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Asher: Tattoo Bruderschaft, #1
Asher: Tattoo Bruderschaft, #1
Asher: Tattoo Bruderschaft, #1
eBook341 Seiten4 Stunden

Asher: Tattoo Bruderschaft, #1

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Über dieses E-Book

Vor fast drei Jahren nahm ein Autounfall das Leben von Audreys Vater und ließ sie mit lebenslangen Narben zurück. Jetzt, mit achtzehn Jahren, kehrt sie zum ersten Mal nach dem Unfall in ihre Heimatstadt zurück.

Sie ist hier, um wieder mit ihrem Leben anzufangen. Um zur Uni zu gehen und Spaß zu haben. Neue Freunde zu finden.  Die Vergangenheit hinter sich zu lassen.

Aber die Vergangenheit lässt sie nicht los.

Asher ist hier – ihr erster Kuss, ihr erster Herzschmerz. Attraktiver und distanzierter als jemals zuvor, ist er immer noch der Junge, der einmal ihr bester Freund war. Das war er, bevor er sich in jemanden verwandelte, den sie kaum wiedererkennt – der Junge, der anfing, sich mit anderen zu prügeln und ihr jahrelang die kalte Schulter zeigte.

Asher ist es nicht, was sie braucht.  Eigentlich hasst sie ihn und sollte versuchen, sich so gut es geht von ihm fernzuhalten.

Aber ihr Körper scheint sich nicht dafür zu interessieren, wie sie sich fühlt, und vielleicht, nur vielleicht, hat ihr Körper dieses Mal recht. Es ist nicht so, als hätte sie wirklich eine Wahl. Sie wird von Asher angezogen wie eine Motte vom Licht und wenn sie nicht aufpasst, wird er sie verbrennen.

Und vielleicht ist das gar keine so schlechte Sache …

SpracheDeutsch
HerausgeberJo Raven
Erscheinungsdatum11. Dez. 2018
ISBN9781386158301
Asher: Tattoo Bruderschaft, #1
Autor

Jo Raven

Jo Raven is a New York Times and USA Today bestselling author, best known for her series Inked Brotherhood and Damage Control. She writes edgy, contemporary New Adult romance with sexy bad boys and strong-willed heroines. She writes about MMA fighters and tattoo artists, dark pasts that bleed into the present, loyalty and raw emotion. Add to that breathtaking suspense, super-hot sex scenes and a happy ending, and you have a Jo Raven original story. Meet Jo Raven online – on Facebook (https://www.facebook.com/AuthorJoRaven), chat with her on Twitter (@AuthorJoRaven) and join her readers group for sneak previews of her covers and stories (http://on.fb.me/1K2LvzO). Be the first to get your hands on Jo Raven’s new releases & offers, giveaways, previews, and more by signing up here ▶ http://bit.ly/1CTNTHM

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    Buchvorschau

    Asher - Jo Raven

    Teil Eins

    Audrey

    In meiner Erinnerung müssen wir ungefähr zehn Jahre alt sein, denn Ash ist genauso groß wie ich. Ich kann ihm direkt in seine hellblauen Augen schauen.

    Seine dunklen Augenbrauen senken sich tief, als er neben mir in die Hocke geht, um mein aufgeschürftes Knie zu untersuchen.

    „Du wirst es überleben, verkündet er sein Urteil. Sein gebräuntes Gesicht verzieht sich zu einem Grinsen. „Du wirst eine coole Narbe bekommen.

    „Narben sind hässlich, meine ich und starre skeptisch mein Knie an. Blut tropft an meinem Bein hinunter, eine rote Linie, die in meine weißen Socken sickert. „Oder nicht?

    Sein Blick ist wachsam. Er steht auf und reicht mir seine schmutzige Hand. „Ich weiß es nicht. Ich schätze, man gewöhnt sich daran."

    Ich ergreife seine Hand. Er ist so stark. So warm und freundlich. „Man gewöhnt sich daran, sie zu sehen?"

