Peter Bendig - Vom armen Stoppelhopser zum reichen Schwein: Zeitzeugenbericht
Von Peter Bendig
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Über dieses E-Book
Mein Mut, mich einige Male beruflich zu verändern, war sehr vorteilhaft. Das Schicksal hat mich von einem Stahlkocher zum Eishersteller gemacht, und mich irgendwann zu einem Kneipenkoch ›erhoben‹, dem es eine Freude ist, seinen Gästen ein schmackhaftes und wohlaussehendes Essen zu servieren.
Als Taxifahrer habe ich sehr interessante und nette Menschen getroffen. Ich wusste dadurch immer, was in der Welt der kleinen und großen Leute passiert.
Am wichtigsten war für mein gesamtes Leben der Oldtimer- Virus. Die geliebten, sehr ›alten‹ Wagen. Die Fahrt mit Freunden. Diese Leidenschaft begleitet mich immer noch.«
Steigen Sie ein, liebe Leser, und fahren Sie mit Peter Bendig durch seine aufregende und mitunter auch spannende Lebensgeschichte, die man mit Interesse und Genuss lesen kann.
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Rezensionen für Peter Bendig - Vom armen Stoppelhopser zum reichen Schwein
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Buchvorschau
Peter Bendig - Vom armen Stoppelhopser zum reichen Schwein - Peter Bendig
Diese Aufzeichnungen sind Erlebnisse und Stationen aus meinem bisherigen Leben. Es waren drei verschiedene politische Staatsformen zu ertragen. Ich versuche, aus meiner Sicht und aus meinen Erfahrungen zu erzählen. In meinem Bericht will ich nicht über Dinge, die ich nicht selbst erlebt habe, urteilen. Mit den Folgen der Naziherrschaft hatte die halbe Menschheit zu tun. Unsere Familie hat aber Dinge erlebt, die sich von den erlebten Kriegsfolgen anderer unterschieden. Ich will niemanden belehren und ich will keinem zu nahe treten. Ich glaube, dass dies auch im Sinne meiner Vorfahren wäre. Jetzt, nach über 70 Lebensjahren, möchte ich für meine Nachfahren meine Lebensgeschichte hinterlassen.
1940 wurde ich als Wunschsohn im 2. Weltkrieg geboren. Warum musste es gerade in Königsberg/Ostpreußen sein? Nach drei Mädchen war ich endlich ein Sohn.
Wir lebten im Außenbezirk Juditten. Meine Erinnerungen sind ab dem 3.– 4. Lebensjahr nur schemenhaft. Die Liebe zur Natur habe ich mit der Muttermilch eingesogen. In der Nähe war ein Feuchtgebiet mit Angelteichen, Birkenwäldern und Wiesen. Unsere Familie ist nicht »Heim ins Reich« geflüchtet, sondern war im Kessel von Königsberg eingeschlossen.
Mein Vater baute dort einen Erdbunker für die Familie. Den Bunker benutzten wir bei Bombenangriffen. Manchmal flüchteten wir in den nahen Bruch in eine Anglerhütte. Die Kugeln flogen durch die Hütte über unsere Köpfe. Im April 1945 begann sich die Welt zu ändern. Die Stadt wurde nach sehr verlustreichen Kämpfen von den Russen eingenommen. Nach der Einnahme von Königsberg wurden alle Überlebenden aus ihren Behausungen getrieben und mussten 48 Stunden im Freien verbringen. Ich vergesse nie den Anblick der toten deutschen Soldaten, die steifgefroren in den Schützenlöchern standen. Meine große 15-jährige Schwester hatte einen frischen, komplizierten Beinbruch und musste unter sehr großen Schmerzen mit dem Tross marschieren. Sie bettelte mehrmals bei den Wachposten um einen Gnadenschuss, bekam diesen Wunsch aber glücklicherweise nicht erfüllt. So konnten die Befreier in Ruhe 48 Stunden plündern, vergewaltigen und ungestört die Einnahme von Königsberg feiern. Diese Exzesse waren die Belohnung für den heldenhaften Sieg. Im Siegesrausch wurden noch einige nicht zerstörte Häuser abgefackelt. Damals war ich erst viereinhalb Jahre alt. Ich konnte vieles nicht verstehen. Die Worte der Russen »Uhri-Uhri«, oder »Frau komm mit, fünf Minut« aber schon. Das Geschrei der Frauen und der Russen werde ich nie vergessen. Auch mein Vater wurde kurz vor Kriegsende zum Volkssturm eingezogen. Als Kriegsgefangener wurde seine politische Vergangenheit untersucht. Mein Vater war nicht vorbelastet und wurde nach Hause entlassen. Er kam mit Typhus schwerkrank und total abgemagert aus der Kriegsgefangenschaft zurück.
Dann begann ein Leben, das keines mehr war. Das größte Problem war der grausame langsame Hungertod. Die beiden Schwestern, zwölf und acht Jahre alt, machten sich auf den Weg ins benachbarte Litauen, um zu betteln. Die beiden kamen nach Wochen mit etwas Essbarem und sehr vielen schlechten Erlebnissen zurück. Die Russen hatten wohl auch selbst nicht genügend Lebensmittel zur Verfügung. 1946 hatte ich meinen ersten großen Fisch am Haken. Die gute neue Bambusrute zerbrach. Ein etwas älterer Kumpel half mir und ein fast zwei Kilo schwerer Schlei lag am Ufer. Ich habe dann regelmäßig geangelt und Reusen gestellt. Der Winter 1945/46 war sehr kalt. Grundsätzlich schliefen wir nicht allein in einem Bett. Eines Morgens im März war Mutter ganz aufgeregt und ich musste aus Vaters Bett. Der schnarchte und wachte nicht mehr auf. Seine Beine waren schon eiskalt und so schlief er vor Hunger geschwächt für immer ein. Auch mein kleiner Bruder starb nach wenigen Lebenswochen den Hungertod. Beide wurden in Säcke gewickelt und vergraben. Das Brüderlein war ein ungewolltes Geschenk der Sieger. Oft saß ich traurig und still am Fenster und wartete tagelang vergeblich auf Essbares. Dabei steckte ich die eiskalten Händchen zum Wärmen unter meine Achselhöhlen. Ich habe unter anderem selbstgefangene Krähen und Spatzen gegessen. Eine heiße Suppe von der Nachbarin mit einem Katzenkopf war eine Delikatesse. Kartoffelschalen gab es nicht, da es sehr selten Kartoffeln gab. Bei uns in der Wohnung wurde sogar geschossen. Die Sieger hatten oftmals zu viel gesoffen und setzten ihren Willen mit Gewalt durch. Unter der deutschen Bevölkerung gab es Gerüchte über Kannibalismus unter den hungernden deutschen Überlebenden. Nach 1990 wurden diese Gerüchte durch KGB-Akten bestätigt. Nach der Einnahme von Königsberg und der Kapitulation am 9. April 1945 lebten noch 150.000 Deutsche. Im Dezember waren es noch 20.000. Hunger, Krankheiten und Übergriffe der Sieger waren die Ursachen für viele Tote.