wissen, warum Sie das testen wollen. Bringt es uns weiter? Das ist scheinbar genau die Frage, auf die Miller gehofft hat. In seine Augen tritt ein fanatisches Glimmen. Er erklärt Vector langwierig und begeistert: „Die Jugendlichen, die BE-Zwei bekommen, werden später zu Ihrem persönlichem Baukasten heranwachsen. Die Droge wird all die Jugendlichen auf lange Sicht willenlos machen und sie zu perfekten Soldaten, Anführern und Arbeitern für Ihr Regime formen. Mit ihrer Hilfe können Sie die schwachen verbliebenen Regierungen erbarmungslos zerstören, die nicht eine derart funktionierende Armee hinter sich haben. Vector hört den Worten seines Forschers mit großer Freude zu und ist von der Aussicht auf die Weltherrschaft schon jetzt ganz geblendet.

    „Sie haben grünes Licht von allen Instanzen, sagt Vector und blickt dabei hämisch grinsend zu den DeLucas. „Führen Sie Ihre Forschungsarbeiten in Ruhe durch. Miller wird geradezu euphorisch, als Vector ihm erklärt, dass er sogar mit einer Etaterhöhung rechnen darf, um alles Menschenmögliche tun zu können, damit eine perfekte Armee für ihn entsteht.

    Nun fragt Vector an Miller gewandt: „Was wollen Sie dann eigentlich noch mit der dritten Testperson?" Miller wirft ihm einen vielsagenden Blick zu und wechselt dann hastig das Thema auf die Politik. Er bedeutet Vector, dass er später in den Tiefen seines Labors unter vier Augen mit ihm sprechen muss. Doch jetzt wird das neue Thema begeistert aufgegriffen und die politische Lage in den anderen Sektoren lässt ein lebhaftes Gespräch entstehen.

    Nach eineinhalb anstrengenden Stunden hat sich die Versammlung aufgelöst und fast alle Anwesenden gehen zurück in ihre luxuriösen Quartiere in einem überirdisch geparkten Jet, der etwas entfernt von den Stadtgrenzen steht Dieser Jet hat das Weiße Haus für den Moment ersetzt und ist das ständige Heim der Stabsmitglieder geworden, damit sie immer bei dem Präsidenten und Vector sind, wenn sie gerade gebraucht werden. Zwar büßen sie dafür ihre Privatsphäre ein, doch bringt das auch den Vorteil mit sich, dass man auf jedes Problem im Sektor sofort gemeinsam reagieren kann. Das Weiße Haus ist inzwischen nur noch der repräsentative Regierungssitz, während die meisten politischen Entscheidungen tatsächlich in dieser mobilen Kommandozentrale gefällt werden. Die DeLucas fliegen heute jedoch zurück zum Weißen Haus. Es gilt, die Präsenz dort wieder ein wenig zu erhöhen.

    3

    Vectors Henker Issac Terrence und der Colonel haben keine Quartiere in der mobilen Regierungsmaschine. Sie sind in ihre Schlaftrakte innerhalb des Gebäudekomplexes zurückgekehrt. Jetzt sind nur noch Vector, seine Beraterin Dana Bosh, Analyst Hobbs, Captain Martinez und der Verteidigungsminister da.

    „Sir, wie gedenken Sie vorzugehen? Yun Han und die anderen Mitglieder der Führungsgilde werden langsam entmachtet…", erklärt Hobbs bedenklich und wartet auf eine Antwort seines Chefs.

    „Das ist mir egal. Die können entmachtet werden, meinetwegen auch getötet, das einzige Problem ist, von wem sie entmachtet werden. Wie ich gehört habe, Hobbs, ist Yun Hans Sektor fast komplett in der Hand von Verbrechern und anderer Halsabschneider. Auch unser Nachbarland wird inzwischen nur noch von diesen widerlichen Kartellen regiert. Ich weiß, dass dort ein immer blutiger werdender Krieg gerade zu seinem Höhepunkt kommt und ich weiß auch, dass die lieben Herren der Führungsgilde den

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