    Er nickt. „Und daran, sie zu haben. Sie werden zu einem Teil von dir. Narben sind nicht hässlich, Auds." Er ist der Einzige, der mich so nennt. Erst nannte er mich nur scherzhaft so, dann blieb der Spitzname hängen.

    „Es tut weh."

    Er blickt kurz auf mein Knie hinunter. „Ich habe Pflaster in meinem Zimmer. Komm mit, ich werde das für dich sauber machen."

    „Danke."

    „Wofür hat man beste Freunde?" Sein Blick wird wärmer und er zieht mich mit sich. Er gibt mir immer das Gefühl sicher zu sein, beschützt, umsorgt.

    Beste Freunde für immer.

    Zumindest dachte ich das damals. Es hat nur einen Kuss gebraucht, um alles zu ruinieren.

    Kapitel Eins

    Audrey

    Sobald sich die Tür öffnet, winkt uns ein lächelndes, kurzhaariges Mädchen mit ihrer Bierflasche in der Hand hinein. Musik dröhnt uns entgegen, ein beliebtes Tanzlied. Hinter ihr kann ich die Wohnung sehen, groß und geräumig, das Wohnzimmer ist durch eine Glastür hindurch zu sehen, die Wände sind mit Bildern und Postern behangen.

    Tessa zieht an meinem Arm, ihr blonder Pferdeschwanz wippt auf und ab. Ihre großen, blauen Augen strahlen aufgeregt. „Komm schon, Audrey."

    Das kurzhaarige Mädchen lässt uns allein und schlendert zum Herz der Party, die offensichtlich voll im Gange ist. Gelächter hallt im Flur wider und ich versuche immer noch zu entscheiden, ob es ein Fehler war herzukommen. Ich habe Kopfschmerzen vom Umzug und meine Muskeln schmerzen vom Tragen der Kartons.

    „Du wirst schon sehen, Audrey! Tessa schafft es, mich weiter in die Wohnung zu ziehen. „Es wird super werden.

    „Wo ist Dylan?" Er war es, der mich eingeladen hat, auch wenn das hier weder seine Wohnung noch seine Party ist. Ich weiß nicht einmal, wem die Wohnung gehört, ganz zu schweigen von den Leuten hier.

    „Du bist immer noch in Dylan verschossen", meint sie selbstgefällig.

    „Natürlich nicht, schieße ich zurück. Gott, es ist, als wäre ich wieder in der Oberstufe. „Nur weil ich einmal gesagt habe, dass er gut aussieht …

    „Du hast gesagt, dass er heiß aussieht."

    „Es war ein heißer Tag. Er hat geschwitzt. Außerdem, das ist so um die fünf Jahre her."

    Tessa kichert, was mich wundern lässt, ob sie heute schon früher mit dem Trinken angefangen hat, und dann wedelt sie mit einer Hand hin und her. „Sicher, Süße, wie du meinst. Aber warte, bis du ihn siehst."

    Ich bin nicht wegen Dylan hier, obwohl das wahrscheinlich der Grund ist, warum Tessa hier ist. Nein, ich bin wegen niemand Bestimmtem hier.

    „Wir müssen neue Leute kennenlernen, sprudelt es aus Tessa heraus. „Du musst neue Leute kennenlernen. Darum geht es schließlich beim Studentenleben!

    Gott, das hat sie schon mindestens zehn Mal gesagt. Ich wünschte, ich könnte ebenso begeistert von der ganzen Sache sein wie sie. Ich lasse mich von ihr in das Wohnzimmer ziehen, wo laute Rockmusik dröhnt und die Leute sich unterhalten, trinken und rauchen.

    Tessa hat recht und ich freue mich darauf zu studieren, Freunde zu haben, meinen Weg zu finden. Mein Leben lief vor weniger als drei Jahren aus dem Ruder und es fühlt sich immer noch so an, als verliefe es nicht in der richtigen Spur.

    Deswegen bin ich nach Madison zurückgekehrt, in der Hoffnung auf die Neustarttaste drücken zu können. Es ist nur so, dass diese Stadt viele Erinnerungen in sich trägt, sowohl gute als auch schlechte. Ich habe in ihr meine zauberhafte Kindheit verbracht, mich zum ersten Mal verliebt und mir wurde zum ersten Mal das Herz gebrochen. Hier kam es zum Unfall, der meine ganze Welt auf den Kopf stellte.

    Endlich entdecke ich Dylan bei einem Tisch, der mit Flaschen beladen ist, wie er sich mit einer hübschen, dunkelhaarigen Frau unterhält. Er steht mit dem Rücken zu mir, aber seine breiten Schultern sind nicht leicht zu übersehen. Ich zögere, während ich den lebhaften Gesichtsausdruck des Mädchens betrachte. Sollte ich sie wirklich stören?

    Dann kreischt Tessa kurz und wirft sich auf Dylan, wobei sie ihn von hinten umarmt. Ich habe keine andere Wahl, als ihr zu folgen.

    Dylan und Tessa. In der Schule waren sie wie ein Werbespot für Zahnpasta gewesen – beide blond und blauäugig mit einem perfekten, weißen Lächeln. Sie sahen wie Zwillinge aus und haben sich auch so verhalten. Sie sind seit Ewigkeiten befreundet und fast ebenso lange in einander verschossen.

    Für eine Weile gingen sie miteinander aus, einige Monate, als wir vierzehn waren. Aber dann ist etwas passiert, auch wenn keiner von ihnen mit mir darüber reden will. Der Ausdruck in Dylans Augen zeigte, dass ihm etwas auf der Seele lastet, und auch Tessa scheint mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen.

    Ich weiß allerdings, dass sie perfekt zusammen wären. Nicht weil sie sich ähnlich sehen; weil sie einen ähnlichen Schmerz in sich tragen.

    „Audrey ist hier", sagt Tessa in Dylans Ohr.

    „Audrey! Dylan dreht sich von einem Ohr zum anderen grinsend und mit weit geöffneten Arme um. „Komm her.

    Ich wäre fast gestolpert. Ich kann spüren, wie meine Augen sich weiten. Gott, wie er sich verändert hat. Auf seinem schwarzen T-Shirt prangt das Design eines silbernen Totenkopfs und seine Haare sind vorne länger, mit lila Strähnen, die seinen Kiefer streifen. Ein silberner Ring schimmert an seiner Lippe.

    Ich bin so schockiert, dass ich einen Moment brauche, um zu bemerken, dass er seine Arme aufhält. Er hebt eine Augenbraue, winkt mich mit seinen Händen näher zu sich und ich habe keine Wahl, außer rüberzugehen und umarmt zu werden.

    „Hi. Dylan." Ich löse mich von ihm und versuche, ihn nicht offensichtlich anzustarren. Seit wann hat er sich in einen sexy Bad Boy verwandelt?

    „Die verloren geglaubte Tochter kehrt heim. Er klopft mir leicht auf den Rücken und lässt mich los, seine Augen funkeln. „Wie fühlt es sich an, wieder zu Hause zu sein?

    „Sie hasst es", meint Tessa und streckt mir die Zunge raus.

    „Eigentlich ist es perfekt, wieder hier zu sein, lüge ich und kurz sticht es unbehaglich in meiner Brust. Denn es ist perfekt, und hart, und traurig, und schrecklich, alles auf einmal. „Gut, dich zu sehen. Wie läuft es so bei dir?

    „Fantastisch. Hast du mit dem Unterricht angefangen? Ich habe dich noch nicht auf dem Campus gesehen."

    „Bin erst seit gestern hier. Ich werde Montag hingehen. Ich brauche eine Erlaubnis, um mich in den Astronomiekurs einschreiben zu können."

    Dylan nickt grinsend. „Astronomie. Hätte dich nie für jemanden gehalten, der Sterne beobachtet."

    „Das bin ich auch nicht." Das ist der Grund, warum ich es tun will. Etwas Neues, etwas anderes.

    „Hey, werdet mal in Ruhe wieder miteinander vertraut. Ich hole mir ein Bier." Tessa schlendert davon und schließt sich einer Gruppe unbekannter Leute an.

    Ich starre ihren schlanken Rücken an, der von ihrem schwarzen, schulterfreien Top und ihrer tief geschnittenen Jeans freigelassen wird. Während der Schulzeit trug sie früher zerrissene Jeans und färbte sich die Haare schwarz, aber ich schätze, ihre kontrollsüchtigen Eltern sind letztendlich zu ihr durchgedrungen und haben ihr einen konservativeren Kleidungsstil aufgezwungen. In letzter Zeit hat sie mir nicht viel von ihnen erzählt.

    Nicht dass es etwas ändern würde. Was sie auch trägt, Tess ist wunderschön. Im Moment rockt sie den klassischen, lässigen Look mit entsprechender Einstellung und ich wünschte, ich wäre wie sie.

    Dylan andererseits rockt den düsteren Punk-Look, mit seinem schwarzen, Totenkopf bedrucktem T-Shirt, engen Hosen und Springerstiefeln.

    Das nenne ich mal ein Makeover. Er sah immer so sauber und anständig aus, ein guter Junge aus einer guten Familie, ein ausgezeichneter Schüler und Sportler.

    „Hast du dein Hauptfach schon gewählt?", fragt er, sein Blick hängt an Tessa.

    „Noch nicht." Ich habe keine Ahnung, was ich will – von meinem Studium, von meinem Leben – und manchmal fühlt es sich an, als würde ich am Rand einer steilen Klippe stehen.

    Dylan zu sehen weckt so viele Erinnerungen. Tess hat recht. Vor mehreren Jahren, als wir hier in Madison zusammen in die Oberstufe gingen, war ich wie ein Groupie in ihn verschossen gewesen. Aber dann wiederum, wer war das nicht?

    Es ist leicht, sich in Dylan zu verlieben, mit seinem umwerfenden Körper und diesem attraktiven, kantigen Gesicht, den strahlend blauen Augen und dem breiten Lächeln. Er war der Quarterback und das sieht man. Die Hälfte der weiblichen Schulbevölkerung hatte ihm nachgeschmachtet und die andere Hälfte hatte versucht, ihn in die Finger zu kriegen.

    Ohne Erfolg. Dylan ist mit niemandem zusammen gewesen seit er vierzehn war, und ich sollte es wissen. Tessa hatte sich an meiner Schulter ausgeweint, als er mit ihr Schluss machte. Ich weiß nicht wirklich, warum er sich geändert hat, aber hoffentlich hat er nach all diesen Jahren sein Glück gefunden.

    Nun, ich bin mir nicht sicher, ob sein neuer Look ein Zeichen dafür ist, dass er glücklich ist, oder dafür, dass er noch auf der Suche ist, wenn ich so darüber nachdenke. Vielleicht wird sich mir in nächster Zeit eine Gelegenheit bieten, mit ihm zu reden.

    „Erde an Audrey. Dylan wackelt mit seinem Getränk vor meinem Gesicht herum. „Holen wir dir was zu trinken. Worauf hast du Lust?

    „Oh, ähm. Meine Wangen werden warm. „Bier reicht.

    „Ist Knot Stock okay?"

    Ich nicke. Ich liebe das hier zusammengebraute Bier mit dem leichten Pfeffergeschmack.

    Er schnappt sich eine Flasche aus der Kühlbox, öffnet sie und gibt sie mir. „Hast du noch andere gesehen, die du kennst? Ich wette, du wirst heute noch viele bekannte Gesichter aus der Schule sehen."

    Ich drehe die kühle Flasche in meinen Händen. Jeden Augenblick werde ich anfangen, das gelbe Etikett abzuziehen, und ich zwinge meine Hände stillzuhalten. „Nein, ehrlich gesagt habe ich das nicht. Ich bin gerade erst gekommen."

    „Die Jungs sind hier. Genauer gesagt … Er sieht sich um und brüllt: „Zane! Rafe! Hier drüben.

    Oh Gott. Automatisch lege ich eine Hand über die Narbe an meiner Wange und drehe mich weg. Hitze wandert meinen Hals hinauf.

    „Alles okay mit dir?", murmelt Dylan.

    Ich nicke. Ich weiß, dass die Narbe nicht mehr so deutlich zu sehen ist – von ihr bleibt nur eine feine weiße Line zurück – aber plötzlich fühle ich mich wieder in die Tage zurückversetzt, in denen sie rot und hässlich war und ich sie vor allen versteckte.

    Jemand klatscht mir auf den Rücken und ich muss mich gezwungenermaßen umdrehen und mich ihnen allen stellen. Rafe, sein dunkelblondes Haar reicht bis zu seinen Schultern, bernsteinfarbene Augen mit einem fröhlichen Ausdruck. Silberringe schimmern an seinen Ohren und seine Arme sind muskelbepackt.

    Und Zane, mit seinen dunklen, mandelförmigen Augen und einem leichten Grinsen. Sein Haar ist zu einem hohen, grünen Mohawk gestylt, die Seiten sind rasiert, und er hat drei Silberringe an einer Augenbraue. Farbenfrohe Tattoos schlängeln sich seinen ganzen Arm hinab, bis zu seinen Handgelenken. Er sieht aus wie ein durchtriebener Yakuzajunge.

    Ich muss die Ringe in seiner Augenbraue angestarrt haben, denn er grinst und streckt mir die Zunge raus, in der ein Barbell Piercing schimmert. „Gefällt dir mein Metall?"

    Whoa.

    „Natürlich gefällt es ihr, meint Dylan und zwinkert. „Sie mag Bad Boys.

    Das stimmt. Was soll ich sagen? Ja, ich habe eine Schwäche für Bad Boys, seit …

    „Hey Ash!, ruft jemand hinter mir. „Hast du meine Autoschlüssel gesehen?

    Ich wirble herum und durchsuche das Meer aus Gesichtern. Mein Herz klopft und Schweiß bildet sich auf meinem Gesicht. Aufregung und Grauen vermischen sich zu einem undefinierbaren, schwindelerregenden Cocktail.

    Ist er hier? Es könnte sein – immerhin, wie Dylan schon sagte, ist das hier meine Schulklasse und Ash war ein Teil von ihr, aber ich hatte nicht daran gedacht und jetzt …

    „Gefällt dir meine Bude?", fragt Zane mit einer ausholenden Handbewegung.

    Ich bemühe mich, meine Gedanken zu ordnen. Ich ziehe meinen Pullover tiefer über meine schwarzen Leggings und verlagere unruhig mein Gewicht auf meinen hochhackigen Stiefeln. „Das ist deine Wohnung? Sieht toll aus."

    Er grinst. „So wie ich."

    „Hör auf damit", knurrt Dylan.

    Das ist irgendwie lustig. Ich werfe Dylan einen halb genervten Blick zu. Was, ist er jetzt etwa mein großer Bruder? Mir wird klar, dass ich es nicht mehr gewohnt bin, dass jemand diese Rolle übernimmt. Nicht, dass ich jemals einen Bruder gehabt hätte, aber ich hatte Ash und dann hatte ich Dylan.

    Und dann war ich allein und versteckte mich vor der Welt.

    „Nun, die Wohnung gehört mir und Erin. Sie ist heute nicht in der Stadt. Zane nippt an seinem Getränk, während er mich über den Rand seines Glases hinweg betrachtet. „Erin Wilson.

    Ich erinnere mich vage an das Mädchen von der Schule. Sie ist einige Jahre älter als ich. „Deine Freundin?"

    „Nur eine Freundin. Er legt seinen Kopf schräg. „Wohnst du in eurem alten Haus?

    „Wir haben das Haus nach dem Unfall verkauft. Meine Mutter meinte, dass sie es dort ohne meinen Vater nicht mehr aushalten würde. Um ehrlich zu sein, ich bin mir auch nicht sicher, ob ich es könnte. „Ich miete eine Wohnung. Nun, genau genommen mietet meine Mutter die Wohnung. „Ist gar nicht weit von hier. Recht nah bei Tessa."

    „Wie ist es dir ergangen, Audrey?, fragt Rafe und beugt sich näher zu mir. Er hatte schon immer etwas Katzenartiges an sich, aber jetzt wirkt er wie ein Löwe, golden und groß, seine breiten Schultern dehnen sein graues T-Shirt aus. Dunkle Linien wandern von seiner Schulter zu seinem Arm hinunter. Zanes Werk. Er hat seine besten Freunde tätowiert. „Es ist so lange her. Wie lange war’s, drei Jahre?

    Ich beiße mir auf die Unterlippe und versuche, mich zu beruhigen. „Zweieinhalb. Ich bin mitten im Schuljahr gegangen."

    „Nach Chicago, richtig? In die Großstadt. Hat es dir dort gefallen?" Er grinst und zeigt dabei die Grübchen in seinen Wangen.

    Oh Mann, wann sind die ganzen Jungs, die ich kannte, zu Herzensbrechern herangewachsen?

    „Es war okay." Brillante Kommunikationsfähigkeiten, Audrey, gut gemacht. Ich räuspere mich. „Es war hart am Anfang. Ich kannte niemanden dort und meine Mutter hat die ganze Zeit gearbeitet." Jetzt hört es sich an, als würde ich jammern. Gott. „Das musste sie natürlich. Und nach einer Weile war es kein Problem mehr für mich."

    Okay, das ist eine dicke, fette Lüge. Es hörte nie auf ein Problem zu sein und ich bin abgehauen, sobald ich konnte, was jetzt ist. Meine Mutter wurde zum Workaholic und ich bin einsam und irgendwie verloren gewesen.

    „Du bist verschwunden, sagt Rafe. „Ich habe online nach dir gesucht, aber ich konnte nur deinen alten Twitter und LiveJournal Account finden. Versteckst du dich unter einem falschen Namen oder so was? Er zwinkert mir zu.

    Ich zucke mit den Schultern. „Nein."

    „Nun, du siehst gut aus, meint Zane, der die Eiswürfel in seinem Whiskey umherkreisen lässt. Seine dunklen Augen verengen sich zu Schlitzen. „Mit dem Unfall dachte ich, du würdest … anders sein.

    Schweigen folgt auf seine Worte und Panik schießt durch mich hindurch. „Inwiefern?"

    „Z-man, halt die Klappe", sagt Dylan zu ihm. Seine Hände ballen sich zu Fäusten und er scheint kurz davor zu stehen, Zane in die Wand zu schmettern.

    Zane hebt seine Hände. „Hey, Spinner, reg dich ab. Ich meinte bloß … Verdammt, ich weiß nicht, was ich meinte. Du hast gesagt, sie hätte Narben, Dylan. Ich sehe keine Narben, das ist alles. Das ist was Gutes, Mann."

    Mir stockt der Atem.

    Dylan bewegt sieht bereits auf Zane zu und ich schiebe mich zwischen die beiden. „Es ist okay, Dyl."

    Dylan wirkt nicht überzeugt. „Ich werde ihm den Arsch aufreißen."

    Zane zeigt ihm den Mittelfinger, seine Augenlider sind gesenkt. „Fick dich, Mann. Es tut mir leid, wenn meinen sozialen Fähigkeiten der letzte Schliff fehlt. Ich habe es nicht böse gemeint."

    „Man nennt das höflich sein", bringt Dylan mühsam hervor.

    „Vielleicht hat sich niemand die Mühe gemacht, mir zu zeigen, wie man für die Bräute Türen aufhält und Stühle zurückzieht, aber ehrlich, ich habe es nicht so gemeint", murmelt Zane.

    „Ich habe gesagt, es ist okay. Ich atme tief ein. Ich habe meine erste Reaktion überwunden, die durch die Erinnerungen an die Stadt und ihre Menschen hervorgerufen wurde. Ich kann das schaffen. Ich war in Chicago bei einem Therapeuten und ich habe gelernt, mich selbst zu kontrollieren. „Ich habe ein paar Narben, aber sie sind jetzt alt und nicht mehr gut zu sehen. Hier. Ich berühre die Narbe an meiner Wange und drehe mich so, dass Zane sie sehen kann. „Das ist die einzige auf meinem Gesicht."

    Er nickt steif, seine Augen wandern zur Seite. „Es tut mir leid, Audrey. Wirklich."

    Meine verkrampfte Brust dehnt sich wieder aus. „Kein Problem."

    Dylan legt einen Arm um meine Schulter und zieht mich von seinen Freunden weg. „Lassen wir diese Idioten allein und schnappen etwas frische Luft, hm?"

    „Hey, was habe ich denn falsch gemacht?", murmelt Rafe hinter uns.

    „Sie sind in Ordnung", sage ich und fühle mich schlecht wegen des Streits.

    „Ja, sie sind in Ordnung, gibt Dylan nach, während er mich durch die offene Tür am anderen Ende des Raumes in die kühle Nachtluft zieht. „Herzen aus Gold. Nur meistens verhalten sie sich wie Idioten.

    „Es hat mich nicht gestört, sage ich, mache mich los und gehe zum Geländer des Balkons. „Das kann ich wegstecken.

    „Das solltest du nicht tun müssen", meint Dylan leise.

    Ich starre bloß in die Nacht hinaus. Der Himmel ist klar und der Mond scheint hell. Man kann das Wasser vom See in der Luft riechen. „Mir gefällt dein neuer Look."

    Er ist mein bester Freund, zusammen mit Tessa, und ich habe ihn nur ein paar Mal gesehen, seit ich nach dem Unfall nach Chicago gezogen bin.

    „Er ist nicht neu. Ich sehe schon seit über einem Jahr so aus. Du hättest es auf Facebook gesehen, wenn du nachgeschaut hättest."

    Nach dem Unfall habe ich die sozialen Netzwerke gemieden. Soziale Veranstaltungen. Alles, was sozial war. Für eine Weile war ich mir nicht sicher gewesen, ob ich überhaupt noch lebendig war.

    Dylan stupst mich mit seinem Ellenbogen an. „Ich wollte dich nicht aufregen."

    „Das hast du nicht. Ich habe dich vermisst, sage ich. „Sehr.

    „Ich dachte, du würdest nie wiederkommen."

    Zeit, sich der Wahrheit zu stellen. „Ich wollte niemals fortgehen."

    „Auch wenn dich die Stadt an deinen Vater erinnert?"

    „Gerade deswegen. Ich lächle. „Und weil ich hier glücklich war. Mir wurde klar, dass mich Weglaufen nicht glücklich machen würde.

    „Ich bin froh, dass du wieder da bist, sagt Dylan. „Ich hoffe, du findest hier das, was du brauchst.

    Um zu finden, was ich brauche, muss ich entscheiden, was das überhaupt ist. Und ich habe keinen Schimmer, was ich brauche, noch nicht.

    In der Zwischenzeit trinke ich mein Bier und rede mit anderen Leuten. Dylan behält recht. Ich sehe bekannte Gesichter aus meiner Klasse und ich kann es zwar nur schwer mir – oder Tessa – gegenüber eingestehen, aber ich habe Spaß. Der Alkohol hilft mir, locker zu werden, und wenig später lache und tanze ich sogar mit Tessa im Wohnzimmer.

    Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so viel Spaß gehabt habe. Für einen Moment vergesse ich die Vergangenheit, meine Mutter, den Stress vom Umzug und vom Einschreiben in Kurse. Ich habe das Gefühl, dass alles irgendwie in Ordnung kommen wird.

    Tessa lehnt sich schwungvoll an mich und ihr blonder Pferdeschwanz fliegt mir ins Gesicht. Ich schiebe sie lachend weg und schwinge ihr meine losen, roten Locken entgegen.

    „Komm schon, Mädchen, schwing deine Hüften", ruft sie mir über die Musik hinweg zu und lässt mich wundern, wie betrunken sie wohl gerade ist.

    „Das ist Hip-Hop, kein Salsa." Aber ich schwinge meinen Körper hin und her und wir stoßen unsere Hüften seitlich aneinander. Es tut gut, Tessa wieder in meinem Leben zu haben. Zu wissen, dass unsere Freundschaft die Zeit und die Entfernung überstanden hat, ist ein wunderbares Gefühl.

    Ich kann die Vergangenheit hinter mir lassen. Ich werde keine Alpträume mehr haben. Ich werde glücklich sein. Hey, immerhin ist das hier ein neuer Anfang, oder?

    Und dann sehe ich ihn.

    Asher.

    Im ersten Moment glaube ich, mich geirrt zu haben. Ich bin wieder zur Kühlbox beim Tisch zurückgegangen, um mir ein zweites Bier zu holen, und da sehe ich einen Kerl, der mit angewinkeltem Bein an der Wand neben der Tür lehnt, mit einem Bier in der Hand. Verwuscheltes, schwarzes Haar, eisblaue Augen, ein dunkles Tattoo, das sich seitlich an seinem Hals hochzieht.

    Nein. Das kann nicht sein.

    Der Kerl schaut auf und seine Augen weiten sich. Die Farbe weicht aus seinem Gesicht und sein Mund öffnet sich so, als würde er etwas sagen wollen.

    Ja, das ist Asher. Er ist unverwechselbar.

    Mein Atem gefriert in meiner Lunge. Ich kann ihn bloß anstarren und mein Gesicht wird heiß. Wie immer lehne ich mich instinktiv in seine Richtung, werde wie eine Motte von der Flamme angezogen.

    Er wirkt größer, muskulöser, sein Bizeps zeichnet sich deutlich unter seinem dünnen T-Shirt ab. Aber es ist das gleiche gutaussehende Gesicht, die gleichen wunderschönen, vollen Lippen.

    Die Lippen, die mir meinen ersten Kuss gaben. Er hatte meine ganze Welt auf den Kopf gestellt. Ich war so in ihn verliebt gewesen. Er war mein Nachbar, mein bester Freund, mein Kumpel. Er war auch mein Projektpartner in Chemie und Mathe, er war brillant. Freundlich. Lustig. Verdammt heiß.

    Dann küsste er mich.

    Und danach ignorierte er mich. Zugegeben, damals hatte er oft in der Schule gefehlt, aus Gründen, die niemand zu kennen schien. Ich wusste nur, dass er anfing, sich mit anderen zu prügeln und von der Schule verwiesen wurde. Es war seltsam und ätzend, aber was noch schlimmer war, er hörte auf, mit mir zu reden. Ich bemerkte oft seinen kühlen Blick auf mir, aber sobald ich ihn dabei erwischte, drehte er sich weg.

    Es brach mir mein junges Herz. Ich schwor mir damals, ihn komplett zu vergessen.

    Seltsamerweise hat jeder Junge, mit dem ich später ausging, so ausgesehen wie er – Tattoos, blaue Augen, dunkles Haar. Problematischer Charakter. Viel Wut und Gewalt.

    Verdammt.

    Ich drehe mich um und zwänge mich durch die Menschenmenge hindurch. Ich bin über ihn hinweg. Vollkommen und unwiderruflich.

    Seit der Nacht, in der sein betrunkener Vater in unser Auto krachte und damit meinen Vater umbrachte und mich mit lebenslangen Narben zeichnete.

    Ich kämpfe mir meinen Weg durch die Menschenmenge. Mein Ziel ist es wegzukommen – so viel Abstand wie möglich zwischen mich und Asher zu bringen.

    Das bedeutet, die Party zu verlassen. Und auch wenn das sehr schade ist, weil es noch früh ist und ich bereits beschlossen hatte mitzumachen, dazuzugehören, neue Freunde zu finden und ein neues Leben aufzubauen, werde ich auf

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